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Interview: Peter Grandl zum Soundtrack von Two Faces

Soundtrack für eine Independent-Filmproduktion

11. August 2003

Peter Grandl 2003 im Homerecording-Studio

Seit knapp 4 Jahren gibt es AMAZONA.de nun schon – und kaum jemand kennt den Gründer unserer Community-Seite. Wir wollen das jetzt ändern und haben Peter Grandls Independent Filmprojekt TWO FACES zum Anlass genommen, für das der Münchner Synthesizer-Enthusiast die Filmmusik komponiert hat.

Am 15.07.2003 hatte TWO FACES im Münchner ARRI-Kino Premiere. Er entstand in den letzten zwei Jahren unter der Mitwirkung der Mitarbeiter der Werbeagentur PROXENOS ausschließlich nach Feierabend und an Wochenenden.

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Wer hat denn alles an der Filmmusik zu TWO FACES mitgewirkt?

Peter:
Ein langjähriger Freund, „Marc Muller“, hat für einen Großteil des Films sehr rockig angehauchte Tracks geschrieben. Später haben wir festgestellt, dass die Grundstimmung doch tendenziell elektronisch sein sollte, mit Ambient und Techno-Passagen. Die Zeit bis zur Premiere war ziemlich knapp geworden und da ich nach einer 50minütigen Preview beschlossen hatte einen Grossteil des Films umzuschneiden, lag es nahe auch direkt zu den neu geschnittenen Sequenzen die Musik neu zu komponieren.

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Wie bist Du bei der Komposition vorgegangen? Liefen FINAL CUT und LOGIC PLATINIUM parallel auf einem Rechner?

Peter:
Das wäre natürlich mein Traum gewesen, beide Programme parallel, gesynct verwenden zu können. In der Praxis sah das aber so aus. In FINAL CUT wurde mit den O-Tönen und Geräuschen ein Stereo-AIFF-File generiert.
Einige werden sich fragen warum wir die einzelnen Spuren nicht per OMF exportiert haben. Ganz einfach, da gehen die kompletten Mischeinstellungen von FINAL CUT verloren. Übrig bleiben die rohen Audiodaten, zwar zugeschnitten, aber eben nicht gemischt. Wir sprechen da bei aufwendigen Szenen von bis zu 16 Tonspuren, die in sich schon korrekt abgemischt waren. Die Möglichkeiten in FINAL CUT sind dabei zwar nicht so umfangreich wie in LOGIC, aber ausreichend. Notfalls haben wir zusammengehörende Gruppen einzeln als AIF File extrahiert.
Diese AIF Files wurden schließlich in LOGIC geladen und dort mit dem QUICK TIME Movie der jeweiligen Sequenz abgespielt. Dank der neuen Movie-Darstellung von LOGIC ging das absolut problemlos, nur die Darstellung des MOVs auf einem externen RGB-Bildschirm stotterte etwas.
Von da ab konnte ich meine Musik Framegenau einspielen.

Bei den Dreharbeiten: Florian Mühl, Peter Grandl, Alexandra Fertig-Witke

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Welches externe Equipment wurde verwendet?

Peter:
Als Audio-Interface nutzen wir ein EMI 2/6, das sowohl von FINAL CUT als auch von LOGIC einwandfrei angesteuert wurde. Zwischendurch setzte ich für problematische Files zur Audiobearbeitung auch PEAK ein. Auch hier gab es keinerlei Probleme mit dem EMI. Als Klangquelle nutzte ich für die Groove-Programmierung ein ROLAND MC 909, für die analogen Sequenzen ein VIRUS Rack und für die Brot und Butter Sounds eine Korg TRITON Workstation mit der TRI MOSS Erweiterung. Ich darf es gar nicht laut sagen, aber ab und an setze ich für einige Passagen auch den Korg M1Rex ein. Das Teil hat einfach einige unglaublich markante Klänge. Teilweise bin ich soweit gegangen, hab den Sound im M1Rex programmiert, habe ihn dann mit dem EXS24 in Logic gesampelt, nachbearbeitet und von dort aus abgefeuert.

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Einige der Spuren klingen ziemlich analog. War irgendein echter Analog-Synthesizer im Einsatz.

Peter:
Nein, keiner. Der Virus war unser Analoger. Manchmal habe ich ihn mit Sounds aus dem EMAGIC ES2 gedoppelt.

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In Deinem Studio stehen noch eine Menge anderer Klangerzeuger wie z.B. der MICROWAVE, der SY77 oder der K5000.

Peter:
Ja, viel zu viele Kisten. In der Praxis greift man dann doch immer zu denselben Geräten. Zumindest ist es bei mir so. Der K5000 oder der Microwave sind mir einfach zu sperrig in der Programmierung und am SY77 habe ich mich abgehört. Ganz witzig finde ich noch den EMU Procussion. Pure Inspiration kann ich nur sagen. An einigen Stellen habe ich die Grooves aus der MC909 mit Sounds aus dem PROCUSSION ergänzt. Mein Dream-Team in Sachen Grooves.

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Als ehemaliger Marketingmanager von AKAI Professional sollte man meinen Du hättest eine MPC und nicht eine ROLAND MC909.

Peter:
Hatte ich natürlich auch lange – und zwar nach und nach die ganze Serie. Angefangen von der 60ziger bis hin zur 2000XL. Irgendwann war das Thema Musik bei mir so eingeschlafen das ich mich dann von der letzten getrennt habe. Als ich begann die Musik für TWO FACES zu Programmierung, wollte ich nicht nur einen Drum-Sequenzer, sondern auch einen Ideengeber. Wie gesagt, die Zeit wurde immer knapper.

Der MC909 kann zwar eine „Kreativität-killende-Presetschleuder“ sein, bedient man die Kiste aber richtig, ist sie der Groove-Porsche. Warum einen 16tel 909 hiHat Lauf zum hundertsten Mal selbst programmieren, wenn dutzende zur Auswahl im Speicher liegen. Zuletzt kommt es eben nur darauf an den einzelnen Spuren seine persönliche Note zu geben. Sicher ist das eine Philosophie-Frage, aber ich hatte mit der MC extremen Spaß und kam schnell voran ohne das Gefühl zu haben, dass es nicht mehr meine Musik ist.

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Hast Du die MC parallel zu LOGIC laufen lassen?

Peter:
Nein, ich habe ein Grundgerüst direkt auf dem MC programmiert, dann die Midispuren in LOGIC übertragen und von dort aus wieder die MC angesteuert die dann aber nur noch der Klangerzeuger war. Ich hatte so die Möglichkeit, die einzelnen Percussion-Tracks bildgenau zum Film zu arrangieren.

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Und wie wurde dann gemischt – alles synchron über Midi angesteuert und dann aufgezeichnet?

Peter:
Gemischt wurde komplett in Logic, indem ich jede externe Spur einzeln in Logic übertragen habe, Als externes Submixer diente mir dabei ein MACKIE 1602 VLZ Pro. Ein wirklich geiles Gerät – absolut zuverlässig und rauschfrei. Die 2 Subausgänge lagen auf dem Input des EMIs, während die 2 Hauptausgänge direkt die Monitore speisten. Die Ausgänge des EMI´s gingen ebenfalls in den Mackie. Ich hatte dadurch immer die Möglichkeit alle Tracks gleichzeitig zu hören. Egal ob sie aus dem Rechner kamen oder von einem Midi-Klangerzeuger. Gleichzeitig konnte ich aber einzelne Spuren in den Rechner überspielen ohne die restlichen Spuren auszuschalten. Für mich die perfekte Arbeitsweise.

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Und Mastern?

Peter:
(lacht) Mein größtes Manko. Das MASTERING hat das Tonstudio „Giesing Team“ in München übernommen – zum Glück!!!!

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Den Titelsong steuerten die Band „Rainbirds“ bei. Wie kam es dazu?

Peter:
Ich bin schon seit jeher ein großer Fan der RAINBIRDS. Ihr Song TWO FACES aus der gleichnamigen CD passte einfach perfekt zu meiner Vorstellung für das Opening des Films. Ich habe Katharina Franck über das Web ausfindig gemacht, ihr ein E-Mail geschickt und um Erlaubnis gebeten. Sie fand die Idee klasse. Danach gab es noch ein bisschen Probleme mit der Klärung der Rechte, letztendlich hat aber auch die Plattenfirma nachgegeben und nun hört man den Song im Vor- und Nachspann. Hat man den Film gesehen denkt man, der Song wäre extra für den Film gemacht worden.

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Der Film ist als NO BUDGET Produktion einzustufen, was bedeutet das?

Peter:
Alle Beteiligten haben kein Geld für ihre Leistungen verlangt. Vom Kameramann bis hin zu allen Schauspielern, ob Iris Berben oder Michel Guillaume. TWO FACES ist ein Projekt von Enthusiasten. Aber selbst dann wäre der Film wohl nie fertig gestellt worden, wäre die Computer-Technologie in den letzten Jahren nicht so rasant vorangeschritten.

Vor allem dank der Programme LOGIC und FINAL CUT PRO, konnte die komplette Post Production bei mir zu Hause stattfinden, wo ich noch vor wenigen Jahren extrem teure Studios anmieten hätte müssen. Zwar dauerte so mancher Rendering-Prozess einige Stunden, aber inzwischen ist auch mein G4 mit 766 kHz überholt und mit den neuen G5´s geht das sicher wesentlich schneller. TWO FACES wird sicher keine großen Wellen schlagen, aber für das Team war es eine ganz wichtige Erfahrung.

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Immerhin hat die Süddeutsche Zeitung über die Premiere in München berichtet. Sie schrieb über den Film, er sei „verworren“. Stört Dich das?

Peter:
Nein, überhaupt nicht. Ich liebe David Lynch und seine Filme sind oft mehr als nur verworren. Ich möchte mich damit nicht auf eine Stufe mit Lynch stellen – Gott bewahre – aber TWO FACES ist schon bewusst „verworren“. So wird die ganze Geschichte in Versatzstücken erzählt, die nicht chronologisch aneinandergereiht sind. Die jüngeren Zuschauer haben die Gabe, Sequenzen, die unverständlich erscheinen, erst einmal im Kopf auf die Seite zu stellen, ganz nach dem Motto „OK—abwarten, vielleicht kann ich dieses Puzzle-Stückchen später wieder einbauen“, während sich andere Zuschauer einfach aus dem Konzept bringen lassen und dann innerlich abschalten. Als Werber kann ich nur antworten „lieber eine viertel Seite (!) in der SZ die zum Schluss kommt das der Film verworren ist, als überhaupt keine PR!

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Wie geht es jetzt weiter?

Peter:
Der Film war so etwas wie der Startschuss für unsere neu gegründete Filmroduktion Workflow-Films. Es sind keinerlei wirtschaftliche Intentionen an. das Projekt geknüpft. Er wird auf ein paar Festivals gezeigt – und das wars auch schon.

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Und Musik?

Peter:
Bleibt für mich weiterhin ein Hobby, mit dem ich vor allem meine Liebe zu Vintage-Synthesizern ausleben möchte.

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Na dann viel Erfolg und danke für das Interview

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