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BLUE BOX: Roland SH-1000 Analogsynthesizer

Rolands Erstgeborener

14. Mai 2011
BLUE BOX: Roland SH-1000 Analogsynthesizer

BLUE BOX: Roland SH-1000 Analogsynthesizer

Mit dem Erscheinen seines Synthesizer-Erstlings SH-1000 legte Roland 1973 den Grundstein für die legendäre SH-Serie, die erst ca. 10 Jahren später mit dem SH-101 endete. Der Grundgedanke beim SH-1000 war, eine Alternative zu den amerikanischen Synthies anzubieten, die auch für den weniger betuchten Musiker bezahlbar war. Um sich von der Konkurrenz etwas abzuheben, hatte Roland eine gute Idee: Um ein großes Klientel anzusprechen, wurde der SH-1000 mit 10 Presets ausgestattet – zusätzlich zu einem frei programmierbaren Synthesizer-Teil. So konnte der Alleinunterhalter schnell Presets abrufen – der Soundforscher konnte dagegen, natürlich innerhalb gewisser Grenzen, seiner Kreativität in Sachen Klangkunst freien Lauf lassen. Der erste Synth mit schnell abrufbaren Presets war jedoch nicht der SH-1000, sondern der einige Zeit zuvor vorgestellte ARP Soloist, von dem sich Roland sicher ein wenig inspirieren lassen hat. Dieser erlaubte jedoch nur minimale Eingriffe in die Klanggestaltung. Der SH-1000 bietet jedoch deutlich mehr, deshalb würde man dem SH-1000 unrecht tun, ihn als Preset-Synthesizer zu betrachten.

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Das Gehäuse des Instruments besteht aus Holz und Metall, wobei die Bedienelemente links und unterhalb der Tastatur angeordnet sind. Die Verarbeitung ist äußerst stabil, die Potis haben Metallachsen und sind mit dem Gehäuse verschraubt. Ebenso sind die Faderkappen mit normaler Menschenkraft nicht zu entfernen – hier hat Roland ganze Arbeit geleistet. Ein Notenständer aus getöntem Plexiglas gehörte zum Lieferumfang – dieser kann in die Löcher über der Tastatur gesteckt werden. Diese stabile Verarbeitung, kombiniert mit analoger Technik, sorgen für ein ordentliches Gewicht, gemessen an den recht bescheidenen Abmessungen. Wie man dem Design des SH-1000 übrigens ansieht, war 1973 eine Zeit, in der Synthesizer noch oft als drittes Manual auf eine Orgel gestellt wurden …

Presets des Roland SH-1000

Die Verwandtschaft zum Nachfolger SH-2000 ist schlicht unübersehbar – im Gegensatz zu diesem ist der SH-1000 jedoch kein reiner Preset-Synthesizer. Okay, er besitzt zwar 10 Presets, diese haben aber ansonsten mit dem frei programmierbaren Teil nichts zu tun und lassen sich auch nicht verändern (ausgenommen die LFO-Einstellungen). Die Presets decken die üblichen „Natursounds“ dieser Zeit ab: TUBA, TRUMPET, SAXOPHONE, FLUTE, CLARINET, OBOE, VIOLIN, BASS-GUITAR, HARPSICHORD und PIANO. Bei den Presets gilt „Mischen Impossible“ – die Presets sind leider nicht miteinander mischbar, obwohl dies für Klangkreationen sehr ergiebig wäre. Zugegeben, das bieten auch nur die wenigsten Geräte, Korg Sigma und Korg Micropreset M-500(SP) sind einige der wenigen monophonen Preset-Synthesizer, die diese „Kombinationskunst“ beherrschen.

Die Presets klingen natürlich nicht „echt“, sondern eben nach Analogsynthesizer, was einen Analog-Synthie-Liebhaber heute wohl kaum vergraulen dürfte. Die Ausdrucksstärke der Presets kann mit dem SH-2000 nicht mithalten, da hier die Aftertouch-Funktion der Tastatur fehlt – in meinen Augen ist dies aber auch der einzige große Vorteil des SH-2000 gegenüber dem SH-1000. Trotzdem klingen die Presets sehr „vintage“, sie erinnern auch stellenweise an den SH-2000.

die 10 Presets

Oszillator und Spielhilfen

Und nun zum eigentlichen, programmierbaren Synthesizer-Teil. Um es im Vorfeld zu formulieren: Es ist doch schön, dass der Oszillator ziemlich unkonventionell designt wurde.

Roland hat sich zwar für nur 1 VCO entschieden, wollte diesen aber klanglich umso flexibler  gestalten. So sind viele unterschiedliche Schwingungsformen und Fußlagen miteinander kombinierbar (dank Frequenzteilerschaltung). Auf diese Weise ergeben sich Sounds, die sich höchstens noch mit einem Roland SH-3A erzeugen lassen. Folgendes steht per Kippschalter zur Auswahl: 32’ SAW, 16’ SQUARE, 16’ PULSE, 8’ SQUARE, 8’ PULSE, 8’ SAW, 4’ SAW, 2’ SQUARE, NOISE.

Alle diese Schwingungsformen/Fußlagen lassen sich auf Wunsch auch gleichzeitig anwählen, was ziemlich bombastische und vielfach oktavierte Sounds ermöglicht. Oder anders betrachtet: Man hat es mit lauter „Suboszillatoren“ zu tun, die in allen möglichen Fußlagen von 32’ bis 2’ zuschaltbar sind – das haben nur wenige Synthesizer!

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Dafür mangelt es in Sachen Spielhilfen ein wenig: Unter dem Synthesizer-Schriftzug gibt es nur einen kleinen, roten Knopf, der dem VCO fest zugeordnet ist und auf den missverständlichen Namen GLIDE hört (hat nichts mit Portamento zu tun). Bei Betätigung „gleitet“ der Ton um einen Halbton sofort nach unten und nach dem Loslassen langsam wieder zurück. Ich habe selten das Verlangen gehabt, diesen „Controller“ zu nutzen, da seine Intensität und alles andere überhaupt nicht regelbar ist. Zu allem Überfluss wurden seine Voreinstellungen (zumindest für westliche Musik) auch noch unglücklich gewählt. Meine Empfehlung: Lieber die Finger davon lassen.

Der zuschaltbare NOISE GENERATOR ist auf dem Frontpanel zusätzlich in seiner Lautstärke regelbar und bietet die Auswahl zwischen PINK und WHITE NOISE.

Die Tastatur ist in alter Roland-Tradition der 70er Jahre Doppeltrigger-anfällig, was sich je nach Verschmutzungsgrad mehr oder weniger bemerkbar macht. SH-1000 User müssen sich übrigens auf einen recht ungewohnten Tastaturbereich von F bis F einstellen. Des weiteren kann die Tastatur in drei Stufen transponiert werden (L / M / H) und bietet das obligatorische, per Poti regelbare PORTAMENTO.

VCF / LFOs / Hüllkurven / Anschlüsse

Das resonanzfähige Filter kann erstklassig zupacken und klingt typisch nach frühen analogen Rolands – klingt einfach geil! Auch die Resonanz klingt sehr angenehm und zwitschert ordentlich. Ein „Filtertracking“ ist immer aktiv (Cutoff folgt der Tastatur), obwohl es dafür kein Bedienelement gibt. Im Vergleich zum SH-5 klingt das Filter des SH-1000 übrigens deutlich wuchtiger und effektiver, erinnert eher an den Jupiter-4. Das liegt nicht zuletzt an der Steilheit des Filters, die für meine Ohren sehr nach 24dB klingt. Von Roland gibt es leider keine Angaben darüber. Klingen tut es jedenfalls fast schon verdächtig amerikanisch …

Das Filter lässt sich vom LFO und Hüllkurve kontrollieren. Nicht unerwähnt bleiben sollte die VCF IN-Buchse an der Rückseite, die eine externe Steuerung der Cutoff-Frequenz ermöglicht – noch ein Schritt in Richtung Flexibilität.

Die 2 LFOs erlauben interessante FX-Sounds – die LFOs lassen sich VCO, VCF und VCA zuordnen. Für LFO 2, der u. a. für Vibrato zuständig ist, gibt es noch einen Delay Schalter. Die Schwingungsformen können je nach Modulationsziel variieren – diese sind Sinus, Sägezahn und Rechteck.

Die ADSR Hüllkurve wird durch verschiedene Preset-Hüllkurven ergänzt, z. B. SLOW ATTACK, PERCUSSION (siehe Bild), wodurch es möglich wird, VCF und VCA durch zwei unterschiedliche Hüllkurven zu steuern, aber auch blitzschnell zwischen ihnen zu wechseln. Die ADSR-Hüllkurve ist äußerst schnell und ermöglicht überraschend gute Bass- und Sequencer-Sounds! Manche Sounds in höheren Oktaven werden jedoch bei schnellen Attack-Einstellungen von einem tieffrequenten „Nebengeräusch“ begleitet, so einer Art leisem „Plopp“ im Attack. Im Klangbeispiel „Sequencer-Sounds“ hört man, was ich damit meine. Mit einer guten Klangregelung bekommt man das aber in den Griff.

Die Funktion RANDOM NOTE ermöglicht den typischen Sample & Hold Effekt auf VCO und VCF, wobei PORTAMENTO mit einbezogen werden kann.

Auf der Rückseite befinden sich folgende Anschlüsse: GLIDE, VCF IN, und OUTPUT. Der Ausgangspegel lässt sich mit einem Schalter in drei Stufen einstellen. Leider hat man auf CV / Gate Anschlüsse verzichtet. Auf der Unterseite gibt es praktischerweise einen Regler, mit dem sich mit Hilfe eines Schraubenziehers die Oktav-Spreizung einstellen lässt, falls die Oktavreinheit nach vielen Jahren zu wünschen übrig lassen sollte.

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Fazit

Obwohl der SH-1000 sicherlich kein Allrounder und die Bedienung stellenweise etwas chaotisch ausgefallen ist, ist sein Grundsound jedoch überraschend kraftvoll und musikalisch sehr gut einsetzbar. Die Hüllkurven sind wirklich fix bei der Sache, was knallige Percussion-Sounds à la Kraftwerk und Bässe zum Kinderspiel macht. Allein schon als Bass-Synthi macht der SH-1000 eine gute Figur – es lohnt sich also, den SH-1000 mit CV/Gate-Anschlüssen zu versehen, um ihn dann über ein MIDI-to-CV Interface anzusteuern. Die vielen „Suboszillatoren“ ermöglichen viele eigenständige Vintage-Sounds. Auch das Filter mit Resonanz macht klanglich was her. Und was die Robustheit angeht, so mancher Synth von heute könnte da vor Neid platzen.

Metallische Timbres oder auch schwebende 2-VCO-Sounds bleiben wegen der 1-VCO Struktur und wegen der fehlenden Pulsbreitenmodulation jedoch außen vor. Ebenso mangelt es dem SH-1000 an vernünftigen Spielhilfen – der typische Roland „Bender“ wurde erst einige Jahre später mit dem SH-5 eingeführt. Auch die frühen Roland-Tastaturen sind für ihre Tücken berüchtigt, da ist öfters mal eine Reinigung der Kontakte angesagt.

Ich halte den SH-1000 aufgrund seines guten Grundsounds und Möglichkeiten trotzdem für einen etwas unterschätzten Synthesizer. Das zeigt nicht zuletzt sein günstiger Gebrauchtpreis von ca. 350 – 400 Euro (Tendenz steigend).  Immerhin sieht er fast wie ein SH-2000 aus, viele dürften ihn sogar mit seinem deutlich bekannteren Bruder verwechseln. Aber die ähnliche Optik täuscht, von einem Preset-SH-2000 ist er jedenfalls meilenweit entfernt. Leider ist der SH-1000 recht selten. Wer bei der langwierigen Suche nach einem funktionierendem Exemplar schließlich Erfolg hat, bekommt gleichzeitig auch ein gutes Stück Roland-Geschichte. Prominente User dieses Instruments waren u. a. Vangelis und Human League.

Wer also für moderates Geld einen echten, frei programmierbaren SH möchte, sollte bei einer Gelegenheit ruhig zuschlagen, die Preise für ein SH-1000 sind zur Zeit (noch) recht günstig.

Plus

  • überzeugender, solider Grundsound
  • eigenständige Oszillator-Sektion
  • schnelle Hüllkurven
  • gute, stabile Verarbeitung

Minus

  • keine serienmäßigen CV/Gate-Anschlüsse
  • Doppeltrigger-anfällige Tastatur
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Alex_KIDD

    vielen Dank für den Bericht, sehr schön geschrieben.

    Ja, den Synth kann man gern haben:-))

    beste Grüße
    Alex

  2. Profilbild
    Tischhupe

    Hatte echt nicht erwartet, dass der so toll klingt! Rösböööggt. Die Envelopes scheinen richtig schnell, da perlt der Klang richtig.

  3. Profilbild
    falconi RED

    Aus dem SH-1000 stammen wohl die Basslines aus allen großen Imagination-Hits, oder?

    Just An Illusion, Changes, Music and Lights usw.

    Das ist ein unglaublich geiler und zudem recht spezifischer Sound, der in der Form nur möglich ist mit dem gebotenen Wellenform-/Fußlagenmischmasch plus staubtrocken und knackig klingendem Filter…
    Interessant, denn der SH-1000 war ja zu Beginn der Achtziger wirkliche eine alte Tischhupe. Oder war es doch ein später Moog?
    Produziert wurde Imagination von Jolley&Swain… vielleicht weiß jemand Genaueres.

    Nach etwas Gepuzzle habe ich es geschafft, auch dem Studio Electronics SE-1X diese Bassline zu entlocken – der hat auch alles an Bord, was man dafür braucht.

    • Profilbild
      dilux AHU

      @falconi es gab auf gearslutz mal eine seitenlange diskussion zu dem thema und zum schluss hatte es einer der gearslutz user geschafft, kontakt zu einem der beiden genannten aufzunehmen und siehe da: die bassline von just an illusion kommt vom minimoog und ist komplett von hand eingespielt, also ohne sequencer. dein studio electronics wäre also genau der richtige kandidat dafür, ich glaube aber, man kriegt diesen sound auch mit anderen synthies – wie z.b. der sh serie von roland – hin.

  4. Profilbild
    falconi RED

    Aha. Am Ende ist es doch immer ein Minimoog.
    Vermutlich sind dann tatsächlich zwei oder drei Oszillatoren im Spiel, und nicht nur einer in mehreren Fußlagen über den Frequenzteiler.

    So habe ich es bei mir auch umgesetzt; es gibt nämlich tatsächlich eine Schwebung in dem Sound, die nicht nach einen profanen „Chorus“ klingt, sondern nach Verstimmung.
    Zudem habe ich zwei der drei Oszillatoren des SE-1X hart synchronisiert,

    Ich hatte eben noch das hier gefunden. Klingt verdammt nah dran:
    https://www.youtube.com/watch?v=xfcPry3pkAg

    Danke.

    • Profilbild
      dilux AHU

      @falconi man, ich werde alt :)
      ich hätte schwören können, bei der gearslutz diskussion kam ein minimoog als antwort raus, aber dein gepostetes video hat mich stutzig gemacht, also habe ich den thread nochmal gesucht…es war also doch der von dir vermutete sh1000 + boss chorus ce2 und durch einen dbx160 „angedickt“.

      https://www.gearslutz.com/board/electronic-music-instruments-electronic-music-production/719663-bass-sound-just-illusion.html

      sorry, für meine leicht demenz :D

      • Profilbild
        c.hatvani RED

        @dilux Nun, auf diesen Songs klingt es für meine Ohren nach hochwertigen, teuren Polysynths, wie Prophet-5 oder Jupiter-8… ehrlich gesagt, leuchtet mir nicht ein, warum sie bei diesem Instrumentarium ausgerechnet einen damals schon veralteten (im Jahr 1982), preiswerten, 1 VCO – SH1000 für den Bass eingesetzt haben sollen…

      • Profilbild
        falconi RED

        @dilux Ich bin auch überrascht. Das war ja wirklich ein exotischer und total uncooler Synth zu der Zeit, und sie haben diesen Signature Sound dann sogar über mehrere Alben durchgezogen. Vermutlch war es immer ein- und dasselbe Instrument.;)

        Es passt aber schon alles zusammen, auch der Kniff mit dem Portamentohebel; dieses Gequengel bekommt man mit dem Mini so nicht zuverlässig hin. Ich hatte zunächst vermutet, es sei der Glide-Button gewesen, aber der reagiert ja laut dem Bericht von Christian eher langsam.

        Ich selbest habe noch nie einen SH-1000 gespielt oder live gehört…

        • Profilbild
          c.hatvani RED

          @falconi ich habe mir vorhin die 2 Maxis „Music and Lights“ und „Illusion“ von CD reingezogen… nein, nach SH-1000 klingt der Bass nicht. Klingt viel eher nach einem Minimoog, bei dem der Portamento-Schalter für das „glide“ kurz ein – und dann ausgeschaltet wurde. Selbst mit dem Moog Prodigy kann den Sound von „Music and Lights“ sehr gut hinkriegen. Ich sage das, weil ich diese 3 Synths besitze vom Sound her gut kenne…

          • Profilbild
            dilux AHU

            @c.hatvani lies dir mal die letzte seite des von mir verlinkten gearslutz thread durch, dort wird auf einen tony swain blog verlinkt und auch zitiert.
            wahrscheinlich ist es mal wieder das kleinste glied in der kette, der boss chorus, der das erkennen so erschwert. den gibt es übrigens schon für wenig geld in den kleinanzeigen – meiner hat 75 € gekostet – und er klingt super sahnig :)

              • Profilbild
                dilux AHU

                @c.hatvani das finde ich, ehrlich gesagt, ein wenig albern, zumal der synthmania typ quasi ein konkurrent von dir ist, vertraust du dem auch nicht?

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