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Test: Rob Papen Blue 2, Software Synthesizer

Everblue Software-Synth-Sounds

15. Oktober 2014

Nun hat auch Rob Pappen seine ganze Plug-In Collection auf 64Bit umgestellt. Grund genug einen unserer Lieblinge gleich mal auf Logic Pro X zu testen und Euch vorzustellen, auch wenn dieser schon fast 100 Jahre auf dem Buckel hat.

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Vor allem da der Preis für diesen vielseitigen Klangerzeuger nur noch 99 USD beträgt.
Ein echtes Schnäppchen wie wir meinen.

Rob Papen macht Blau

Was macht man als Sounddesigner, wenn man schon für so ziemlich jedes interessante Synthesizermodell auf diesem Planeten Sounds programmiert hat? Für Rob Papen ist die Antwort seit 2 Jahren ganz einfach: man denkt sich seine eigenen Traumsynths aus, realisiert diese in Zusammenarbeit mit einem fähigen Plugin-Entwickler als Softwaresynthesizer und begibt sich wie gewohnt ins Studio, um die Bänke des neuen Babys mit Presets zu füllen. So entstand in den letzten 2 Jahren in Kooperation mit Peter Linsener (Linplug) der Albino, der mittlerweile als Version 2 vorliegt, mit der unglaublichen Menge von 1400 Werkssounds daherkommt und vom Hobbymusiker bis hin zum Profiproduzenten geliebt und gelobt wird. Andere würden sich nach dieser Schaffensleistung wahrscheinlich erstmal auf die faule Haut legen und eine Oktave herunterschalten. Nicht so der unermüdliche Herr Papen: wenn er blau macht, dann hat blau 6 Oszillatoren und kann Haare föhnen.

RPCX Cross Fusion Virtual Synthesizer Blue

… tauft Rob letztendlich das Ergebnis seiner letzten „Blaupause“. Klingt schräg, also gehen wir doch erstmal auf Bedeutungssuche. RPCX ist der Name einer neuen Kooperation mit Jon Ayres von ConcreteFX, deren Ziel es laut Webseite ist, eine ganze Serie von „virtual Rob Papen Instruments“ zu offerieren, von denen Blue das Debut darstellt. Und das hat es in sich, wie die Bezeichnung „Cross Fusion Synthesis“ vielleicht schon andeuten mag. Vom Konzept her haben wir es hier mit einem 16 stimmigen Sechs-Oszillator-Boliden zu tun, dessen Oszillatoren parallel nach Analogsauriervorbild durch Hüllkurven, 2 Multimodefilter und 2 Multimode Effekte gepumpt werden.

Wählen kann man zwischen den Oszillatortypen analog, additiv und spektral und um diese Breitseite an generierten Wellen möglichst kreativ nutzen zu können, bietet Blue neben der parallelen Betriebsart zusätzlich 32 verschiedene Algorithmen (sprich Routingmöglichkeiten) für Frequenzmodulation (FM) und Ringmodulation an. Obendrein bedient man sich pro Oszillator noch stufenlos der Phasedistortion und dem Waveshaping und wem dies alles noch nicht reicht, der kann den Ausgang jedes Oszillators regelbar wieder in sich selbst zurückführen. Mund wieder geschlossen und kurz nachgedacht, ergibt sich die Frage nach der Kontrolle über solch ein Biest. Die erlangt man in diesem Fall über nicht weniger als 9 fest „verdrahtete“ (6Osc, 2Filter, Main Volume) und 4 freie Hüllkurven, 10 LFOs, 2 Modulations-Steppsequenzer und eine 20-reihige Modulationsmatrix (Quellen: Hüllkurven, LFOs, Steppsequenzer, 7 Midiquellen; Ziele: 103 Synthparameter). Menschen, die nun beim Lesen der Featureseite ähnlich verstört sind wie ich, oder beim Gedanken an FM und Modulationsmatrix an DX-7 und ähnliche Traumata denken, sei obendrein noch gesagt, dass die Bedienung tatsächlich einfach von der Hand geht und sogar richtig Spaß macht.

Aufbau

Blue bietet nicht nur ein sehr kreatives Konzept, er profitiert auch in der Bedienung von der jahrelangen „Schraubererfahrung“ seines Schöpfers. Blue wirkt trotz seiner Fülle an Features sehr aufgeräumt: Die Oszillatorsektion und die beiden Filter sind permanent im Blickfeld und somit auch permanent erreichbar. Presetbrowser, Hüllkurven/LFOs, Modulationen, Stepsequencer und Effektsettings werden in einem großzügigen Display darunter dargestellt. Alle relevanten Controls bieten darüber hinaus auf Rechtsklick Midi Learn an und laden so zum physikalischen Knöpfe drehen ein. Das wirkt doch alles schon sehr ordentlich, gehen wir mal ins Detail…

Die Oszillatorsektion

Die Oszillatorsektion des Blue bildet das Kernstück des Synths und stellt zusammen mit der Filtersektion mehr als die Hälfte der Oberfläche dar. Alle 6 Oszillatoren besitzen eigene übersichtliche Knöpfe für Tuning, Velocity Amount, Shaping Amount (für PD und WD) Volume, einen Phasenschalter, einen Keyboardtrackingschalter, und jeweils ein Auswahlmenü für die Wellenformen, sowie für die Shape Modi PD und WS. Für die ersten beiden Oszillatoren finden sich zusätzlich Knöpfe für die Pulsweitenmodulation und Symmetrie, bei den Oszillatoren 2-6 die Schaltungsarten Sync, Fm und Ring. Zu guter letzt lassen sich alle 6 auf Knopfdruck an und abschalten, trocken auf den Ausgang „Dry“ ausgeben oder durch die Filter und die Effekte routen.

Die Filtersektion

Die Filtersektion sitzt mit ihren 2 Multimodefiltern direkt unter den Oszillatoren und bietet pro Filtermodul Tiefpass, Hochpass, Bandpass und Notch in 12dB und 24db an. Zusätzlich gibt es die Betriebsarten 6dB Tiefpass, 6dB Hochpass, Kammfilter und Formantfilter. Die Eingänge können regelbar übersteuert werden und gedreht wird pro Filter natürlich an eigenen Reglern für Cutoff, Resonance, Volume und Pan. Es gibt zusätzlich Regler für die vordefinierten Modulationen durch Hüllkurve, Velocity, Keytracking und Modwheel und man kann die beiden Filter einzeln trocken ausgeben, in Reihe geschaltet oder parallel betreiben und wahlweise in die beiden Effekte routen. Wie die Oszillatorsektion sind auch die Filter immer in der Bedienoberfläche sichtbar und man kann immer sofort eingreifen.

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Das Display

Den restlichen Grossteil der Oberfläche belegt das Display des Blue. Hier sind über 12 Taster am oberen Rand die einzelnen Sektionen erreichbar.

 Der Presetbrowser

Für stundenlangen Spaß reicht schon der Presetbrowser und die Oszillator/Filtersektion aus: nach dem Motto „stöbern&schrauben“ kann man sich hier nach Herzenslust in den 18 mitgelieferten Soundbänken suhlen. Außerdem finden sich hier Funktionen für die Organisation der Presets des Blue (32 pro Bank): man kann laden, speichern und löschen, es wird Copy/Paste und Compare geboten und man kann im Display über die Platte browsen und sein Default-Verzeichnis festlegen. Also alles da, was gebraucht wird.

Die Easy Page

Ein interessantes Feature bietet Blue mit der Easy Page. Hier werden eine Reihe von Parameter wie Cutoff, Resonance, Transpose etc. als globale Einstellmöglichkeiten angeboten und bei Veränderung relativ auf alle „verwandten“ Controls des Blue aufgerechnet. Man kann also ohne die vorherrschenden Modulationen und Routings zu durchschauen schnell und auswirksam den jeweiligen Sound anpassen oder in Echtzeit per Midi steuern. Ein Segen für Leute die Blue einfach nur kreativ spielen wollen und sich normalerweise nicht nächtelangem Sounddesign widmen.

Die Algorithm Page

Hier sind die 32 verschiedenen Routings der Oszillatoren wählbar und grafisch visualisiert. In der Oszillatorsektion lässt sich pro Oszillator der Modulationsmodus wählen (FM, Ring, Sync)

Die Phasedistortion und Waveshaping Page

Pro Oszillator kann hier grafisch die Kennlinie für PD und WD eingezeichnet werden, das Resultat des Shapings wird ebenfalls grafisch dargestellt.

Die Envelopes Page

Die 9 Hüllkurven sind fest mit den 6 Oszillatoren (Volume), den Filtern 1 und 2 sowie mit der Mainvolume verknüpft. Sie bieten Attack, Hold Time, Decay, Decay Time, Sustain, Fade und Release Time. Zusätzlich auf Wunsch mit Pre-Delay. Einstellbar sind die Hüllkurven mit der Maus in der Hüllkurvengrafik selbst oder über Slider im Display.

Die Multi Envelopes Page

Frei verknüpfbar und für eigene Modulationen verfügbar sind 4 Multi Envelopes, die man durch das Setzen von Stützpunkten per Maus selber definieren kann. „Zieht“ man an den Linien, so formen sich die Geraden zu Kurven. Die Multi Envelopes sind zum Hosttempo synchronisierbar und lassen sich loopen.

Die LFO Page

10 LFOs teilen sich auf in 6 vordefinierte LFOs für Pulsweitenmodulation Oszillator A und B, Filter A und B, Tremolo und Vibrato. Die 4 restlichen LFOs stehen zur freien Verfügung. Zur Auswahl stehen diverse Wellenformen, Syncmöglichkeiten, Änderung der Symmetrie und eine Smoothingfunktion.

Die Modulations Page

Auf zwei Seiten finden sich 20 „Slots“, in denen sich jeweils eine Quelle auf ein Ziel routen lässt. Der Amount, den man hierfür einstellt, wird in Prozent oder, falls sinnvoll, in Halbtönen angezeigt. Ein sehr angenehmes Detail bei der Modulationsarbeit.

Die Sequencer Page

Hier versteckt sich ein Sequenzer mit bis zu 32 Stepps. Pro Stepp lassen sich Tune, Volume, Slide, Filter A, Filter B und 1 frei verfügbarer Modulationsparameter einstellen. Die Programmierung der Notenwerte erfolgt in Halbtonschritten (+1, +2 etc) und orientiert sich wie ein Arpeggiator relativ an der gespielten Notenhöhe. Leider fehlt eine optische Visualisierung bei laufenden Sequenzer, so dass man ab und an schon mal die Orientierung verlieren kann. Vielleicht findet dieses Feature in einer zukünftigen Version Einzug.

Die FX Page

2 Effektmodule findet man auf der FX Page: es stehen Mono Delay, Stereo Delay, Chorus, Flanger, Phaser, Distortion, LowFi, Stereo Widener und Reverb in den Betriebsarten parallel und seriell zur Verfügung. Die Effekte entsprechen qualitativ absolut dem Standardniveau für interne Multieffekte und werten den Klang des Blue nochmals auf. Das Programm LowFi bringt mit Sampleratenreduktion und Bitcrushing auch etwas derbere Tools zum „verdrecken“ der Sounds mit, so dass jeder Geschmack zufrieden gestellt sein sollte.

Die Global Page

Alle globalen Settings sind in der Global Page zu finden. Erwähnenswert ist hier die Einstellmöglichkeit des Oversamplings (Ohne, 2fach und 4fach), sowie die Möglichkeit, den nachgeschalteten Antialiasing-Filter selbst einzustellen. Jeder der 6 Oszillatoren kann einzeln mittels eines Precisionreglers auf „Vintage“ getrimmt werden, indem das Driften analoger Schaltungen simuliert wird. Da alle globalen Parameter auch im Preset gespeichert werden, macht das Sounddesign also auch hier nicht halt, ‚drum gibt es obendrauf noch einen parametrischen 2Band EQ. Letztendlich findet man auf der Global Page auch die Möglichkeit, verschiedene Midicontrollersettings abzuspeichern und diese bei Bedarf wieder zu laden – mit richtigen Knöpfen macht Blue halt am meisten Spaß.

Klangbeispiele

Nachdem die Oberfläche des Blue einem schon das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, will man natürlich wissen, wie das Ganze denn nun klingt. Und wie sich nach bisherigen Projekten von Rob Papen schon vermuten lässt, klingt Blue abermals außerordentlich gut. Die verschiedenen Schaltungsmöglichkeiten der Oszillatoren bis hin zur Ring und FM-Modulation gepaart mit der Phasedistiortion und dem Waveshaping bescheren dem neuen Papen-Synth eine unglaubliche Klangvielfalt. Es sind neben typisch glockigen und metallischen FM-Sounds aufgrund der vielen Modulationsmöglichkeiten sehr komplexe Klangverläufe möglich und auch in rein analogen Gefilden wie tiefen warmen Bässen, gefilterten Sequenzerverläufen oder flächigen Sounds fühlt Blue sich wohl: er braucht und kann sich aufgrund seiner Breite nicht hinter anderen Synths verstecken. Blue vermag auf der einen Seite sehr brachial und kraftvoll zu Werke zu gehen, gleichzeitig lassen sich aber auch sehr filigran digital anmutende Klänge oder perkussives Material formen. Hört man sich die Presets durch und fängt an, selber tiefer in die Sounds einzusteigen und an ihnen herumzuschrauben, bekommt man das Gefühl, dass die Werkssounds, die wie immer absolute „Papen-Qualität“ aufweisen, trotz allem nur einen Bruchteil der Möglichkeiten des Blue aufzeigen. Man darf gespannt sein, was noch so aus diesem Softwaresynth herausgeholt wird. Denn gerade die Architektur des Blue erlaubt es, je nach Geschmack und sehr differenziert seinen eigenen Stil auszuleben und neue, eigene Sounds zu basteln. Blue stellt mal wieder frischen Wind in der Softsynth-Szene dar, die oft lieber Emulationen alter Schätze oder direkt total enthobene akustische Experimentallabore hervorzubringen scheint, als wirklich neue interessante und trotzdem praxisorientierte Synthesizer für Musiker zu entwickeln.

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Fazit

Das Debut dieser neuen Entwicklungskooperation scheint rundum gelungen. Hier gibt es einen unglaublich flexiblen Synthesizer mit durchdachter Bedienung, mannigfaltiger Syntheseformen, gutem Sound und somit hohem Praxiswert für unter 200 Euro. Man merkt, dass hier wirklich mit Herzblut an einem neuen Produkt gearbeitet wird. Ein paar kleinere Fehler, die während des Tests zutage traten, wurden innerhalb eines Wochenendes gefixt und eine neue Version (1.0.2) zum Download angeboten. Wer auf der Suche nach einer Bereicherung seines virtuellen Geräteparks ist und sich vorsichtig in die „FM-Szene“ hineintasten will, sollte Blue unbedingt ausprobieren. Die Bedienung ist einladend und als „Analogschrauber“ findet man sich quasi auf Anhieb zurecht. Der Sound ist überzeugend, die benötigte Rechenleistung einem heutigen Plugin angemessen und unterstützt werden sowohl Mac (AudioUnit) als auch PC (Vst).

Plus

  • sehr umfangreiche Synthese-Engine
  • vorbildliche Bedienbarkeit
  • guter und flexibler Sound
  • Preis/Leistungsverhältnis!!!!

Minus

  • Stepsequencer ohne "Lauflicht"
  • Hohe Rechnerbelastung

Preis

  • 99 USD
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Klangbeispiele
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