Die Mühe wird reichlich belohnt, denn die Lost Tapes überzeugen nicht nur in Stylus RMX, sondern auch in weniger slice-orientieren Samplern, in meinem Falle Native Instruments Kontakt. Die Library bewegt sich auf musikalischem und klanglichem Spitzenniveau. Der Fokus liegt auf tanzbarem Uptempo-Material. Die Tempo-Angaben sind mitunter irreführend, bei niedrigen Angaben wurden mitunter halbe Noten, bei hohen Tempoangaben dagegen die Achtelnoten gezählt. Es sollten also auch immer vermeintlich im Tempo unpassende Loops vorgehört werden.
Eine Dokumentation der Aufnahmen oder Kommentare zu den einzelnen Kits und Files waren in meinem Download-Paket nicht enthalten. Allerdings ersparen diese das Durchhören ohnehin nicht. Und das Material spricht tatsächlich am besten für sich.
Freshtone hat offenbar sorgfältig editiert; bei meinen zahlreichen Stichproben waren alle REX2-Files korrekt und sinnvoll ge“slice“t. Das ist auch deswegen erwähnenswert, weil die Library viele vertrackte Rhythmen, Hintergrundgeräusche und, besonders in den Keyboard- und Gitarrenspuren, Slapbacks und Echos beinhaltet, die den diensthabenden Slicer gerne einmal zur Verzweiflung bringen können. Die Tempi sind durch die Bank sehr gut getroffen, aber natürlich besitzt das Material ein Timing mit ausgeprägtem Human Feel. Spätestens bei der Kombination mit hart quantisierten Maschinenbeats ist dann das Geschick und „Taktgefühl“ des Anwenders gefordert.
Das ausschließliche Triggern von Construction Kits taugt natürlich – und das wie immer – nur für eine schnelle Vorproduktion oder Industriefilmnummer. Als Inspirationsquelle und in Kombination mit eigenen kreativen Elementen lassen sich mit den „Lost Tapes“ jedoch geschmeidige, eigene Werke zaubern oder in dezentem 60s Funk&Soul-Style einkleiden, ohne dass diese wie Underfillings für die allseits bekannten britischen Soulgrößen der Neuzeit klingen müssen. Das liegt vor allem daran, dass die Lost Tapes ein hohes Tempo vorlegen und spielfreudiger daher kommen als jene Musik, was man heute als „Newsoul“ bezeichnet.
Aber auch bei dieser Library gilt: Weniger gesampelt ist mehr musiziert. Je mehr man sich trotz intensiver Verwendung der Lost Tapes in eigenen Werken stilistisch vom Soul der 60er Jahre entfernt, umso weniger muss man sich hinterher mit diesen Werken verstecken. Gerade hämmernden Drum&Bass- oder unterkühlten Electro-Tunes kann die Extraportion Spielfreude, Leben und Flowerpower der Lost Tapes das gewisse Etwas verleihen.
Eine ganz zweischneidige Schiene. Die Sounds sind gut, aber für Reason-Nutzer eine große Warnung: in der aktuellen Version lassen sich die meisten REX-Files in Reason (Dr. OctoRex) nicht öffnen! Der Grund: die REX-Files haben mehr als 92 Slices. Diese Tatsache war vor dem Kauf nicht ersichtlich und eine sehr enttäuschende Entdeckung NACH dem Kauf. Ich muss also davon ausgehen, dass Freshtone Samples noch ein Update herausgeben werden, um den REX-Dateikonformitäten zu entsprechen.
Hallo,
danke für den Hinweis. Hast Du Dich einmal an den Hersteller Freshtone oder seinen Vertrieb Time & Space gewandt?
Gruß,
Falk.
@falconi Hallo Falk! Ja, ich habe sowohl den Hersteller als auch den Vertrieb auf das Problem angesprochen und nach einem Update gefragt. Der aktuelle Stand der Dinge: ein Update ist bereits integriert; allerdings hat dieses Update mit den Schwierigkeiten rund um die REX-Dateien in Reason nichts zu tun. Bleibt also nichts anderes, als zu hoffen, dass entweder die „Lost Tapes Vol. 1“ irgendwann noch ein weiteres Update erhalten oder dass Propellerheads die Beschränkung auf 92 Slices aufhebt.