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Test: Waldorf 2-Pole Analog Filter

Großer Filter-Zwerg

18. Oktober 2014

Mit dem Waldorf 2-Pole Analog Filter schickt Waldorf ein weiteres viereckiges Kistchen ins Rennen. Es ist ein rein analog aufgebautes 2-Pol Multi-Mode-Filter mit Resonanz (IIR-Filter), das zudem noch über einen in drei Bereichen einstellbaren LFO sowie eine Hüllkurve verfügt. Ob es sich hier um einen Spaßfaktor oder eine Spaßbremse handelt … mal sehen!

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Hardware­

Das Kistchen aus Kunststoff mit der Aluminiumfrontplatte misst 18,5 mal 18,5 cm und hat eine Höhe von 6,5 cm, rechnet man die Bedienelemente mit. Das wirkt auf den ersten Blick recht robust. Allerdings sind die Potis für die Drehregler nur unterhalb der Aluplatte gelagert und nicht etwa verschraubt. Das Gleiche gilt für die Anschlüsse auf der dem Benutzer abgewandten Seite; auch diese sind nicht mit dem Gehäuse verschraubt. Zudem könnte ich mir vorstellen, dass ein unglücklicher Fall aus Tischhöhe auf die Seite zu einem Bruch des Gehäuses führen kann. Damit will ich sagen, mir hätte ein durchgängiges Alugehäuse einfach mehr zugesagt und auch ein paar Verschraubungen mehr hätten es mir angetan. Allerdings würde dadurch natürlich der Preis in die Höhe schnellen.

Die Anschlüsse sind schnell aufgezählt: Es gibt je einen unsymmetrischen Ein- und Ausgang für das Audiosignal. Um mit einem Modularsystem über Trigger- und CV-Spannungen eingebunden zu werden, gibt es dann einen Gate-Eingang, einen CV-Eingang (für die Cutoff-Steuerung, steuerbar auch über ein Expression Pedal) und einen Eingang, mit dem die Hüllkurve manipuliert werden kann (entweder über eine Steuerspannung, ein Audiosignal oder ein angeschlossenes Expression-Pedal). Daneben findet sich noch der Netztaster und der Eingang für 12 Volt Gleichspannung einer Wandwarze.

Alle Bedienelemente sind großzugig angeordnet, so dass eine versehentliche Verstellung so gut wie ausgeschlossen ist. Da die Potis nicht mit der Frontplatte verschraubt und auch teilweise unterschiedliche Laufwiderstände haben, fühlt sich die Bedienung im wahrsten Sinne ein wenig „schwammig“ an. Die vorhandenen vier Kippschalter rasten allesamt gut merklich ein.

Ein TL074 – Stangenware

Bonus

Als Bonus gibt es einen Coupon Code auf dem Faltblatt, mit dem kostenlos eine LE-Version der Waldorf-Edition heruntergeladen werden kann (Gegenwert: 20,- Euro). Die unterscheidet sich dabei von der Vollversion hauptsächlich in der Polyphonie der Klangerzeuger, ist aber voll upgradefähig.

Signalweg

Signalpfad des Waldorf 2-Pole - alles analog

Signalpfad des Waldorf 2-Pole – alles analog

Es liegt eine Kurzanleitung als Faltblatt bei (engl. und deutsch), die auch gleich mit neun Tipps für verschiedene Einsatzzwecke versehen ist. Hier ist auch ein Singalflussdiagramm abgebildet, welches anschaulich den Signalweg darstellt. Was zunächst mal auffällt, dem 2-Pole sind noch ein Rectifier (hier eine Mischung aus Fuzz und Octaver) und ein Overdrive mitgegeben worden, damit es auch schön „rotzen“ kann. Dabei steht der Fuzz am Anfang der Signalkette, direkt hinter dem Gain und der Overdrive am Ende, direkt vor dem Ausgangslautstärkeregler. Die Gain-Reserven reichen dabei auch aus, um schwache Signale aus hochohmigen Quellen ordentlich zu verstärken (ca. 30 dB), sprich E-Gitarren und E-Bässe. Über den Activate-Schalter kann der gesamte Signalweg überbrückt werden – echtes ‚True-Bypass‘.

Mein 2-pole nach einigen Live-Sessions

Filter

Es handelt sich um ein rückkopplungsfähiges Multimode 2-Pol-Filter, realisiert wird das über recht bekannte Opamp-Schaltungen. Hier tummeln sich auf der großzügigen Platine ganz gewöhnliche SMD-Bauteile, u.a. Opamps vom Schlag eines TL074. Es stehen Low-Pass, Band-Pass und High-Pass zur Verfügung.

Der LFO steuert die Filter-Cutoff und lässt sich in drei grobe Bereiche (Fast / Slow / Gemütlich) schalten. Über den Speed-Regler kann dann die Feinjustierung vorgenommen werden, wobei sich die drei Bereiche überschneiden. Leider schweigt sich das insgesamt gut gelungene PDF-Handbuch (auch in Deutsch) über die LFO-Frequenzen aus.

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„Fast“ geht dabei auf der schnellsten Einstellung deutlich hinauf bis in den hörbaren Frequenzbereich, sogar noch über 10 kHz. „Gemütlich“ auf der langsamsten Einstellung lässt sich für einen LFO-Periode ca. eine ganze Minute Zeit. Für zusätzliche Variationen wären hier noch andere Schwingungsformen außer Dreieck interessant gewesen, wirklich vermisst habe ich das nicht.

Der LFO erzeugt durch Obertöne bis über 10 kHz.

Der LFO erzeugt durch Obertöne bis über 10 kHz

Hüllkurve

Dem 2-Pole wurde auch noch eine Hüllkurvensteuerung spendiert, dabei wurde die ADH-(Attack/Release/Hold)-Variation ausgewählt – für den Einsatzzweck absolut zweckgemäß. Die Hold Zeit beträgt etwa 4 Sekunden. Die Steuerspannung der Hüllkurve kann dann entweder der Cutoff-Steuerung aufaddiert oder davon abgezogen werden.

Die Hüllkurve kennt drei Modi (aus der Anleitung):

  • Pulse Trigger (oberste Einstellung) erzeugt einen kurzen Impuls, der erneut getriggert werden kann in Abhängigkeit von Hold Time. Die Trigger-Empfindlichkeit wird hierbei mit dem Threshold-Regler festgelegt.
  • Gate Trigger (mittlere Einstellung) erzeugt einen stetigen Triggerimpuls, dessen Dauer mit Hold Time festgelegt wird. Die Trigger-Empfindlichkeit wird hierbei mit dem Threshold-Regler eingestellt. Hold Time kann die Triggerzeit bei Bedarf verlängern.
  • Envelope Follower (unterste Einstellung) bedeutet, dass die Hüllkurve durch das Eingangssignal gesteuert wird. Das ist die klassische Funktionalität eines Hüllkurven-Verfolgers, bei der der Eingangspegel die Hüllkurve auslöst. Threshold und Hold Time haben hierbei keinen Einfluss

Interessant sind dabei vor allem die Trigger- und Steuerungs-Möglichkeiten der Hüllkurve.

Der Trigger für die Hüllkurve kann auf drei Arten am Gate-Eingang ausgelöst werden:

  • über ein CV-Gate Signal
  • über ein Audiosignal
  • über den Trigger-Knopf

Eine externe Hüllkurve kann auf drei Arten am Env-Eingang der internen aufaddiert werden:

  • durch ein CV-Signal
  • durch ein angeschlossenes Expression-Pedal (vorzugsweise 10k oder 47k)
  • durch ein Audiosignal, aus dem durch einen weiteren Hüllkurven-Verfolger ein Steuerungssignal abgeleitet wird

Durch die vielen Möglichkeiten sind durchaus auf verschiedenen Wegen identische Ergebnisse zu erzielen – Flexibilität ist hier Trumpf.

Klang

Möchte man den Klang des Filters alleine betrachten, muss man natürlich einmal von den Modulationen absehen. Es handelt sich wie gesagt um eine bekannte Topologie, die über Opamps realisiert wird. Dass es sich um ein 2-Pol-Filter (Flankensteilheit 12 dB pro Oktave) handelt, kann man hören, denn im Übergangsbereich z.B. packt das Filter eben nicht so kräftig zu wie ein 4-Pol-Filter (24 dB pro Oktave). Die Resonanz reicht spielend bis zur Selbstoszillation, setzt aber für meine Begriffe im reinen Filter-Betrieb ohne externe Steuerungen zu früh an (ca. 2 Uhr), um danach viel zu heftig auf Reglerbewegungen zu reagieren – Vorsicht Resonanzgefahr!

Im Inneren werkelt reine Analogtechnik – der 2-Pole wurde über OpAmps realisiert

Der LFO ist in einem sehr weitem Bereich steuerbar (ca. 0,015 Hz bis 12 kHz) und sorgt so über Filtermodulation für neue Obertöne, gewünscht hätte ich mit hier noch eine Verzögerung des LFO-Einsatzes.

Die Hüllkurve ist nicht die allerschnellste, reicht jedoch aus, um perkussives Material zu verarbeiten und zu erzeugen. Interessant einzusetzen sind die verschiedenen Klangverformer von Gain (wenn man übersteuert) über Rectify zu Drive. Gerade mit dem Rectifier kann man Signalen eine schöne synthetische Komponente verleihen. Allerdings sind hier keine Übersteuerungsspezialisten am Werk – die Übersteuerung ist mit Vorsicht zu genießen, da sie leicht zu plakativ wirken kann und der Aufbruch des Klanges natürlich sehr transistormäßig bröckelig tönt.

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Fazit

Das Waldorf 2-Pole Analog Filter ist weitaus mehr als eine keine Filter-Spielbox. Das Filter als solches hat keine besonderen Eigenschaften, und ist dem zupackenden Charakter eines Moog Ladder-Filters nicht gewachsen – muss auch nicht.

Wie man dem beiliegenden Kurzhandbuch mit Anwendungsbeispielen schon entnehmen kann, beginnt der Spaß erst mit den Modulationen über LFO und Hüllkurve. Dass man darüber hinaus noch ein externes Signal einspeisen kann, das auch zur Hüllkurvensteuerung verwendet werden kann, macht das Gerät eben nicht nur für Modularsystem Besitzer interessant – aber eben auch! So kann man mit einfachen Audiosignalen und einem analogen Sequencer sehr vielschichtige und lebendige Klangsequenzen erstellen. Dabei lädt der 2-Pole immer wieder zum Manipulieren und Justieren ein, denn der nächste Millimeter Regelweg könnte schließlich DEN ultimativen Sound hervorbringen.

In der Natur der Sache liegt hier allerdings (begründet auch mit dem Preis natürlich), dass jegliche Speichermöglichkeiten fehlen. Man muss sich also dann klassisch mit Fotos oder Parameter-Sheets behelfen (wäre auch schön, ein Blank-Sheet in der Anleitung zu haben, die ja sonst mit Einstellungstipps glänzt).

Beim Erstellen der Beispiele fiel mir dann auch auf, wie mit zunehmender Zeit die Ergebnisse immer interessanter wurden und wie man die Zeit langsam vergisst. Es steckt also jede Menge Potential in der Kiste.

Plus

  • Flexibilität des Routings
  • CV-steuerbar
  • LFO bis über 10 kHz
  • Übersteuerungsmöglichkeiten
  • Audio als Steuersignal
  • Envelope Sidechain
  • Preis

Minus

  • Resonanzpunkt
  • Plastik Case
  • unverschraubte Bedienelemnte und Anschlüsse

Preis

  • Straßenpreis: 179,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Atarikid AHU

    Wow, ne Menge Hörbeispiele… Also ich hab das auch so empfunden mit der Zeit, interessantes Spielzeug und eine tolle Aufwertung für Geräte die filtermäßig wenig bis gar nix mitbringen. Man bekommt ein gutes Pfund für’s Geld… Klar ist das Kunststoffgehäuse nicht wirklich prickelnd, aber wenn man aufpasst, geht das schon.
    Ich hab mir mit Corel Draw ein leeres Sheet erstellt, ist doch irgendwie oldschool wenn man für das ganze speicherlose Zeug den Leitz-Ordner am Start hat :)

  2. Profilbild
    MidiDino AHU

    Zwar wird im Text darauf hingewiesen, dass der 2-Pole eine Bereicherung z.B. für PlugIns (eventuell auch digitale Klangerzeuger) sein kann, faktisch bleibt dieser relevante Einsatzbereich jedoch sekundär, zumal in den Audio-Beispielen, oder doch nicht? Also wie klingt denn die Waldorfedition durch das Filter, oder die Korg Legacy Collection, oder ein JV-Synth, oder ein E4-Sampler, oder … Ein Filter ist doch bloß ein Durchgang, wäre es nicht relevant, zu erfahren, was von wo hineingelangt und wie sich ein mögliches Ergebnis anhört. Dass man mit den Filtereinstellungen auch spielen kann, das muss niemandem demonstriert werden. Leider lässt sich gerade eine Filterbox schlecht in Läden testen, weil sie keine Tonerzeugung hat.

  3. Profilbild
    TobyB RED

    Hallo MidiDino,

    in welchem Laden kaufst du ein? Ich bin es gewohnt immer erstmal zu testen. Da die Hörsbeispiele immer nur eine Indikation sind, sich mit etwas näher oder gar nicht zu befassen. Die Läden in denen ich einkaufe, haben damit kein Problem hier mal einen Klangerzeuger vorzuschalten. Die Korg Legacy Collection kann durch das 2 Pole ziemlich abgefahren klingen, ebenso wie ein Mono Streichfett, was ich auch gut finde, das ich sie via EHX Expression Pedal oder EHX Eight Stepper steuern kann, damit geht dann der Punk ab. Das einzige was mit persönlich stört es ist Mono.

    Grüße

  4. Profilbild
    Gamma Noize

    Klingt recht interessant.
    Eine Software-Alternative ist, wie ich finde, Driver von Native instruments.
    Ist für den gleichen Zweck gemacht und wartet mit ähnlichen Features auf.

    Driver + gemappter MIDI Controller erfüllt für mich persönlich den gleichen Zweck.
    Zudem kann ich hier die Reglerbewegungen als Automationen in der DAW aufnehmen.

    Einen klanglichen Vergleich zwischen dem Plugin und dem Waldorf 2-Pole fände ich cool.
    Gibts das irgendwo?

  5. Profilbild
    BurtBurtson

    Mal eine blöde Frage, weis jemand warum Waldorf Streichfett, 2-Pole und Rocket diese runden Aussparungen an der Unterseite haben? Sieht aus als könnte man sie irgendwo drauf stecken, nur worauf? Das beschäftigt mich mehr als es sollte.

    • Profilbild
      Tweakabit

      @BurtBurtson Das habe ich mich bei meinem Streichfett auch gefragt. Es war bei Waldorf wohl eine art Ständer oder Halterung geplant, auf welche man die kleinen Kisten setzen könnte, wurde aber scheinbar nicht umgesetzt.
      Es gibt hier und da Modelle für den 3D-Druck, falls man Zugang zu einem 3D-Drucker hat, z.B. hier:

      https://www.thingiverse.com/thing:3932225

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