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Black Box: MAM ADX1, Analog Drum-Expander

Analog-Drums im Kompaktformat

23. Oktober 2010

MAMs letztes Produkt – der MAM ADX1

Ein MAM-Gerät in der Vintage-Zone? Gab es das nicht noch vor kurzem im Handel? Tja, wie die Zeit vergeht, ist es doch immerhin schon fast 10 Jahre her, dass der Analoge DrumeXpander ADX1 noch regulär käuflich zu erwerben war.

Die kleine, einst in Erlangen ansässige Firma MAM ist vielen noch als Anbieter von günstigen Rackmixern und Endstufen in Erinnerung. Doch neben dem „Übungsraumequipment“ etablierte sich MAM mit fast ebenso preiswerten Analoggeräten wie zum Beispiel dem TB303-Clone MB-33 (MKII), dem Filter WASP-9 oder dem Vocoder VF-11. Das letzte Gerät dieser Ära kam im Jahre 2001 auf dem Markt und stiftete zunächst einmal etwas Verwirrung, denn es hatte nur kurz zuvor schon ein anderes MAM-Drummodul gegeben. Das DRM-1 war jedoch nicht von MAM selbst entwickelt und hergestellt worden, sondern auf OEM-Basis von Vermona. Schuld an diesem Kuddelmuddel war die damalige Vertriebsituation, deren turbulentes Ende alsbald den Untergang von MAM mit verursachte, gleichzeitig aber das Auftreten von Vermona unter eigener Flagge zur Folge hatte. MAM versucht zunächst noch unter dem Dach von Terratec einige Produkte als die neue Marke „Sine“ anzubieten, doch leider kam man damit auf keinen grünen Zweig mehr. Der ADX1 war der eigentliche Schlusspunkt von MAM.

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Das Ding an sich

Auf den ersten Blick könnte man den ADX1 in der Tat für einen geschrumpften DRM-1 halten. Und obwohl es bei den Instrumenten gewisse Parallelen gibt, sind es aus technischer Sicht zwei unterschiedliche Geräte mit jeweils eigenen Klängen und Charakter.

Der ADX1 bietet in seinem handlichen Gehäuse fünf separate Module, die jeweils auf eine bestimmte Art Drumsound spezialisiert sind. Alle Drums besitzen je sieben Klangparameter, einen Zufallsmodulator sowie Panorama- und Volumeregler. Die Drums werden per MIDI oder mit einer Taste getriggert, Trigger-Eingänge für einen Analogsequenzer gibt es nicht.

Summen- und Einzelausgänge, der MIDI-Kanal wird über das Mäuseklavier eingestellt

Die Rückseite erfreut den Anwender mit fünf Einzelausgängen, doch währt diese Freude nicht lang. Hier hatte der Konstrukteur einen echten Bock geschossen, denn die Einzelausgänge werden bei Benutzung nicht von der Summe abgezogen. Da die Lautstärkerreglung der Drums sowohl in der Summe als auch am Einzelausgang aktiv ist, kann man dieses Manko hiermit nicht umgehen. Es bleibt nur die Wahl zwischen dem Summenausgang oder aber alle fünf Kanäle auf ein Mischpult zu legen.

Speicherplätze gibt es ebenso wenig wie eine MIDI-Controller-Steuerung der Parameter. Einzige Ausnahme ist ein per Zufallsmodulator zu steuernder Parameter in jedem Drumsound. Das ist entweder Tune oder die Cutoff eines Filters. Im Grundzustand arbeitet der Modulator, dessen Modulationstiefe eingestellt werden kann und der mit jedem neuen Trigger einen anderen Zufallswert ausgibt. Bei leichter Dosierung kann man damit gerade Rhythmusfiguren angenehm auflockern. Trifft jedoch der betreffende MIDI-Controller an dem Modul ein, übernimmt dieser anstelle des Modulators die Steuerung des Parameters. Allerdings ist dessen Auflösung mit 16 Steps ziemlich grob. Der analoge Drumexpander möchte also am liebsten auch analog bedient werden. Bei der ersten Version, die man an der blau/blauen Oberfläche erkennt, wurden jedoch relativ wacklig sitzende Regler verbaut. Wesentlich bessere Potis kamen in der zweiten Serie mit der silber-metallischen Oberfläche zum Einsatz. Bei diesem Modell macht das Schrauben deutlich mehr Spaß.

Die Sounds des MAM ADX1

Wie erwähnt unterscheidet sich der ADX1 von (Vermonas) DRM-1. Ebenso wenig handelt es sich hier um einen Klon anderer Analogdrummies, originale TR- oder Simmons-Drums kommen hier nicht raus – was aus heutiger Sicht überaus erfreulich ist! Schauen wir uns die fünf Drums mal im Einzelnen an.

Bass/Kick

Die Bassdrum basiert wie viele Zunftkollegen auf einem stimmbaren Sinuston. Mit einer Decay-Hüllkurve kann die Tonhöhe abfallen oder ansteigend moduliert werden. Für mehr Druck gibt einen Attack und Distortion. Beide arbeiten nicht sehr extrem, aber effektiv. Speziell Distortion sollte besser Drive heißen, denn harte Verzerrung entstehen hier auch bei vollem Einsatz nicht. Aber der Klang wird manierlich angedickt, und selbst bei weichen Kicks kann man gern einiges an Saft mit dazu geben, ohne dass es zerrt. Stärker lässt sich der Sound durch FM verbiegen, doch außer einem „growl“-Effekt oder einem leicht beigemischten, hohen metallischen Singen fällt mir damit wenig Sinnvolles ein. Warme, lange Boom-Kicks sind nicht unbedingt die Stärke des ADX1, hier würde ich immer noch eine 808-Bassdrum vorziehen, egal wie „abgenutzt“ dieser Klang schon ist. Viel besser gelingen dem ADX1 kurze, knackige Kicks mit Pitch-Hüllkurve und einer ordentlichen Portion Drive. Das kickt sehr ordentlich und klingt trotzdem nur bedingt nach 909.

Snare

Mit einer recht eigenwilligen Schaltung wird die Snare gebildet. Sie hat keinen tonalen Anteil, sondern besteht nur aus Rauschen, das zwei parallele Bandpassfilter durchläuft. Cutoff und Resonanz beider Filter sind frei regelbar, ebenso Decay und Release. Das Rauschen ist in einem gewissen Bereich stimmbar, was vermuten lässt, dass es sich um einen digitalen Rauschgenerator handelt. Die Snare ist wirklich sehr eigenständig. Bei erhöhter Resonanz und bestimmten Cutoff-Einstellungen erinnert der Sound an ein Clap, dem nur das typische Attack-Ratschen fehlt. Obwohl es nur gefiltertes Rauschen ist, ist die Snare ziemlich ergiebig.

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Metal

Dieses Modul hat eigentlich die Aufgabe Cymbals zu simulieren. Das geht natürlich auch, aber die Möglichkeiten gehen viel weiter. Der Klang wird aus zwei nicht näher beschriebenen „metallisch klingenden Generatoren“ gebildet. Der erste Generator erzeugt einen Oszillatorenmix, der entfernt an das 808-Cymbal erinnert, der zweite scheint ein Rauschgenerator zu sein, dem ein tonaler Klang hinzugemischt wird. Beide Generatoren durchlaufen jeweils ein Bandpassfilter. Lustigerweise wurde die Zuordnung vertauscht, Generator 1 geht durch Filter 2 und umgekehrt. Filter 1 hat einen Resonanzregler und kann vom Zufallsmodulator bzw. MIDI-Controller gesteuert werden. Filter 2 hat keinen Resonanzregler, lässt sich dafür aber vom Decay der Hüllkurve mitmodulieren. Mit Decay und Release regelt man die Dauer des Klanges.

Neben den Cymbals kann dieses Modul auch interessante Percussionsounds erzeugen. Es eignet sich ebenfalls sehr gut zur Dopplung mit der Snare, um sie präsenter und knackiger zu machen. Auch mit Metall lässt sich der typische Grundklang einer analogen Clap leicht einstellen. Für den charakteristischen Anfang braucht man bloß sehr schnell aufeinander folgende Noten im Sequencer zu programmieren und das Decay auf ein Minimum zu setzen. Mit Release erzeugt man den Nachhall.

Den MAM ADX1 gab es auch in blau.

Hihat

Die Hihat wird ähnlich dem Metall-Modul aus zwei Komponenten gebildet. Allerdings ist hier der stimmbare Anteil ein sehr klarer Ton, der recht dünn wirkt. Das klingt eher wie eine Triangel und erinnert mit viel gutem Willen ganz entfernt an die KPR77, ohne indes dieses Charisma zu haben. Zusammen mit dem Rauschen lässt sich der Klang filtern und mit Decay/Release formen. Die Hihat kann, wie auch Snare und Metal, über zwei Noten getriggert werden. Einmal mit fest stehendem kurzen Release und einmal mit variablem Release. Bei der Hihat dient das für open/closed, allerdings funktioniert das nur sehr begrenzt. Bei längerem Release klingt auch bei der closed Hihat etwas nach, und es unterscheidet sich insbesondere bei schnellen Rhythmusfiguren nicht sehr von der open Hihat. Die Hihat ist der schwächste Sound im ADX1.

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Synth

Dieses Modul hat man sich ganz offensichtlich beim DRM-1 abgeschaut. Aus drei stimmbaren Sinusoszillatoren kann man Percussionklänge formen. Mit Oszillator 1 regelt man die Gesamttonhöhe, die Oszillatoren 2 und 3 lassen sich frei dazu tunen. Der ganze Mix kann mit FM aufgeraut werden, eine Bend-Hüllkurve moduliert bei Bedarf die Tonhöhe. Das Modul ist zwar vom Aufbau her recht vielseitig, birgt aber bei statischen Einstellungen weniger sinnvolle Sounds als man zunächst vermuten mag. Man braucht etwas Feingefühl um bestimmte Tune-Intervalle einzustellen und FM klingt bei drei Carriern meist disharmonisch. Die Oszillatoren 2 und 3 können nicht abgeschaltet werden. Sie lassen sich zwar so tief runter stimmen, dass man sie nicht mehr hört, doch bei FM melden sie sich schnell im unteren Frequenzbereich zu Wort. Cowbell- und Agogo-ähnliche Klänge gelingen recht gut, auch Toms mit abfallender Hüllkurve klingen ganz lustig. Der wirkliche Spaß kommt hier allerdings erst beim manuellen Modulieren der Parameter auf.

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Der MAM ADX1 on YouTube

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Mehr Informationen

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Fazit

Der ADX1 ist ein toller, aber leider viel zu wenig beachteter Drumsynthesizer. Ob als Samplel-Leferant oder ins Setup eingebundenes Modul liefert er sehr gute und vor allem eigenständige Sounds. Speziell für Breakbeats und den Minimal/Tech/House-Bereich bekommt man hier unzählige Drums, Percussions, Plings und Plongs zurechtgeschraubt, so dass man für die nächste Zeit gut versorgt sein dürfte. Ohne Speicherplätze und MIDI-CC-Steuerung (außer den fünf Modulatoren) eignet er sich natürlich nicht für jede Anwendung. Für Schraubfreunde ist er allerdings genau das Richtige. Das größte Manko sind aber klar die Einzelausgänge, die nicht von der Summe abgezogen werden, fünf Mischpultkanäle muss man also schon mal reservieren. Der ADX1 taucht verhältnismäßig selten auf dem Gebrauchtmarkt auf und liegt dann meist bei ca. 200 Euro, was auch ungefähr dem damaligen Ausverkaufspreis entspricht. Das ist das Gerät auch auf alle Fälle wert, man muss es sogar als günstig bezeichnen! Auch wenn beide Versionen nicht wirklich schick aussehen, ist wegen des besseren Potis eindeutig zur silbernen Version zu raten. Mit dem ADX1 haben die MAMs vielleicht ihr bestes Instrument produziert. Wirklich schade, dass es auch die Schlussvorstellung war.

Plus

  • fünf eigenständige, flexible Drumsounds
  • Zufallsgeneratoren lockern die Sounds auf
  • kompakte, handliche Bauweise
  • günstig (wenn man das Gerät denn bekommt)

Minus

  • Einzelausgänge werden nicht von der Summe abgezogen
  • Regler der blauen Version wackelig
  • Hihat überzeugt weniger, open/closed funktioniert nur in Grenzen
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    D-Drummer

    Hab den ADX auch seit damals und setze ihn häufig ein. Ich finde die Hihat gar nicht so schlecht wie beschrieben, aber sonst kann ich dem Test nur zustimmen – ein geiles Teil!

    • Profilbild
      jaxson

      @D-Drummer Hatte mal die silberne und seit kurzem die blaue ADX 1….bei mir ist es genau umgekehrt – die Potis sitzen und fühlen sich an der blauen ADX besser an als bei der sibernen Version…

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    In der Tat ein absolut unterbewerter Klopfer. Ich habe auch einen blauen und find die Potis OK; jedenfalls wesentlich besser als bei einem Moog Prodigy :)

    Die Sounds sind durch die Bank dufte (auch die HiHats), selbst wenn es etwas externe Nachbearbeitung via Effekte oder Equalizer benötigt. Eigenständig sind sie auf alle Fälle.

    Und auch die Nutzung als reine Effektsound-Abschussmaschine ist sehr interessant; im Mix sind die Sounds eigentlich immer sehr durchsetzungsfähig.

    Allerdings finde ich schlimmer als die Sache mit den Einzelausgängen und der Stereosumme, dass die Einstellung des MIDI-Kanals nur kryptisch über ein Mäuseklavier an der Rückseite zu machen ist. Schnell mal Umstellen ist da nicht…..

  3. Profilbild
    Flying C (DeSanto)

    Ich liebe meinen (blauen) ADX. Habe ihn seit ca. 16 Jahren immer wieder im Einsatz, Live, im Studio, zu Hause – das Teil ist noch immer Top, wackeln tut da nichts.
    Teilweise hat das Gerät etwas von einigen Simmons Drumbrains, es zischt, es moduliert, es lebt einfach. Speziell die Anschlagdynamik macht den Sound so organisch, ähnlich wie z.B. beim SDS V oder einigen Modulen des SDS 7. Neben „normalen“ (lol) Drumsounds kann der ADX brachiale und geräuschhafte Klänge richtig gut.

    Hier ein kleiner Track. Alle Drums/Percussions, ausser dem Rimshot, sind mit dem ADX synthetisiert:

    https://tinyurl.com/y9ck844q

    Hoffe das ist hier erlaubt, ist mein hearthis.at Account.

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