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Test: Metasonix D-1000 Vacuum-Tube Drum Machine

Der Röhren-Drumcomputer

18. Juni 2011

Metasonix ist bekannt für extravagantes Röhrenequipment, extreme Klangverbiegung, geschmackloses Design und exorbitante Preise. Das neueste Produkt, die Drummaschine D-1000, erfüllt jedoch nur zwei der vier vom Firmengründer Eric Barbour zelebrierten „Qualitätskriterien“, schauen wir mal, welche beiden das sind.

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Eine Drummaschine auf Röhrenbasis, da möchte man ausrufen: Das hat die Welt noch nicht gesehen! Aber es schallt zurück: Doch, hat sie! Die Firma Wurlitzer, einst erfolgreicher Hersteller von Theaterorgeln und dem einzigen E-Piano, das mit dem Fender Rhodes ernsthaft konkurrieren konnte, baute von 1959 bis 1965 den Sideman. Das war ein Beistellgerät für Orgeln, welches neben einem großen Lautsprecher auch eine Rhythmustonerzeugung beinhaltete, die auf Röhrenschaltungen basierte. Metasonix benennt den Sideman in der Anleitung zwar als Vorfahren, jedoch handelt es sich bei der D-1000 keineswegs um eine Art Nachbau oder gar Clone, denn im Gegensatz zum Wurlitzer Presetklopfer ist die D-1000 eine programmierbare Drummaschine mit vier Sounds und einem Ein-Pattern-Sequencer.

Vintageröhren in der Plastikbox – Metasonix D-1000

In the Box (im wahrsten Sinne des Wortes)

Die D-1000 ist, wie auch schon das Röhreneffektgerät KV-100 Assblaster, in einer Plastikkiste billigster Bauart untergebracht. Hobbybastler nutzen so etwas für Kleinwerkzeug oder Angler für Haken und Posen. Öffnet man die Kiste, recken sich einem vier schicken Röhren entgegen – ungeschützt! Diese werden zwar im Laufe des Betriebes nicht heiß, aber eine Schutzabdeckung gegen mechanische Beschädigung würde mir doch ein etwas sichereres Gefühl geben. Bei den Röhren handelt es sich nicht um die weit verbreiteten 12AX7-Modelle, die man in unzähligen Vorverstärkern und Kompressoren findet, sondern um den Typ 6CQ8. Eine 12AX7 kann nicht als Ersatz verwendet werden. Wer Metasonix-Geräte kennt, wird über die schlichte Aufmachung des Gerätes verwundert sein. Keine blöden Cartoons (bis auf einen kleinen Aufkleber auf dem Deckel), keine braunen Bremsspuren, noch nicht mal ein anstößiger Name – ist Mr. Barbour etwas seriöser geworden?

Klingende Tuben (gewollt und ungewollt)

Es gibt vier Sounds: Drum 1 und 2, Snare und Cymbal. Die beiden Drums und die Snare werden mit je einem selbstoszillierenden Filter erzeugt, wobei es keinen nennenswerten Unterschied zwischen Drum und Snare gibt. Die Klangbeeinflussung beschränkt sich auf Tune, also die Tonhöhe. Der Regler CV-Level ist für eingespeiste CV-Signale zuständig, jedoch steuert auch er die Tonhöhe, wenn kein CV anliegt. Schließlich können alle Drums noch über Mix in der Lautstärke geregelt werden. Der vierte Sound Cymbal besteht aus Rauschen. Hier gibt es nur Attack und Mix.

Die Klänge sind also simpel gestrickt. Die Palette deckt nur einfache Drums ab, wobei Kicks wirklich saftig klingen. Tom- bzw. Bongo-ähnliche Klänge sind okay, aber „echte“ Snares, also echte Analogsnares, gelingen nicht wirklich. Es fällt auch auf, dass die Drums einen leisen Knackser am Ende haben, der wohl durch den internen Trigger verursacht wird. Das Cymbal, das eigentlich nur als closed Hihat agiert, ist nicht besonders aufregend. Die Länge des Cymbals lässt sich nur durch externe Steuerung mit einem Gate-Signal bewerkstelligen. Dazu später mehr.

Keine Berührungsängste! Die Röhren werden nur handwarm

Ein echtes Problem ist, dass die Frequenz der drei tonalen Drums permanent durchklingt. Offenbar schließen die internen VCAs, oder wie auch immer es gemacht ist, nicht richtig. Insbesondere wenn man eine satte Bassdrum eingestellt hat, nervt der durchgehende Ton ziemlich. Man muss also Audiogates nachschalten oder die Spuren separat aufnehmen und Gate Plug-ins einsetzen. Immerhin gibt es Einzelausgänge für die vier Sounds. Das Problem bestand übrigens nicht nur beim Testgerät, sondern auch bei zwei weiteren Modellen, die ich probeweise gehört habe. Es ist also konstruktionsbedingt.

Sequencer (ansatzweise)

Unter den Soundreglern wird man von einer langen Reihe Kipphebelschalter angegrinst. Tatsächlich hat jeder Sound seine eigene Sequencerreihe mit Schaltern. Man hat also alle Steps aller Sounds gleichzeitig im Zugriff, ein echter Luxus. Allerdings sind es nur acht und nicht 16 Steps, wie man es bei Drummaschinen gewöhnt ist. Man arbeitet also bei normalem Tempo mit einer 8tel-Auflösung oder bei doppeltem Tempo mit 16tel-Auflösung, hat dann aber nur einen halben Takt. Speicherplätze? Ach Quatsch, wozu denn? Aber es ist natürlich klar, dass das mit mechanischen Stepschaltern nicht möglich ist.

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Die physikalische Variante der Lauflichtprogrammierung – 32 Kipphebelschalter

Leider ist der Rest des Sequencers so rudimentär, dass er diese Bezeichnung schon fast nicht mehr verdient. Es gibt keinen Start/Stop, sondern nur einen Run-Schalter. Lässt man den Sequenzer „rennen“, startet die Sequenz irgendwo im Pattern ein. Offenbar läuft der Sequenzer permanent im Hintergrund und wird mit Run nur aktiv geschaltet. Was soll das? Ebenso fehlt eine brauchbare Synchronisation. Es gibt nur einen Clock-Out (aber natürlich keinen Start/Stop-Out), während ein Clock-Eingang sowie externer Start/Stop fehlen. Man kann also nur das eine Pattern laufen lassen und bestenfalls einen externen Sequencer hinter die Clock hängen, wobei man diesen per Hand richtig im Takt einstarten muss. Bei Metasonix ist man sich selbst der Unzulänglichkeiten bewusst und verweist im Manual für anspruchsvollere Pattern auf die Triggereingänge der D-1000.

Triggern (mit Nachhilfe)

Mit vier Trigger- und vier CV-Eingängen können die Sounds der D-1000 von einem externen Sequencer angesteuert werden. Das erste Problem: Ein passender Sequencer muss her. Viele Analogsequencer, insbesondere im Modulformat, sind für Einspur-Pattern ausgelegt. Vier oder mehr Reihen findet man selten. MFBs SEQ-01/02 kämen in Frage oder Doepfers Mini-Schaltwerk (das es hoffentlich bald geben wird). Das zweite Problem: Die D-1000 verarbeitet nur spezielle Triggersignale. Schließt man standard 5V-Trigger an, werden die Sounds doppelt ausgelöst. Einmal an der positiven und einmal an der negativen Flanke des Signals. Außerdem klingen die Sounds mit einem Standard-Trigger anders und sind leiser als mit dem internen Sequencer. Einfaches Verstärken der Impulse schafft hier keine Abhilfe.

Zum Ansteuern der Drums sind ein Stepsequencer und Triggermodifier nötig

Die Triggerimpulse müssen modifiziert werden. Mit einer Doepfer A-140 Hüllkurve konnte ich schon mal den Doppeltrigger eliminieren, indem ich damit einen sehr kurzen Impuls mit minimalem Release erzeugte. Ein anderer Weg ist das Triggerdelay A-162, mit dem man Triggerimpulse stark verkürzen kann. Ein unerwarteter Nebeneffekt war, dass bei minimalster Einstellung der Impuls nun den gleichen Sound wie der interne Sequenzer erzeugte. Außerdem handelt es sich um ein Dual-Modul mit zwei identischen Einheiten. Letztendlich braucht man aber drei modifizierte Triggersignale für Drum 1, 2 und Snare sowie ein variables Gate-Signal, mit dem man Cymbal als closed und open Hihat ansteuern kann.

Die CV-Eingänge erlauben die halbwegs gezielte Steuerung der Tonhöhen. Neben dieser eigentlichen Aufgabe kann man darüber jedoch auch die übersprechenden VCAs kaschieren. Zum Beispiel lässt sich auf den Steps, wo keine Drums gesetzt wurden, die Tonhöhe wie eine kleine Sequenz als Synthgeblubber im Hintergrund modulieren oder die Pitch dort hochziehen, um die Bassdrums besser zur Geltung kommen zu lassen.

In der Praxis (jetzt soll es endlich Spaß machen!)

Viel gemeckert bis hierher, groovt es denn gar nicht? Die D-1000 ist nicht nur schlecht. Kleine Pattern, die man über lustiges Hebelkippen ständig neu zusammenschaltet, können schon recht funky werden. Der Sound ist natürlich sehr, sehr old school, passt dadurch hervorragend zu dem Minimalsequencer. Das macht schon Spaß, und man kann schnell Mini-Grooves entwickeln, die man anschließend in der DAW zerschneidet und zurechtrückt. Als Element zur Auflockerung fungieren die Roll-Taster pro Sound. Damit werden die Drums in schneller Folge getriggert, so lange man den Taster betätigt. Roll ist aber nicht an das Tempo gekoppelt, sondern hat ein eigenes Tempo. Laut Metasonix wurde das absichtlich so gemacht, es soll wohl den Chaosfaktor unterstützen? Roll ist aber auch ein nützliche Hilfe. Es kann nämlich passieren, dass bei Tune-Veränderung ein Klang durch die normalen Trigger nicht mehr richtig gespielt wird. Dann kann man mit Roll das Filter wieder zum Schwingen anregen.

Also Ideen- und Phrasenlieferant ist die D-1000 einfach zu handhaben und fabriziert Beats und Sounds, die einfach anders sind. Möchte man die D-1000 jedoch nicht nur solo als Trash-Queen betreiben, sondern im Verbund sinnvoll einsetzen, braucht man eine gewisse Peripherie: Audiogates, Mixer, Vierspur-Sequencer und Triggermodifier. Nicht eben wenig Zusatzmaterial bei einem 1,5k-Gerät.

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Fazit

Ich bin bekennender Drummaschine-Fan, und je ungewöhnlicher ein Drummy ist, desto lieber ist er mir. Da sieht man auch gerne mal über die eine oder andere Unzulänglichkeit hinweg und nimmt sie als Eigenheit des Gerätes hin. Aber Metasonix hat bei der D-1000 den Bogen für mich dann doch überspannt. Zu viele Ungereimtheiten verderben einem den Spaß am Groove. Die übersprechenden VCAs sowie die wählerischen Triggereingänge erfordern einiges an externem Equipment. Und dass selbst ein vernünftiger Start/Stop sowie ein Sync-Eingang fehlen, degradiert den eigentlich lustigen Kipphebel-Sequencer zur kaum sinnvoll nutzbaren Nebensache.

Diese Maschine ist ganz klar etwas Besonderes, aber eine Empfehlung kann ich dafür beim besten Willen nicht aussprechen, insbesondere bei dem mehr als stolzen Preis. Sicherlich gibt es Interessenten, nennen sie wir mal Freaks, die sich nicht daran stören. Aber das scheinen überraschend viele zu sein, denn ich musste auf ein Testgerät ziemlich lange warten, weil die D-1000 ständig ausverkauft war – und das lag beileibe nicht daran, dass etwa nur eine handvoll Geräte vom deutschen Vertrieb geordert worden. Also, ich will niemandem seine Röhrenbeats missgönnen, aber man sollte wissen, worauf man sich bei der D-1000 einlässt.

Plus

  • einzigartiges Konzept
  • der Kipphebel-Sequencer macht Spaß
  • erzeugt schöne Vintage-Minimalgrooves

Minus

  • Grundfrequenz der Drums permanent zu hören
  • externe Triggersignale müssen angepasst werden
  • keine echter Start/Stop, keine Fernsteuerung
  • kein Sync-Eingang
  • sehr hoher Preis

Preis

  • 1.490,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    1,5sterne lächerlich.

    das gerät ist der wahnsinn.! pure Analoge einzigartige wärme die durch die röhren knistert

    wenn man nicht mit dem geht umgehen kann und es nicht für seine eigenen zwecke zu nutzen weiss sollte man vielleicht mit seiner kritik etwas zurückhaltender sein.

    Lg koppe

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