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Vintage Analog: Elektor Formant Modularsynthesizer (1979)

Renovierung eines 40 Jahre alten DIY-Modular-Synthesizers

20. Mai 2023
Elektor Formant Synthesizer

Elektor Formant Synthesizer

Der Elektor Formant Synthesizer ist zwar nicht unbedingt ein weit verbreiteter Vintage-Synthesizer, aber auch kein unbekanntes Instrument. Um so verwunderlicher ist es, dass es bei Amazona noch keinen dedizierten Artikel über ihn gibt. Dabei wurde er immer wieder in Artikeln erwähnt. Der Zufall wollte es dann, dass sich der Formant quasi hinterrücks im Hause Amazona einschlich. Dazu müssen wir über vierzig Jahre zurück gehen…

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DIY-Modularsynthesizer der ersten Stunde

Die Geschichte beginnt 1979 in einem Reisebus, der 30 Jugendliche von München zu einem Schüleraustausch nach Krakau in Polen fährt. Das Wort Austausch war übrigens hoch gegriffen, denn im Rahmen einer leichten Entspannung nach dem kalten Krieg wurde zwar eine Gruppe aus München nach Polen eingeladen, aber ein Gegenbesuch polnischer Jugendlicher sollte bis zur Perestroika Ende der 80er-Jahre nicht stattfinden. Einer der 30 Münchener Jugendlichen war der Autor dieser Zeilen, eine andere der 30 Jugendlichen war eine junge Dame – wir nennen sie mal Barbara – die zu den Teilnehmerinnen zählte, die ein gewisses Interesse beim Autor weckten. Nach dem Ende der – übrigens wirklich beeindruckenden – Reise trafen sich einige Beteiligte immer mal wieder bei einem oder einer der Teilnehmerinnen der Gruppe zu Hause; was zumindest von meiner Seite auch dazu diente, besagte Interessen zu verfolgen. So kam es, dass wir als Teenagergruppe bei Barbara zu Hause waren. Im Verlauf des Abends stellte sie uns auch ihren Bruder vor (nennen wir ihn Manfred), und meinte nur nebenbei, dass der auch „so elektrische Musik“ mache. Tja, und dann saß ich bald bei Manfred im Zimmer, der nicht nur einen Yamaha CP-70 Flügel besaß, sondern auch einen Elektor Formant Synthesizer selbst gebaut hatte.

Elektor Formant Synthesizer

Genau das hatte ich im Jahr zuvor auch getan. Kein Wunder also, dass ich, frei nach dem Motto „Nerds unter sich“, dann mehr Zeit vor Manfreds Modular-System verbrachte als bei der lustigen Party nebenan. Der Kontakt zu beiden verlor sich irgendwann und das Leben ging anders weiter.

Kaum 42 Jahre später erreichte mich eine E-Mail von Manfred, dass er mich im Netz ausfindig gemacht habe und mich fragen wolle, ob ich Interesse an seinem Elektor Formant Synthesizer habe. Den gäbe es immer noch, aber da er jetzt in einer kleinere Wohnung ziehe, wolle er ihn weggeben. Der Zustand sei allerdings mit „renovierungsbedürftig“ zu umschreiben. Da ich nun meinen Formant auch noch habe und auch sonst ausreichend mit Modularsystemen ausgestattet bin, reichte ich nach ein paar Telefonaten das Angebot an Peter Grandl für AMAZONA.de weiter, mit dem Hinweis, dass ich das gute Stück gerne für ihn renovieren könne. Der Deal zwischen Manfred und AMAZONA.de kam zustande und so stand eines Tages ein zweiter Formant bei mir zu Hause. An dieser Stelle ist es nun an der Zeit, diesen Modularsynthesizer mal genauer vorzustellen.

Elektor Formant Synthesizer

Booster für die Synth-DIY-Szene

Der Elector Formant Synthesizer ist ein modular aufgebauter Synthesizer, der von Cyril Chapman entwickelt worden war und zunächst in einer Artikelserie zwischen 1976 und 1977 in der Elektronik-Zeitschrift Elektor veröffentlicht wurde, später dann auch als komplettes Buch mit den gesammelten Artikeln aus der Zeitschrift. Elektor wurde (und wird) in England, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland in der jeweiligen Landessprache publiziert. Die Artikel in Elektor boten nicht nur die Beschreibung der Schaltungen und die Schaltpläne, sondern auch exakte Pläne für die Platinen und Frontplatten. Wer sich das Belichten und Ätzen der Platinen sparen wollte (und das wollten die meisten), konnte fertige Platinen und Frontplatten direkt beim Verlag kaufen. Man musste sich „nur noch“ die elektronischen Bauteile selbst kaufen. Bald boten verschiedene Firmen komplette Bausätze mit allen Teilen für den Formant Synthesizer an. So ein Formantbausatz kostete etwa 1.250,- D-Mark, wofür man – entsprechendes Lötgeschick vorausgesetzt – im Prinzip einen Synthesizer bekam, der von den Möglichkeiten durchaus an einen dreimal so teuren Minimoog heranzukommen versprach.

Elektor Formant Synthesizer

Der Formant Synthesizer löste insbesondere in Deutschland und Holland eine Boom an Synthesizer-Selbstbauten aus, aus dem heraus sehr schnell ein Szene erwuchs, in der Erweiterungen für den Formant und viele musikelektronische Eigenentwicklungen entstanden. Aus der Menge dieser Erweiterungen entstand drei Jahre später ein zweites Buch „Formant Musik Synthesizer – Erweiterungen“ unter der Ägide des rührigen Innsbruckers Markus F.P. Aicher.
Im Jahr 2000 – Modular-Synths waren dank Eurorack wieder in aller Munde – probierte es der Elektor-Verlag nochmals mit einem Buch: Der Autor Joachim Helmstedt hatte eine Version des Formant Synthesizers entwickelt, die nicht nur einige Schwächen des Original-Systems ausmerzte, sondern auch jede Menge neue Module brachte. Leider enthielt das Buch zu dieser Version viele, vor allem redaktionelle Fehler, die teilweise sogar zu funktionslosen Modulen führen konnten. Dank der Internet-Community wurden aber bald entsprechende Korrekturen bekannt. Der Verlag hat allerdings nie eine korrigierte Auflage des Buches getätigt. Die gesammelten Korrekturen findet man übrigens heute auf der Website von Carsten Tönsmann: http://www.analog-monster.de/corrections.html.

Elektor Formant Synthesizer

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Der Elektor Formant Synthesizer im Überblick

Die Standard-Ausstattung des „Ur-Formants“, wie sie in den Bausätzen angeboten wurde, umfasst ein Keyboard mit CV/Gate-Ausgang, drei VCOs, ein 12 dB/Okt. VCF, ein Dual-VCA, zwei ADSR-Hüllkurven, ein LFO-Modul mit drei LFOs, ein Noise/Random-Modul sowie ein „COM“ genanntes Ausgangsmodul mit dreifach Klangregelung und Ausgangslautstärke. Wenig später reichte Chapman noch ein 24 dB/Okt. VCF nach.
Der Elector Formant Synthesizer arbeitet weitgehend mit einer internen Vorverkabelung, sodass man auch ohne Patch-Kabel einen funktionsfähigen subtraktiven Synthesizer in der Art des Minimoog hat. Nur die LFOs sowie das Noise-Modul müssen per Patch-Kabel eingebunden werden. Die Patch-Verbindungen werden über 3,5 mm Klinkenkabel bewerkstelligt. Zum Zeitpunkt der Entwicklung des Formants waren die kleinen Klinken zwar schon vom ARP 2600 und den Roland Systemen 100 und 100m bekannt, aber bei so großzügig dimensionierten Frontplatten wäre für die mechanisch weitaus zuverlässigeren, großen 6,3 mm Klinken durchaus Platz gewesen. Apropos „Platz“: Mit sechs Höheneinheiten bei den großen Modulen ist der Formant einsame Spitze im Modular-Markt. Nur der „Selector“ von Technosaurus hat ähnliche Dimensionen. Moog, PPG und Co. arbeiten mit 5 HE. Möglicherweise wäre dem Formant Synthesizer noch größerer Erfolg beschieden gewesen, wenn er mit den großen Modular-Marken mechanisch kompatibel gewesen wäre.
Im Folgenden beschreiben wir jetzt erst mal die einzelnen Module. Auf Besonderheiten und Probleme gehe ich dann bei der Beschreibung der Renovierung ein.

Elektor Formant Synthesizer

Formant Synthesizer – VCO

Das VCO-Modul des Formant bietet fünf Schwingungsformen: Sägezahn, Pulsbreiten-modulierbares Rechteck, Dreieck, Sinus und einen „Spaced“-Sägezahn (O-Ton Elektor). Die Tonhöhe des VCOs lässt sich über einen Grobregler und einen Feinregler über den gesamten Frequenzbereich von circa zehn Oktaven kontinuierlich durchstimmen. Einen Oktav-Schalter sucht man vergebens (auch wenn die Beschriftung des entsprechenden Abschnitts auf der Frontplatte genau dies vorgaukelt). Neben der festverdrahteten, aber abschaltbaren Verbindung zum Keyboard gibts es auch einen Eingang für Frequenzmodulation; dieser arbeitet exponentiell. Für die Pulsbreite gibt es einen Regler für die Basiseinstellung und einen für die Modulationstiefe.

Elektor Formant Synthesizer VCO

Anschlüsse und Regler des VCOs – der Schalter links oben ist eine Modifikation

Die fünf Schwingungsformen werden mit Schaltern auf einen gemeinsamen Ausgang auf der Frontplatte geschaltet. Das gleiche Signal wird auch über die interne Festverkabelung an das Filter weitergeleitet; dieses interne Signal kann man mit einem Level-Regler kontrollieren.

Formant Synthesizer – die Filter

Das Standard-VCF des Formant ist ein sogenanntes „State Variable Filter“ mit einer Flankensteilheit von 12 dB/Okt. Grundsätzlich handelt es sich um eine weit verbreitete Schaltung, die zum Beispiel sehr ähnlich auch im Oberheim SEM Modul oder im 703a des Roland System 700 verwendet wurde und wird. Man kann gleichzeitig Ausgänge für Tiefpass, Bandpass und Hochpass auf einen Ausgang schalten. Drehregler gibt es für Filterkennfrequenz, Resonanz, Hüllkurvenintensität, die Modulationstiefe eines externen Steuersignals und den Pegel für ein externes Eingangssignal. Die Keyboard-Steuerung ist wie beim VCO abschaltbar. Und auch das Konzept, zwischen dem intern verkabelten Ausgangssignal mit Pegelregler und dem an einer Buchse abgreifbaren ungeregelten Ausgangssignal zu unterscheiden, findet man beim VCF wieder.

Elektor Formant Synthesizer VCF

Die beiden VCFs des Formant: 12 dB/Okt. links, 24 dB/Okt- rechts

Nicht zur Standard-Ausstattung gehört das 24 dB/Okt. VCF. Die Schaltung des Filters ist etwas speziell. Von der Struktur her erinnert sie an die Filter der Roland SH-Serie ab 1975, allerdings bot die Schaltung die Möglichkeit, zwischen Hochpass und Tiefpass umzuschalten und außerdem gab es einen vierstufigen Drehschalter, mit dem man die Flankensteilheit des Filters zwischen 6, 12, 18 und 24 dB/Okt. umschalten konnte. Der Klang des Filters erinnert schon an die Roland-Filter, ist aber etwas weniger „kontrolliert“.

Formant Synthesizer – VCA

Der Dual-VCA des Formants scheint im ersten Moment eine Besonderheit zu sein, aber tatsächlich findet sich dieses Konstrukt bei sehr vielen Synthesizern. Eigentlich sind es zwei VCAs hintereinander: Der erste VCA ist fest mit der Hüllkurve verdrahtet, der nachfolgende VCA ist für die Amplitudenmodulationen durch einen LFO oder ähnliches gedacht; für diesen VCA gibt es Regler für die Modulationstiefe und für den Offset, also dafür, wieviel Signal grundsätzlich durchgelassen wird. Will man nur die Envelope-Modulation, so muss dieser Offset-Regler auf Maximum stehen, soll etwa Audio-AM gemacht werden, so wird man den Offset-Regler so einstellen, dass die maximal negative Auslenkung des Modulationssignals den VCA gerade so komplett zumacht. Dem intern vorverdrahteten Signal kann man noch ein externes Signal hinzumischen. Wieder finden sich internes und externes Ausgangssignal, aber diesmal ohne Pegelregelung für das interne Signal. Der VCA ist übrigens „AC gekoppelt“, er ist nur für Audiosignale gedacht. Steuerspannungen lassen sich damit nicht kontrollieren.

Elektor Formant Synthesizer ADSR

Formant – Hüllkurven, LFO, Noise, COM

Die Hüllkurven des Formants sind umschaltbar zwischen ADSR- und AD-Modus. Es gibt zwar neben der internen Vorverdrahtung auch einen Ausgang auf der Frontplatte, aber einen Gate-Eingang sucht man vergebens. Die Hüllkurve kann im Original-Zustand nur über das Keyboard ausgelöst werden.

Das LFO-Modul prunkt mit drei unabhängigen LFOs. Zwei davon stellen Dreieck, Rechteck und aufsteigenden Sägezahn zur Verfügung. Der dritte LFO hat aufsteigenden und abfallenden Sägezahn sowie Dreieck. Die Frequenz der LFOs ist, wie damals üblich, eher für gemäßigtes Modulieren ausgelegt. Vibrato oder ausgedehnte Filtersweeps gehen gut mit den LFOs. Für Modulationen im Audiobereich steht ja meist einer der drei VCOs zur Verfügung, bei dem man bei Bedarf die Keyboard-Ansteuerung deaktivieren kann.

Elektor Formant Synthesizer Noise

Das Noise-Modul liefert weißes und rosa Rauschen sowie eine „Random“-Spannung. Letztere ist allerdings einfach ein weiter bedämpftes rosa Rauschen und hat nichts mit den Zufalls-Sample&Hold Steuerungen zu tun, die bei anderen Synthesizern unter der Bezeichnung „Random“ geführt werden.

Das letztes Modul der Standard-Ausführung ist das COM-Modul, welches eine einfache, aber doch nett zupackende Dreibandklangregelung bietet, sowie einen Volume-Regler für das finale Ausgangssignal. Intern werkelt übrigens vor eigentlichen Klangregelung noch ein 12 dB/Okt. Hochpassfilter. Selbiges wurde (O-Ton Elektor von 1977) „aus Rücksicht auf die von der ‚elektronischen Musik‘ insbesondere bei voller Baßanhebung stark strapazierten Tieftöner einer angeschlossenen Lautsprecheranlage vorgesehen“. Niedlich.
Tatsächlich hat das System von AMAZONA.de kein COM-Modul, stattdessen hatte Manfred ein drittes Hüllkurven-Modul eingebaut.

The Keyboard from Hell

Bleibt eigentlich nur das Keyboard zu erwähnen. Zunächst muss man sich klar machen, dass es 1977 noch kein MIDI gab. Man brauchte ein Keyboard, das eine Tonhöhensteuerspannung und ein Gate-Signal liefert. Der Entwurf für ein Drei-Oktaven-Keyboard von Cyril Chapman verwendet damals übliche Schaltungen inklusive eines Portamentoreglers, ergänzte sie aber um einen „FM-Eingang“ und Regler für Grob- und Feinstimmung. Letzere beiden kann man mit einem Schalter deaktiveren. Man kann sich also eine Transponierung voreinstellen und diese dann mit dem Schalter abrufen. Das ist nicht dumm. Der FM-Eingang dient schlicht dazu, um eine modulierende Steuerspannung gleichzeitig auf alle drei VCOs und das Filter geben zu können.

Die Tastenkontakte des Formant Keyboards (Scan aus einem Katalog)

Die feinen Drähte der Tastenkontakte liebten es, sich ineinander zu verhaken – Ausschnitt aus dem ICA-Katalog (Scan: swissdoc)

Das Keyboard wäre eigentlich OK gewesen, hätte Chapman sich nicht für eine Art von vergoldeten Federdrahtkontakten entschieden, welche die unangenehme Eigenschaft haben, sich bei etwas festerem Tastendruck zu verhaken und so Dauertöne auszulösen. Bei den meisten Formant Synthesizern, die mir begegnet sind, haben daher die Erbauer auch recht bald die Keyboardmechanik aufklappbar gestaltet, damit man schnell unter die Klaviatur kommt, um die Kontaktdrähte wieder zu enthakeln. Übrigens hat der Emulator I die gleichen Kontakte verwendet und es gibt ein Video eines Auftritts von Talk Talk, bei dem Simon Brenner mehrfach die Klaviatur seine Emulators hochklappt, um die vermaledeiten Kontakte zu entwirren.

Wiederauferstehung des Formant Synthesizers

Damit wäre nun der Formant in der Form vorgestellt, wie ihn AMAZONA.de bekommen konnte. Das Keyboard hatte der Verkäufer schon im ersten Gespräch auf gut bairisch als „a mühsame Sach“ bezeichnet und da meine Erfahrung damit nicht besser war, beschlossen wir es, nicht in das Projekt für Peter zu übernehmen. In Zeiten von MIDI-Interfaces und Fatar-Klaviaturen gibt es da bessere Lösungen.
Jedenfalls stand das gute Stück nun bei mir im Studio und als erstes ging es mal darum, den aktuellen Zustand zu ergründen. Manfred hatte mir zwar zugesichert, dass das System grundsätzlich funktioniere und hatte es auch zusammen mit Peter schon kurz ausprobiert, doch ich bin da eher der vorsichtige Typ. Also schraubte ich erst mal alle Module heraus, um das Netzteil zu überprüfen (ach ja, ich vergaß es zu erwähnen: Das Netzteil musste der geneigte Lötaspirant auch selbst bauen; ein sicherheitstechnisch durchaus spannendes Unterfangen).

Elektor Formant Synthesizer

Manfreds selbst gebautes Formant-Gehäuse

Als ich die Module herausgenommen hatte, blieb mir erst mal die Spucke weg. Der Bausatz meines eigenen Formants hatte einen 19 Zoll Modulträgerrahmen mit Gewindeleisten enthalten, wie man ihn z. B. auch von den Basis-Systemen von Doepfer kennt. Solchen Luxus hatte Manfred sich nicht geleistet. Er hatte das gesamte mechanische Gerüst aus Holz mit eingefrästen Nuten und darin versenkten L-Profilen aus Aluminium gebaut.

Die Montage-Leisten aus Manfreds Gehäuse mit den hinter die Löcher geklebten Muttern

Die für die Modulbefestigung nötigen Gewinde hatte er nicht etwa ins Aluminium geschnitten, vielmehr hatte er Muttern mit Zweikomponentenkleber hinter die Löcher im Alu geklebt. Das ganze Gehäuse war eine handwerkliche Meisterleistung.

Funktionscheck

Die Überprüfung des Netzteils ergab zunächst, dass dieses elektrisch grundsätzlich in Ordnung war. Allerdings sah ich schon, dass die interne Verkabelung mit dicken Lautsprecherlitzen ausgeführt war und das eine oder andere Kabel direkt an der Lötöse der recht empfindlichen 31-poligen Buchsenleisten abgebrochen war. Ich lötete also erst mal die Drähte wieder fest, beschloss aber gleich, dass die Verkabelung später durch dünnere und flexiblere Litzen ersetzt werden sollte.

Der Kabel-Dschungel muss später weg

Dann setzte ich ein Modul nach dem anderen wieder ein und überprüfte die wesentlichsten Funktionen kurz. Es zeigte sich, dass die meisten Fehler vermutlich simple Kontaktprobleme als Ursache hatten, die Buchsen (und ihre Schaltkontakte) hatten eine ordentliche Oxydschicht drauf, und viele Schalter machten nur Kontakt, wenn man diesen wortwörtlich „mit Nachdruck“ einforderte. 30 Jahre ohne Verwendung gehen an solchen Bauteilen nun mal nicht ohne Alterungserscheinungen vorbei.

Nach 30 Jahren kann eine Buchse schon mal etwas korrodiert sein

Erstaunlicherweise betraf und betrifft das nicht die Potentiometer. Die meisten Regler liefen ohne Ruckeln oder Kratzen, nur einige wenige würden eine Renovierung mit entsprechenden Reinigungsmitteln erfordern. Das einzige Modul, das so partout überhaupt nicht funktionieren wollte war das 24 dB/Okt. Filter. Dort hing eine kleine Platine Huckepack drauf, von der selbst Manfred nicht mehr so richtig wusste, was er damals dazukonstruiert hatte. Nun gut, darum wollte ich mich später kümmern.

Bauteilauswahl

Zunächst galt es also, Baumaterial zu besorgen. Knapp 40 Taster und etwa 30 Buchsen würde ich benötigen. Litze hatte ich von anderen Projekten genug, und was Widerstände, Kondensatoren und Halbleiter betrifft, ist meine Werkstatt für den üblichen Musikelektronik-Bedarf meist gut bevorratet. Bei den Schaltern traf mich zunächst fast der Schlag: Die Kippschalter, die original verbaut waren, kosten heute rund 8 Euro pro Stück, mit Mengen-Rabatt für 50 Stück immer noch 7 Euro 10. Eine äußerlich gleiche Kopie gäbe es von No-name-Anbietern auch für 75 Cent, aber da war mir schon klar, dass das nicht die gleiche Qualität sein konnte. Also nahm ich mal bei einer anderen Elektronik-Bestellung noch je zwei Exemplare von vier mechanisch baugleichen, preislich aber unterschiedlichen Schaltern mit auf die Einkaufsliste. Jeweils eines der Test-Exemplaren nahm ich komplett auseinander, um mir die Konstruktion anzusehen. Den jeweils anderen Schalter setzt ich in eine Testschaltung ein und malträtierte ihn anschließend mechanisch und mit dem Lötkolben. Gerade bei letzteren Versuchen zeigten sich dann die Qualitätsunterschiede: Bei den Billigst-Versionen verbiegen sich die Metallschultern bei seitlicher Belastung gegenüber dem Kunststoffkörper und wenn man die Kupferkontaktfahnen beim Löten etwas heißer werden lässt, lockert sich das Metall im Kunststoff, so dass im Schalterinneren der saubere Kontakt nicht mehr gewährleistet ist. Die anderen drei Schaltervarianten hatten diese Problem nicht. Der teuerste Schalter zeigt seine Qualität vor allem in mechanischen Details: Die Schalterwippe innen ist entgratet und das Schalterinnere ist mit speziellem Elektronik-Schmierfett und zusätzlichen Dichtungen gegen das Eindringen von Feuchtigkeit geschützt. Der grundlegende Schalter-Mechanismus ist aber bei allen Schaltern gleich. Da ich davon ausging, dass ein Modularsynthesizer nicht im Dampfbad betrieben wird, entschied ich mich für eine sauber verarbeitete, wenn auch vermutlich nicht U-Boot-taugliche Version für etwas über 2 Euro. Bei den Buchsen wählte ich aufgrund vorheriger Erfahrungen ein Modell mit einem vergleichsweise breiten, rechteckigen Gehäuse, von dem ich wusste, dass es eher lange Kontaktfedern hat, die nicht so schnell ausleiern können und dass es aufgrund des breiten Gehäuses nicht so leicht durch seitliche Belastung am Stecker aufgehebelt werden kann. Preislich gab es da eh keine allzu großen Unterschiede zu anderen Bauformen.

Neue Stromversorgung

Bis meine Bestellung eintreffen würde, wollte ich mich mit der Verkabelung der Module beschäftigen. Ich entlötete erst mal das Gestrüpp der weißen Lautsprecherlitzen von den 31-poligen Buchsenleisten, in welche die Formant-Module eingesteckt werden. Dann wurden die Buchsenleisten ausgebaut, die Kontakte mit Caig DeOxit D5 gereinigt und wieder eingebaut. Beim Ablöten der Stromversorgungskabel von der Netzteilplatine zeigte sich leider, dass die Elektor-Leiterplatten aus den siebziger Jahren mechanisch nicht unbedingt heutigen Qualitätsmaßstäben entsprechen.

Die Leiterbahnen des Netzteils lösen sich von der Platine ab

Die Kupferbahnen lösen sich schon bei geringer mechanische Belastung vom Basismaterial der Platine. Es gab also die Möglichkeit, entweder die vergleichsweise aufwändige und zudem überdimensionierte Spannungsstabilisator-Schaltung des Formant Synthesizer nachzubauen oder einfach heute übliche Standardbauteile zu verwenden. Da der Verbrauch des zu renovierende Systems sicher nicht die Grenzen der Standard-Stabilisatoren überschreiten würde, baute ich ein simples, aber ausreichendes Netzteil auf Lochrasterplatine auf. „Nebenbei“ wurde allen Netzspannungsanschlüssen am Trafo, an der Netzbuchse, an der Sicherung und am Netzschalter Isolierungen mit Schrumpfschlauch spendiert.

Eine Lochstreifenplatine dient als Verteiler für die Versorgungsspannungen

Der größte Schwachpunkt der Verkabelung des Formants ist das Fehlen eine Busplatine oder von Buskabeln, wie sie heute bei Eurorack üblich sind. Man muss also alle Module direkt am Netzteil anschließen. Auf der originalen Spannungsreglerplatine gibt es dafür pro Spannung fünf Lötpunkte, an die man bitte 12 Kabel oder mehr löten soll. Das kann auf Dauer nicht gutgehen. Ich hatte bei meinem eigenen Format dafür aus Lochstreifen-Leiterplatten eine Verteilerplatine für die Spannungsversorgungskabel eingesetzt. Die gleiche Lösung spendierte ich nun Peters Formant.

Schalter, Buchsen und ein Verlängerungskabel

Nun ging es daran, die Module der Reihe nach auseinanderzunehmen, Buchsen und Schalter zu ersetzen, die Potentiometer wo nötig zu reinigen und dann die Module zu testen. Manfred hatte für die Verkabelung der Buchsen starren, etwas dickeren Klingeldraht gewählt, was mir zunächst nicht so sympathisch ist, aber beim Auseinanderbauen des ersten VCO-Moduls zeigte sich schnell der Vorteil: Schalter und Potis purzeln ohne Frontplatte nicht einfach durch die Gegend, sondern bleiben einigermaßen dort, wo sie sich auch mit der Frontplatte befinden würden.

Der steife Klingeldraht hält die Potentiometer auch ohne Frontplatte an der richtigen Position

Die Frontplatte eines VCOs mit den neuen Schaltern und Buchsen – links liegt noch das Häuflein der Originalbuchsen.

Dazu muss man erwähnen, dass der mechanische Aufbau der Module alles andere als glücklich konzipiert ist. Während bei modernen Eurorack-Modulen Potentiometer und Schalter direkt auf der Platine montiert sind und somit die Platine sich in einer eindeutigen Position zur Frontplatte befinden, soll beim Formant die Leiterplatte irgendwie mit Winkeln an der Front befestigt werden. Die Verbindung der Bauteile auf der Frontplatte müssen dann einzeln mit Lötanschlüssen auf der Platine verkabelt werden. Es sollte sich noch ein weiteres Problem aus diesem Konzept ergeben, aber dazu später.

Als das erste VCO-Modul fertig war, wollte ich es natürlich sofort ausprobieren. Also setzte ich es in die entsprechende Buchsenleiste ein, verkabelte die Stromversorgung und verband auch den Anschluss für die Keyboard-CV mit den entsprechenden Buchsen, die Manfred in einer Sockelfrontplatte seines selbstgebauten Gehäuses eingesetzt hatte. Angesteuert wurde das Ganze der Einfachheit halber mit dem CV-Ausgang eines Roland SH-01a. Und – yippieee – der VCO gab Töne von sich – allerdings nicht wirklich oktavrein.

Ein allererster Test des VCOs mit einem Roland SH-01a als CV/Gate-Keyboard

Alle Schalter für Schwingungsformen funkionierten, wenn auch offensichtlich die Trimmungen der einzelnen Kurvenformkonverter nicht mehr korrekt waren – aber weder Oktavreinheit noch perfektes Pulsbreiten-Trimming waren nach all den Jahren und nach dem Wechsel der Stromversorgung zu erwarten. Also kurz zum Schraubendreher gegriffen, um die Trimmer einzustellen … ähmm, denkste! Ein Modul im eingebauten Zustand zu justieren, erwies sich selbst mit üblen Verrenkungen als äußerst unerquickliche Angelegenheit. Und noch war ja nur ein einziges Modul im ganze Gehäuse. Wie sollte das erst werden, wenn sich das System füllen würde? Also lötete ich mir aus zwei Flachbandkabeln und entsprechenden Buchsen- und Steckerleisten ein Verlängerungskabel, mit dem ich die Module außerhalb des Rahmen betreiben kann.

Mit dem 31-poligen Verlängerungskabel kann ich die Module außerhalb des Gehäuses einjustieren

Aber warum alle 31 Anschlüsse, wenn doch nur sechs Verbindungen benötigt werden? Leider hatte Cyril Chapman sich kein Konzept für eine einheitliche Anschlussbelegung überlegt. Jedes Modul hat seine Versorgungsspannungen an irgendeinem Pin, manchmal sogar an zwei verschiedenen Stellen. Von den Audio-, CV- oder Gate-Leitungen wollen wir gar nicht reden. Einfach mal die Module anders im Rahmen anordnen? Ist beim Formant nicht möglich. Hier wird erst klar, wie wichtig Dieter Döpfers Idee vom Standard-Versorgungsbus für den Erfolg der Eurorack-Modularsysteme war. Natürlich ist so ein Standard bei einem System mit vorverkabelten Signalwegen kniffeliger, aber da hätte es schon Mittel und Wege gegeben.
Damit ist jedenfalls klar, warum meine Anschlussverlängerung alle 31 Pins durchreichen muss. Nur so kann sie mit allen Modulen funktionieren.

VCO Modifikationen – HardSync, lineare FM

Nachdem ich nun auf alle Trimmer problemlos zugreifen konnte, war der erste VCO schnell justiert. Nun durfte die Kür folgen, die Modifikationen. Zwei Modifikationen hatte ich schon vor Jahren den VCOs meines eigenen Formant spendiert: lineare FM sowie einen Hard-Sync-Eingang. Anlässlich der Arbeiten an Peters System wollte ich als dritte Änderung die Modulation des „spiced“ Sägezahn ausprobieren. Sämtliche Modifikationen beschreibe ich auf meiner Webseite. Der Link findet sich am Ende des Artikels.

Für die HardSync-Modifukation wird ein Transitor auf der Lötseite der Platine angelötet; der mittlere, mit Schrumpfschlauch isolierte Anschluss bekommt von der Buchse auf der Frontplatte das Sync-Signal

Für den Hard-Sync-Eingang wird einfach der Transistor gedoppelt, der den zentralen Kondensator des VCOs entlädt und sein Ansteuerungs-Anschluss (die Basis) über einen Widerstand mit einer zusätzlichen Buchse auf der Frontplatte verbunden. Das könnte man theoretisch zwar auch anders lösen, aber die Erfahrung mit meinem eigenen System sagte mir, dass das die robusteste Version ist.

Für die lineare FM wird das Modulationssignal vom Schalter (im dunklen Hintergrund) zum Kondensator und dann über den Widerstand (beide mit Pfeilen markiert) direkt zum Exponentiator-IC geführt

Um den Frequenz-Modulationseingang wahlweise auch für lineare FM verwenden zu können, braucht es einen Schalter auf der Frontplatte, der die Modulationsspannung nach dem Amount-Potentiometer wahlweise auf den bisherigen Steuerungsweg schickt oder eben alternativ über einen Widerstand und einen Kondensator an den entsprechenden Schaltungspunkt hinter dem Exponentiator leitet. Der Kondensator in diesem Steuerpfad verhindert, dass eventuelle Gleichspannunngs-Anteile in der Modulationsspannug die Tonhöhe des modulierten VCOs verschieben.

Die Modulation des „spaced“ Sägezahns ist im Prinzip bereits in der Schaltung des Schwingungsformkonverters angelegt, da hier eine per Trimmer justierbare Schwellwertspannung die „Schmalheit“ des Restsägezahns bestimmt. Man muss also nur eine externe Spannung an diesen Schwellwert-Punkt führen und schon kann man den Spaß modulieren.
Ich verwendete dafür den Eingang für die Pulsbreitenmodulation. Wieder wurde ein Schalter eingebaut, der die Steuerspannung entweder zur Pulsbreitenschaltung schickt, oder eben – neu – an den Punkt im Schwingungsformkonverter führt. Leider ist das klangliche Ergebnis nicht so weltbewegend, wie ich mir das erhofft hatte. Den normalen Sägezahn durch ein Hochpassfilter geschickt, hat den gleichen Effekt und die Justage der Schwingungsform wird sehr ungenau. Ich beschloss also, die Modifikation beim ersten VCO zu belassen (immerhin hatte ich schon das Loch in die Frontplatte gebohrt), aber bei den beiden anderen VCOs würde ich davon absehen.

Nicht alle VCOs sind gleich

Nach diesem ersten schnellen Erfolg dachte ich, die anderen beiden VCOs schnell erledigen zu können. Doch da hatte ich mich geirrt. Das Tauschen von Buchsen und Schaltern war zwar schnell getan, aber Oszillator 2 verweigerte standhaft eine Trimmung der Oktavreinheit. Ich wollte schon an meinen Justage-Fähigkeiten zweifeln, bis mir auffiel, dass das (beheizte) Exponentiator-IC (ein uA726) bei VCO 1 deutlich wärmer wurde als beim zweiten Modul. Also tauschte ich die Bauteile zwischen den beiden Modulen – und siehe da: Das Problem wanderte mit dem IC zum anderen Modul. An dieser Stelle hat nun in weiser Voraussicht ein Deus-ex-Machina-Futurae mich vor 22 Jahren dazu verleitet, einen kleinen Restposten dieser schon damals lange nicht mehr hergestellten ICs zu kaufen. Ich erinnere mich, dass dies einer meiner ersten Käufe bei eBay überhaupt war. Ein einzelnes dieser ICs kostet heute über 100 Euro (1978 zahlte man dafür auch schon stolze 25 D-Mark), und man muss zudem befürchten, dass man gefälschte und funktionslose Gehäusekopien bekommt. Ich hatte damals 6 Euro für pro Stück gezahlt (nein, keine Angst, Peter: Ich stelle dir nicht den heutigen Preis in Rechnung). Sobald ich das alte neue IC eingebaut hatte, funktionierte auch die Einstellung für Oktavreinheit. Erfolgserlebnisse sind was Schönes!

Beim dritten VCO ärgerte mich dann der Schwingungsform-Konverter. Es soll nicht im Detail erzählt werden, aber eine üble Mischung aus korrodierten Bauteil-Fassungen, kaputten ICs und Leiterbahnrissen kosteten mich ein Wochenende, bis ich das VCO komplett funktionsfähig hatte. Die Belohnung kam dann aber, als ich alle drei VCOs in einen Mixer meines A-100-Systems schickte und dann erst mal ordentlich Dampf geben konnte. Dass die beste alle Lebensgefährtinnen an dem Wochenende zu Besuch bei Freunden war, erleichterte dies ungemein.

Hüllkurvenmodifikation

Deutlich einfacher gestaltete sich die Renovierung der 12 dB/Okt. VCFs. Bis auf ein leicht kratzendes Potentiometer funktionierte es einwandfrei. Hier gibt es auch nichts zu modifizieren. Das schörkellose Filter klingt einfach prima. Handanlegen war dann wieder bei den Hüllkurven gefragt. Schalter und Buchsen waren schnell getauscht, aber es gibt zwei Modifikationen, die ich jedem Formant-Besitzer anrate.

Links ein modifiziertes Hüllkurvenmodul, rechts eines im Originalzustand

Zum einen ist die Dimensionierung der Hüllkurvenzeiten deutlich in der Musiktradition der siebziger Jahre verortet – man tat gerne noch einen tiefen Zug am Spliff, während die Hüllkurve dem Maximum entgegeneilte. Wer knackig flotte Decays sucht, ist beim originalen Modul auf die ersten zwei Prozent des entsprechenden Reglers beschränkt. Daher ersetze ich den Kondensator der Hüllkurve durch einen zehnfach kleineren Wert und baue einen Schalter ein, der den originalen „langsameren“ Kondensator optional dazuschaltet.

Der neue, kleine Kondensator der Hüllkurvenschaltung kommt auf die Lötseite der Platine, …

… während der alte „langsamere“ Kondensator auf einer Seite ausgelötet und über zwei Kabel mit dem Schalter auf der Frontplatte verbunden wird.

Eine weiteres Defizit ist – wie schon erwähnt – der fehlende Gate-Eingang auf der Frontplatte. Im Originalzustand kann man die Hüllkurven nur über das externe Keyboard ansteuern. Also gilt es, ein weiteres Loch in die Frontplatte zu bohren, in das eine Miniklinkenbuchse mit Schaltkontakt kommt. Die Gate-Leitung wird mit einem beherzten Schnitt mit einem Teppichmesser direkt hinter der 31-poligen Stiftleiste unterbrochen, dann an den Schaltkontakt der neuen Buchse geführt; der Eingangskontakt der neuen Buchse wiederum wird mit dem ersten Lötpunkt der Gate-Leiterbahn nach der Unterbrechung verbunden.

Die vom 31-Pin-Stecker kommende Gate-Leitung wird mit ein Teppichmesser durchtrennt. Die beiden Leitungen führen …

… zum Eingangs- und zum Schaltkontakt der Gate-Buchse an der Frontplatte unten

VCA mit Fallstrick

Der VCA in Peters Formant funktionierte zwar leidlich, allerdings schlug die Steuerspannung der Hüllkurve als deutlich hörbare „Plopp“ ins Signal durch. Außerdem war ein leichtes konstantes „Durchsingen“ der Eingangssignale zu hören, auch wenn keine Taste gedrückt war. Das Ploppen ist ein bekannter Sachverhalt bei dieser Schaltung und sollte sich eigentlich durch korrektes Justieren der Trimmregler minimieren lassen. Aber nicht so bei diesem Exemplar. Irgendwann gab ich entnervt auf und wandte mich dem „Durchsingen“ zu, das eigentlich auch über einen Offset-Trimmer verhindert werden sollte – nur tat der nicht, was er tun sollte. Mein Verdacht ging in Richtung kaputtes Trimmerpoti; doch als ich selbiges auslötete zeigte sich, dass eine zum Trimmpoti führende Leiterbahn einen Riss hatte. Mit einem Stück Litze wurde der Riss überbrückt und siehe da: Der Offset funktionierte wieder und in der Folge konnte ich auch dem Ploppen ein Ende bereiten.
Da ich den VCA schon mal auf dem Lötplatz vor mir hatte, habe noch die Reihenfolge der beiden VCAs vertauscht. Denn beim Formant kommt der VCA für die Hüllkurve vor dem VCA für die Amplitudenmodulation, was dazu führt, dass man gegebenenfalls eine Amplitudenmodulation als leises „Flabbern“ hört auch wenn eigentlich keine Taste gedrückt ist. Die Modifikation erfordert nur ein Umhängen der beiden Steuerspannung und ist in wenigen Augenblicken erledigt. Man darf nur nicht vergessen, anschließend die Trimmung nochmals zu überprüfen.

Der Crash

Als eine der letzten Aufgaben stand jetzt noch das 24 dB/Okt. VCF an, aber das wollte ich am nächsten Tag machen. Ich schaltete Lötkolben und Oszilloskop an dem zum fahrbaren Arbeitstisch umgebauten Keyboardständer aus, wollte gerade aus dem Zimmer gehen, als mein Schuh sich im Netzkabel des Formant verfing und ich das gesamte Instrument mit der Bewegung des Fußes vom Arbeitstisch riss. Blankes Entsetzen! Das von Manfred sorgsam gebaute Holzrack war aus 1,2 m Höhe auf den Boden geknallt, und … leider geschah kein Wunder: Diverse Ecken des Holzrahmens waren abgesplittert und – noch schlimmer – die Nuten, in denen die Montageschienen für die Module liefen waren ausgebrochen.

Elektor Formant Synthesizer

Unmittelbar nach dem Crash – das vermaledeite Netzkabel liegt daneben

Das Netzteil ist ausgebrochen, im Hintergrund erkennt man den als Arbeitstisch dienenden Keyboardständer

Mir war innerhalb Sekunden klar, dass der gesamte mechanische Aufbau des Formant im Eimer war. Die nächsten Tage überlegte ich noch, ob und wie sich die Sache retten ließe, aber letztlich war klar: Ich muss ein komplett neues Gehäuse bauen.
Nach längerer Recherche entschied ich mich für einen Baugruppenträger der Firma APRA. Diesen Rahmen würde ich dann in ein noch zu bauendes Holzgehäuse einsetzen. Wo und wie ich das Netzteil unterbringen würde, das sich bisher unterhalb des Modul-Bereichs befand, wollte ich später entscheiden.

Norm versus fast-Norm – ein neuer Rahmen

Elektor Formant Synthesizer

Sieht auf den ersten Blick ganz gut aus: die Module im neuen Baugruppenträger

Das Ganze von hinten – noch ohne die Halteschienen für die Buchsenleisten.

Eine Woche später war der Baugruppenträger da. Zusammengeschraubt war er schnell, also musste ich nur die Module mit den Buchsenleisten einbauen. Es folgte „Entsetzen Teil 2“: Die Formantmodule waren zwei Millimeter zu hoch für den Rahmen. Wie konnte das sein? Mein eigener Formant basiert doch auf einem wunderbar passenden Baugruppenträger? Ich maß hin und her und musste letztendlich feststellen, dass der APRA-Rahmen sich an die IEC-Norm hält, nur die Elektor-Frontplatten des Formant tun das nicht. Ein Vergleich eines Doepfer-Moduls mit einem Formant-Modul an meinem System zeigte auch, dass das Doepfer-Modul niedriger ist – das Doepfer-Modul würde wunderbar in den APRA-Rahmen passen.

Ein Doepfer-Modul passt wunderbar ins APRA-Gehäuse, die Formant-Frontplatte leider nicht

Außerdem zeigte sich eine weiteres Problem mit der mechanischen Konstruktion des Formant: Die Leiterplatten entsprechen der sogenannte Euro-Platinen-Norm von 16 cm Länge zwischen der Frontplatte und der rückseitigen Halterung für die Buchsenleisten. Jedoch müssen im Formant die Platinen mit fast 1 cm Abstand zur Frontplatte montiert werden. Anders hätten die von den Potentiometern kommenden Kabel gar keinen Platz. Also passen die Module nicht mehr in den Baugruppenträger.

Der gelbe Doppelpfeil zeigt nach links zum Gewinde in der Aluleiste und nach rechts zum Loch, hinter dem das Gewinde eigentlich sitzen sollte, die Montage mit Winkelblechen verursacht die Differenz

Da ich wohl keine andere Chance hatte, versetzte ich daher die Montage-Löcher sowohl für die Modul-Befestigung als auch für die Halterungen der Buchsenleisten. Banges Hoffen schloß sich an, denn sollte ich mich beim Messen oder Bohren vertan haben, wäre der halbe Rahmen versaut. Aber ich hatte Glück und letztlich konnte ich stolz alle Module in den neuen Baugruppenträger einsetzen.

MIDI-Interface und Netzteil

Jetzt galt es sich zu überlegen, wo das Netzteil untergebracht werden sollte. Im Prinzip hatte Manfreds System in der unteren Reihe ein Modul weniger, allerdings wollte ich hier ein Doepfer MCV-1 einbauen. Doch mit etwas Hin- und Herprobieren fand ich heraus, dass das Netzteil hinter der Interface-Platine Platz finden würde. Also wurden nochmals Löcher für Trafo, Netzteilplatine und Kühlkörper in die Seitenwände gebohrt (ja, dafür durfte ich den ganzen Rahmen noch mal komplett auseinandernehmen) und sämtliche Bestandteile der Stromversorgung dort montiert.
Die Blindplatte, mit der Manfred den nicht genutzten Modulplatz verdeckt hatte, bekam Löcher für die Buchsen und den Learn-Taster des Interfaces.

Mit einem Kegelschälbohrer wurden in die alte Blindplatte von Manfreds System die Löcher für die Buchsen des MCV1 gebohrt, rechts in der Platte die Löcher für die drei LEDs und das Loch für den Netzschalter

Das montierte MIDI-Interface, daneben die kleine Lochrasterplatine für die LEDs. Die LEDs sind über einen Multipinstecker mit dem Netzteil verbunden, damit man das Modul komplett aus dem Formant herausnehmen kann.

Außerdem wurden drei LEDs untergebracht, die den Zustand der drei Versorgungsgleichspannungen des Formant signalisieren und ein stabiler Netzschalter fand auch noch Platz.

Der eigentliche Stromanschluss sollte über eine IEC-Buchse mit Sicherungshalter und Netzschalter auf der Rückseite erfolgen, doch finde ich, dass ein Netzschalter sich vorne am Gerät befinden sollte.
Für das Holzgehäuse ließ ich mir beim Baumarkt Birkenmultiplex-Platten zurechtschneiden. Zwei Rack-Schienen waren schnell besorgt. Etwas Weißleim und 18 Spax-Schrauben später hatte ich auch das Gehäuse fertig.

Elektor Formant Synthesizer

24 dB/Oktave Filter und Happy End

Endlich durfte ich da weitermachen, wo ich vor dem mechanischen Komplett-Schaden aufgehört hatte: beim 24 dB/Okt- Filter. Schon bei der ersten Begutachtung war mir die mit einer Lochrasterplatine aufgebaute Zusatzschaltung aufgefallen. Den Bauteilen nach zu urteilen vermutete ich einen VCA, aber da auch Manfred nicht mehr genau wusste, was er sich vor vierzig Jahren dabei gedacht hatte, beschloss ich, das Filtermodul erst mal in seinen Originalzustand zu versetzen. Das war leichter gesagt als getan.

Das massiv modifiziert 24 dB/Okt. Filter, so wie ich es in Manfreds System vorgefunden hatte

Nicht nur dass auf der eigentlichen Platine jede Menge drangebastelte Bauteile auf Anpassungen hinwiesen, die Leiterbahnen der Platine lösten sich an vielen Stellen ab. Die von Manfred für die Verbindungen zur Frontplatte verwendeten starren Drähte begünstigten in diesem Fall, dass sich die Lötaugen vom der Trägermaterial lösen. Da dieses Modul außergewöhlich viele Kabel von der Platine zur Frontplatte benötigt, realisierte ich die Verbindungen mit farbkodierten Flachbandkabeln.

Schon etwas ordentlicher: die Verkabelung des 24 dB/Okt. Filter mit Flachbandkabeln

Das machte dann optisch schon mal einen guten Eindruck – nur wollte das Modul partout keinen Ton von sich geben. Hier zog sich nun eine viele Wochen dauernde Fehlersuche an, an der sich dankenswerterweise verschiedene Mitglieder die DIY-Synth-Gemeinschaft im Internet beteiligten, die ich aber hier nicht im Detail ausbreiten will. Letztlich war die Ursache eine Kombination aus einem temperaturabhängig auftretenden Fehler in einem IC sowie zweitweise wacklige Lötstellen. Ich war in der Zwischenzeit schon so weit gegangen, die Platine neu zu entwerfen, doch nun bekommt Peter das originale Filtermodul.
Eine Modifikation bekam das Modul aber trotzdem: Da jede der vier Filterstufen intern ihren eigenen Umschalter für Hochpass oder Tiefpass hat, bietet es sich an, ein Bandpassfilter in der Art des Roland Jupiter-6 nachzustellen. Man muss nur den vierfachen Umschalter durch zwei Zweifachschalter ersetzen und schon hat man wahlweise auch ein Bandpass-Filter.
Eine weitere Modifikation wäre auch noch denkbar: Man könnte die dritte und vierte Stufe mit einem Offset-Regler versehen, um dann zwei Kennfrequenzen und – viel interesanter! – zwei Resonanzen zu haben. Da das aber wiederum mehr Gebastel sein würde, beschlosse ich, erst mal darauf zu verzichten, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Zuletzt galt es noch die bis dahin offene Rückseite des Gehäuses zu schließen. Ich besorgte mir aus den Sortiment der Doepfer-Ersatzteile drei Rückseitenblenden, davon eine mit IEC-Buchse. Damit diese an dem APRA-Baugruppenträger befestigt werden können, wurden einfach zwei Holzleisten angeschraubt. Fertig.

Elektor Formant Synthesizer

Elektor Formant Synthesizer

Der Sound des Formant

Und wie klingt Peters Formant nun nach all diesen Abenteuern? Ich gestehe: Ich bin befangen. Mein eigener Formant begleitet mich seit 1978, ich kenne ihn in- und auswendig und auch wenn ich es mir ungern eingestehe, so muss sich eine gewisse „Sorte“ Synthesizer bei mir eigentlich immer mit meinem Formant messen.
Als ich den Behringer 2600 testete, war ich auf angenehme Art überrascht, wie oft die beiden Systeme einander ähnlich klingen können. Natürlich hat der 2600 mehr Möglichkeiten, aber die Bedienoberfläche beider Instrumente führt mich dazu, durchaus ähnliche Klänge einzustellen. Wenn Sie also die folgenden Beispiel anhören, dann wechseln Sie ruhig mal zum Behringer 2600 Test rüber, um zu vergleichen. Die Beispiele wurden übrigens nicht im Nachgang mit dem fertig renovierten System gemacht, sondern entstanden während den Arbeiten. Da ich zu diesem Zeitpunkt auch meinem eigenes Vergnügen haben wollte, ist meist ein bisschen Hall aus dem Quantec QRS drauf und manchmal auch ein Echo.

Das erste Beispiel stellt die Schwingungsformen anhand des ersten VCOs vor: Sägezahn, „spaced“ Sägezahn, Puls, Dreieck, Sinus und wieder Sägezahn. Die Pulsschwingung moduliere ich von Hand, wobei die extrem Einstellung des Potentiometers zur kompletten Auslöschung des Pulses führt; die Klangunterbrechung ist also kein Defekt am Audiofile, sondern beabsichtigt.

Das zweite Beispiel baut zunächst einen Basis-Sound aus drei VCOs zusammen, die ersten zwei mit leichtem Vibrato, damit es schön schwebt. Dann beginne ich mit dem 12 dB/Okt. Filter zu arbeiten. Erst spiele ich mit dem Tiefpassfilter, schalte auf das Bandpass-Filter um,  schließlich auf das Hochpassfilter und im Fadeout nochmals auf das Bandpassfilter. Das leichte Clipping zu Anfang stammt übrigens vom VCA.

Im dritten Beispiel erzeuge ich elektronische Drums mit weißem Rauschen und dem stark resonierenden Bandpass des mit einer extrem kurzen AD-Hüllkurve angesterten 12 dB/Okt. Filter. Es handelt sich um einen einzigen Sound; nur die Tonhöhe unterscheidet zwischen Bassdrum, Snaredrum und HiHat. Die nötige Steuerspannungssequenz stammt aus einem Keystep von Arturia. Ab Sekunde 0:15 kommt das 24 dB/Okt. Filter hinzu, das unbeeinflusst von der Steuerspannungssequenz immer den gleichen Filter-Crossmodulations-Sound spielt, der modulierende VCO wird jedoch von einem langsamen LFO in der Tonhöhe verändert.

Beispiel 4 führt die Filter-Crossmodulation vor. Es beginnt erst harmlos ohne Modulation: ein VCO mit Sägezahn durch das 12 dB/Okt. Filter im Tiefpass-Modus. Im dritten Durchlauf  der Sequenz kommt dann die Modulation der Filterkennfrequenz durch den Sinus eines zweiten VCOs hinzu; die Kennfrequenz des Filters drehe ich langsam auf. Etwa bei Sekunde 0:20 füge ich das parallel geschaltete 24 db/Okt. Filter hinzu, das vom dritten VCO moduliert wird. Die Kennfrequenz des 12 dB Filters ist inzwischen weit oben angekommen, und das 24 dB Filter fügt darunter einen zweiten vokalartigen Bestandteil hinzu (das kurzzeitige Pfeifen bei 0:22 ist einer zu stark aufgedrehten Resonanz geschuldet). Ab 0:28 wird die Kennfrequenz des 24 dB Filters zusätzlich von einer Hüllkurve moduliert. Bei 0:42 wird das 12 dB Filter – relativ unvermittelt – auf resonierender Hochpass umgeschaltet, was einen deutlichen Bass-Schub bewirkt.

Im fünften Beispiel führe ich die lineare VCO-FM vor. Zwei Sequenzdurchläufe lang gibt es das unmodulierte Dreiecks-Signal des Carrier-VCOs. Danach moduliere ich das VCO exponentiell mit einem zweite VCO. Das ist ein „Crossmodulations“-Klang, wie man ihn z. B. vom Jupiter-8 und Jupiter-6 oder vom Sequential Pro-One kennt; recht geräuschhaft und jede Note klingt anders. Nach weiteren zwei Sequenzdurchläufen schalte ich auf lineare FM um; sofort wird das Klangbild sauberer und bleibt bei jeder Tonhöhe gleich. Ich verändere im Folgenden immer wieder die Frequenz des modulierenden VCOs oder drehe an der Hüllkurve des VCAs. Ab 0:30 kommt ein paar Durchläufe eine sehr kurze AD-Hüllkurve auf dem Tiefpassfilter hinter dem Carrier-VCO hinzu, die einen kleinen „Klick“ an den Anfang des Klanges setzt.

Beispiel 6 ist der Hard-Sync-Modifikation gewidmet. Bis etwa zur ersten Minute verwende ich nur einen Slave-VCO, ab ca 1:00 kommt ein zweiter Slave-VCO in einer tiefern Lage hinzu, da man daran erkennen kann, dass es nicht von der Hüllkurve moduliert wird, sondern von einem langsamen LFO. Gegen Ende variiere ich noch die Attack- und Decay-Zeiten der Hüllkurve, die den Slave 1 moduliert

Das letzte Beispiel führt etwas vor, das ich so von nur wenigen Standard-Synthesizern kenne: Hüllkurven-gesteuerte Pulsbreitenmodulation mit gleichzeitiger Bandpass- oder Hochpass-Filterung. Die Aufnahme beginnt mit symmetrischen Rechteckschwingungen, die ab ungefähr Sekunde 0:12 von Hüllkurven in der Pulswbreite moduliert werden. Ab Sekunde 0:55 schalte ich das Filter von Tiefpass auf Bandpass, ab 1:12 auf Hochpass. Ab 1:23 erhöhe ich nochmals den Pegel der VCOs was dazu führt, dass das Filter in die Sättigung gefahren wird.

Geld? Reden wir über Geld!

Bis lang habe ich begeistert davon berichtet, wie ich diesen Formant, der zuletzt nur noch dekorativ in der Wohnung stand, wieder in den tollen Syntheser verwandelt habe, als den ihn Manfred mal gebaut hatte. Schön! Man sollte aber nicht verschweigen, dass dahinter ein gehöriger zeitlicher Aufwand steckt, der Geld kosten wird, wenn man nicht selbst zum Lötkolben greifen kann. Zwischen Peter und mir läuft das unter Freundschaftsdienst; da entstehen nur Materialkosten. Aber wie sieht es für den normalen Musiker ohne Elektrowerkstatt aus, der  in einer Kleinanzeige einen Formant angeboten sieht und ein leichtes Kribbeln in Fingern und Geldbeutel verspürt? Sehen wir von dem von mir verschuldeten Malheur mit dem Gehäuse ab, so musste Elektronik-Material für etwa 250,- Euro eingesetzt werden. Das MIDI-Interface (von welchem Hersteller auch immer) dürfte nochmals mit etwa 150,- Euro zu Buche schlagen. Ich habe meine Arbeitszeit nicht aufgeschrieben, aber ich schätze, dass ich etwa 40 Arbeitsstunden aufgewendet habe (ohne den neuen Rack-Einschub und das Gehäuse). Würde man das bei einem etablierten Synthesizer-Renovierer in Auftrag geben, so darf man vermutlich mit Arbeitszeitkosten von etwa 2.500,- bis 3.000,- Euro ausgehen. Da muss die Liebe zum Vintage-Sound schon sehr groß sein, wenn man sich das leisten will.

Elektor Formant Synthesizer

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Fazit

Für mich persönlich ist der Formant wie ein alter Freund, den ich nicht oft sehe, den ich aber sehr schätze. Objektiv betrachtet, ist er ein sicher sehr eigenständig und kraftvoll klingender Synthesizer. Aber die Bedienung ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Drei VCOs ohne Oktav-Schalter mit einem zehn Oktaven umfassenden Tune-Regler tonal im Zaum zu halten, erfordert durchaus Konzentration und Geduld. Auch fehlen einige doch wichtige Aspekte für die vollwertige Nutzung als Modularsystem: Multiples, Gate-Eingänge an den Hüllkurven, Audio- oder CV-Mixer  – nur um ein paar Beispiele zu nennen – vermisst bei einem originalen Formant doch sehr.

Jedoch der Sound macht sehr vieles wett. Mir fallen – abgesehen von der Eurorack-Modular-Welt – nicht viele Synthesizer ein, die klanglich das Gleiche bieten. Insbesondere das 12 dB/Okt. VCF überrascht mich immer wieder. Einen so selbstbewussten Klang erwartet man eigentlich nicht von solchen Filtern. Ich neige dazu, es sogar als ein kleines bisschen besser als das ihm sehr ähnliche Filter im Oberheim SEM zu bewerten. Zusammen mit den drei VCOs, kommen da wirklich beeindruckende Klänge zustande.

Wer das Glück hat, einen Formant in gutem Zustand zu ergattern, dem darf man gratulieren. Wer eh einen aus alten Tagen besitzt, der weiß vermutlich eh, was für einen Schatz er da bei sich hat.

 

Plus

  • großer Grundklang
  • eines der bestklingenden 12 dB/Okt. Filter überhaupt
  • viele LFOs
  • großzügige Bedienoberfläche
  • kompatibel mit Eurorack

Minus

  • mechanisch unzulängliches Konzept
  • je nach Erbauer sehr unterschiedliche Verarbeitungsqualität
  • fehleranfälliges Keyboard

Preis

  • gebraucht je nach Zustand und Ausbaustufe derzeit zwischen 400,- und 1.200,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Codeman1965 AHU

    WOW, Florian…!

    Ich bin heute sehr früh aufgewacht (nochmals großes Dankeschön an meinen Kater!) und wollte nach dem ersten Kaffee nur mal kurz reinschauen.
    Und dann legst Du hier so eine Abhandlung hin.

    Ein echt interessantes Instrument, das auch in Richtung „schmuddelig“ kann, das Filter ist schon ein Hammer…

    Hut und Mütze gleichzeitig ab vor Deiner Leistung!
    Jeder andere (ich auch) hätte bei einem Gerät in diesem Zustand wohl eher die Öffnungszeiten vom Wertstoffhof gegoogelt.
    Ich bade ja schon immer in Selbstmitleid, wenn der obligatorische Frühjahrsputz in meinem alten Motif ansteht… :-)

    Großes Dankeschön für dieses Highlight…!

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Codeman1965 Yo, Codeman hat fast alles gesagt, auch mit dem Aufstehen und den Katzen. Bei uns sind es Simon und Mauzi (habe mir die Namen nicht ausgedacht). 😂 Ich sehe mir immer wieder Formants an aber Kabel & DIY sind für mich ein Grauen! Übrigens, beim Beispiel „Formant_linFM_expFM“ und ca. 23 Sekunden höre ich eindeutig eine Cowbell. 😎 Beim Vergleich mit dem Behringer 2600 werde ich hellhörig, hatte ich doch letztens einen Traum wo gleich vier von denen in Bodenracks in Martin Stürtzers Studio standen, natürlich stilecht auf einem leboskischen Teppich. Ich sehe das als eine kosmische Stimme die zu mir gesprochen hat, fürchte aber um mein restliches Karma, was ich damit endgültig verwirken würde. Eine amoebale Wiedergeburt wäre mir mit so einem Aufbau sicher. Aber nochmal, sehr schön dass der Formant nun seinen Weg auch zu Amazona/Peter gefunden hat und danke für den tollen Artikel! Wer schöne Videos und Sounds vom Formant sehen möchte kann nach Ludus Pinsky (musikalischer Kollaborateur von Alexander Robotnik) suchen. Würde mich nicht wundern, wenn Herr Anwander in Foren über ihn gestolpert wäre. Ein schönes Wochenende allen!

  2. Profilbild
    hv0190

    Meine Güte, was für eine Sisyphos-Arbeit, und praktisch für lau – das nenne ich Freundschaft!
    Und sowas wie den „Unfall“ mit dem Gehäuse kenn ich nur zu gut: irgendein Sch … passiert bei solchen Projekten halt immer 🤯
    Ich frage mich aber nach dem Artikel, ob es für jemanden, der heute Interesse an einem Formant hat,
    nicht sinnvoller wäre, die ganzen PCBs zB in Eagle-CAD völlig neu zu gestalten (inklusive aller Mods) und dann den Synth komplett neu aufzubauen, anstatt einen alten zu restaurieren.
    Aber OK, da sind wir dann wieder in der Diskussion vintage vs. Neubau.
    Dennoch ein toller Artikel, danke dafür!

    • Profilbild
      Florian Anwander RED

      @hv0190 >Ich frage mich aber nach dem Artikel, ob es für
      >jemanden, der heute Interesse an einem Formant
      >hat, nicht sinnvoller wäre, die ganzen PCBs zB in
      >Eagle-CAD völlig neu zu gestalten (inklusive aller
      >Mods) und dann den Synth komplett neu
      >aufzubauen, anstatt einen alten zu restaurieren.

      Eine Formant komplett neu nach den Original-Schaltungen zu bauen halte ich für völligen Quatsch. Bis auf das 12dB/Oct-VCF (und vielleicht das 24er auch) gibt es eigentlich nichts, was nicht mit aktuellen Schaltungen besser zu machen wäre. Nur so als Beispiele: die ADSRs haben einen unnötigen DC-Offset am Ausgang, fast alle LED-Schaltung fressen unnötig Strom. Von „Unobtainables“ wie dem uA726 ganz zu schweigen.

      Wenn man einen alten Formant hat, der grundsätzlich funktioniert, dann kann man den gerne aufpolieren. Aber die Energie für einen Neuaufbau würde ich wirklich in Interessanteres stecken.

  3. Profilbild
    herw RED

    Lieber Florian,
    hui – was für eine Arbeit und das mit nur 40-Arbeitsstunden! Abgesehen davon, dass ich vor Jahrzehnten nicht über das entsprechende Werkzeug und den passenden Geldbeutel verfügte, hat mich die Frickelei zwar theoretisch fasziniert, aber die hervorragenden Fotos und ausfühlichen Beschreibungen bestätigen meine damalige Entscheidung nach dem erfolglosen Selbstätzen der VCO Platine, die Finger davon zu lassen. Nie und nimmer hätte ich das geschafft.
    Trotzdem elektrisiert es mich immer noch, wenn ich ab und an in Videos den Formant wiederentdecke.
    Vielen, vielen Dank für diesen wunderbaren ausführlichen „Arbeitsbericht” mit anschaulichen Klangbeispielen.

    PS: Hoffentlich nutzt Peter auch das Schätzchen.

  4. Profilbild
    Synchead

    Das neue Gehäuse ist wunderschön geworden! Kannst du noch zum Buch mit den Bauanleitungen was sagen? Um welche Fehler handelt es sich?

  5. Profilbild
    LeSarrois

    Ein Musterstück von Amazona-Beitrag. Tolles Thema, fesselnd geschrieben und exzellente Klangbeispiele. Und das Schätzchen haut einen soundmäßig echt um. Viel Spaß nun mit dem Klang-Experimentieren.

  6. Profilbild
    Tyrell RED

    Ganz, ganz großes Kino – und unbezahlbar. Lieber Florian, vielen lieben Dank für Dein unglaubliches Engagement. Wir/ich, werden das schöne Teil in Ehren halten sicher auch auf die nächste Superbooth mitbringen, damit es viele Leser in Augenschein nehmen und anspielen können. :)

    • Profilbild
      TobyB RED

      @Tyrell Cool, ich mach mir für die nächste SB schon mal eine Erinnerung. 🤟

  7. Profilbild
    Breity

    Wow! Sieht Hammer aus! (und klingt wohl auch so)
    Seit dem ich mich (wieder) mit Synths beschäftige, seit Mitte der Neunziger ist ein Modularsystem mein Traum, da ich Synthese auf dem großartigen VAZ Modular Software Synth aus den 90ern gelernt hatte.
    Aber irgendwie hat mich immer schon der erste Schritt, das Gehäuse abgeschreckt, da das oft schon über 300€ kostet.
    Evtl. ist selber löten doch das Mittel der Wahl.

    Übrigens bin ich gerade bei der Recherche zu dem Elektor Formant auf ein PlugIn gestoßen, leider 32bit, aber evtl. kann damit ja jemensch noch was mit anfangen:

    https://plugins4free.com/plugin/955/

  8. Profilbild
    Tai AHU

    Excellenter Beitrag, Florian! Auch ich hatte eine lange Kinder-betet-der-Vater-lötet Phase und kenne vieles aus eigener Erfahrung. Ich hatte selbst einige Zeit einen gebrauchten Formant, den ich für den Besitzer verkaufen sollte. Aber der abgerockte Zustand verleidete mir sogar den Test des Geräts. Und da ich weiss, welche Fehlerquelle Kabelbäume innerhalb eines Geräts darstellen, weckte das auch nicht meinen Sportsgeist. Ich finde solche Artikel extrem interessant, auch wenn ich sowas gar nicht mehr angehen würde. Der Klang des Instruments ist gut. Aber ich mag auch 12dB Filter.

    • Profilbild
      herw RED

      @Lewis Ja, das war für mich eine Erweiterung meines musikalischen Horizonts bezüglich tanzbarem Elektro-Italo-House.

  9. Profilbild
    Flowwater AHU

    YAY!!! 😃

    Der »Formant«-Synthesizer. Den wollte ich in meinem jugendlichen Wahn bauen … bin aber nicht über die Tastatur und das Netzteil hinaus gekommen. Das Elektor-Buch habe ich damals aus lauter Faszination dutzende male gelesen … und es schwirrt hier heute noch irgendwo in meinem Fundus herum.

    Und, jaaaaa … der µA726! Ich kann mich noch undeutlich und höchst verschwommen erinnern, dass es damals schon nicht so einfach war, dieses IC zu bekommen.

    Danke, Florian, für die schöne Reise in die Vergangenheit. 🙂

    • Profilbild
      Robby

      @Flowwater Meine erste Gehversuche in Synth DIY, aber den 726 könnte ich mit gar nicht leisten als Lehrling

      • Profilbild
        Flowwater AHU

        @Robby Ich habe eben mal nachgeschaut: Bei eBay gibt es jetzt gerade (21.05.23, ca. 15:30 Uhr) zwei Angebote (und ein Kombi-Angebot mit verschiedenen ICs, aber das zählt nicht) für den µA726 (Suchbegriff: »uA726«):

        — EUR 108,11 plus Versand (aus China)
        — EUR 104,80 plus Versand (aus Korea)

        Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber aus China kaufe ich so ein IC garantiert nicht. Und Korea ist auch nicht gerade um die Ecke. 😀

        • Profilbild
          Florian Anwander RED

          @Flowwater Offengestanden würde ich heutzutage das Formant-VCO nicht mehr mit dieser Original-Schaltung aufbauen. Da nimmt man besser eines der CEM3340-Derivate und hängt halt noch die zwei speziellen Schwingungsform-Konverter für Sinus und „Spaced Saw“ dahinter. Eingänge für Hard-Sync und lineare FM bekommt man dann auch gleich mitgeliefert.

          Alles andere ist meines Erachtens Quatsch.

          • Profilbild
            Flowwater AHU

            @Florian Anwander Ich wollte auch nur mal die Preise verifizieren … für analoge Schaltkreise bin ich selber zu sehr Computernerd. 🙂

        • Profilbild
          Robby

          @Flowwater Es gibt eine tolle und billige Lösung für dem 726. Für Alle sie das benötigen.
          portabellabz, da gibt es Replacement und auf der Seite sieht man wie es im Formant verbaut ist.

          • Profilbild
            budsbenzer

            @Robby Stimmt, der IC scheint auch für manche Buchla-Geschichten relevant; wohl daher auch die Connection zu portabellabz.

            Toller Artikel übrigens! Beim lesen wie der Synth fliegen gelernt hat, hat kurz mein Herz ausgesetzt. 😂

  10. Profilbild
    teletom

    Was für ein toller Artikel!

    Aber von Florian ist man ja auch nichts anderes gewöhnt … 😀

    Vielen Dank, es war eine Freude das zu lesen und zu sehen wie wieder ein richtiges „Schmuckstück“ aus dem guten, alten Formant geworden ist.

    Gruß
    Thomas

  11. Profilbild
    Synchead

    Die Baugruppenträger von Fischer Elektronik sind auch wunderbar für Eurorack 3HE Projekte. Hab aber keine Ahnung ob es die auch im benötigten Formant Format gibt

  12. Profilbild
    Camel

    Was für ein super Artikel! Vielen lieben Dank Florian!
    Deine Ausdauer, Ideen und Umsetzung bzgl. DIY Projekte sind erstaunlich, ich ziehe den Hut!
    Da wird man direkt zurück gebeamt in die Anfänge der 80’er.
    Eigentlich sollte es ein Korg MS-20 werden, bin aber von meinem Schwager überredet worden doch den Elektor Formant zu bauen. „Da hätte ich viel mehr von“ :-)
    Gesagt, getan…
    Damals gab es noch echte Elektronik-Fachgeschäfte und der Inhaber hatte mir angeboten alle Platinen herzustellen.
    Auch müsste ich ihm eine komplette Liste der Bauteile zur Verfügung stellen.
    Was er verschwiegen hatte… 😂 Da muss ich heute noch drüber lachen… 😂
    Alle Lötpunkte der Platinen waren nicht durchbohrt und alle Bauteile fanden sich unsortiert in einer riesigen Tasche wieder. :-) Es war ein Mammut-Projekt, aber der Formant funktionierte letztlich.
    Außer das hin-und wieder die Platinen abfielen… 😂,
    da ich keine Löcher in die Frontplatte bohren wollte, sonder die Winkel geklebt hatte.
    Später gab es von Elektor ein neues Projekt mit den CEM IC’s.
    Bei entsprechendem Ausbau konnte man sich einen polyphoner Synth bauen, die Module waren aber auch ohne Prozessoransteuerung (Z80) nutzbar.
    Leider ist dieser nicht wirklich bis zum Ende fertig geworden.
    Die Schaltungen selbst erinnern mich heute ein wenig an die Synth z.B. „Banana“ und oder „Prophet 600“.

    • Profilbild
      Synchead

      @Camel Hast du einen link auf das Projekt mit den CEM IC‘s und der Z80 Steuerung.? Wäre mega interessant!

      • Profilbild
        Camel

        @Synchead Einen Link zum polyphonen Elektor Synth habe ich im WWW nie gefunden.
        Wie gesagt, das Projekt wurde leider nie wirklich vollständig fertig. Was ich mal gefunden habe, waren die entsprechenden Elektor Artikel als PDF. Seinerzeit (1981) hatte ich mir die Ausgaben gekauft, da ich wissen wollte, wie die CEM Chips funktionieren, denn immerhin wurden diese in diversen polyphonen Synth verwendet.
        Bei Interesse poste mir mal Deine Emailadresse.

  13. Profilbild
    PULSAR

    Beim Lesen Deines Berichtes, bin ich in meine eigenen damaligen Erlebnisse abgetaucht. Leider habe ich damals mein großes Modular-System (worin einige Module des Formant eingebaut wurden) verkauft. Das war zu Beginn der Digital-Ära (DX7 und Konsorten ….)
    Ich habe bereits vor der Formant-Episode am Modular-System gebaut und fand damals in der Funkschau ab-und-an Schaltungsideen, die man gut in so einem niederfrequenten Audio-System verwenden konnte. Da war z.B. ein 24-dB-Filter nach Moog-Kaskade; dazu habe ich 50 Transistoren und 20 Kondensatoren gekauft, wovon dann nach Ausmessen die Geeignesten in die selbst gezeichnete und geätzte Platine eingebaut wurden. Das ganze Modular-System hatte einen brachialen durchsetzungsstarken Klang, weshalb mir der Musikhändler damals über 2000 DM in Anrechnung brachte. Heute ärgere ich mich über den Verlust und kann mir nur noch deswegen in den A …. beißen. Ich freue mich für Dich! Streichle den Fomant regelmäßig und gönn ihm auch mal anderes Futter; schick doch z.B. mal den neuen Behringer 800-Pro durchs Filter und freue Dich an den Sweeps.

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