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Test: Lexicon 960L High-End Hall

Lexicon 960L

8. Dezember 2003

 

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Spätestens seit im Jahre 1986 das legendäre 480L vorgestellt wurde, gehört die Firma Lexicon zur Creme de la Creme der Hersteller von Effektprozessoren. Damals wie heute ist das 480L ein absoluter Maßstab, was elektronisch erzeugten Hall anbelangt. David Griesinger ist der „Mastermind“, der mit seinen Forschungen um das menschliche Gehör einen enormen Wissensstand in die Lexicon Produkte einfließen ließ. Bedenkt man, dass das 480L auch heute noch, also 17 Jahre nach seinem Erscheinen, immer noch in der Oberliga der Hallgeräte mitspielt, fragt man sich, ob man überhaupt jemals ein anderes Hallgerät brauchen würde. Und in der Tat: Lexicon konnte das 480L toppen! Mit dem 960L stellt Lexicon den offiziellen Nachfolger des 480L vor.

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Mit neuster Technik und zeitgemäßen Features thront das 960L schon in vielen Studios dieser Welt, obwohl es aufgrund des elitären Preises sicherlich hier und dort Budgetprobleme gegeben hat. Dennoch zählt bei den meisten Toningenieuren glücklicherweise immer noch der Klang, als dass zigtausend Euro für ein Statussymbol ausgegeben werden. Über Geld spricht man in dieser Preisklasse genauso wenig, als wenn man sich einen Rolls Royce kaufen möchte.
Soviel vorweg, das 960L stellt in punkto Klang jedes Hallgerät in den Schatten, das mir bis jetzt über den Weg gelaufen ist. Auch meine PCM91s und TCs müssen sich geschlagen geben. Wer jetzt an Faltungshall denkt, liegt sicher nicht falsch. Aber die Flexibilität, die ein Hall-Algorithmus für die eigene Programmierung offen legt, kann derzeit bei weitem nicht per Faltung erreicht werden. Die Hersteller der Faltungshall PlugIns beheben diesen Umstand jedoch durch massig Presets.

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Das 960L besteht in seiner einfachsten Form aus zwei Komponenten: dem 4 HE-Servergehäuse und der LARCII Fernbedienung. Das 4HE Gehäuse beherbergt einen speziellen kompletten Computer samt Lüftern, PCI-Steckplätzen und CD-ROM. Auf dem Mainboard sind Steckplätze für DSP-Karten vorhanden, sodass die Rechenleistung bei Bedarf erhöht werden kann. Das 4HE Gehäuse ist für den Einsatz in einem extra Geräteraum konzipiert, so wie man ihn in den meisten professionellen Studios vorfindet. Man positioniert also lediglich die Fernbedienung dekorativ auf dem Mischpult, und hat damit den äußerst ergonomischen Zugriff auf das 960L. Da das 960L den Anschluss von zwei LARCs zulässt, kann auch das „B-Studio“ mit einer Fernbedienung darauf zugreifen.

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Auf der Rückseite erkennt man, dass hier Slots bereitstehen. Man kann diese mit AES/EBU oder analogen I/Os bestücken. Maximal 24 I/Os kann das 960L verwalten, und somit können auch zwei Studios bequem ein Gerät nutzen.

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LARC II
Die Fernbedienung wurde im Stil der alten LARC weiterentwickelt und mit den neusten Errungenschaften der Technik bestückt. Das grafikfähige und farbige TFT-Display glänzt durch hervorragende Ablesbarkeit und die acht berührungsempfindlichen Motorfader ermöglichen den direkten Zugriff auf die Parameter des aktiven Hallprogramms. Die Software des LARC II erinnert ein wenig an ein Windows CE System und lässt sich auch genauso gut bedienen. Der Joystick kann zur gleichzeitigen Änderung zweier Parameter dienen, oder zur Positionierung im Surround Raum genutzt werden. Unterhalb des Displays befinden sich acht Soft-Buttons, die kontextsensitiv arbeiten. Der große Lexicon-Button lässt den User zwischen aktueller Einstellung und gespeichertem Preset vergleichen.

Das große „Warum“
Soviel zur Technik, die bei weitem nicht das Spektakuläre am 960L ist. Vielmehr sind dies die Hall-Algorithmen, für die David Griesinger verantwortlich ist. Warum aber konnte er schon in den 80er Jahren einen digitalen Hall entwickeln, der sich über Jahre hinweg als Maßstab für alles Vergleichbare darstellte? Die technische Grundlage stellte schon damals der LexiChip dar. Ein von den Lexicon Ingenieuren eigens für Hallgeräte entwickelter Chip, der besonders auf diese Algorithmen optimiert war. So bauten die Ingenieure bestimmte Register und parallel arbeitende Stränge ein, um der hohen Anzahl von zu berechnenden Reflexionen Herr zu werden. Ein einfacher Prozessor eines PC aus damaliger Zeit wäre mit den Rechenaufgaben gnadenlos überfordert gewesen. Auch heute ist längst nicht jeder DSP in der Lage, diese Rechenoperationen in dieser Geschwindigkeit durchzuführen, da eine andere Architektur vonnöten wäre.
Alleine der Prozessor ist aber nicht der eigentliche Grund für den Erfolg von Lexicon. Denn ohne das Wissen und den Forschergeist von David Griesinger hätte man diesen auch erst gar nicht bauen können. Herr Griesinger betätigte sich stark in der Grundlagenforschung um Raumakustik und die menschliche Wahrnehmung von Schallreflexionen. Durch seine jahrelange Arbeit konnte er so die nötigen Erfahrungen sammeln, die Ihn zum Bau eines digitalen Hallgerätes befähigten.

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Klangbeispiele
Die Klangbeispiele sind extra mit einer kräftigen Prise Hall versehen, damit man den Charakter gut erkennen kann. In einer Mischung wird man in der Regel etwas vorsichtiger damit umgehen. Hören Sie sich die unverhallten Beispiele im Wechsel an, denn nicht bei allen Algorithmen (Ambience) hört man einen Hall als solchen. Man kann deutlich hören, wie dicht und rund der Hall klingt. Manche Programme sind auf Natürlichkeit getrimmt, manche sind experimentell.

        
Programmierung
Der Parametersatz von Lexicon Hallgeräten unterscheidet sich stark von anderen Herstellen. So findet man einzig hier Parameter wie z.B. Spread oder Spin. Auch an dieser Stelle kann man also erkennen, dass der Ansatz der Hallerzeugung ein gänzlich erweiterter ist, als bei den Mitbewerbern. Mit dem Spin-Parameter kann man die Charakteristik der Hallfahne verändern. Mit Spread und Shape wird das Einschwing- und Ausklangverhalten eines Raumes bestimmt. Je nach Anordnung und Beschaffenheit der Materialien in einem Raum kann sich dieses Verhalten ändern und mit den o.g. Parametern simuliert werden.

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Einfache Hallgeräte sind einfacher zu programmieren, da der Parametersatz eingeschränkt ist. Meist sind nur Raumgröße, Hallzeit, Pegel der Early-Reflections und Höhen-Dämpfung vorhanden. Bei den „größeren“ Lexicon Geräten sind immer noch zusätzlich frequenzabhängige Parameter verfügbar, welche die Anpassung des Hallanteils in mehreren Frequenzbändern zulassen. Interessant ist aber, dass man kaum ‚schlechte’ Ergebnisse, auch bei den wildesten Parameter-Kombinationen, erreicht. Irgendwie klingt es immer Überzeugend. Bei so manchem Mitbewerber muss man schon genau aufpassen, was man tut. Das heißt aber nicht, das man ein Lexicon ohne grundlegendes Vorwissen bedienen könnte.

Handbuch
Glücklicherweise ist das mitgelieferte deutsche Handbuch mehr als ausführlich. Hier werden zahlreiche Hintergrundinformationen gegeben, die es Ein- und Aufsteigern ermöglichen, sich mit der Materie besser auseinander zusetzen. Alle Parameter werden sorgfältig erklärt und es wird auf eine Haupt-Domäne des 960L eingegangen, der Surround-Anwendung. Auch Profis werden noch den ein oder anderen Trick aus dem Handbuch ableiten können.

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Surround
Alle Algorithmen des 960L stehen sowohl als herkömmliche Stereo-Varianten, als auch im 5.0 Surround-Format zur Verfügung. Der LFE-Kanal wird hier nicht benutzt, da er sich in der Praxis zumeist als Mischung aus den anderen Kanälen ergibt, oder nur als Effekt zugeschaltet wird. Bei den Surround-Algorithmen geht es noch einen Schritt tiefer ins Parametergrab, hier sind auch besonders Laufzeiten zu beachten.
Werden Surround-Anlagen in unterschiedlichen Räumen installiert, ist es wichtig auf die Geometrie des Raumes einzugehen. Eine Mischung, die in einem kleinen Raum gemischt wurde, wird in einem größeren Raum zwangsläufig anders klingen. Bei Surround-Hall ist dies ganz besonders wichtig, um einen realistischen Eindruck zu erhalten.
Nimmt man an, dass eine Pauke in der vorderen rechten Ecke eines virtuellen Raumes spielt, so werden die Reflexionen in der hinteren rechten Ecke in einem großen Raum später erfolgen, als in einem kleinen Raum. Solche Gegebenheiten müssen bei einer Surround-Mischung bedacht werden, wenn diese realistisch klingen soll. Natürlich gibt es aber noch einen sehr großen experimentellen Spielraum, der auch genutzt werden sollte. Das 960L bietet auch hierfür einige Parameter, die zum spielen einladen und sehr interessante Ergebnisse zur Folge haben können.

Schlusswort
Das Lexicon 960L ist, in alter Tradition des 480L, eine richtige ‚Dream-Machine’. Der Sound ist absolut erhaben. In Film-Scores in Hollywood Produktionen oder bei Mischungen in High-End Musikaufnahmen kann das 960L seine Leistung voll ausspielen. Der ambitionierte Homerecordler könnte sich zumindest mit einem Faltungshall ein Stück 960L in seinen PC holen. Klanglich ist es fast das selbe, obwohl alle dynamischen Veränderungen innerhalb eines Algorithmus’ eingefroren werden, jedoch sind diese Nuancen im Mix kaum wahrzunehmen. Nur die Flexibilität der Programmierung leitet etwas. Das Lexicon 960L ist in der kleinsten Version ab ca. 12.000 Euro erhältlich. Freilich ist es so nur mit Stereo-Algorithmen bestückt. Ab 16.000 Euro kommt man dann in den Genuss der Surround-Varinte.

 

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Klangbeispiele
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