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Test: Re-Compose Liquid Notes, Kompositionshilfe

Double Shot gegen nüchterne Musik

15. Mai 2013

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Der Kopf brummt (natürlich nur infolge langer Stunden im Studio ;-) und die Ideen möchten nicht fließen. Liquid Notes soll dem müden Geist mit einem Schuss frischer Töne – genauer: frischer Harmonien – entgegenwirken, ohne Musiktheorie-Wälzer entstauben zu müssen.

Die Entwickler der Software haben sich ein hohes Ziel gesteckt. Das Programm analysiert MIDI-Daten und soll mögliche andere Harmonien vorschlagen. Dabei wird nicht in die Rhythmik eingegriffen.

Doch zunächst zum Packungsinhalt: Erhältlich ist Liquid Notes wahlweise als Download oder als Box. Die sehr ansehnliche Box enthält nur einen Datenträger mit auf der Papierhülle aufgedruckter Seriennummer sowie ein Blatt mit Werbung für ebendieses Produkt. Wer sich an aufwendig gestalteten Pappschachteln erfreuen kann, wird sicherlich die Schachtel bestellen. Allen anderen sei die elektronische Bestellung mittels Download empfohlen.

Auf der DVD finden sich die PDF-Handbücher auf Deutsch und Englisch sowie eine Installations-EXE für Windows und ein dmg-File für Mac OS X.

Liquid Notes läuft unter Windows und Mac OS X. Ursprünglich existierte auch eine Version für Linux, die aber eingestellt worden ist.

Das Konzept

Kurz beschrieben importiert man seine MIDI-Datei und bekommt die erkannten Akkorde angezeigt. Für jeden Akkord existiert ein Slider, sodass das Ganze wie ein riesiges Mischpult aussieht. Durch Schieben von Slidern lassen sich die Harmonien verändern bzw. auswählen. Wenn das modifizierte Werk gefällt, kann man es als MIDI-Datei exportieren oder über die virtuellen MIDI-Ausgänge direkt in den Sequencer aufnehmen.

Praxis

So einfach die Idee scheint, so kompliziert ist erst einmal die Einarbeitung. Das Handbuch gibt die nötigen Informationen zur Bedienung nur ungern Preis. Der Quickstart-Guide erfüllt kaum seinen Zweck. Hier werden die einzelnen Bedienelemente der Software beschrieben, ohne dass man anschließend etwas mit dem Programm anfangen könnte. Ein Tutorial wäre die bessere Lösung gewesen. Besonders, wenn Musiker ohne theoretischen Hintergrund angesprochen werden sollen, ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung wichtig. Zudem werden einige Fachbegriffe verwendet, die natürlich nicht zum Allgemeinwissen gehören.
Ein wenig musikalisches Grundwissen – hauptsächlich der Aufbau einer Kadenz – ist zur Bedienung nötig und wird auch versucht, im Handbuch zu vermitteln. Nach erfolgreicher Einarbeitung geht die Bedienung zügig vonstatten.
Bei aller Kritik am Handbuch sind die Tutorial-Videos auf der Website von Re-Compose sehr hilfreich. Wer kein Englisch versteht, ist leider auf das Handbuch angewiesen.

Einrichtung

Unter Windows installiert das Setup zusätzlich zu Liquid Notes das Programm LoopBe30, eine Art virtuelles MIDI-Kabel, das es erlaubt, verschiedene MIDI-fähige Programme miteinander zu verbinden. Hierüber kommuniziert auch Liquid Notes mit dem Sequencer. Unter OSX erfüllt das systemeigene Core MIDI diese Funktion.

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LoopBe30

LoopBe30

Im Sequencer weist man die MIDI-Eingänge der einzelnen Spuren jeweils einen der virtuellen Ports zu. Nun erstellt man ein MIDI-File seiner Komposition. Hierbei ist eine „Harmony“-Spur (mit Akkorden) nach meiner Erfahrung zwingend notwendig. Idealerweise existieren zusätzlich Bass und Melodiespuren.
Die MIDI-Datei importiert man dann in Liquid Notes. Hierbei gibt man an, ob die jeweilige Spur eine Melodie-, Harmony- oder Basspur ist, und weist jede Spur dem mit der entsprechenden Sequencer-Spur korrespondierenden Eingang zu. Anschließend müssen im Sequencer alle Spuren auf „Record“ geschaltet werden, damit das MIDI-Signal die Instrumente im Sequencer ansteuern kann.

Trackzuordnung

Trackzuordnung

Liquid Notes funktioniert auch Stand-Alone. Allerdings stehen hier nur GM-Klänge zur Verfügung und die Performance für den Live-Betrieb ist aufgrund der Latenzen nicht optimal. Allerdings kann man, wenn man die Software ohne Sequencer benutzen möchte, stattdessen ein VSTi, z.B. einen Sampler ansteuern und so das Latenzproblem umgehen.

Bedienung

Ist erst einmal das MIDI-File importiert, steht der Kreativität nichts mehr im Wege. Jeder Harmonie ist ein Slider zugeordnet. Befindet sich der Slider unten, ist die jeweilige Harmonie (bzw. harmonische Fortschreitung) „gewöhnlich“, das bedeutet, sie entspricht der westeuropäischen Hörerwartung. Je höher der Slider geschoben wird, um so „ungewöhnlicher“, d.h. überraschender, ist der Akkord. Durch Drehen des Sliders im Tension Edit Mode (oder alternativ mit gedrückter Alt-Taste) lassen sich Dissonanzen hinzufügen.

Über jedem Slider sind drei Buttons platziert, welche die Buchstaben T, S und D für Tonika, Subdominante und Dominante tragen. Hiermit kann man die harmonische Grundfunktion, die eine Harmonie an dieser Stelle erfüllen soll, einstellen. Gekrönt wird alles mit der jeweiligen Akkordbezeichnung. Fährt man mit dem Mauszeiger über die jeweilige Bezeichnung, wird ein Reset-Button eingeblendet, der es ermöglicht, wieder den ursprünglichen Akkord einzustellen.
Über den Slidern befindet sich die Loop Bar. Die Transportkontrolle am unteren Fensterrand stellt die üblichen Funktionen bereit.

Liquid Notes

Liquid Notes

Die gut mit Harmonien gewürzte Komposition exportiert man entweder als MIDI-Datei oder nimmt sie direkt im Sequencer auf. Letzteres verlangt gutes Timing, da es keine Möglichkeit zur Synchronisation gibt. Nach dem Starten der Aufnahme im Sequencer muss die Wiedergabe in Liquid Notes manuell zum richtigen Zeitpunkt eingeleitet werden.

Spezielle Einstellungen

Für jede Spur gibt es Einstellungen, die den Einfluss des Programms auf diese Spur einschränken können. So kann man Spuren, z.B. Drumspuren, von der Reharmonisierung ausnehmen. Besonders für Melodiestimmen und Arpeggios/Akkordbrechungen ist diese Option wichtig, da man z.B. verhindern kann, dass Letztere als Melodie interpretiert werden oder dass Melodien zu stark verändert werden.

Reharmonize Settings

Reharmonize Settings

Die Live-Funktion

Liquid Notes bietet eine Live-Funktion, die es ermöglicht, zum Playback zu improvisieren und trotz Lampenfieber immer die richtigen Töne zu treffen. Jeder kann sich dabei seine Lieblingsskala aussuchen. Die Töne werden entsprechend der gerade aktuellen Harmonie in ihrer Tonhöhe angepasst. Leider funktionierte das Feature beim Test nur bedingt. Es war lediglich die C-Dur-Skala nutzbar. Die Töne wurden aber alle „richtig gebogen“. Der Support versprach eine Behebung des Problems mit dem nächsten Update.

Bedienungsschwächen

Grundsätzlich lässt sich das Programm sehr gut bedienen. Gelegentlich sind mehrere Versuche nötig, bis das Programm startet. Lediglich die Einstellung der Abspielposition verlangt etwas Fingerspitzengefühl.

Wünschenswertes

Mir fehlen für den Preis der Software noch einige Funktionen. So ist es nicht möglich, dass sich die Harmonisierung nach der Melodie richtet und nur Akkorde angeboten werden, die zur Melodie passen. Die Melodiespur lässt sich nur vollständig der Harmonisierung ausschließen, wodurch es geschehen kann, dass einige Töne nicht mehr zu den Harmonien passen. Gerade für Gesangslinien kann eine solche Funktion sinnvoll sein, um nicht den Stimmumfang des Sängers zu überschreiten. Aber auch, wenn die Melodie aus ästhetischen Gründen nicht verändert werden soll, ist eine solche Funktion unverzichtbar.
Darüber hinaus sollte es auch möglich sein, Harmonien allein aufgrund der Melodie berechnen zu können.

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Fazit

Anders als in der Werbung suggeriert, sollte man doch über einige wenige theoretische Grundkenntnisse verfügen, um die Software wirklich zu verstehen. Tonsatz- und Notenkenntnisse sind aber nicht nötig. Das Programm erfüllt seine Funktion zufriedenstellend. Das Konzept birgt noch viel Potential. Vor allem die Möglichkeit, eine Oberstimme automatisch zu harmonisieren, wäre eine sinnvolle Ergänzung.

Liquid Notes kann sicherlich dazu beitragen, den musikalischen Horizont zu erweitern. Das Lernen harmonischer Grundlagen – sei es durch Studieren von Theoriewerken oder das einfache Anhören und nachspielen von Musik – kann es aber nicht ersetzen.

Wer in Harmonielehre und Tonsatz geübt ist, wird auf herkömmlichem Weg wesentlich schneller zu Ergebnissen gelangen. Für diese Zielgruppe gibt es auch Software, die bei ähnlichem Preis wesentlich ausgefeiltere Funktionen bietet, andererseits aber tief gehende theoretische Kenntnisse erfordert.

Da Liquid Notes als Teil des kreativen Prozesses eingesetzt wird, muss man selbst ausprobieren, ob die Software die gewünschte Unterstützung beim Songwriting bietet. Das Potenzial hierzu bietet das Programm auf jeden Fall.

Plus

  • originelles Konzept
  • einfache Bedienung
  • funktioniert auch Standalone

Minus

  • Preis
  • könnte mehr Funktionen bieten

Preis

  • UVP: 159,- Euro
  • Straßenpreis: 150,- Euro
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Klangbeispiele
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