Preiswerte Messmikrofone für Anfänger und Profis
Was genau ist eigentlich ein Messmikrofon und warum sind diese so speziell? Das erfahrt ihr in diesem Artikel. Außerdem geben wir euch eine Marktübersicht über gängige Messmikrofone. Diese beinhaltet professionelle, aber auch preiswerte Messmikrofone. Ob es immer das teuerste Messmikrofon sein muss, erfahrt ihr ebenfalls hier.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen der Messmikrofone
Wofür und warum wird gemessen?
Egal ob im Studio, Proberaum, in einem kleinen Club, großer Halle oder in einem Stadion. Die Raumakustik spielt eine große Rolle, um einen guten Klang im Raum zu erzielen. Jeder Raum besitzt eine eigene Klangfarbe und individuelle Eigenschaften. Das PA-System und der Live-Mix des Tontechnikers müssen an diese Gegebenheiten angepasst werden. Räume können mit der Hilfe von Messungen akustisch aufgewertet werden, durch bauliche Veränderungen wie Akustikelementen. Ebenfalls muss der Tontechniker einen Überblick über die aktuelle Lautstärke während einer Veranstaltung haben. Um möglichst genaue Ergebnisse zu erzielen, helfen Software-Lösungen und Messmikrofone, um präzise Messungen im Raum durchzuführen.
Es geht bei Messungen nicht nur um die klangliche Verbesserung. Es geht dabei auch darum, das Publikum vor Hörschäden zu schützen und rechtliche Rahmenbedingungen einzuhalten. Deshalb sollte der Frequenzgang und der Schallpegel während einer Veranstaltung überprüft und Normenwerte eingehalten werden. Dazu später mehr!
Was bedeutet Messen des Raumes?
Der Begriff ist etwas ungenau, denn der Raum wird nicht wirklich gemessen. Gemessen werden die Frequenzen, die sich in einem Raum befinden, die meistens von einer PA abgegeben werden und wie diese durch den Raum wiedergegeben werden. Durch die Verwendung eines Messmikrofones mit geeigneter Software (z. B. SMAART, Open Sound Meter, REW …) kann der Frequenzgang eines Raumes in einem Diagramm dargestellt werden. Durch verschiedene Messtechniken lassen sich Raumresonanzen getrennt vom Direktsignal darstellen. Somit ist eine sehr genaue Übersicht über das Klangverhalten einer PA und eines Raumes möglich. Hier findest du einen hilfreichen Workshop zum Thema Einmessen der PA auf AMAZONA.de. Wir wollen uns hier weniger auf das Messen selber, sondern auf verschiedene Messmikrofone konzentrieren.
Was ist ein Messmikrofon?
Ein Messmikrofon ist das Herz jeder akustischen Raummessung. Es dient als Referenz, um die Eigenschaften eines unbekannten Raumes bestimmen zu können. Messmikrofone zeichnen sich durch einen besonders konstanten Frequenzgang aus. Meist besitzen diese eine Kugelcharakteristik. Außerdem haben sie ein geringes Grundrauschen, vertragen einen hohen maximalen Schallpegel und sind sehr robust gegen Umwelteinflüsse gebaut.
Besonders ist bei Messmikrofonen der sehr lineare Frequenzgang. Um in allen Frequenzen eine gleichbleibende Empfindlichkeit zu garantieren, handelt es sich bei Messmikrofonen um Kondensatormikrofonen mit kleiner Membran. So können alle Frequenzen verzerrungsfrei aufgenommen werden.
Es gibt verschiedene Anschlüsse für Messmikrofone, je nach Anwendungsbereich. Die meisten Messmikrofone besitzen einen herkömmlichen XLR-Anschluss. Ebenfalls gibt es Messmikrofone mit USB-Anschluss. Was zwar als rein digitale Lösung praktische Vorteile hat, aber auch einige Nachteile. Die Kabellänge ist relativ begrenzt und kein Anschluss an analoge Eingänge möglich. Der wohl professionellste und auch teuerste Anschluss ist der Lemo-Anschluss. Dieser spielt wirklich nur in der industriellen Messtechnik eine Rolle. Der gängigste Anschluss ist und bleibt der XLR-Anschluss.
Mikrofonauswahl in der Praxis
Die richtige Auswahl eines Messmikrofons richtet sich in erster Linie nach dem Anwendungsgebiet. Geht es darum, das eigene Studio einzumessen oder sich als Tontechniker einen groben eigenen Eindruck vom Klangverhalten einer PA und eines Raumes zu verschaffen, reichen schon günstigere Mikrofone. Diese besitzen bereits einen ausreichend linearen Frequenzgang, um den Raum beurteilen zu können. Außerdem sind diese in den meisten Fällen gut verarbeitet und robust genug.
Sobald es um eine professionelle Messungen nach Norm geht, werden Messmikrofone der Klasse 1 oder 2 (gemäß IEC 61672) benötigt. In Deutschland regeln insbesondere die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und die DIN-Normen den Umgang mit Schallpegeln bei Veranstaltungen. Beispielsweise regelt die DIN15905-5, das bei Konzerten ab einer Schallbelastung von 99 dB(A) (Leq) innerhalb von 30 Minuten eine regelmäßige Messung erfolgen muss. Außerdem muss laut dieser DIN-Norm der Frequenzgang der PA auf gehörschädigende Frequenzen geprüft werden.
Wichtig bei Messmikrofonen ist die richtige Kalibrierung. Diese ist im professionellen Bereich nach DIN15905-5 regelmäßig zu überprüfen. Dabei wird ein Kalibrator auf das Mikrofon gesetzt und es wird ein vorher definierter Schallpegel in bestimmten Frequenzen erzeugt. Der gemessene Wert wird mit dem Referenzwert des Kalibrators verglichen. Somit wird eine sichere und genaue Messung gewährleistet. Bereits günstige Messmikrofone bieten von sich aus eine Kalibrierungsdatei an. Diese enthält Korrekturdaten, um einen möglichst linearen Frequenzgang zu ermöglichen. Die Datei kann in die verwendete Software integriert werden. Dennoch sollte die richtige Kalibierung des Messmikrofons regelmäßig überprüft werden, bei Messungen nach DIN15905-5 sogar protokolliert vor und nach einer Veranstaltung.
Hier mal ein kleines Beispiel zum linearen Frequenzgang für den Vergleich:
Behringer ECM- 8000
NTI Audio M2211 (Schwarze Linie, mit Toleranz für Klasse 1 & 2)
Der Frequenzgang des Behringer Messmikrofons ist ziemlich linear bis auf eine kleine Anhebung im Höhenbereich (2k bis 20k). Das NTI Audio hingegen ist viel präziser und eignet sich deshalb besonders für amtliche und industrielle Messungen. Anmerkung der Redaktion: Beim Vergleich der beiden Messdiagramme ist unbedingt die unterschiedliche Skalierung der y-Achse zu beachten!
Die Audiosignale werden durch den XLR-Anschluss der meisten Messmikrofone mit einem XLR-Kabel vom Messmikrofon zum Interface übertragen. Dies ist in den meisten Fällen auch die einfachste Lösung. Vor allem aber ist es die genauste Lösung! Für Messungen ist die reibungslose Übertragung der Audiosignale ohne Verluste enorm wichtig. Sobald es jedoch in Richtung große Hallen, Arenen und Stadien geht, werden XLR-Kabel doch sehr unhandlich aufgrund der enormen Entfernungen der Messpunkte. Außerdem werden im Profibereich oft mehrere Messpunkte gleichzeitig aufgenommen.
Viele Systemtechniker setzen deshalb zusätzlich auch auf Funkübertragungen. Bekannte Funksender von Shure und Sennheiser sind dabei meistens der Standard. Neuerdings führt Thomann viele Produkte der Marke Mipro im Sortiment. Mipro bietet nicht nur selber Messmikrofone an, sondern auch praktische Sendeanlagen. Wichtig ist bei der Funkübertragung von Audiosignalen im Messbereich, dass die Übertragung so hochwertig und störungsfrei wie möglich ist. Damit die Messung so genau wie möglich wird, lassen sich zwar Störvariablen zum Teil in der gängigen Software berücksichtigen, dennoch spielt die saubere Übertragung des Audiosignals eine enorm wichtige Rolle.
Deshalb bleibt das XLR-Kabel einfach die sauberste und sicherste Übertragungsmöglichkeit. Dennoch schneiden die bisher getesteten Produkte von Mipro gut ab und für den Gebrauch in der Praxis sind die Wireless Measurement Produkte sehr praktisch.




Empfehlenswerte Messmikrofone
the t.bone MM-1 Messmikrofon
Eines der günstigsten Messmikrofone am Markt kommt von der Thomann-Hausmarke the t.bone. Der fast unschlagbare Preis bietet Einsteigern eine solide Qualität und erste Einblicke in die Welt der Akustik. Insbesondere im Zusammenspiel mit der kostenlosen Software REW und einem günstigen zweikanaligen Audiointerface lässt sich so ein preisgünstiges Messsystem aufbauen. 132 dB maximaler Schalldruckpegel und ein Frequenzbereich von 20 Hz bis 20.000 Hz sind die Eckdaten des Messmikrofons.


Behringer ECM-8000 Messmikrofon
Das Behringer ECM-8000 Messmikrofon bietet einen guten und preiswerten Einstieg in die Welt der Messmikrofone. Für den professionellen Bereich nicht geeignet, aber für jeden Einsteiger eine gute Lösung. Laut Herstellerangaben besitzt das Messmikrofon eine Abweichungen von weniger als 2 dB in einem Frequenzbereich zwischen 20Hz und 20.000Hz. Behringer liefert eine Kalibrierungsdatei direkt mit und das Mikrofon bekommt von den Nutzenden durchweg gute Bewertungen. Ich persönlich nutze öfter das ECM-8000 oder vergleichbare Modelle von Superlux und bin bisher ziemlich zufrieden. Um einen guten ersten Überblick zu bekommen, reichen diese Messmikrofone meiner Meinung nach völlig. Wichtig ist nur, dass bei günstigen Messmikrofonen eine Kalibrierungsdatei vorhanden ist.


Sonarworks SoundID Reference Measurement Microphone
Am Ende der Preisklasse der etwas preiswerteren Messmikrofone findet sich das Sonarworks SoundID Reference Measurement Microphone. Sonarworks bietet ebenfalls ein günstiges Mikrofon an, das für Einsteiger viele Vorteile bietet, wie auch die eigene Software von Sonarworks, die sehr einfach zu bedienen ist. Die Software ist allerdings eher für den Studioeinsatz gedacht. Die Anwendung mit anderen Softwarelösungen ist jedoch kein Problem. Das Messmikrofon hat einen Frequenzbereich von 20Hz – 20.000 Hz und einen maximalen Schalldruckpegel von 132 dB.


DBX DriveRack RTA-M
Das DXB DriveRack RTA-M Messmikrofon ist schon lange am Markt erhältlich und eigentlich als Ergänzung der hauseigenen DBX DriveRack Lautsprecher-Controller gedacht. Es funktioniert aber natürlich auch mit jeder anderen Mess-Software und einem handelsüblichen Audiointerface. Der Frequenzbereich umfasst 20 Hz bis 20.000 Hz. Geliefert wird es mit einer Mikrofonhalterung und Koffer.


Beyerdynamic MM 1
Im Bereich der Mittelklasse findet sich relativ schnell das Beyerdynamic MM1. Die Firma Beyerdynamic bietet mit dem MM1 ein sehr lineares Messmikrofon. Es zeichnet sich durch Präzision und Robustheit aus. Das Datenblatt liefert Beyerdynamic beim Kauf direkt mit. Das Messmikrofon hat einen Frequenzbereich von 20Hz – 20.000 Hz und einen maximalen Schalldruckpegel von 122 dB.


Audix TM-1
Solides Mittelklasse-Messmikrofon mit weitem Frequenzbereich von 20 Hz – 25.000 Hz (+/-2 dB) und hohem maximalen Schalldruckpegel von 140 dB. Vergoldete XLR-Kontakte, eine Tasche, Klemme sowie ein Windschutz für den Außeneinsatz sind ebenfalls vorhanden. Das Audiox TM-1 macht auch an Becken eine sehr gute Figur!


Neumann MA 1
Neumann bietet mit dem MA 1 ein gutes Messmikrofon, das besonders für den Studiobereich interessant ist. Dieses hat ebenfalls einen Frequenzbereich von 20 Hz – 20.000 Hz. Neumann liefert nämlich direkt eine passende Software mit, die speziell für Neumann Monitore geeignet ist. Aber auch für andere Softwarelösungen bildet das Neumann MA 1 ein solides Mikrofon. Hier ein guter Testbericht des Neumann MA 1 im Studio Bereich auf AMAZONA.de.


Earthworks Audio M23
Das Earthworks Audio M23 bildet die Spitze der Mittelklasse-Messmikrofone. Es hat einen Class-A Mikrofonvorverstärker, gute Bewertungen und ist sehr präzise. Es ist für den professionellen Anwender gebaut und hat eine sehr gute und schnelle Impulsantwort. Der Frequenzbereich ist hier größer als bei den günstigeren Varianten und reicht von 3 Hz bis 23.000 Hz. Die Kalibrierungsdatei ist ebenfalls erhältlich. Thomann führt relativ viele unterschiedliche Modelle von Earthworks Audio im Sortiment, ein Blick auf die Seite lohnt sich also.


NTI Audio M2211
Eines der teuersten Messmikrofone der Spitzenklasse ist das NTI Audio M2211, das für den industriellen Profi-Bereich entwickelt worden ist. Es ist ein Messmikrofon der Klasse 1. Dieses bietet absolute Präzision und verträgt einen extrem hohen maximalen Schallpegel von 144 dB SPL (zum Vergleich: Earthworks Audio M23 140 dB SPL, Neumann MA 1 132dB SPL). Der Frequenzbereich liegt hier bei 5 Hz bis 20.000 Hz.


Beim Behringer ECM8000 sollte man beachten, dass es keine individuellen Kalibrierungen gibt. Mann kann nur eine Datei bei Behringer herunterladen, die den ‚Wunschfrequenzgang‘ angibt.
Nachdem mir das nach dem Kauf klar geworden war, hatte ich zunächst mit dem Sonarworks geliebäugelt, hab mich dann später aber für das MM1 von Beyerdynamic entschieden. Da bekommt man für sein eigenes Exemplar Messprotokolle für 0° und 90°. Man muss nur das Mikro mit der Seriennummern bei Beyerdynamic registrieren und bekommt dann die Messungen.
Hier noch ein interessanter Artikel über die Serienstreuung einiger Messmikrofone:
https://tinyurl.com/5cz262r3
@jan1973 Ja, das stimmt. Das ist bei vielen der günstigen Messmikrofone so. Allerdings sollte man hier beachten, für welchen Anwendungsbereich die Mikrofone genutzt werden. Es geht hier nicht um die Messung von Lautsprechern im reflexionsarmen Raum oder um Messungen, die bestimmte Normen einhalten müssen. Möchte man sich einfach einen visuellen Eindruck vom Geschehen im Raum machen, reichen diese günstigen Mikrofone vollkommen aus. Die Unterschiede sind marginal.
Sollen solche Messungen allerdings für Dokumentationszwecke bei Konzerten (Pegel usw.) verwendet werden, muss ohnehin ein dafür qualifiziertes Messmikrofon her. Die sind dann aber auch wesentlich teurer.