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Blue Box: Crumar Trilogy Ensemble-Synthesizer

Starker Filtersound, schwache Strings

19. Juli 2008

Der Crumar Trilogy von 1983

Heute gibt es einen Spruch aus dem Küchenkalender – kostenlos: Im Leben benötigt man viel Geduld!!! aber auch im Studio (mit sich auf unerklärliche Weise von selbst verknotenden Kabeln), und natürlich ganz speziell mit CRUMAR.

Doch selbst bei CRUMAR gibt es Abstufungen. Jene, die einen Crumar DS-2 Synthesizer ihr eigen nennen, benötigen viel Geduld und vor allem auch Nerven wie Drahtseile. Immerhin funktionieren grob geschätzt 8 von 10 dieser Synthesizer grundsätzlich nur teilweise oder so gut wie gar nicht. Besitzer eines Crumar Spirit benötigen viel Geduld und vor allem viel Zeit, um die beinahe intriganten Verschachtelungen rund um Mod X und Mod Y in irgend einer Weise zu durchschauen. All jene mit einem Crumar Trilogy schließlich benötigen neben Geduld vor allem viel Fantasie und den unerschütterlichen Glauben, dass dieses Instrument auch tatsächlich ein vollwertiger Synthesizer ist (was ja, genau genommen, nur teilweise stimmt).

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Der Crumar Trilogy kam 1983 auf den Markt und  hat gewiß schon manche Musiker (vorzugsweise jene mit wenig Geduld) in den Wahnsinn getrieben. Stept man durch die (sieben) Werkspresets, so wird man einer mageren und zuweilen geradezu fragilen Klangschwäche hörig, die keinesfalls zum styligen Aussehen des durchaus geschmackvoll gestalteten Synthesizers passt. Um jedoch an dieser Stelle Vorurteile zu vermeiden, möchte ich ein kleines Gesamt-Resumée einwerfen: Der Crumar Trilogy hat – neben dem Sequential Prophet-5, dem ARP-2600 und einigen Moog Synthesizern (wie etwa dem Multimoog) – eines der schönsten Filter (bzw. eine der schönsten Filter-Resonanzen, um genau zu sein) aller Zeiten. Weiters gibt es noch einige zusätzliche Besonderheiten, die im Trilogy einmalig und für die gesamte Synthesizer-Historie einzigartig sind.

Dieses Statement scheint mir nicht ganz unwesentlich (und lohnt ein Weiterlesen des Berichtes), zumal der Trilogy am Gebrauchtmarkt des öfteren zu attraktiven Preisen ab ca. 300 Euro angeboten wird.

Crumar Trilogy Multikeyboard

Der Crumar Trilogy ist im strengen Sinne gesprochen kein eigenständiger Synthesizer. Er ist ein Multi-Keyboard, eines jener mehrfach-orchestrierten Instrumente also, wie sie um die Wende der 80er Jahre so beliebt waren. Diese Konzepte (von Moog Opus 3 über den Korg Delta, Korg Lambda, Korg Trident, ARP Quadra, Siel Orchestra, Yamaha SK-Serie, Roland Paraphonic RS-505, Roland Saturn 09, etc in allen Größen und Schattierungen erhältlich) sollten übermäßige Keyboard-Burgen vermeiden. Daher weg mit der Hammond und weg mit dem Oberheim OB-X. Hier kommt der Trilogy…

Crumars TRI – LOGY bietet – der Name lässt es stark vermuten – drei Klangeinheiten: Orgel, Strings und Synthesizer. Über einen kleinen Mixer lassen sich die Klangquellen individuell mischen und rückwärts sogar separat abgreifen.

Crumar Trilogy Organ

Die Orgel-Einheit ist puristisch aufgebaut: 4 Schieberegler ermöglichen das Mischen der Fußlagen 16′, 8′, 4′ und 2′. Der Klang ist nicht so schlecht, sollte er doch eine Kirchen(Pfeifen)Orgel imitieren, was ansatzweise gelingt. Eine nette, jedoch sehr simple Beigabe – vielen Dank und weiter geht’s…

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Crumar Trilogy Strings

Ähnliches gilt hier – die Streicher sind relativ einfach aufgebaut. Das stufenlose Mischen von tiefen zu hohen Strings (16′ zu 8′) ist ebenso möglich wie die Einstellung des grundsätzlichen Klangbildes von dunkel nach hell (“Timbre”), sprich: Filter auf und zu. Mit dabei ist eine kleine Hüllkurve, die den groben Klangverlauf bestimmt. Attack und Release erlauben somit zumindest kleine Variationen im streichenden Orchestergraben. Die String-Abteilung ist “ok”, wobei ich persönlich nie ein Fan der Crumar-Streicher war und hier jeden Korg Delta oder Lambda und so manche Roland- oder Yamaha-Stringmachinevorziehen würde. Natürlich ist mir bekannt, dass viele Musiker gerade die Crumar-Strings besonders interessant finden. Also lassen wir jegliche persönliche Wertung als nicht aussagekräftig beiseite und kommen zum dritten Teil des TRILOGY…

Crumar Trilogy Synthesizer

Diese Abteilung nimmt vier Fünftel des Panels ein und ist somit punkto Möglichkeiten klar als die umfassendste Kategorie zu sehen. In der Synth Abteilung verstecken sich einige echte “Knüsperlis” – diverse unschlagbare Features, wie sie nur der Trilogy zu bieten hat. Die Synth Sektion dürfte übrigens vollpolyphon sein (Dank an babo für diesen Hinweis, siehe auch seine Kommentare), was wiederum als echte Besonderheit gesehen werden darf.

Beginnen wir links oben neben der Orgelsektion mit dem Filter.

Filter-Sektion mit Pedal-Switch

Das FILTER ist ein sehr gut klingendes LowPass Filter mit exzellenter Resonanz. Es kann positiv oder negativ von der Hüllkurve moduliert werden, ebenso wie vom LFO (einzustellen jedoch in der LFO-Abteilung). Auch über ein externes Pedal (bzw. natürlich über jede beliebige CV-Spannung) lässt sich die Eckfrequenz beeinflussen, wobei besagte Pedal-Spannung mittels eines Schalters an- bzw. abgeschaltet werden kann. Dies ist ein wunderbares Feature, das so gut wie allen (nicht-modularen) Synthesizern mit Filter CV-Eingang extrem gut zu Gesicht stehen würde.

Gerade beim Pro-One, Elka Synthex, Roland Juno-60, Minimoog und anderen Instrumenten passiert es mir öfters, dass die angeschlossene CV-Quelle zur Filter-Modulation zwischenzeitlich NICHT benötigt wird. Doch einmal angeschlossen, wirkt die CV-Spannung ständig. Gut, bei einem Pedal hieße es: Ganz runter und Spannung weg, doch auch das entspricht ja nicht unbedingt dem “Null-Zustand”. Bei einem Analogsequenzer bleibt die Filterfrequenz für gewöhnlich beim Wert des zuletzt gespielten Steps stehen. Von da weg tönen alle neu angewählten Presets (im Falle des Synthex, oder z.B. auch beim Roland Juno bzw. Roland Jupiter, Oberheim OB-Xa, etc) im Grunde nicht korrekt, da sie die rückseitig zugeführte CV-Spannung berücksichtigen (was im seltensten Fall “zufällig” dem einprogrammierten Wert entspricht). Also hieße das nun: CV-Stecker ziehen und neu einstöpseln, sobald die externe Filtermodulation wieder gewünscht wird. Oder man löst dies über eine kleine Patchbay, die schnelleres Abkoppeln ermöglicht. Wie dem auch sei: Die Lösung des Crumar Trilogy mittels eines auf dem Panel (und zudem noch in richiger Position direkt in der Filterabteilung) befindlichen Pedal ON / OFF Schalters ist genial einfach und ebenso genial praktisch. (Beim Moog Memorymoog gibt es übrigens einen ählichen, sogar noch umfassenderen ‚Pedal-Bereich‘ direkt neben den Displays…).

Die nächste Abteilung des TRILOGY ist ganz und gar dem GLIDE gewidmet. Auch hier gibt es beachtliche Besonderheiten. Glide kann auf Wunsch (nur) auf monophones oder auf polyphones Spiel wirken. “Amount” und “Speed” sprechen für sich, “Direction” ist jedoch wieder ein echtes Leckerli. Es gibt A, B, C und D…

Glide – vielfältige Möglichkeiten

  • A – OSC1/2 werden von unten angeschliffen
  • B – OSC1/2 werden von oben angeschliffen
  • C – OSC1 wird von unten angeschliffen während OSC2 gleich bleibt
  • D – OSC1 wird von oben angeschliffen während OSC2 gleich bleibt

Diese Wahlmöglichkeiten ergeben eine sehr attraktive musikalische Spielwiese. Gerade bei Brass- oder String-ähnlichen Einstellungen ist es schön, wenn z.B. der erste VCO im Detuning beginnt und sich erst langsam zum (fast) schwebungsfreien Gleichwert von VCO2 gesellt. Mit “Amount” legt man demnach fest, wie weit die VCOs zu Beginn (Tastendruck, Auslösen der Envelope) auseinander liegen (Autoglide von bis zu einer Oktave ist ohne weiteres möglich, so fern mein Gedächtnis hier nicht nachlässt), und “Speed” legt fest, in welchem Zeitrahmen die VCOs zueinander finden bzw. wann sie wieder den Gleichstand erreichen. Klartext: Hiermit sind sehr lebendige Soloklänge möglich. Sound-Empfehlung: Klangbeispiel Nummer 5 (Flächensound mit Glide und stark wechselndem Klangcharakter).

Die OSZILLATOREN können in ihrer Wellenform auf Sägezahn oder Puls festgelegt werden – leider gemeinsam und nicht separat. Dennoch hat Crumar auch hier ein schönes Extra implementiert: Die Wellenform „Mix“ stellt eine Mischung aus Sägezahn und Pulswelle dar. Noch interessanter ist jedoch das Feature der alternierenden Wellenform. Ist dieses Poti auf ON gestellt, wechseln Sägezahn und Puls mit jeder Taste ab. Im Prinzip wäre es also so, als würde man an einem Oberheim Two-Voice SEM1 mit Saw, SEM2 mit Pulse einstellen, und beide Module abwechselnd antriggern.

Besonderheit: Alternierende Wellenformen

Punkto Soli ist die Möglichkeit der wechselnden Wellenform ganz hervorragend einzusetzen. Wiederholt man z.B. ein aufsteigendes Riff mit 5 Tönen (ungerade Zahlen sind hier von Vorteil), so kommt beim Spitzenton abwechselnd die Sägezahnwelle und beim nächsten Mal die Pulswelle zum Einsatz. In den angefügten Klangbeispielen wurde von dieser Funktion vielfach Gebrauch gemacht…

Es kommt sogar noch ein kleines Stück besser: Man kann z.B. die Wellenform beider Oszillatoren (es geht ohnehin nur gemeinsam) auf Sägezahn festlegen, über ENABLE dann jedoch die alternierende Wellenform trotzdem “einschalten”. MONO bedeutet, dass kurz gespielte Noten zwischen Sägezahn und Pulswelle wechseln (wenn staccato gespielt, daher wohl der Beriff „Mono“ – nur ein Ton erklingt), gebundene Noten (legato, Noten überschneiden sich) allerdings bei der fest eingestellten Sägezahnwelle bleiben. MULTI ignoriert jegliche Spielweise und wechselt mit jeder neuen Note zwischen Sägezahn und Puls (“Multi” ist demnach „ON“ bzw. der “normale” alternierende Betriebszustand).

Die Oszillator-Sektion

Beide OSC können auch synchronisiert werden – wobei sich die Synchronisation allerdings als (klanglich) sehr schwach erweist.

Unabhängig schwingende (nicht synchronisierte) Oszillatoren bringen naturgemäß Schwebungen mit sich, die beim Trilogy auf exzellente Weise visualisiert werden: Eine eigene LED (“PHASE”) zeigt durch periodisches Aufleuchten den Tonhöhenunterschied von OSC1 und OSC2 an (dieses Feature gab es übrigens schon viele Jahre früher beim Polymoog, und etwa zeitgleich noch bei Oberheims polyphonen OB-Serie). Schwebungen müssen also nicht nur vom Ohr „beurteilt“ werden, sondern lassen sich zusätzlich mittels der optischen Kontrolle sehr nuanciert einstellen.

Beide OSC können (unabhängig von einander) eine Oktave tiefer gesetzt werden, um so eine einfache Orchestrierung (bei zwei unterschiedlichen Fußlagen) zu erzielen. OSC 2 lässt sich zudem +/- einer Quinte verstimmen, um so schöne Quint / Quart / Terzparallelen zu erzeugen.

Die OCTAVE MOD ist ein weiteres, sehr interessantes Detail. Es moduliert die Oszillatoren exakt im Intervall einer Oktave (im LFO-Speed). Auch hier gibt es anbei ein hörenswertes Audiobeispiel…

Sehr umfassend und vor allem teils wieder ungewöhnlich ist auch die LFO- bzw. MODULATION-Abteilung. Der LFO bietet die Wellenformen Puls und Dreieck bei einem angenehmen Speedbereich von sehr langsamen Zyklen bis hin zu sehr schnellen Modulationen (genauere Infos sind nicht verfügbar bzw. scheinen leider im Manual nicht auf). Die Wahl des Modulationszieles kann FM (Oszillatoren), das VCF oder der VCA sein.

LFO-Abteilung des Trilogy

DEPTH regelt natürlich die generelle Modulationstiefe, wobei es hier noch ein paar Zusätze gibt. DELAY wäre als zeitliche Verzögerung des Modulationseinsatzes allgemein noch bekannt, doch SLOPE ist sicher wieder ein Trilogy-Unikat. Es steigert die Modulationen im angewählten Regelwert von Null zu der mittels DEPTH festgelegten endgültigen Modulationstiefe. Dabei ist es gerade die Kombination von DELAY und SLOPE, die wunderbar natürliche Modulationen bzw. Einschwingvorgänge erlaubt. Zum Einen setzt die Modulation mittels DELAY leicht verzögert ein, doch selbst dann “springt” sie nicht ins klangliche Geschehen (wie bei fast allen üblichen LFO-Konzepten mit Delay), sondern baut sich zum Anderen erst in Rahmen der mittels SLOPE festgelegten Zeit langsam von Null zu ihrer gewünschten Modulationstiefe auf. Es ist also so, als würde man zugleich mit dem Einsetzen der Modulation langsam den DEPTH-Regler von Null weg aufdrehen. Dies geschieht dank SLOPE jedoch automatisch, noch dazu in einem beliebig festlegbarem Zeitrahmen.

Verfeinerte und natürliche Einschwingverhalten leicht gemacht …

Abschließend noch ein Wort zur HÜLLKURVE. Dieselbe ist links (!) im Controller-Bereich zwischen der Tastatur und dem sehr schönen Joystick positioniert. Anfangs war ich mir über die gelungene (oder mißlungene?) Platzwahl der ADSR Envelope nicht so recht sicher, doch sehr schnell hat sich gezeigt, dass dieser Platz für eine Envelope an sich genial gewählt ist. Immerhin stellt die Hüllkurve ja, neben den Oszillatoren und dem Filter, DAS Klangformungsmodul Nummer 1 dar. Umso schöner also, wenn die Hüllkurve (mit ausreichend Platz zu allen Seiten) mittels guter – und großzügig dimensionierter – Fader sehr leicht bedienbar direkt neben der Tastatur angesiedelt ist. So lässt sich in einer flinken Bewegung zwischen zwei Joystick-Aktionen z.B. schnell die Attack- oder Decay-Zeit anpassen (ohne nennenswerten Zeitverlust in der Performance).

Spielhilfen

Der soeben genannte Joystick ist ausgezeichnet. Er erlaubt die Steuerung der Tonhöhe (Pitchbend rechts / links = höher / tiefer) sowie die Steuerung der Modulationstiefe des LFO auf VCF (Pitchbend vor) oder VCA (Pitchbend zurück). Dies ist nun insofern wichtig, als man die Modulationsziele individuell verteilen kann. In der großzügigen LFO-Abteilung kann man (kurze Rückbesinnung) zwischen FM der Oszillatoren sowie der Modulation von VCF und VCA (samt aller ausgeklügelten Delay-, Slope-, Amount-Einstellungen) wählen. Davon unabhängig kann man nun VCF oder VCA mit dem Joystick separat (oder je nach Einstellung zusätzlich verstärkt) modulieren, und dies Dank des beweglichen Controllers sogar wesentlich kreativer bzw. unmittelbarer. Zusammen mit der genialen Filter(selbst)resonanz ist die Joystick/LFO-Kombination ein beinahe unerschöpfliches Feld für eigenständige, sehr organische Modulationsgebilde.

Eleganter Joystick nebst der Envelope …

Anschlüsse

Jede der Klangsektionen – ORGAN, POLYSYNTH und STRING – hat ihren separaten Audio-Ausgang. Mittels Switch-Pedal lassen sich RELEASE und SYNC(hronisation) an/abschalten, und der obligate VCF-CV-Eingang ist natürlich ein hervorragende Erweiterung der klanglichen Möglichkeiten. Schließlich gibt es noch ein gesamtes SIGNAL OUT (Summen-Signal) sowie TM-INPUT (wobei hier italienische Verwirrungs-Terminologie ins Spiel kommt. Signal-Out und TM-Input sind für die Verwendung mit Crumars / Steiner-Parkers ultra-seltenem Breath Controller-Interface “Masters Touch” vorgesehen, wobei mit großer Wahrscheinlichkeit fast alle Trilogy-Besitzer diesen Umstand ignorieren und besagte Signal-Out-Buchse einfach als Master-Ausgang verwenden dürften).

Anschlüsse des Trilogy, Beschriftung der Buchse rechts unten: VCF

Was also klar fehlt ist eine Steuerung mittels CV/Gate. Doch das ist im Falle Trilogy weniger dramatisch als es zunächst aussieht. Man höre sich vorzugsweise die MIX-Klangbeispiele an – alle Soundfiles sind “live” eingespielt, und obwohl der Crumar keine direkte zeitliche Steuerung anbietet, ist alles “in time”. Das (nicht so große) Geheimnis lautet VCF CV-Input. Wenn die Filter-Eckfrequenz exakt im Timing der Musik verändert wird, ist es nur eine einfache Sache von Akkord- bzw. Einzelnoten-Drücken, und schon passt sich das Gespielte problemlos den anderen Synthesizern / Sequenzen im Verbund an. Zwar ist eine grundlegende Sicherheit auf der Tastatur gewiß notwendig, doch davon abgesehen hat man mit der exakten (rhythmischen) Steuerung der Filterfrequenz schon die halbe Miete bezahlt. Und gerade die herrliche Filterresonanz (mit ihrem gesamten Spektrum der sauber abgestuften Ober-/Naturtöne) ist es unbedingt wert ins auditive Geschehen eingebracht zu werden.

Aufgeräumtes Innenleben …

Musikalische Aspekte

Ich schätze, dass nur wenige Musiker ihren Crumar Trilogy als “heißes Eisen” einstufen und noch weniger Künstler ihn gar als “unverzichtbar” im Studio betrachten. Fehlende CV/Gate-Anschlüsse spielen dabei sicher eine Rolle. Die 7 Werkspresets (Nummer 2 bis 8, Nummer 1 = Panel) sind auch wenig inspirierend und tragen nur vereinzelt zur musikalischen Erquickung bei. Schließlich wäre es dann noch absolut fatal, wenn man sich zu sehr auf die String- oder Orgel-Sektion festlegt. Die freie Programmierung der Synth-Abteilung ist letztlich erst der Schlüssel zum “kreativen” Trilogy. Umfassendste Glide-Möglichkeiten, Oktave-Modulation der Oszillatoren, alternierende OSC-Wellenformen mit jedem neuen Tastendruck, eine sehr ausgiebige LFO-Abteilung und der großzügige Joystick… die angebotenen Werkzeuge sind bei genauerer Betrachtung durchaus beachtlich.

Crumar Trilogy – ein kultiges und durchaus ernstzunehmendes Instrument

Der Trilogy ist kein Oberheim, Moog, ARP, Sequential, Yamaha, Korg, Roland etc. Er kann beängstigend dünn und flach tönen, doch mit etwas Geduld – wir sind damit wieder bei der Einleitung – auch sehr lebendig, sogar sehr warm klingen. Die (Selbst)Resonanz des Filters ist genial schön (übrigens kommt beim Trilogy ein ganzes Schwadron an CEM-Chips zum Einsatz), und die alternierenden Wellenformen (selbst wenn es nur zwei sind) sorgen für ungewöhnliche, interessante Soli.

Der Crumar Trilogy on YouTube

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Mehr Informationen

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Fazit

Crumars Trilogy wurde seinerzeit ab 1982 (einige Quellen sprechen auch von 1981 und 1983, wir wählen die Mitte) in relativ geringen Stückzahlen verkauft. Einerseits war sicher der Zeitpunkt – die Schwelle zum digitalen Zeitalter – an diesem Umstand beteiligt, andererseits jedoch gewiß auch der extrem hohe Preis des Trilogy. Immerhin kostete das Instrument, welches bis 1984 hergestellt wurde, beinahe soviel wie ein Roland Juno-60! (Quelle: Colbeck, Julian – Keyfax Omnibus Edition, 1996). Da es sich nicht einmal um einen reinen Synthesizer, sondern um ein Multi-Keyboard handelte, und weder die Orgel- noch die Streicher-Sounds des Crumar wirklich bahnbrechend waren, blieb der Trilogy selbstredend chancenlos gegen Konkurrenzprodukte (und vor allem gegen „echte Synthesizer“) aus dem Hause Roland, Korg, Oberheim, etc.

Doch EIN sehr positiver Aspekt ist aus heutiger Sicht mit dem beachtlichen Originalpreis verbunden. Der Trilogy ist – für Crumar’sche Verhältnisse – ausgesprochen hochwertig verarbeitet. Die Tastatur ist angenehm spielbar (entspricht jener des Elka Synthex), der Joystick ist von guter Qualität, die Fader und Potis sind solide (wenn auch zuweilen etwas leichtgängig). Einmal geöffnet, entpuppt sich das Innenleben als ebenso sauber verarbeitet und übersichtlich aufgebaut wie das Äußere. Die Holzseitenteile (edles Massivholz!) sind wunderschön, wie auch das grau-schwarze (an den Oberheim OB-X erinnernde) Bedienpanel.

Da viele Musiker die Besonderheiten und Stärken des Trilogy nach wie vor als entweder „nicht relevant“ oder zumindest “entbehrlich” betrachten dürften, gibt es dieses Instrument am Gebrauchtmarkt zu günstigen Preisen ab 300 bis 500 Euro (wobei der Zustand der heute noch erhaltenen Trilogys sehr stark variiert). Die Suche nach einem möglichst gut erhaltenen Instrument lohnt sich aus meiner Sicht allemal. Vorausgesetzt man kann die fehlende CV/Gate-Verbindung durch zumindest grundlegende Spielkenntnisse ausgleichen, und vorausgesetzt man findet Gefallen an der Filterresonanz, die – meiner Meinung nach – zu den absoluten Stärken des Crumar Trilogy und zu den schönsten Klängen der Synthesizergeschichte zählt.

 

Plus

  • Schöner Filterklang
  • Eigenständige Synthesizer-Sounds

Minus

  • Kein CV/Gate oder Midi
  • Schwache Strings
  • Mäßig gute Organs
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Dreitagebart

    Ich empfand dieses Ding damals als total käsig und dünn klingend und verstehe nicht, warum das jemals jemand gekauft hat. Auch in dieser Preisklasse gab es zum Zeitpunkt seines Erscheinens schon wesentlich besser klingende Instrumente.

  2. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Diese Vintage Blue box Serie gefällt mir sehr gut. Besonders angetan hat es mir hier das Klangbeispiel 5, wie bekommt man diese mystischen Akkorde im zweiten Teil hin ? Sind das Layer mit extrem Schwebungen ?

    • Profilbild
      a.jungkunst AHU

      Neben dem speziellen GLIDE dürfte hauptsächlich ein Delay zu diesem "mystischen" Wirken beitragen. Letztendlich wird auch da nur mit Wasser gekocht :-)
      Es klingt aber gut, ich mag diese Klänge auch gern.

      • Profilbild
        Bloderer AHU

        @a.jungkunst Axel hat natürlich recht. Delay ist hier ein wichtiger Faktor. Ich denke auch, dass gerade die analogen Instrumente sehr wohl für den Einsatz mit Effekten (vorzugsweise Bandechos) gedacht waren. Dennoch muß der Basisklang eine bestimmte Qualität haben, sonst greifen die Effekte ins Leere. Beim Hörbsp. Nr. 5 kommt Glide Mode C des Trilogy vor. Man kann gut hören, wie ein OSC gleich bleibt, und der andere über einen Zeitraum von 2-3 Sekunden von unten her über Glide 'angeschliffen' wird. Das macht das Klangbild ungewöhnlich und interessant. Mittels Delay wird dieser Eindruck noch verstärkt bzw. erhält so mehr Räumlichkeit.

  3. Avatar
    AMAZONA Archiv

    wie immer schöner beitrag. zu ergänzen wäre noch das die synthabteilung vollpolyphon ist, und pro filter/amp-card von allen
    oktaven je zwei halbtöne (tasten)
    geschickt werden, was zu lustigen
    neu-trigger efekten führen kann. man hält einen akkord, und spielt
    achtel auf dem um zwei oktaven transponierten selbigen akkord.
    bis auf oszis selbe chips wie pro

    • Profilbild
      Bloderer AHU

      Vollpolyphon? Danke, das ist interessant (und wird im Artikel ergänzt). Es gibt allgemein viel zu wenig (und zu wenig gute) Informationsquellen zum Trilogy. Zu den Chips: Schon der besonderen Bausteine und Ersatzteile wegen lohnt es sich unter Umständen, einen nicht mehr ganz einwandfrei funktionierenden Trilogy (oder Crumar Stratus) zu erwerben. Man kann damit eine ganze Reihe von Analogen mit wertvollen Ersatzteilen versorgen…

  4. Avatar
    AMAZONA Archiv

    selben chips wie im prophet 5 bis auf die
    fehlende zweite hüllkurve und die oszilatoren. sync bedeutet leider nur
    die gleichstimmung der
    oszis, damit man von detuned sounds sofort zurückkommt

  5. Profilbild
    iggy_pop AHU

    Ich meine mich erinnern zu können, daß man die Werkspresets gar nicht als solche zu verwenden braucht, sondern intern auf einem Programmerboard — ähnlich Yamahas Miniaturpanels bei CS60/80 oder GX-1 — Minitrimmer einstellen kann für Filter- und Hüllkurvenwerte. Diese eingestellten Werte lassen sich dann über die sieben Programmtaster abrufen.

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