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Test: Eventide H90 Harmonizer, Effektgerät

Für Sounds mit absolutem Suchtpotential!

1. Dezember 2022

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Nachdem Eventide einige der legendären Algorithmen aus dem H9 als Standalone-Pedale wie dem Blackhole, dem MicroPitch oder dem UltraTap herausgebracht hat, gab es nun ein gehöriges Upgrade des beliebten Eventide H9 in Form des Eventide H90 Harmonizers.
Für mich war dieser Schritt tatsächlich einigermaßen überraschend, aber es freut mich umso mehr, weil viele Gitarristen bereits zwei Eventide H9 Harmonizer auf dem Pedalboard hatten, um zwei der zahlreichen Algorithmen von Eventide gleichzeitig nutzen zu können.
Also schaue ich mir den Nachfolger des vor nunmehr fast zehn Jahren erschienenen Eventide H9 Pedals einmal genauer an.

Konstruktion

Um die Konstruktion etwas verständlicher zu machen, schicke ich erst mal ein paar wichtige Fakten vorweg: Es können beim Eventide H90 nun zwei Algorithmen gleichzeitig genutzt und unterschiedlich zugewiesenwerden. Die Bedienung, die beim Eventide H9 oft etwas umständlich und am besten per App einzustellen war, soll durch die Onboard-Potis und die Menüführung optimiert werden.
Dazu gibt es neben allen klassischen Algorithmen aus dem Eventide H9 Max noch zehn neue Algorithmen.
Das Eventide H90 hat ein sehr edles und modernes Design, das mit seinen zahlreichen LEDs optisch sehr ansprechend wirkt.

Das Gehäuse ist massiv und besteht aus Metall, ist weiß lackiert und etwas abgeschrägt. Durch den geänderten Winkel der Abschrägung, die wahrscheinlich so gewählt wurde, um das OLED-Display besser ablesen zu können, ist das Gehäuse circa einen halben Zentimeter höher als das Eventide H9, wobei man in der Gesamthöhe natürlich noch die neu dazugewonnenen Potis mit einrechnen muss. Dieser kleine, aber feine Unterschied ist vor allem für Leute mit einem Case nicht ganz uninteressant.
Die Tiefe entspricht der des Eventide H9. In der Breite ist es allerdings 5 cm breiter.

Gerade, wenn das Eventide H90 einen oder zwei Vertreter des Eventide H9 ersetzen soll, findet es leicht seinen Platz auf dem Pedalboard.
Die robusten Fußtaster haben einen sehr guten Druckpunkt, arbeiten ohne zu klicken und sind etwas dichter nebeneinander angeordnet als beim Eventide H9.

Dennoch bieten sie aber reichlich Platz, um jeden einzelnen Taster gut erreichen zu können oder zwei Taster gleichzeitig gewollt zu betätigen, ohne dass die Potis in den Trittbereich gelangen.

In der oberen Mitte des Eventide H90 befindet sich das großzügige OLED-Display, das wirklich sehr gut ablesbar ist. Sowohl die Schriftgröße als auch der Kontrast und der Winkel sind in meinen Augen ideal.
Zwei Drittel des Display-Bereichs ist für Preset-Namen und Parameter reserviert. Das obere Drittel markiert mit LEDs, welche Anschlüsse belegt sind.
Das ist sehr übersichtlich und man findet sich schnell zurecht.

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Flankiert wird der Display-Bereich von zwei großen Encoder-Potis, die auch als Taster fungieren und jeweils mit einem hellen LED-Kranz umgeben und so den Status anzeigen.
Diese zwei Endlos-Potis dienen zum Navigieren und Anwählen der Presets, Menüs und Sounds.
Die Riffelung macht sie schön griffig und die Riffelung der Encoder gibt ein gutes Gefühl zum Feinjustieren der Parameter.
Beim Perform-Encoder hätte ich mir einen gummierten Überzug gewünscht, da man diesen Encoder beim Spielen doch mit dem Fuß betätigt und so den schwarzen Knopf etwas schonen könnte.
Aber wenn man nicht gerade mit schlammigen Stiefeln und Kieseln im Sohlenprofil drauftritt, dürfte man es auch so hinbekommen, den Regler per Fuß zu steuern, ohne das ganze Gerät zu killen.

Unterhalb des Displays befinden sich drei kleinere, ebenfalls geriffelte Endlos-Encoder, die mit integriertem Taster verschiedene Parameter justieren können. Durch den Taster in diesen Encodern gelangt man in jedem Preset übrigens zur zweiten Belegung. Auf diese Weise bekommt man also effektiv sechs schnell zugängliche Potis, mit denen die zwei angewählten Algorithmen jederzeit nachjustiert werden können.

Eventide H90

Neben den drei kleineren Encodern befinden sich jeweils zwei beleuchtete Taster, die auf der linken Seite eher übergeordnete Einstellmöglichkeiten bieten, wie zum Beispiel System-, Programm- und Routing-Einstellungen. Auf der rechten Seite werden die Preset- und Parameter- Einstellungen vorgenommen.
Schön ist auch, dass Eventide alle Taster vorbildlich beschriftet hat. Das macht das Handling einfacher.

Oberhalb der Fußtaster befinden sich dann nochmals drei kleine Taster.
Ich dachte zuerst, es seien lediglich LEDs. Aber es handelt sich um kleine Taster, die zur Belegung und Programmierung der Fußtaster verwendet werden können und mit einer entsprechenden Farbe die Art der Tasterbelegung systematisch dargestellen.
Mit hellen weißen, blauen und roten Lichtinformationen lernt man also schnell, ob man den Taster als An- und Ausschalter, Momentary-Taster oder als Hotswitch-Taster belegt hat.
An der Stirnseite findet man die Mono-Audiobuchsen und zwar gleich acht davon, um unterschiedliche Stereo- und Routing-Optionen umsetzen zu können. Alle Buchsen sind mit dem Gehäuse verschraubt und packen ordentlich zu.

Daneben gibt es hier noch zwei Expression- oder Control-Voltage-Anschlüsse, acht kleine LEDs, die das Line-Level anzeigen, eine USB-C-Buchse zur Nutzung der Steuerungssoftware sowie einen für Eventide typischen 9-12 V Netzteilanschluss. Aber Achtung: Das Netzteil muss eine Positiv-Tip-Belegung haben. Dementsprechend sollte man immer das mitgelieferte passende Netzteil verwenden.
Ein Batteriebetrieb ist aufgrund der vermutlich starken Rechenleistung des Eventide H90 natürlich nicht möglich.
An der linken Gehäuseseite findet man dann noch zwei DIN-5 MIDI-Buchsen für MIDI In und Out bzw. Thru.

Die Gehäuseunterseite ist komplett flach und ohne Kanten, was eine Montage mit Klettband auf dem Pedalboard perfekt möglich macht.
Vier Gummiklebefüße werden aber ebenfalls mitgeliefert, damit der Pedalboden nicht zerkratzt, wenn man das Pedal nicht fest montiert.
Für den tourenden Gitarristen wird auch noch interessant sein, dass das Eventide H90 gar nicht so viel schwerer ist als das Eventide H9 und mit rund 200 g Mehrgewicht das volle Case kaum spürbar schwerer macht.
Wer sein Eventide H90 ausschalten möchte, kann zwischen einem DSP-Bypass mit Trails und einem per Relais gesteuerten True-Bypass wählen.
Das Eventide H90 kann als Gitarreneffekt oder mit Line-Level-Geräten verwendet werden. Für optimale Lautstärke und Tracking kann im Menü das genutzte Instrument gewählt werden.
Ich kam nicht daran vorbei, das Eventide H90 auch mal mit einem Synthesizer zu testen und was soll ich sagen? Aus einer schlichten Sägezahn-Oszillator-Schwingung kann man durch die Effekte des Eventide H90 mit Pitch-Arpeggiator, Hall oder Delay das Stereo-Klangbild herrlich in die Breite ziehen.

Das Eventide H90 in der Praxis

Schließt man das Eventide H90 an den Strom an, so benötigt es ein paar Sekunden, bis es komplett hochgefahren ist.
Aber das Dry-Signal geht bereits durch. Also hat man noch kurz Zeit, sich die Gitarre umzuhängen.
Schaltet man das Pedal dann ein, so kommt man im ersten Preset bereits in den Klanggenuss der absoluten Stärken von Eventide: Delay und Reverb.
Hier merkt man sofort, dass sich der Hersteller auf Studioeffekte fokussiert hat: Eine Wall of Sound wird erzeugt, mit der ich ohne Weiteres den ganzen Tag hätte spielen können. Aber ich möchte ja noch weitergehen.
Ich bin generell ein Freund davon, Pedale selbst zu erforschen und das Handbuch erst mal beiseite zu legen.
Da das Eventide H90 allerdings sehr komplex ist, hat das Ganze diesmal etwas länger gedauert. Aufgrund der Logik der Menüführung hat aber alles mit ein bisschen Übung sehr gut und schlüssig funktioniert. Wichtig ist, dass man den Unterschied zwischen Algorithmus, Preset und Parameter versteht, dann kann man die Bedienflächen auch schnell zuordnen.
Eionsteiger könnten von dem Gerät aber leicht überfordert sein, denn es braucht schon ein bisschen Übung, um dem Eventide H90 auch gerecht werden zu können.
Wer nicht gerne die Gebrauchsanweisung studieren möchte, aber bei digitalen Effekten mit zahlreichen Funktionen eher ratlos dasteht, für den ist ein kompakter, dreizehnseitiger und gut bebilderter Quick-Reference-Guide beigelegt, der wirklich gut gestaltet ist.

Befindet man sich im Bank-Mode, kann man mit den rechten beiden Tastern durch die Presets navigieren und dann das gewählte Preset mit dem linken Taster aktivieren.
Durch die erwähnten LED-Taster sind die Funktionen farblich rot und grün gut gekennzeichnet, aber auch kleine Pfeile und die Active-Beschriftung über den Tastern ist für diese Grundfunktion sichtbar markiert.
Wer übrigens in einem Preset schnell mal das Delay deaktivieren möchte, kann dies jederzeit mit dem kleinen LED-Taster über dem Fußtaster tun.
Das ist wirklich praxistauglich gelöst, um auch im Preset schnell mal etwas zu deaktivieren.

Im Select-Modus kann man sich schnell durch die Factory-Presets, aber auch eigene Presets navigieren.
Perform ermöglicht das Feinjustieren der Presets und der Bank-Mode scrollt durch verschiedene Bänke, bei denen jeweils zwischen drei Presets per Fußtaster gewählt werden kann. Also hat man beim Auftritt die Möglichkeit, schnell zu schalten oder fein zu justieren.
Hat man sich für seinen Auftritt gut vorbereitet und seine Presets bereits ordentlich angelegt, sortiert und justiert, so kommt man mit diesem Presets, die ja mit den drei kleinen Potis und damit mit sechs Parametern nachjustiert werden können, sehr gut durch das Set.

Hält man übrigens die beiden rechten Taster gedrückt, so gelangt man zu einem Tuner, der entweder mit stummgeschaltetem Signal oder hörbar genutzt werden kann.

Die drei kleinen Potis können zudem sehr schnell neu belegt werden, indem man sie gedrückt hält, zwei neue Parameter auswählt und dann wieder gedrückt hält. So kommt man auch aus den Presets schnell zu einzelnen gesuchten Parametern.
Also ist alles sehr logisch und praxistauglich aufgebaut.

Das Einstellen der Sounds kann sehr umfangreich sein, muss es aber nicht.
Es gibt pro Algorithmus bereits sehr schöne Presets, mit denen man schon mal einen sehr guten Grundsound auswählen kann. Dieser lässt sich dann leicht feinjustieren, indem man einfach den Parameter-Button aktiviert und sich mit dem Select-Encoder durch die Menüs scrollt. Dann kann man mit den drei darunter positionierten Potis jeweils die Einstellung vornehmen.
Das mutet wie eine Hardware-Bedienung bei einem traditionellen Effektpedal an und sowohl schnelle und große Regelwege, als auch langsame Feinjustierung ist sehr präzise möglich.

Der vom Eventide H9 bekannte Hot-Knob dient als Multi-Expression-Funktion und kann mit mehreren Parametern belegt werden. Der ultimativen Kontrolle steht also nur die vorherige Belegung im Weg.
Für alle, die gerne am Computer die Sounds einstellen möchten, gibt es natürlich auch weiterhin eine gut gestaltete App, aber die ist eigentlich gar nicht nötig.

Die Sounds des Eventide H90

Sämtliche Algorithmen des Eventide H9 Max sind auch im Eventide H90 enthalten. Und die Klangqualität dieser Sounds ist wirklich auf höchstem Niveau.
Man bekommt diese auf top Niveau einzuordnenden Algorithmen quasi als Grundlage. Da eben jene Sounds schon hinlänglich bekannt sind und die Qualität außer Frage steht, gehe ich hier nicht mehr im Einzelnen auf sie ein. Sie klingen im A/B-Vergleich aber wie bei meinem Eventide H9. Einfach klasse und für jeden ist hier etwas dabei.
Es besteht jedoch kein Grund, das Eventide H9 auszumustern, es ergänzt sich ganz vorzüglich im Effektweg und liefert so einen dritten, klasse Effekt. Per MIDI lassen sich alle Presets synchronisieren und schalten.
Eventuell ist das Dry-Signal des Eventide H90 etwas prägnanter, was an den verbesserten AD/DA-Wandlern liegen könnte.
Ein Analog-Dry-Thru findet man in der Eventide Tradition nicht, aber die Sounds hängen dermaßen am Gaspedal, dass mir nicht der Hauch einer Latenz aufgefallen ist. Das wäre in der heutigen Zeit wohl auch nicht mehr rauszuhören.
Eins kann ich aber gleich vorwegnehmen: Das Eventide H90 ist nicht für jedermann und kann nur zwei Effekte gleichzeitig aktivieren, was im Vergleich zu Multieffekten mit mehreren Effekten erst mal wenig erscheint. Aber wer auf kompromisslose Soundqualität Wert legt, der findet in dem Eventide H90 seinen passenden Partner. In dieser Art ist es aktuell definitiv konkurrenzlos.

Aber zurück zum Wesentlichen: Wie sieht es mit den zehn neuen Algorithmen aus?
Ich habe sie natürlich ausprobiert.

Polyphonie

Wow! Bei dem Algorithmus Polyphonie geht dem experimentellen Pitch-Enthusiasten das Herz auf. Neben der Tatsache, dass die Pitches natürlich super tracken, auch Akkorde und Zweiklänge mit dem Bending einer Saite, sind hier neben authentischen, knurrigen Bass-Emulationen auch abgefahrene Sounds umsetzbar.
Nach wenigen Minuten hatte ich einen Sound mit einer tiefen und einer hohen Oktave eingestellt, die beide auf zwei Amps gepannt und leicht verzögert mit etwas Feedback, also als Pitch-Delay wiedergegeben wurden.
Garniert habe ich das mit einem Momentary-Pitch der hohen Oktave auf P11 per Fußtaster, was mir eine Minus The Bear ähnlichen Effekt beschert hat.
Mjam, das macht Appetit.
Die gepitchten Töne klingen immer organisch und musikalisch, da ist längst nichts Künstliches mehr wahrzunehmen.
Daneben sind natürlich noch zahlreiche andere Intervall-Kombinationen möglich.
Ja, Pitch-Effekte kann Eventide definitiv.
Einfach top!

Prism Shift

Der instant Soundtrack für eine Traum-Sequenz ist definitiv im Prism Shift zu finden.
Ein Arpeggiator, der in verschiedenen Intervallen und Sequenzen durch das Frequenzspektrum tanzt. Die Namen dreier Presets lauten End of all, Water Reflections und all a Dream und ich kann mir gut vorstellen, dass ich mit diesen nur einen oder zwei Akkorde spiele, sie aufnehme und die „Songs“ nach diesen Presets benenne. Einfach cineastisch und eine Einladung zum Experimentieren.

Even-Vibe

Nach diesen zwei ersten Algorithmen des Eventide H90 kommt der Even-Vibe ganz klassisch daher und bietet vollmundige Vibe-Sounds, die vom langsamen Wabern bis zum tiefen Pochen alles abdecken, was diese Effektkategorie braucht.
Aber auch hier hat Eventide ein kleines Schmankerl eingebaut: Mit dem Envelope-Speed wird hier pro Saitenanschlag ein Anlaufeffekt eingestellt.
Stellt man diesen zum Beispiel auf -80, so schwingt das Vibe erst so richtig, wenn der Akkord schon klingt.
Sehr schön.
Auch hier lässt sich der Stereoeffekt gut nutzen und das Vibe-Signal auf zwei Amps pannen.

Head Space

OMG, hier wurde das virtuelle Multihead-Tape-Delay komplett neu durchdacht und man kann alle vier Tonköpfe in der Lautstärke im Pan und stufenlos in seiner Delay-Zeit justieren.
Das heißt, dass nicht nur die gewohnten Subdivisions möglich sind, sondern mit Prozent-Anzeige auch Zwischenwerte justiert werden können.
Das war die technische Erklärung. Musikalisch ausgedrückt, erzeugt man hier eine unglaubliche Tiefe und Repeats wabern aus allen Richtungen und Rhythmen auf mich zu.
Unglaublich. Noch etwas Wow & Flutter hinzu, garniert mit etwas Rec-Drive und Tape-Hiss und es trägt mich davon. Der eine oder andere Leser weiß, dass ich eine gewisse Vorliebe für Multihead-Tape-Echos habe. Der Head-Space ist hier ein besonderes Schmankerl, da die Tape-Heads hier wunderbar frei justiert werden können.
Und dann gibt es noch die Möglichkeit, auf einen Fußtaster die Boil-Funktion zu legen, eine Art Warp-Effekt mit justierbarer Anlauf- und Abstoppzeit, sehr schön.

Bouquet Delay

Natürlich hat man sich beim Bouquet-Pedal auch etwas Spannendes einfallen lassen und so kann das analog klingende Delay neben einer sehr schönen Modulation mit zahlreichen LFO-Varianten, der Wahl zwischen einer modernen oder einer LoFi-Variante vor allem mit seinen Pitch-Effekten per Fußtaster aufwarten. Bei der Programmierung war höchstwahrscheinlich ein Chase Bliss Audio Thermae und ein ähnlicher Boutique-Held mit Pitch-Effekten mit im Raum.

Wormhole

Das Wormhole ist eine Art Blackhole 2.0.
Endlos lange Reverbs. Bei den Einstellmöglichkeiten wird logischerweise die Länge des Wurmlochs in Lichtjahren angegeben. Mit Modulation und einem per Fußtaster aktivierbarem Warp-Effekt, ähnlich wie beim Head-Space.
Diese Weite im Reverb kann wohl nur Eventide erzeugen. Ich kann mir diesen Sound auch gut in Verbindung mit Synthesizern vorstellen, um aus einem Mono-Synth einen Soundteppich zu erzeugen. Dabei erdrückt die Klangfülle den Groundsound nie, sondern lässt ihm immer genügend Luft zum Atmen.

SP2016 Reverb

Besonders gespannt war ich auf diesen Hall des Eventide H90, der auf dem legendären Rack-Effekt basiert und ich bin geflasht, wie klar und räumlich die Vintage-Plate den cleanen Akkord veredelt. Eventide kennt sich mit Reverb aus und ich liebe diese crispen Plate-Sounds, die dem Gitarrensound immer genug Raum bieten. Eine moderne Plate- und Raum-Emulation ist ebenfalls auswählbar. Ich hätte nicht gedacht, dass so viel Raum in ein so kleines Gehäuse passt.
Das ist wirklich Rack-Studio-Qualität im Bodenformat. Es klingt nicht nach einem Effektpedal, sondern oft nach einem im Studio abgemischten und verarbeiteten Gitarrensound, der so auf eine Platte kommen könnte.
Wer einen fantastischen Reverb-Sound sucht, sollte ihn hier in höchsten Maßen finden.

Weedwacker

Der Weedwacker ist ein digitaler Verzerrer, der von leichtem Overdrive über eine zweite Gain-Stufe bis zum ordentlichen Drive viele Gain-Varianten abdeckt.
Mit den Reglern für Tone und Mitten kann der Sound pro Gain-Stufe schön geformt werden.
Die Verzerrung ist sehr dynamisch und durch den Mix-Regler auf Wunsch auch transparent.
Mit dem Gate-Threshold muss man gerade bei digitalen Verzerrern immer etwas rumspielen, um die passende Einstellung zu finden, aber auch das ist sehr feinfühlig.
Als ich die Routing-Optionen des Eventide H90 gesehen hatte, hatte ich gleich gedacht, dass ich hier mein Overdrive einfügen kann. Aber der Weedwacker kann meine gewünschten Low-Gain-Drives sehr gut ersetzen. Das hat mich wirklich überrascht, da ich eigentlich kein großer Fan von digitalen Drives bin. Der hier gefällt mir.

Instant Flanger & Instant Phaser

Mit diesen zwei Algorithmen für Flanger und Phaser zitiert sich Eventide selber und emuliert zwei hauseigene Klassiker aus den 70ern.
Per Envelope oder LFO gesteuert, schmal oder breit im Stereoraum flanged der Flanger, was das Zeug hält.

Ähnliche Regelmöglichkeiten bietet der Instant Phaser, der zudem noch das Alter einstellen lässt. Achtung: Hier bitte das virtuelle Alter des Effektgeräts einstellen, nicht das Alter des Nutzers.

Routing-Optionen

Ein weiterer Clou des Eventide H90 sind seine Routing-Optionen.
Die zwei gewählten Algorithmen können sowohl parallel als auch seriell angewählt werden. Das ist nicht nur für ein Setup mit zwei Amps super, auch mit einem Amp kann das Signal auf diese Weise viel differenzierter klingen.
Ein Hall-Effekt parallel zum Delay verwäscht im Signal nicht und wirkt dadurch prägnanter. Und dieses Routing ist natürlich pro Preset speicherbar.
Die zusätzlichen Ein- und Ausgänge bieten dazu die Möglichkeit, andere Effektgeräte oder den Amp-Effektweg in das Pedal einzuschleifen.

Eventide H90

So kann man seinen Lieblingsverzerrer einfach in das digitale Setup integrieren und pro Setup aktivieren. Ein zusätzlicher MIDI-Switcher ist also obsolet.
Spannend wird es, wenn man diesen Effektweg virtuell um die gewählten Algorithmen positioniert. So kann der externe Verzerrer zum Beispiel in einem Preset klassisch an erster Stelle vor den Modulationseffekten positioniert werden, um beim Umschalten einen Algorithmus mit einem Vibe-Effekt vor dem externen Pedal zu postieren.
Das ergibt wirklich unzählige Möglichkeiten, die eine komplette Schaltzentrale für ein ganzes Pedalboard darstellen können, weil zwei Mono-Effekte oder ein Stereo-.Effekt eingeschleift werden können.
Möchte man also auf sein analoges Fuzz und vielleicht seinen Lieblings-Chorus nicht verzichten, lassen sich diese beiden ohne Loop-Pedal in das Eventide H90 integrieren und die Ausgänge dann noch auf zwei Amps verschalten. Was braucht man mehr?

Spill-Over

Ein Teil der Rechenleistung würde zudem für den Spill-Over-Effekt genutzt.
Das heißt, dass man das Preset mit zwei Algorithmen wechseln kann und die Trails mit einer individuell eingestellten Ausklingzeit weiter ausspielen.
Also kein Abkappen beim Preset-Wechsel.
Das klingt so banal, heißt technisch gesehen aber, dass vier Algorithmen gleichzeitig aktiv sein müssen und diese im Hintergrund arbeitende Rechenleistung liefert das Eventide H90.
Einen Looper hat das Eventide H90 natürlich auch mit an Bord.
Dieser kann bequem mit der One-Button-Funktion geschaltet werden, die dann Aufnahme, Overdub, Start und Stop mit einem Taster übernimmt. So bleibt noch der zweite Slot für ein Delay frei.
Stellt man die Spill-Over-Zeit auf unendlich, kann der Looper weiterspielen, während man das Preset wechselt. Erst ein erneuter Wechsel stoppt ihn dann.

Die großartigen Zehn haben mich also echt schon mal aus den Socken gehauen und ich kann mir gut vorstellen, dass das Eventide H90 in Zukunft auch noch großartige neue Algorithmen bekommt.

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Fazit

Eventide ist für hochwertige Studio-Effekte bekannt und das haben sie mit dem H90 auch wieder unter Beweis gestellt. Der Klang der Algorithmen ist großartig und die Bedienbarkeit ist absolut praxistauglich.
Dass das Pedal viel zu bieten hat, sieht man an der Länge dieses Reviews.
Es bietet Sounds für wochenlange Soundexperimente und Klangreisen.
Man bekommt alle Eventide H9 Max Sounds als Bonbon, aber bereits mit den zehn neuen Algorithmen wäre ich mehr als zufrieden gewesen.
Authentisches Pitchshifting, lebendige Delays und unendliche Weiten im Reverb – hierfür steht Eventide, das hat sie berühmt gemacht und damit glänzen sie auch im H90. Studio-Rack-Qualität für die Hosentasche.
Ich sehe das H90 auf einem kleinen Pedalboard, das also Hauptsteuer- und Effektpedal die Zentrale des Sounds darstellt und sowohl im Studio als auch im Wohnzimmer-Setup oder auf großen Bühnen mit einem großartigen Sound und allen wichtigen Klangfarben eines verwöhnten Gitarristen aufwarten kann.
Die neuen Sounds sind gelungen und die Möglichkeit, zwei der beliebten Eventide Algorithmen gleichzeitig zu nutzen, ist ein Traum. Ist es dekadent, zwei Wormholes hintereinander zu schalten und ist es technisch überhaupt möglich? Absolut. Und kompakter, mit mehr Routing-Optionen und einfacher zu schalten als zwei H9 Pedale ist es ebenfalls.
Sicher, das Pedal ist nicht günstig.Aber wenn man bedenkt, dass ein liebevoll bestücktes Pedalboard ebenfalls im vierstelligen Preisbereich liegt und man dafür gegebenenfalls noch einen MIDI-Looper braucht, hat man mit dem Eventide H90 schon mal alle wichtigen Effekte in höchster Qualität auf dem Board, die man mit zwei analogen, ausgewählten Pedalen noch garnieren kann. Mehr braucht man auf dem Board eigentlich gar nicht. Schon wenn es das Reverb, Delay, Modulations- und Pitchpedal ersetzt, ist es zudem platzsparend. Den Tuner und Looper nicht zu vergessen.
Der Preis ist natürlich ein Diskussionsthema und daran ist der schwache Euro nicht ganz unschuldig. Aber auch so muss man sagen, dass manch anderer Boutique-Hersteller das neue Head Space, den Prism Shift oder den Wormhole als Standalone-Effekt herausgebracht hätte und in der Summe hätten diese drei alleine bereits mit einem ähnlichen Preis zu Buche geschlagen. Wählt man nur zwei davon und einen Loop-Switcher und Tuner dazu, liegt man fast gleichauf.
Und obwohl ich von digitalen Verzerrern oft nicht begeistert bin, hat mich der neue Weedwacker echt überrascht und überzeugt. Ich habe mich immer wieder erwischt, dass ich diesen Zerrer dazugeschaltet habe, mal parallel, mal seriell.

 

Plus

  • alle zehn neuen Algorithmen
  • Routing-Optionen
  • Pitch-Tracking
  • Soundqualität

Minus

  • aufgrund der Komplexität sind etwas Einarbeitung und Erfahrung notwendig

Preis

  • 1.199,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Archivicious

    „Für mich war dieser Schritt tatsächlich einigermaßen überraschend, aber es freut mich umso mehr, weil viele Gitarristen bereits zwei Eventide H9 Harmonizer auf dem Pedalboard hatten, um zwei der zahlreichen Algorithmen von Eventide gleichzeitig nutzen zu können.“

    Kinderkram! Mein ehemaliger Gitarrist hatte (als Hobby-Mucker) seinerzeit 5 H9 auf dem Pedalboard. In jeder Probe hat er dann auch erstmal 20 Minuten gebraucht, um via iPad alles neu zu konfigurieren. Ist das noch Rock’n’Roll? 😅
    Ärzte verdienen einfach zu viel Geld…🙂

    Vielleicht gradet er ja jetzt auf 3 H90 auf… hatte ja wieder ein paar Jahre Zeit zum sparen…

    • Profilbild
      Kstreck

      @Nicole ja, der Preis ist wirklich sehr happig, ich hab noch nen TIMEFACTOR und div pluggs,die Eventides klingen schon toll…

    • Profilbild
      Tom Aka SYNTH ANATOMY RED

      @Nicole Wenn wir nicht in so speziellen Zeiten sind, wäre der Preis auch bei 899€ oder sogar weniger. Aber durch hohen Import Preise aus USA, den schlechten $/€ usw. sind die Preise zurzeit vor allem bei US-basierten Firma komplett ausgeartet. Siehe Moog usw.

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    So richtig geht die Sonne nicht auf. Liegt es an den Klangbeispielen? Der Reverb z.B. klingt nicht wirklich gut.

  3. Profilbild
    Burt Rocks

    Geiles Teil und sehr guter Testbericht. Ich finde die Sounds gigantisch👌Da ich zu den Leuten gehöre, die 2 H9 parallel auf dem Board nutzen, wäre das Ding definitiv was für mich. Und klar ist der Preis happig, aber man muss halt auch sehen, was das H90 alles kann und wer weiß, vielleicht wird es ja bei Zeiten noch etwas günstiger 😉

  4. Profilbild
    DocM

    Hallo,

    der H9 Max kostete auch mal über 900€, … liegt jetzt bei 700€.

    Beim H90 bekommt man einiges an zusätzlichen Algos.

    Im Endeffekt sinds 2 erweiterte H9. Aus dem Winkel betrachtet is der Preis n Schnäppchen..

    Hab nen H9 hier, allein der SP2016 würd mich schon reizen um der H90 zu kaufen.
    Bei 999.- schlag ich zu…. 😁

    • Profilbild
      DelayDude RED

      @DocM @DocM,

      da gebe ich dir absolut Recht.
      Allein der Hall Algorithmus ist es wert, das H90 aufs Board zu hieven 🎸

  5. Profilbild
    BeLo

    Sehr interessantes Effektpedal.
    Der Preis ist erstmal „wow“ – schon hoch. Aber man hat dafür auch 2x Stereoeingänge.
    Da ich schon von dem Sound meines Eventide Space sehr begeistert bin, und dies mit Synthesizern nutze, ist natürlich das H90 mit all den zusätzlichen Algorithmen schon der Hammer.
    Auch der Service von Eventide bekommt von mir Bestnoten – also alle Daumen zeigen bei mir nach oben

  6. Profilbild
    Sudad G

    Schöner Test! Schade nur, dass die Klangbeispiele alle in mono gehalten sind.
    Gerade bei Eventide ist ja der tolle Raumeindruck bei Reverb, Delay und Modulationseffekten nur in stereo überhaupt erst hörbar.

    • Profilbild
      Nvelope

      @Sudad G In der Tat – das ist natürlich schon richtig heftig, bei einem dermaßen Oberklassen-Gerät, dieses auf Mono Out zu fahren.
      @ DD : lässt sich das nicht noch korrigieren … so über’s bevorstehende Wochenende ?

      • Profilbild
        DelayDude RED

        @Nvelope Hi,
        aus meiner YouTube-Erfahrung habe ich gelernt, dass wenn ich ein Soundfile in Stereo aufnehme, all diejenigen, die ein Mono Setup nutzen, enttäuscht sind, weil sie das Pedal nicht auf diese Weise nutzen können.
        Gerade bei dem H90 habe ich aber tatsächlich auch ziemlich lange überlegt, wie ich es mache und mich letztlich für Mono entschieden, weil die meisten Gitarren-Setups bei Auftritten und oft auch im heimischen Studio in Mono betrieben werden.

        Aber ich kann verraten, dass es in Stereo natürlich fantastisch klingt😉, gerade wenn man 2 Delay-Algorithmen parallel betreibt und im Stereo Panorama panned.
        Also mein Tipp für alle, die ein Stereo-Setup nutzen: probiert es unbedingt aus und passt die Settings entsprechend den eigenen Vorlieben an. Es lohnt sich 🤟

        • Profilbild
          AMAZONA Archiv

          @DelayDude Ich würde immer stereo nehmen. Wer hört denn am PC in mono? Das erklärt natürlich einiges. Es klingt aber auch etwas mittig/grainy, wie mit EQ abgeschnitten. Sind Gitarristen nicht so empfindlich wie andere? Ich meine, da geht schon was flöten und macht auch den Unterschied zwischen einem Behringer RV600 mit Shimmer/Cave-Algo und dem hier aus. Der RV ist nicht sooo schlecht für das Geld. 😂

  7. Profilbild
    ariston

    Der Preis ist hoch, aber Eventide ist eben Eventide. Dabei deckt es extrem viel ab und macht so manches einfach obsolet. Schöner Test, macht leider viel Lust auf das nette Gerät. 😬

  8. Profilbild
    desmondo

    ich bin zwar weniger Gitarrist als Keyboarder, aber die Effekte find ich sehr schön (…aber der Preis ist leider zu heiß…). Ich schaue zur Zeit eher nach einem guten Effektgerät für Vokalisten. Hat Eventide in der Richtung auch was?

  9. Profilbild
    RainerJTM

    Frage an den Verfasser:

    Ist es richtig, wenn ich sage, dass die doppelte Prozessorleistung keine Auswirkung auf die Klangqualität der enthaltenen H9 Effekte hat …. sondern den neuen Funktionen sowie dem möglichen Parallelbetrieb von zwei Effekten geschuldet ist?

    • Profilbild
      DelayDude RED

      @RainerJTM Hi RainerJTM,
      ich hab echt lange über deine Frage nachgedacht und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das eine Frage ist, die wahrscheinlich nur der Hersteller beantworten kann.
      Die alten Algorithmen klingen für mich gleich.

      Es kann natürlich sein, dass die geänderten AD/DA-Wandler, die sich am H9000 orientieren, den Klang noch beeinflussen….

      • Profilbild
        RainerJTM

        @DelayDude … besten Dank.

        Ich denke, dass die Leistungsverdopplung daraus resultiert, dass jetzt zwei H9 Prozessoren in eine Kiste gepackt wurden, um insbesondere den Parallelbetrieb sicherzustellen.

        Um es polemisch zuzuspitzen …
        Der Preis ist ein „rabbatierter Paketpreis für 2 x H9, dessen Kauf mit ein paar neuen Algorithmen und weiteren Komfortfumktionen belohnt wird 😉.

  10. Profilbild
    harpplant

    Ich habe mir von meinem H9 schon erhofft, dass ein Firmware-Update ihn irgendwann befähigen würde, die Pitch-Algorithmen mit Midi-Noten zu steuern. Und nun kann der H90 das auch nicht. 😩

    • Profilbild
      DelayDude RED

      @Stereo Typ Hi Stereo Typ,
      absolut! Und wie ich bereits geschrieben habe: das hier ist nicht nur eine sexy Hülle – da steckt auch ordentlich was im „Köpfchen“ 😉

  11. Profilbild
    ronv AHU

    Vielen Dank für den Test!

    Was mich brennend interessiert: Ist der Algorithmus „H910 H949“ im H90 so detailgetreu, dass er bei „Type=H910“ auch ohne Pitch Shifting das Einganssignal so verändert wie in diesem Video von SynthMania?

    https://youtu.be/M8KQC80w-80?t=74

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