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Vintage Analog: Crumar Spirit, Analogsynthesizer (1983)

Top-Analog-Sound, einfache Verarbeitung

15. Juli 2023

Crumar Spirit von 1983 in der Ausführung mit hellem Holzgehäuse

Nachdem Crumar vor Kurzem eine Neuauflage des Crumar Spirit angekündigt hat (siehe News), möchten wir euch das Original von 1983 vorstellen. Viel Spaß damit:

Die Geschichte des Crumar Spirit

Der Crumar Spirit ist ein – zugegeben – eher seltenes Instrument. Doch gar nicht sooo rar, wie man vermuten würde. Und trotzdem erreichen die Gebrauchtmarktpreise gerade schwindelerregende Höhen und tendieren nun deutlich über 2.000 Euro für ein gut erhaltenes Exemplar.
Davon abgesehen findet man den Minimoog-ähnlichen Italiener immer wieder auf dem Gebrauchtmarkt. Man muss nur etwas Geduld haben, sofern man überhaupt auf der Suche ist. Und ob sich das nun lohnt, das gilt es zu beleuchten …

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Crumar hat sich in den 70er-Jahren einen bedeutenden Namen in der Szene der elektronischen Tasteninstrumente gemacht. In atemberaubendem Tempo warf die Orgel- und Multikeyboard- bzw. E-Piano-Schmiede mit Niederlassungen in Italien und in den USA Instrumente auf den Markt. Sei es nun Multiman, Organizer T1, Performer, Trilogy, Roadrunner oder eben der hier vorgestellte Spirit – das Produktangebot war vielfältig.

Nicht immer waren die Instrumente schrecklich innovativ. Manche Crumar Orgel diente in Musikerkreisen als preiswerter Hammond Ersatz und manches Crumar E-Piano wurde wohl seines günstigen Anschaffungspreises denn seiner besonderen Ausstattung gewählt. Wie auch immer, unter Musikern erfreuten sich Crumar Instrumente zumindest einer beachtlichen Popularität.
Anfang der 80er-Jahre zeichnete sich ein Ende der Ära des Heimorgel- bzw. Multikeyboard-Zeitalters deutlich ab und Crumar war zwangsläufig an neuen Marktnischen interessiert. Obwohl der Schritt Richtung professionelle Synthesizer abzusehen war, stellte die Einführung des monophonen, analogen Crumar Spirit 1983 eine äußerst mutige Entscheidung dar. Natürlich war dieses Konzept – in seiner grundlegenden Idee – schon längst am Zenit der Zeit vorbei. Wo polyphone Synthesizer – zunächst sehr teuer, um 1983 teils aber bereits äußerst erschwinglich – den Markt dominierten und MIDI an der Schwelle zum Siegeszug stand, war ein monophones Synthesizer-Konzept mit CV/GATE-Verbindung keinesfalls Garant für großen Erfolg.

Der Crumar Spirit, ein Synthesizer von Bob Moog

Der Minimoog-Erfinder Bob Moog höchstpersönlich hat am Konzept des Crumar Spirit mitgearbeitet. Allerdings nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit Jim Scott & Tom Rhea.
Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass der Sound des kleinen Monophonen wirklich exzellent ist. Auch die Größe des Spirit ist fast der des Minimoog entsprechend, Breite exakt gleich, die Tiefe fast ebenso. Ließe sich das Panel des Spirit nun hochklappen, so hätte man in natura ja schon fast einen neuen Minimoog. Statt der zwei klassischen Wheels nun eben drei und mit erheblich leistungsfähigerem Filter. Doch die Realität war 1983 natürlich eine andere, der Erfolg des Spirit keinesfalls ein Ruhmesblatt. Wieviele Instrumente hergestellt wurden, ist nicht ganz klar, ca. 250 auf jeden Fall.

Der Crumar Spirit mit dunklem Holzgehäuse

Das Konzept des Analogsynthesizers

Das Gute am Spirit ist sein wunderbares Konzept. Zwei hervorragende VCOs, zwei leistungsstarke Filter, äußerst umfassende Modulationsmöglichkeiten und ein eingebauter Arpeggiator – um einige Highlights zu nennen. Das Böse ist nun die Hardware des Instruments. Klapperkiste pur, um es mal etwas übertrieben zu sagen. Klapprige Tastatur, wackelige Potis, ungenau arbeitende Fader. Einzig die großen, grauen Kippschalter scheinen wirklich zuverlässig und solide. Damit stellt sich also Grundfrage Nummer 1: Kann man bei exzellentem Sound mit äußerst mittelmäßiger Hardware leben? Schließlich hat die Freude am Instrument und damit an der Musik auch mit dem Spielgefühl zu tun, das im Idealfall von “Zuverlässigkeit” und “Alles ok” geprägt wird. Natürlich machen sich wackelige Potis auch technisch bemerkbar, z. B. durch störende Signalführung oder eben Kratz- oder Rauschgeräusche. Als kleiner Trost sei gesagt, dass sich das zumindest einigermaßen in Grenzen hält. Ein Komplett-Service eines Crumar Spirit wäre dennoch jedem Besitzer anzuraten.

Die Anschlüsse des Crumar Spirit

Der Crumar Spirit verfügt über ein ganzes Arsenal an Anschlüssen:

  • EXTERNAL AUDIO IN
  • ADSR/MIX AUDIO OUT
  • SHAPED AUDIO OUT
  • FILTER PEDAL
  • OSC. B PEDAL
  • KEYBOARD GATE OUT
  • KEYBOARD PITCH IN
  • EXTERNAL PITCH IN
  • EXTERNAL GATE IN

Eine MIDI-Schnittstelle war vorgesehen, aber nicht von Werk aus implementiert. Die Aussparung für die MIDI-Buchsen ist im Gehäuse aber bereits vorhanden.

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VCO, Filter und Modulation

Die beiden VCOs bieten Dreieck, Sägezahn und Rechteck in vierfacher (!) Ausführung. Beide Oszillatoren lassen sich synchronisieren, wobei VCO2 noch in der Oktavlage individuell zu verändern ist. Hier bietet er zudem die Einstellungen BASS (= LFO) und WIDE, was den Wirkungsgrad des zweiten Oszillators wirklich beachtlich steigert.

Das Filter ist in zweifacher Ausführung vorhanden und kann wahlweise mit 12 dB oder 24 dB genutzt werden. Insgesamt beginnt hier schon die Komplexität des Spirit deutlich zu werden, denn wirklich leicht zu durchblicken ist die exakte Funktionsweise der Filterschaltungen nicht. Dennoch, einige Dinge sind bestens vertraut: So gibt es etwa vier Filter-Modi – OUT (=LP), OVERDRIVE, BANDPASS und HIGHPASS. An das Bandpass ist eine (alternativ) niedrigere Resonanz und/oder eine (ebenso alternative) FORMANT Einstellung gekoppelt. Natürlich ist ein eigener ADSR-Hüllkurvengenerator vorhanden, der positiv oder invers verlaufend das Filter modulieren kann.
Die Modulationsecke drückt sich mit den Bezeichnungen MOD X und SHAPER Y aus. Hier findet man zwei LFOs, einen Arpeggiator, Sample/Hold, weiterhin noch “RED” NOISE und OSC B bei den Modulationsquellen.

Controller

Ausgelöst werden Modulationen natürlich klassisch über die Wheels. Davon gibt es eben drei – einmal als Pitchbend und zweimal als Modulationsräder. Das ist ein ganz hervorragendes Feature, denn somit hat man deutlich mehr Möglichkeiten, weil eben zwei unabhängige Modulationsstränge vorhanden sind. MOD X kann nun auf die VCOs (einzeln oder im Paar), auf die RWM (=RectangularWithModulation, also PWM) bzw. auf das/die Filter wirken. SHAPER Y kann (fast) dasselbe noch einmal, bietet darüber hinaus aber die Möglichkeit der LFO-Speed-Modulation.
Besonderheiten der Signalführung

Schließlich gibt es noch zwei völlig unabhängige Signalpfade. SHAPER Y PATH greift den modulierten Signalweg ab, während FILTER/ADSR PATH das direkte Signal regelt. Bei erstem Pfad sei noch ein Ringmodulator zu erwähnen, der hier ebenso wie eine globale Filterfrequenz-Steuerung (BRIGHTNESS) Platz gefunden hat.

Wenngleich die Klangbausteine bzw. Sektionen des Spirit nur auszugsweise beschrieben wurden, lässt sich klar erkennen, dass der kleine Crumar in der Tat ein leistungsstarker – wenn nicht sogar “der” leistungsstärkste – aller monophonen Vintage-Synthesizer ist. Ähnlich umfassend ist höchstens noch der OSCar und eventuell der Synton Syrinx zu nennen. Zum OSCar gibt es übrigens eine beeindruckende Parallele: Der Spirit vermag die abgefahrenen Filterklänge des Engländers ohne große Mühe nachzumachen. Einzig der (tatsächlich vorhandene) “Gummi-Anteil” im Sound fehlt etwas.

Der Klang des Crumar Spirit

Damit also zur Musik. Für brave Lead- und einfache Bass-Sounds ist der Spirit eigentlich zu schade. Er schafft diese natürlich mit Bravour, denn er kann, kurz gesagt, so gut wie alles. Mit derart umfangreichen Modulationsmöglichkeiten und solch leistungsstarkem VCO2 bzw. doppeltem Filter und Ringmodulator bleibt keine Tür verschlossen. Aus dieser Sicht ist er vorzugsweise für die experimentelle Ecke empfehlenswert. Hier punktet der Spirit ganz und gar und lässt so gut wie alle Konkurrenten links liegen.

Weiter sind natürlich die unglaublich vielschichtigen Filtersounds eine echte Besonderheit. Bei so gut wie keinem anderen Monophonen findet man derart vielseitige, nuancierte Filtermöglichkeiten. Kann durchaus sein, dass man dabei nicht immer Herr des eigenen Überblicks ist (wie eben generell am Spirit), aber klanglich ist die Welt immer voller Überraschungen und nie enden wollender Abwechslung. Das trifft auch auf die ModX- bzw. ShaperY-Ecke zu. Einzig muss man sich eben mal die Mühe machen, den Spirit wirklich völlig zu durchschauen. Crumar hat natürlich mit diversen abstrusen Begriffen, eben RED Noise und dergleichen, nicht zur Übersichtlichkeit beigetragen. Aber darin liegt wohl auch ein willkommener Charakterzug der experimentellen Klangforschung (womit wir das etwas chaotisch wirkende Panel nun in einem vorzugsweise positiven Licht präsentieren).

Der original Crumar Spirit on YouTube

Und hier nun wie übliche zwei aussagekräftiges YouTube-Videos:

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Und noch eine Danksagung:
Die tollen Artikel zu diesem Blue Box Report haben wir wieder einmal von RLmusic aus England bekommen. Thank you Richard!!!

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Fazit

Kurz und gut, die Attraktivität des Crumar Spirit nicht von der Hand zu weisen. Die anstehende Jubiläums-Ausgabe des Klassikers dürfte interessant werden. Preislich wird sich die Neuausgabe dann aber wohl eher an betuchte Sammler richten. Alternativen am Markt gibt es inzwischen ja genügend.

Allerdings gibt es aber Konzepte vergangener Epochen, die man heute klanglich nur schwer reproduzieren kann. Und wer eben diese herrlichen Bandpass-, Highpass- oder Overdrive-Sounds des Spirit schätzt, der wird um das Original oder die Neuausgabe nicht herumkommen.

Leider muss man beim Original von 1983 mit der mittelmäßigen Hardware leben, die aber mit 150% Klang wieder aufgewertet wird. Hier hoffen wir bei der Jubiläumsversion auf eine deutliche Aufwertung.

Durch die umfassenden Anschlüsse und die damit problemlose Einbindung ins Setup stellt der Spirit ein echtes Arbeitstier und Beinahe-Modularsystem dar, das sich Soundtüftler und Klangexoten nicht entgehen lassen sollten.

Plus

  • sehr guter Sound

Minus

  • schlechte Hardware
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Everpure AHU

    Das klingt wirklich spannend. Als moderne Alternative fällt mir da spontan nur der Pro 2 von Dave Smith ein, den es mittlerweile auch nur noch gebraucht zu kaufen gibt. Modern Vintage… ;)

    • Profilbild
      Flowwater AHU

      @Everpure Schön dass Du den »Pro 2« erwähnst. Da geht mir immer wieder das Herz auf. 🙂

      Ich glaube, inzwischen gibt es sogar so einige weitere moderne Alternativen:

      — DSI »Pro 3« (obwohl ich den »Pro 2« lieber mag, weswegen der hier auch neben mir steht)
      — Moog »Subsequent 37«
      — Moog »Subsequent 25«
      — Behringer »Poly D«
      — Behringer »MonoPoly«

      Wenn wir die Tastatur weglassen, dann gibt es sogar richtig viele Soundmodule, die in Frage kämen. 😁

      • Profilbild
        Everpure AHU

        @Flowwater Alternativen gibt es einige. :) Mir ist der Pro 2 sofort eingefallen, weil ich auch einen hier stehen habe, den ich praktisch in jedem Track benutze. Aber vor allem wegen der irren Modulationsmöglichkeiten im Pro 2. Da können die Moogs in der Preisklasse nicht wirklich mithalten. Ist natürlich aber auch ein anderer Sound und damit eine andere Anwendung.

  2. Profilbild
    Stratosphere AHU

    Klanglich überzeugender Synthesizer, der mir bisher entgangen ist.
    Insbesondere die vielfältigen Möglichkeiten in Echtzeit zu modulieren sprechen mich sehr an.
    Daher bin ich mal gespannt auf die angekündigte Reinkarnation.

  3. Profilbild
    anselm

    2000€? Wann, wo? Der letzte, den ich gesehen habe, lag bei 4500 GBP (Britische Pfund), wenn ich mich richtig erinnere.
    Und jemand bot seinen zum Tausch an gegen entweder original Oberheim Two Voice (nicht die Neuauflage) oder Roland SH-5.

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