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Test: Roland Jupiter-80 Synthesizer

Der etwas andere Jupiter

21. Dezember 2011

Musikmesse Frankfurt 2011

Im Tiefgeschoss der Halle 5 ist Roland traditionell mit einem großen und auch immer ziemlich überlaufenem Stand vertreten. Ich will mir den neuen Jupiter-80 anschauen und probespielen. Doch scheinbar gibt es gerade mal ein einziges Ausstellungsstück und das steht unzweifelhaft exklusiv einem Präsentator zur Verfügung, weniger irgendwelchen Pressevertretern mit hemdsärmligen hands-on Ambitionen wie mir. Also übe ich Geduld, lausche in der Folgezeit ein paar von Jimmy Kresic und Scott Tibbs beachtlich genial dargebotenen Presets, die ich später in Clips bei youtube wiederentdecke. Und warte halt einfach auf ein Testinstrument.

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So, jetzt ist es Ende November, tatsächlich steht ein leibhaftiger und überhaupt auch sofort lieferbarer Jupiter-80 vor mir, der nur darauf wartet, sich von mir bespielen zu lassen. Lesen Sie also hier, was danach alles passierte.

Schneller Überblick zum Jupiter-80

Der Name Jupiter-80 ist Programm, denn Roland beruft sich auf eigene Errungenschaften im Olymp der Vintage Klassiker. Wir erinnern uns: Der Roland Jupiter-8 erschien 1981 auf der Bildfläche, der Preis war um die DM 12.000,- angesiedelt und sein delikater Soundcharakter hat Musikgeschichte geschrieben. Prominente Leute wie Howard Jones und Jonathan Cain zählen zu denen, die das zu verantworten haben. Was also hat der Jupiter-80 an sich, dass Roland ihn in die Fußstapfen der Legende treten lassen möchte? In erster Linie einen ähnlichen Look! Und so hat der Neue nicht nur ebensolche Alublenden an der Seite, sondern auch gleich die gesamte farbliche Gestaltung orientiert sich an ihm. Und was ist mit dem Sound? Jawohl, damals wie heute wollen die Schöpfer dieser Roland Synthesizer mit gut gelungenen Simulationen traditioneller Instrumente überzeugen. Mit dem Jupiter-8 hatte das ganz und gar nicht gut geklappt, eine Oboe klingt aus dem eher nach Eobo, ha ha, und anstelle dessen verdiente der sich seine Lorbeeren mit richtig coolen Flächenklängen, SyncLeads, Synthbrass und anderen Sounds, die vor allem überhaupt nicht nach akustischen Vorlagen klingen. Soviel dazu, was Hersteller wollen und Musiker dann draus machen.

Das optische Vorbild, der Roland Jupiter-8

Heute jedoch bedienen sich Rolands Entwickler eines völlig neuen Tonerzeugungsverfahrens: SuperNATURAL-Synthesis. Damit wird eine Klangtechnologie bezeichnet, die sich akribisch um die Simulation akustischer und elektrischer Instrumente kümmert, genauso aber auch einen Analogsynthesizer virtuell abbildet. Physical Modeling ist das im Grunde. Außerdem grenzt sich der Jupiter-80 so von verschiedenen Mitbewerbern ab, die sich beispielsweise mittels mehrerer Tonerzeugungsverfahren als Everybody’s Darling oder Workstation positionieren, indem er, fast kokettierend, einfach nur eine passable Klangmaschine darstellen will. Eine, die sich statt um statistisch relevante Grundfunktionen eher dem musikalisch umgesetzten Processing widmet. Dafür wurde ein passendes Bedienkonzept gestaltet, das schon auf den ersten Blick angenehm überschaubar wirkt. Ob das auch so ist, werden wir nun herausfinden.

 

Erscheinungsbild und Bedienstruktur

Mit 76 leicht gewichteten Tasten tritt der Jupiter-80 an und diese Konfektionsgröße ist gut gewählt: Geboten wird damit genügend Tastaturumfang auch für Anspruchsvolle, wenn es etwa um Keyboardsplits geht. Und sie ist zudem so geraten, dass es, mit kleinen Abstrichen, sogar eine halbwegs geeignete Voraussetzung für pianistisch orientierte Keyboarder darstellt. Gleichzeitig bietet sie so eine klasse Basis für alles, was gerade von nicht-gewichteten Tasten profitiert: Bass, Orgel, Leadsynth und dergleichen. Also überall dort, wo es gelegentlich sehr flott vonstatten gehen soll und gewichtete Tastaturen alleine wegen des Tastenhubs und der generell erforderlichen Fingerpower Nachteile haben.

In der Instrumentenmitte ist ein berührungsempfindliches TouchScreen Display (15 x 9 cm), in Farbe, und darunter befinden sich griffgünstig 4 Controller Drehregler, die man E1 bis E4 nennt. Ein wirklich großes Data Entry Wheel ist dann rechts daneben platziert, links davon 4 Slider mit auffällig langem Regelweg samt optischer Anzeige LED-Kette, die als Mischer der 4 Sektionen Upper, Lower, Solo und Percussion fungieren. Außer einem Master Volume Drehregler und über 60 recht großen farblich organisierten Tastern für eine kategorisierte Sound- und Funktionsanwahl sowie einer Arpeggiator Section gibt es nicht mehr viel auf dem Panel zu sehen. Roland hat sich beim Jupiter-80 eben Übersichtlichkeit verordnet und das dann einfach konsequent so durchgezogen. Doch halt, unterhalb der Tastatur sind beleuchtete Drucktaster zu sehen. Mit denen werden umfangreich zusammengestellte Sound-Settings aufgerufen, und wie smart diese Positionierung ist, zeigt sich beim Spielen. Sie müssen kaum einen Finger von den Tasten nehmen, so schnell ist auf einen dieser Taster gedrückt und schwupps das komplette Set gewechselt.

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Touchscreen des Jupiter-80

TouchView-Display

Bunt geht es zu im Display! Die Farbwahl des Panels wurde übernommen, das hilft bei der Orientierung ungemein. Der Jupiter-80 hat nämlich eine Menge unter der Haube, weitaus mehr, als dass seine Funktionen alleine mit den Bedientastern zu erreichen wären. Also gibt es für alle Sektionen extra gestaltete Menüseiten sowie eine Menge weiterer Subpages. Da es sich um ein fortschrittliches und gleichzeitig berührungsempfindliches Display handelt, kann die Dateneingabe meistens direkt dort erfolgen. Alternativ gibt es rechts daneben auch ein recht großes Data Entry Wheel samt + und – Tastern oberhalb davon.

Bedienelemente und Controller Ausstattung

Roland möchte den Jupiter-80 insbesondere als Instrument für Live Performance verstanden wissen und hat sich folgerichtig für eine schlank gehaltene Bedienstruktur entschieden. Mit relativ wenigen und recht großen Tastern und Schiebereglern können alle wichtigen Funktionen aufgerufen werden. Das betrifft insbesondere Klanganwahl, Bedienung des Arpeggiators, Controller, Key Transpose. So stellt sich der Jupiter-80 wie ein aufgeräumter Schreibtisch dar, der dem Keyboarder hilft, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren: die Performance. Die Sound Presets sind bereits werksseitig umfassend programmiert, so dass ein Kennenlernen der Sounds gleich mit einem Komplettangebot an Zusatzfunktionen möglich ist.

Und das ist die Jupiter-80 Controllerausstattung: Vorne links neben der Tastatur befindet sich im typischen Roland-Look der Pitch Bend/Modulation Controller. Herstellerseits hat man sich größtenteils für eine Preset-übergreifende Konvention entschieden und so werden damit je nach Instrument stets Tonbeugung und individuelle Modulationen wie Vibrato, Tremolo, Volume oder Brillanz gesteuert. Gleich darüber sind die beiden Schalter S1 und S2. Da werden zum Beispiel Klang- und Spielartvarianten abgerufen. Einen dosierten Einfluss auf den Klang erlauben die vier Control Knobs unterhalb des Display. Es sind Endlosregler und wenn Sie daran drehen, werden im unteren Displaybereich parallel dazu die Werteveränderungen angezeigt.

Und es gibt einen D-Beam Controller! Ein optischer Sensor reagiert auf den Abstand z.B. Ihrer Handfläche, die Sie darüber halten, und erlaubt damit dynamische Kontrolle von wahlweise Pitch, Volume oder einem individuellen Klangparameter. Leider lässt sich das nicht kombinieren, denn Multimodulationen via nur einem einzigen Controller sind eigentlich durchaus praktisch und buchstäblich effektiv. Auf der Instrumentenrückseite können drei Controllerpedale angeschlossen werden, wobei zwei davon frei programmierbar sind und dem dritten die Hold Funktion fix zugeordnet ist. Für Letzteres wird auch gleich das passende Pedal DP-8 mitgeliefert. Interessante Alternative ist das als Zubehör erhältliche Modell RPU-3, das mit seinen drei Pedalen pianistischen Ansprüchen dient. Obligatorisch sind die Anschlagsdynamik sowie der recht angenehm kontrollierbare Aftertouch. Insgesamt eine nicht gerade üppige Ausstattung, jedoch ergonomisch durchaus komfortabel bedienbar. Allerdings relativiert sich diese Einschränkung, denn der Jupiter-80 hat in Sachen Performance und Klangartikulation noch mehr zu bieten. Mehr dazu im weiteren Verlauf des nächsten Abschnitt „Sounds“.

Der Sound des Roland Jupiter-80

Der Jupiter-80 ist werksseitig mit einer opulenten Klangauswahl bestückt. Dabei wird keine Instrumentenkategorie ausgelassen und insgesamt ist das gebotene Spektrum enorm. Nicht nur fix und fertig aufgehübschte Multi-Sounds mit Splits und Layers in atemberaubender Wuchtqualität, sondern auch jede Menge feinst abgestimmter Einzelklänge in jeweils mannigfaltigen Varianten. Die übersichtliche Bedienstruktur macht es angenehm einfach, die gewünschte Kategorie anzuwählen und sich dann ein Instrument auszusuchen. Die Klangabteilung selber ist in vier Sektoren unterteilt: Percussion, Lower, Upper, Solo, und dafür steht eine kleine Mischeinheit mit Slidern und LED-Ketten bereit. Jedem dieser Sektoren lassen sich individuelle Sounds zuordnen. Da die Tonerzeugung ohne Samples auskommt, die erst geladen werden müssten, gibt es auch keinerlei Umschaltzwangspausen beim Soundwechsel. Dieser vollzieht sich zwar nicht komplett überblendend vom einen zum anderen, jedoch immerhin ein bisschen. Beide Features sind gerne gesehen!

Und wie klingt’s? Pauschal gesagt: erstklassig. Wobei verschiedene Instrumente bzw. Instrumentengruppen ganz besonders gelungen sind. Insbesondere sämtliche Soloinstrumente wie Violine, Flöte, Trompete fallen positiv auf. Doch auch die Klaviere, Gitarren, String und Brass Sections, Synthsounds wissen zu überzeugen. Insgesamt haben wir es mit einem sehr hohen Niveau zu tun, das einerseits genügend Potential hat, entsprechend hohe Ansprüche zu erfüllen und andererseits auch eine Herausforderung darstellt, diese Sounds angemessen darzubieten. Für einigermaßen erfahrene Instrumentalisten sicherlich ein wahrgewordener Traum, für oberflächliche Klangsurfer dagegen könnte das eine oder andere Klang- bzw. Performancedetail eher erschreckend und ungewohnt wirken.

Die Kurzformel lautet: Je mehr man sich mit den originalen Instrumenten befasst hat und deren Eigenheiten kennt, um so besser wird man mit diesem Angebot des Jupiter-80 zurechtkommen. Hier werden nämlich Pitch Bendings nicht etwa generalisierend glattgebügelt und allesamt gleichbehandelt, sondern es wird Rücksicht genommen auf deren individuelle Andersartigkeiten bei den einzelnen Instrumenten. Beugen Sie also etwa den Ton einer Trompete nach oben, dann passiert nicht das, was Sie von anderen Synthesizern gewohnt sind. Anstelle eines simplen Glide Effekts mit gewähltem Intervall erfährt der Ton beim Jupiter-80 Pitch Bending genau das, was bei einer echten Trompete passiert: statt stufenlos sind das gewisse Steps.

Solche mitunter als „unperfekte“ Brüchigkeit dargestellte Instrumenteneigenschaften verhelfen den Sounds dazu, eine bislang allenfalls von aufwändigst produzierten Sample Librarys bekannte Echtheit an den Tag zu legen. Was selbst für mit solchen Dingen vertraute Instrumentalisten eine neue Lernkurve verursachen kann. Doch keine Sorge, die macht richtig Spaß, ich konnte das während der Testphase immer wieder feststellen. Leute mit Lust auf klangliche Erkundungsreisen werden hier ordentlich auf ihre Kosten kommen. Und wir reden im Augenblick lediglich über akustische Instrumente, was aber nur ein Teilgebiet des Jupiter-80 darstellt. Dazu kommt, dass Roland ein Reihe verschiedener Spielhilfen offeriert, die solchen Ambitionen elegant unter die Arme greifen. Arpeggiator und Harmony Intelligence heißen die zentralen Schlagworte und dahinter verbergen sich ziemlich ausgefuchste Spielfunktionen. Manche davon kenne ich aus dem Bereich Portable Keyboards und Home Organ. Jedoch sind sie beim Jupiter-80 nicht dafür vorgesehen, mangelnde Spielfertigkeiten zu kaschieren, sondern typische Arrangements nachahmen zu helfen, die selbst mit 10 Fingern kaum oder gar nicht mehr zu bewältigen sind.

Der integrierte Arpeggiator

Der Arpeggiator lässt sich den Sektoren Upper und Lower individuell zuordnen, bei Bedarf auch beiden gleichzeitig. Es gibt eine Hold Funktion (via Taster und Foot Switch) dafür sowie einen Tap Tempo Eingabetaster. Ausgeliefert wird der Jupiter-80 mit 128 Arpeggio Patterns, weitere 128 können als Standard MIDI File importiert und gespeichert werden. Und ein ordentlicher Schwung an Parametern steht für die Bearbeitung der Arpeggios bereit, darunter die Art des Abspielvorganges wie Up, Down, Glissando, Chord, Phrase und viele mehr. Im Ergebnis klingt das ziemlich vielseitig und schon bei den Werksprogrammen kann man sich vorführen lassen, was sich damit anstellen lässt.

Wie üblich für Arpeggiatoren hängt das Abspielmuster von den jeweils gedrückten Tasten ab, und das gilt auch für das andere Feature, die Harmony Intelligence Funktion. Sie kann für einen Upper Part herangezogen werden und liefert automatische Harmonisierungen für einstimmig gespielte Melodien. Damit das harmonisch auch korrekt erledigt werden kann, bietet der Jupiter-80 dafür 17 Typen an mit den selbsterklärenden Bezeichnungen wie Block, Duet, Octave sowie welchen, die man sich am besten selber anhört, um einen Eindruck zu kriegen: Organ, Big Band, Strings und weitere. Gemeinsam haben diese Harmonisierungen von Melodielinien das automatische Hinzufügen eines oder mehrerer Zusatztöne (Noten) und das funktioniert für bis zu vier Stimmen. Natürlich kommt es darauf an, dass Sie für Upper und Lower zueinander passende Muster wählen und auch „richtig“ spielen. Ansonsten klingt die Sache nämlich mindestens etwas schräg, im schlimmsten Fall ganz schön gegen den Strich gebürstet.

Orgel-Sounds des Jupiter-80

Zurück zur Klangabteilung selbst, denn es gibt ein weiteres wichtiges Terrain: Orgel. Roland bemüht die hauseigene Technologie für solche Simulationen. Ja, es steckt auch eine ausgewachsene Orgel im Jupiter-80. Sie bietet komfortabel via Touch Display 9 sogenannte Drawbars, wie man sie insbesondere von den legendären Hammond Instrumenten kennt. Doch damit nicht genug, denn es existiert darüber hinaus noch ein Pro Edit Button. Einmal draufgedrückt erscheint im Display eine weitere Page, die weitere Sub-Parameter anbietet. So können Sie Ihre gewünschten Einstellwerte auch numerisch eingeben, aber vor allem die Percussion, Click und Leakage Levels detailliert programmieren. Zur authentischen Veredelung gibt es einen passenden Rotary Speaker Effekt in zwei Varianten, der sogar direkt via Panel Buttons an- und auszuschalten ist. Das gilt auch für die Geschwindigkeiten Slow/Fast. Alle weiteren Details sind per Touch Display auf einer eigenen Edit Page erreichbar. Klanglich bietet die Orgelsektion viel Abwechslung und kann sowohl einigermaßen fetzig-bissige Hammond als auch braves Heimmodell und voluminöse Kirchenorgel.

Einem Synthesizer dieser Klasse darf man heutzutage offensichtlich auch die Imitation vieler anderer akustischer und elektrischer Instrumente zutrauen. Konzeptionell beim Jupiter-80 bereits begründet, finden sich hier in ausgezeichneter Klangqualität E-Pianos, Akkordeons, Mallet Instrumente, Saxophone, die verschiedensten Ethnic Instruments und obendrein Drums und Percussions. Und ebenso alles das, was sonst aus Sampleplayern bekannt ist, also etwa Chöre.

Der VA-Synthesizer im Jupiter-80

Und nun zu der Sektion, die klanglich am ehesten was mit der Legende Jupiter-8 zu tun hat: Der virtuelle Synthesizer. Auch hier bedient sich Roland der hauseigenen SuperNATURAL Technologie, in diesem Falle aufbereitet wie bei einem Virtual Analog Synthesizer. Oszillatoren, Hüllkurven, Filter, LFO usw. Die Parameterausstattung ist nicht allzu üppig, bietet jedoch eine Menge Tricks an. Bis zu 4 Tones können gestapelt, individuell bearbeitet und mittels Tone Blender manipuliert werden. Letzterer erlaubt simultane Modulationen gleich mehrerer Parameter, Roland bezeichnet das als Sound Morphing. Dafür steht eine eigene Menü Page bereit und die ist dann angesichts der Aufgabenstellung auch ganz schön vollgepfropft mit Detailoptionen.

Als Folge davon mussten wohl kleine Beschriftungen für manche Funktionen genügen, wodurch die schnelle Ablesbarkeit ein wenig eingeschränkt ist, selbst bei Bold Fonts. Auch die anderen Menüseiten für den Synthesizer sind zahlreich und trotz der Funktionsfülle einigermaßen übersichtlich gestaltet. Roland hat sich bereits werksseitig eine Menge Mühe gemacht, dessen Leistungsfähigkeit und Klangqualität mit entsprechenden Presets zu belegen. Sie sind zahlreich und auch die Werksprogramme des Idols Jupiter-8 sind mit von der Partie, jedenfalls als Replik. Das Spektrum insgesamt reicht von typisch unprätentiösen und eher schwach konturierten Synthsounds Typ Spätsiebziger bis zu den mittlerweile etwas berüchtigten One-Key-Posern, die für gewöhnlich vor allem Aha-Effekte beim Kaufpublikum erzeugen, anstatt dass sie mal musikalisch Verwendung fänden. Schon allein die mitgelieferte Masse an Synthsounds dürfte alle mit einem Grundbestand unmittelbar einsetzbarer beglücken, ganz gleich welche Stilrichtung aufgerufen wird. Die Bedienung selber ist ein wenig gewöhnungsbedürftig und es gibt es Lernkurve, bis alle Pages verstanden sind.

Denn immerhin kann der ganze Klangzinnober noch mittels Upper, Lower, Solo aufgepeppt werden – das sind dann bis zu zehn Tones! Da kann man anfangs noch den Überblick verlieren. Allerdings hilft die Bedienungsanleitung dabei, dass so was nicht passieren muss und bietet ungewöhnlich viele Screen Shots schon alleine als Orientierungshilfe. Allerdings habe ich angesichts der nur gut 100 Seiten Umfang den Verdacht, dass nicht alles besonders ausführlich erläutert ist. Auf gerade mal 4 Seiten wird die Synthesizerabteilung abgehandelt, da fällt viel unter den Tisch. Doch das wurde offensichtlich schon bemerkt, denn es gibt weiterführende PDFs auf der Produktseite.

Polyphonie

Klangstapeloptionen wie beim Jupiter-80 verlangen nach großzügiger Polyphonie. Roland nennt 256 Stimmen als Maximum, was je nach Prozessorlast variieren soll. Bei vollgriffiger Spielweise, länger ausklingenden Sounds samt vieler Effekte und pulsierender Arpeggien rechne ich dann durchaus damit, diese Grenze hin und wieder zu erreichen. Und erlebte das beim Ausprobieren der Presets auch hin und wieder mal. Um also „abreißende“ Töne zu verhindern, bietet der Jupiter-80 immerhin eine gezielte Stimmenzuordnung für die einzelnen Parts. Doch damit kein falscher Eindruck entsteht: Der Grundklang des Jupiter-80 ist bereits recht präsent und bietet Fülle. Es braucht jedenfalls keine Stacks, um Power an den Tag zu legen. Insofern relativieren sich die Layers und sind insbesondere als Werkzeug fürs Sounddesign zu verstehen.

Effektprozessor

Mit einem zeitgemäß reichhaltigem Effektangebot rückt der Jupiter-80 an. Nicht weniger als 77 verschiedene Effekte pro Tone, und es werden so ziemlich alle Typen geboten: Delay/Echo, Compressor/Gate, EQ/Filter, Chorus, Flanger, Phaser, Pitch, Rotary Speaker, Tremolo/Panorama, Overdrive/Distortion, Lo-Fi, Slicer, Ring Modulation, Enhancer usw., wobei es viele Kombinationen mit mehreren Effekten gleichzeitig gibt. Die Bestandteile eines Tones, also die bis zu 4 Layers, können individuell mit Effekten bestückt werden und auch beim Umräumen und deren Verwendung in anderen Presets werden die Effekte schön brav mitübertragen. Die Effektqualität ist insgesamt hoch, lediglich der Reverb kann meiner Ansicht nicht ganz mithalten.

Speichersystem

Instrumente mit opulenten Spezifikationslisten und mehreren Ebenen erfordern eine sorgsam durchdachte Speicherorganisation, damit alle Sounds genau so aufbereitet aufrufbar sind, wie jemand das für sich persönlich haben will.

Oberste Ebene ist beim Jupiter-80 eine Registration, es gibt bis zu 256 davon und sie sind mittels einer Reihe beleuchteter Taster erreichbar, die unterhalb des Keyboards angebracht sind. 4 Achter-Bänke sind das jeweils, und eine Weiterschaltung geht via Next und Previous Buttons. Ob die Positionierung dieser Drucktaster eine besonders geschickte Lösung darstellt, wird die Praxis zeigen. Mir hat’s bislang ganz gut gefallen, denn auch während zweihändigem Spiel mal flott auf einen dieser ergonomisch naheliegenden Taster drücken ist durchaus praktisch. Die Anwahl kann aber auch mit dem Data Entry Wheel erfolgen.

Versteckter USB-Slot zum Speichern von Daten

Von einer Umschaltdauer kann man auch bei komplexen Zusammenstellungen, Splits und Layer nicht sprechen: Knopf gedrückt und der Sound ist da. Unterhalb der Registration Ebene begegnen wir den Tones, die für die Layers oder Splits herangezogen werden. Eine Registration besteht aus 4 Tones, die Upper, Lower, Perc und Solo genannt werden. Editiert man einen dieser Parts, erscheint im Display dann der Begriff Live Set, und davon können sagenhafte 2.560 erstellt werden. Ein wenig verwirrend ist die Begriffsvielfalt, ich finde sowas erschwert es, Zugang zum Instrument zu finden. Jedoch hilft auch hier die Bedienungsanleitung ein wenig weiter und listet wenigstens die Instrumentengruppen, die für die jeweiligen Parts herangezogen werden können. Den Rest muss man sich selber erarbeiten.

Tastatur

Den Jupiter-80 gibt es ausschließlich mit 76 leicht gewichteten Tasten. Eine sicherlich sorgsam ausgewählte Konfektionsgröße seitens des Herstellers, denn sie ist aus Bedarfsperspektive klar ein Kompromiss mit dem Faktor „größter gemeinsamer Nenner“. Für Key Splits ist genügend Verteilspielraum, die Wahl des Tastentyps selber bedient Synthesisten wie Pianisten und deren jeweils vorgegebene Ansprüche gleichermaßen. Und sie verhilft dem Instrument zu einem tragbarem Gewicht und Autorückbank-kompatiblen Abmessungen. Wodurch sich der Jupiter-80 das Prädikat „transportfreundlich“ erwirbt. Sie ist anschlagsdynamisch und bietet Aftertouch, der auch ohne Samuraikräfte aufgerufen werden kann. Der Tastenhub selber liegt im mittleren Größenbereich, und das Repetitionsverhalten definiere ich jedenfalls mit „prima“.

Die Anschlüsse des Roland Jupiter-80

Pedale und Anschlüsse

Ähnlich aufgeräumt wie auf dem Bedienpanel geht es auf dem rückwärtigen Anschlussfeld zu. Geboten werden neben Netzanschluss Eurokabel (wird mitgeliefert) plus großflächigem Schalter An/Aus die Buchsen Main Out mit jeweils 2 mal (L/R) Typ XLR, Audio Stereo und Sub Out sowie Headphones (alles Klinke 6,3 mm), dazu ein Audio In (Stereo-Miniklinke) mit eigenem Levelregler und 3 für Foot Pedals. Für die digitale Datenübertragen gibt es MIDI (In, Out, Through), USB und Digital Audio Out (koaxial). Ein Damper Pedal wird werksseitig gleich mitgeliefert. Letzteres ist ganz schön stramm eingestellt und erfordert einen kräftigen Fußtritt am besten beschuht, denn barfuß drückt es nämlich gehörig auf den Ballen und tut beinahe weh.

Extra Features und sonstige Details

Als Extra bietet der Jupiter-80 auf der linken Panelseite ein Fach mit Anschlussbuchse für einen USB-Memory Song Player/Recorder. Gemeint ist damit ein USB-Stick, und das per Schraube auch verschließbare Fach beherbergt diesen bei Bedarf. Sie können Audiodaten in verschiedenen Formaten und Qualitätsstufen abspielen, etwa Songbackings, zu denen Sie live dazuspielen. Auch welche, die Sie mit dem Jupiter-80 erstellt haben, können direkt übernommen werden. Gesteuert wird das mit dem Tasterfeld auf der rechten Panelseite. Zusätzliche Funktionen zur Audiobearbeitung sind per Displaymenü erreichbar: Time Stretching und Pitch, Equalizer, Stereopanorama, Loops, Chain Play.

Für globale Funktionen gibt es eine System Page, die per Taster aufgerufen wird. Dort werden übergeordnete Features angeboten, darunter sind Infos wie aktuell installiertes Betriebssystem sowie Zugang zu Touch Screen Kalibrierung, Backup, Factory Reset.

Die Bedienung des Roland Jupiter-80

Der Jupiter-80 erscheint auf den ersten Blick ungewohnt aufgeräumt mit seinen recht wenigen Tastern und Reglern angesichts der klanglichen Vielfalt sowie den zahlreichen Funktionen. Das erleichtert den Überblick während Livedarbietungen auch ungemein, denn alle wichtigen Features sind unmittelbar erreichbar und durchweg ergonomisch praxisgerecht positioniert. Unter der Haube jedoch, also alles das, was via Touch Display bedient wird, geht es nicht mehr ganz so übersichtlich zu. Jede Menge Menüseiten und zusätzliche Submenüs – hier gibt es zuerst eine Einarbeitungszeit zu absolvieren, um den Signalfluss und damit das Instrument und seine Logik zu verstehen und gezielt z.B. eigene Sounds zu programmieren.

Es sollte sich allerdings lohnen, denn der Jupiter-80 hat etwas von Wolf im Schafspelz. Ausnahmslos jede Instrumentengruppe ist umfangreich vertreten, und viele besitzen, wie etwa bei akustischen Instrumenten, jeweils ganz eigene Parametersätze. Dazu der virtuelle Synthesizer, der für Fantasiesounds zuständig ist, und sich als Fass ohne Boden präsentiert – im positiven Sinne! Für den allerdings sind die vier Controller Regler unterhalb des Display etwas wenig. Außerdem ist beim Drehen der Regler eine sehr deutliche Rasterung spürbar, das fühlt sich für meine Begriffe nicht so super an. Insgesamt aber ist die Mühe der Designer erfolgreich gewesen, das Instrument zugänglich zu gestalten. Wenn eine erforderliche Lernkurve für die Jupiter-80 Besitzer erkennbar ist, die sich intensiv in die Tonerzeugung reinknien möchten, dann liegt das also in erster Linie an den vielen Funktionen. Deren Processing wirkt auf mich ziemlich elegant, denn es kam während des Tests über mehrere Wochen hinweg zu keinerlei Betriebsstörungen.

iPAd-Editor für Roland Jupiter-80

Software und Zubehör

Mitgeliefert wird ein Damper Pedal, eine CD-ROM (USB-Audio, MIDI Treiber), eine DVD-ROM (Sonar LE Version) sowie das Netzkabel. Als Zubehör erhältlich sind zwei verschiedene Keyboardständer, Fußpedale und -schalter, USB Flash Memory und Kopfhörer.

Neue Features der Version V.20

  • Zusätzliche 3 Lowpass-Filtertypen in Kombination mit dem bisherigen; in Summe also 4 Filter
  • Neue MFX-Strukturen zusätzlich zur herkömmlichen Parallel-Verbindung; insgesamt sind 5 Strukturen verfügbar
  • Registration Play Screen für einen leichteren Zugang während Live-Auftritten
  • Verbesserte Integration der SONAR Software; ein eigenes Computer Plug-in macht es leichter, JUPITER-80 aufzunehmen, um die SONAR Tonregler und Synthesizer Software zu kontrollieren.

Mitbewerber

Der Jupiter-80 reiht sich ein in das derzeit bereits recht gut bestückte Marktumfeld dieser Preis- und Soundklasse. Zu tun haben wir es dabei mit dem John Bowen Solaris, Arturia Origin Keyboard, Dave Smith Instruments Poly Evolver Keyboard, Access Virus TI2 Keyboard. Und dazu aus der Abteilung Workstations noch Yamaha Motif XF, Korg Kronos, Kurzweil PC3. Selbst die hauseigenen Modelle V-Synth GT und Fantom-G6 stehen mit im Wettbewerb. Im Vergleich holt der Jupiter-80 sicherlich eine Menge Extrapunkte, wenn es um authentisch klingende Akustikinstrumente geht und auch all die Features, die ihn als live-tauglichen Synthesizer klassifizieren.

Der Roland Jupiter-80 on YouTube

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Mehr Informationen

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Fazit

Hui, das ist wahrlich ein Soundmonster! Das Klangspektrum des Roland Jupiter-80 ist enorm und individuelle Sounds teils völlig spektakulär und so jedenfalls in einem Synthesizer noch nicht dagewesen. Das liegt an der Tonerzeugung SuperNATURAL Synthesis, sie bietet Klangdetails speziell für Akustikinstrumente, die eben Physical Modeling ermöglicht und Sampling zumindest in dieser Aufbereitung nicht. Doch auch der virtuelle Synthesizer kommt mit ordentlich Druck bei gleichzeitiger Seidigkeit und dürfte viele Erwartungen derer erfüllen, die Roland angesichts der Orientierung an der hauseigenen Legende Jupiter-8 beim Wort nehmen wollen. Das Handling der ganzen Sache ist in weiten Teilen völlig angenehm und leicht erlernbar, wenn auch nicht gänzlich ohne Hürden. Der Grundsound hat einen differenzierten Charakter mit mehreren prägenden Eigenschaften. Zunächst klingt er stets sehr präsent und ist einfach undiplomatisch „da“. Akustische Instrumente aller Kategorien sind ungewohnt detailreich abgebildet, bieten eine enorme Dynamik und können durchaus eine Herausforderung selbst für erfahrene Keyboarder darstellen. Aber auch die Synthesizerabteilung bietet bereits ab Werk erkennbar typische Vintagesounds mit Emblem „JP8 und Konsorten Replik“ genauso wie ungestüm Neuartiges und flirrende Verzwirbelungen mit einer Menge Eigencharakter. Die haben eben noch geradezu aggressiven Nachvornedrang, und im nächsten Moment diesen eigenartig verschmusten Flausch an sich. Einem Synthesizer von heute darf man also nicht nur gradlinige oder abgefahren multimodulierte Fantasiesounds zutrauen, sondern astreine Klaviere und Flöten und Violinen in geradezu unerwartet treffender Simulation wohl. Klanglich hat Roland mit dem Jupiter-80 definitiv einen neuen Standard gesetzt, und das ohne große Werbetrommel. So ist er zwar ganz klar ein potentieller Kandidat für Live Performance, aber mindestens genauso für den Alltag im Recording-Studio. Jede Menge Spielspaß inklusive. Einen ziemlich reizvollen Experimentalfaktor liefert die Tonerzeugung ebenfalls frei Haus, wahrscheinlich wissen die Entwickler selber nicht mal, was noch alles für abgefahrene Sounds herauszuholen sind. Wer sich also richtig auf den Jupiter-80 einlässt, wird zweifellos lange und nachhaltige Freude damit haben. Sehr cool!

Plus

  • ungewöhnlich vielseitige und detailreiche Tonerzeugung
  • schlüssiges Bedienkonzept mit Schwerpunkt Live Performance
  • präsenter Klangcharakter mit viel Basispower
  • gute Tastaturqualität

Minus

  • maximale Polyphonie gelegentlich etwas knapp
  • Reverb Effekt erreicht nicht ganz das übrige hohe Leistungsniveau

Preis

  • Roland Jupiter-80: 2.999,- Euro
  • KS-J8 Keyboardständer: 399,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    rasmus

    hmm, also beim durch hören der demos muss ich sagen find ich die abbildungen realer instrumente sehr gelungen, aber alles was an virtuell analog sounds dabei ist klingt schwach. ich hab den eindruck das filter schafft nix, das schmatzt nicht.
    da klingt doch sogar das filter von nem alpha juno besser, soweit man das aus diesen demos beurteilen kann.

    • Avatar
      AMAZONA Archiv

      @rasmus Yep, unter kräftigem Filterzupacken verstehe ich auch was anderes.

      • Profilbild
        olduser

        Die digitalen Artefakte wurden 1:1 vom V-Synth GT übernommen, und Roland-Filter Digital klingen leider so, auch im GT.

        Der Schwerpunkt liegt also bei den Natursounds.
        Gegen einen Kronos kann der Jupiter 80 bei weitem nicht mithalten(Vielseitigkeit) gegen Spezialisten im Synthbereich ebenso nicht.

        Wer Wert auf gute Artikulationsmöglichkeiten im Natursoundbereich legt und zusätzlich synhtetisches Material benötigt, ist hier gut bedient.

        • Profilbild
          Filterpad AHU 1

          @olduser Aber nur bei den neueren Roland Synths klingen die Filter so, nicht bei den älteren VA Synths meiner Meinung nach! Toller Bericht :)

          Gruß M.

          • Profilbild
            olduser

            @Filterpad die Roland Filter sind im Digitalbereich alle so, ich hatte Hahre einen JD 800 und einen JV1080, diese Glorifizierung der Alten ist im digitalen Bereich nicht so, warum auch, auch in den hohen Lagen klingen die VA s von Roland alle mit Artefakten, damit kann man aber leben, die Rompler der JD Serie sind da besser dran, das Filter des JD ist aber mitnichten besser,zudem sehr stufig, da Tolle an Ihme ist eben die Bedienung und die sicher tollen Flächen, durch das etwas andere Wellenform-Angebot

  2. Profilbild
    studiodragon

    Ja stimmt, einige Akustische Instrumente sind wirklich sehr lebendig und detailreich abgebildet.
    Wenn Roland da noch auf Hybride Seite ein paar Analogfilter spendiert hätte wäre es voll der absolute Hammer gewesen.
    Merci Klaus, für deinen ausdruckstarken Berricht hier.

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