Eimerketten statt Algorithmen!
Eher im Schatten der überaus erfolgreichen Gitarren- und Bassserien des Musikinstrumenten-Giganten Ibanez stehen die Effektgeräte des japanischen Herstellers. Dabei waren es zu Beginn der 80er Jahre ja gerade Effekte, zumeist in Pedalform, die reißenden Absatz fanden. Unvergessen aus dieser Ära ist dabei natürlich das froschgrüne Verzerrerpedal Tubescreamer TS9, das ja nun durch den Hersteller selbst vor nicht langer Zeit eine Wiedergeburt erlebte. Überhaupt scheinen Fußbodenpedale so langsam die Rackgeräte in den Hintergrund zu drängen und auch unser heutiger Kandidat fühlt sich am wohlsten auf einem Pedalboard – das Ibanez ES2 Echo Shifter Analog Delay. Ein analoges Echopedal, das neben seiner eigentlichen Aufgabe auch ein paar audiophile Besonderheiten bereithält.
Facts & Features
Wie eine kleine Konsole schaut es aus, das ES2. Das in „Vintage-White“ lackierte Stahlblechgehäuse besitzt die Maße von 120x160x65 mm und wurde leicht nach vorn angewinkelt, um eine bessere Ablesbarkeit der Bedienelemente zu ermöglichen. Seitenteile aus schwarz gefärbtem Holz unterstützen die Retro-Optik, genau wie die Potis und Schalter auf der Bedienfront. Dabei fällt als erstes der zentral angebrachte Schieberegler auf, mit dem sich die Echogeschwindigkeit regulieren lässt. Das Ibanez ES2 Echo Shifter Analog Delay bietet Delays von 30 bis zu 1000 ms an, also für die meisten Fälle mehr als ausreichend. Der Regler an sich läuft weich und präzise, Schade ist nur, dass er recht fragil ist und schon im Neuzustand ordentlich in seinem Sitz wackelt. Zudem ist er gegenüber ungewollten Fußtritten nicht gut, nämlich gar nicht geschützt.
Und zutreten möchte man ja auf die beiden Metallschalter, die zum einen für die Aktivierung des Effekts und zum anderen für die manuelle Eingabe der Delay-Geschwindigkeit per Fuß zuständig sind. Zwei entsprechende, kräftig strahlende LEDs überwachen diese beiden Funktionen, die TAP-LED blinkt zudem im Tempo der gewählten Geschwindigkeit.
Die eingangs angesprochenen „audiophilen Besonderheiten“ stehen in Form zweier Mini-Schalter zur Verfügung. Schalter 1 trägt die Bezeichnung „Oscillation“ – mit ihm lässt sich der mit einer festen Schwingungskurve versehene Oszillator zuschalten. Schalter Nummer 2 ist mit „Modulation“ beschriftet und sorgt für periodische Änderungen des Effektsignals. Beide Funktionen werden auch hier durch entsprechende LEDs angezeigt. Mit den drei Potis Feedback, Mix und Depth begegnen uns wieder alte Bekannte, die allerdings im Gegensatz zum Delay Time Regler einen deutlich solideren Eindruck hinterlassen.
Alle notwendigen Anschlüsse finden sich auf der Stirnseite, das spart Platz auf dem Effektbord. Viel ist es ohnehin nicht, denn auch hier zeigt sich das Ibanez ES2 Echo Shifter Analog Delay mit einem Eingang, einem Ausgang und einer Buchse für das Netzteil ganz retro. Der Netzadapter gehört übrigens nicht zum Lieferumfang, wohl aber ein 9-Volt-Block, der ohne weiteres Werkzeug ganz einfach auf der Unterseite eingesetzt wird. Vier große Gummifüße sichern das Gerät wirkungsvoll gegen Wegrutschen.
Sound & Praxis
Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass das Ibanez ES2 Echo Shifter Analog Delay über ein absolut rauschfreies Signal verfügt. Im Effekt- bzw. Signalweg eines Verstärkers wird das wohl ohnehin niemandem auffallen, aber auch an einem Mixer angeschlossen präsentiert sich das Pedal als ausgesprochen ruhiger Kandidat. Die Simulation eines analogen Delaysounds ist sehr gut gelungen, trotz der (gewünschten) Abnahme des Höhenspektrums klingen die Echos sehr warm und organisch. Vom Slapback-Echo für Kachelzimmer-Sounds bis hin zu sekundenlanger Delay-Fahne für gelayerte Sounds ist hier alles drin, dabei sind die Echowiederholungen stets sehr klar definiert und mühelos rauszuhören.
Auch Chorus-ähnliche Effekte sind mit dem Ibanez ES2 Echo Shifter Analog Delay natürlich möglich, wie es eben bei einem guten Delay sein sollte. Durch Anwahl der kürzesten Verzögerungszeit und einem gefühlvollen Einsatz des Feedback- und Depth-Potis ist auch der Weg zum analogen Pitch-Shifting nicht weit. Hier gilt es einfach auszuprobieren. Schade nur, dass ein Speicher zum Ablegen der Eigenkreationen fehlt.
Der Delay Time Regler bietet den schnellsten Zugang zum Einstellen der Verzögerungswerte, er dient aber auch zur Steuerung des Modulations-Modus. Wirklich (musikalisch) sinnvoll einsetzen lässt sich diese Funktion aber nicht wirklich und sollte eher als nette Dreingabe betrachtet werden. Ebenso verhält es sich mit der Funktion „Oscillation“, die den internen Oszillator aktiviert und ebenfalls mit dem Delay Time Regler beeinflusst werden kann. Nur was man wie regelt, darüber kann man nur spekulieren. Beide Modi können aber bestenfalls abstrakte Soundlandschaften als etwas musikalisch Nützliches hervorbringen. Zumindest für uns Gitarristen.
Als überzeugter Fan der kleinen Tretminen freue ich mich über jeden neuen Zuwachs dieser Gerätefamilie, und insbesondere, wenn es um Delays geht.
Beim Lesen der Überschrift hab ich mich dann auch noch auf ein analoges gefreut, aber schier unglaublich ist die Dreistigkeit von Ibanez, ein digitales Delay als analog zu etikettieren.
Solange der Sound stimmt, ist das zwar frech, aber nicht tödlich.
Schlimmer ist in der Tat das Layout der Oberfläche: Mit dem Fuß sollte man das Ding wirklich nicht bedienen (allenfalls mit einem bestrumpften großen Zeh), denn der Schieberegler ist im Nullkommanix weggetreten, im wahrsten Sinne des Wortes.
Schade eigentlich; broken by design.
Was das Design angeht, da geb ich dir recht. Sieht aus, als stünde das Teil für gewöhnlich neben einem Moog ^^…
@Atarikid Hallo AtariKid,
den gleichen Flash hatte ich auch grade, ich dacht ich seh Moog ;-)
ne ne das ist schon analog – verbaut sind 2 V3205D 4096 Stage Low Noise BBD Analogue Delay Lines – wie früher, als man ‚eins‘ rein sprach und ‚ein‘ heraus kam:)
@harrymudd Ich bin jetzt chiptechnisch nicht so fit; aber schon alleine die Tatsache, dass es einen Tap-Taster gibt, weist doch daraufhin, dass es eine Clock gibt, die das Delay steuert. Und das hat dann meiner Auffassung nach mit einem analogen Delay nix mehr zu tun….
Ich lasse mich aber auch gerne eines Besseren belehren; ich freue mich ja, wenn ich was lernen kann. :)
Hallo Gevatter Andreaz,
siehe hier http://ewr.hu/biz/V3205.pdf
Man müsste das Ding mal zerlegen, theoretisch kann die Mimik CV fressen und müsste sich z.b. mit EHX Clockwork vertragen. Ich denk mal drüber nach :-)
BBD Delays besitzen immer ein Taktsignal. Du musst dir die Funktion folgendermaßen vorstellen: BBD heißt ja auf neudeutsch Eimerketten-Echo. also setzen wir unser Signal was reingeht mit Wasser gleich. Es wird in den ersten Eimer gefüllt, dann in den zweiten und so weiter bis es im Letzten ankommt. Dabei vergeht eine gewisse Zeit. Nun gehört zu so einem Eimer-Echo immer auch ein Sklaventreiber in Form ein (Arbeits-)Takt-Generators, der bestimmt, wie schnell das Wasser (Signal) von einem in den anderen Eimer umgefüllt wird. Je schneller desto weniger Zeit vergeht, bis das Wasser (Signal) im letzten Eimer ankommt. Also Takt hoch->Delayzeit kurz, Takt niedrig -> Delay lang.
Hallo Stephan,
Ich gebe dir Recht mit den Oszilations und Modulationsmodi, wenn Ibanez hier anderen Herstellern folgen würde und einen Expression oder gar CV In spendiert hätte, würde die Tretmine in der Nutzbarkeit um 100% aufgewertet, so ist es eine Standardtretmine. Der Fader ist wirklich etwas praxisfern, solange man keine spitzen Schuhe anhat bleibt man an den Schaltern hängen. Was eigentlich schade ist, der Sound ist gut. Aber bei dem anvisierten Preis wäre mehr drin gewesen.
Ich habe das ES2 im linken Kanal meines Pedalboards, rechts des EHX DMM TT1100.
Und eines kann ich mit Sicherheit behaupten. Es klingt gut bei dezenten Standardanwendungen oder abgedrehten FX-Sounds mit aktivierter Oszillation-Taste.
Allerdings sind die Echowiederholungen sehr gleichmäßig und digital/steril verglichen mit dem Memory Man.
@volcarock Hallo Volcarock,
sehr abgefahrenes Outboard (Y). Ich nutze beide den Memory Man und den Ibanez ES2(noch unmodifiziert). Ich mag ihn, auch wenn er stellenweise zu steril klingt. Aber das geht schon in Ordnung. Wie syncst du die beiden? Tappen? Der DMM TT1100 hat doch den Taptaster als Klinke nach aussen geführt. Syncst du mit dem Fuss? Ich habe oben beim ES 2 noch unmodfiziert geschrieben, da ich den ein bischen umbauen werde, so das ich den mit den anderen EHX Pedalen via 8 Step Program und oder Expression Pedale steuern kann. Dann geht die Korg Minitribe mal so richtig ab ;-)
@TobyB Hallo Toby, als ich den ES2 neu hatte war ich total begeistert und empfand den Sound an sich auch sehr warm und analog.
Nur seit ich permanent auf einem Ohr den ES2 und auf dem anderen den DMM habe ist mir das so extrem aufgefallen.
Ich tappe beide mit dem Fuß, aber könnte ich alternativ den Tap-Klinkeneingang auch mit einer Kick oder Clock syncen?
Deine anvisierte Modifikation am ES2 klingt sehr viel versprechend! Wenn ich nur auch basteln könnte ;-)
BTW sehr coole Trance-Mucke in deinem SC-Feed
@TobyB @TobyB: Wurde denn am ES2 was modifiziert – bzw. kann man dazu was nachlesen?
@rio Hallo Rio,
das war hier so ein Gedankenspiel. Gut das du mich dran erinnert hast. :-) Ich hab die Idee noch nicht umgesetzt. Ursprünglich bin ich drauf gekommen, weil du bei den EHX Pedalen, den Expression In hast der CVs und einen oft einen Bypass(der GATE annimmt) frisst und teilweise DIP Schalter auf der Platine womit du den Parameter festelegen kannst. Hier beim ES2 hast du halt keine Eingänge dafür und du müsstest das modden, Gate oder Impuls auf Tap und zB. CVs auf Mix und Depth. Im Winter ist ja wieder Lötzeit, dann geh ich das mal an. :-)
@TobyB Aja – also mit CV den Clock triggern, wäre fast interessant für mich. Meld dich gern, wenn du dahingegend was probierst.
@rio Hallo Rio,
ich schreib dann eine Leserstory :-) Mit EHX Pedalen geht sowas von Haus aus, mit dem 8 Step und einigen FX kanst du schon was machen. :-)
@TobyB Gern mich via PM informieren ;)
„Oscillation/Modulations Modi mit fragwürdigem Einsatzgebiet“
Das trifft es wirklich :D
Mittlerweile gibt es das ES3 .. und auch hier ohne externe Steuerung. Scheint wohl nicht die Zielgruppe zu sein.