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Vintage Analog: PPG Wave Computer 360 Synthesizer (1979)

Wolfgang Palms epochaler Wavetable Synthesizer

10. Juni 2023
Report: PPG Wave Computer 360

Der PPG Wave Computer 360 aus dem Jahr 1979 (Foto: Costello)

Hätte der PPG Wave Computer 360 am Anfang der AMAZONA.de-Reihe über Vintage-Synthesizer gestanden und nicht der  PPG Wave 2.2  – die Serie hätte Grey Box heißen müssen und nicht Blue Box. Allerdings besitzt der 1979 von Wolfgang Palm vorgestellte Wave Computer 360 einen ziemlichen Exotenstatus, was ihn von seinen Nachfolgern im ikonischen blauen Gewand klar abhebt. Ganze 40 Stück sollen gebaut worden sein.  Nach dem bereits 1978 erschienenen Synclavier I ist der Wave Computer der zweite kommerziell erhältliche polyphone Digital-Synthesizer. Und wohl der erste, der in „größerer“ Serie hergestellt wurde. Und so kommt ihm ein ganz besonderer Stellenwert zu. „Die Synthesizer-Neuzeit fing an mit dem PPG Wavecomputer 360“, schreibt Bernhard Lösener in Sound and Recording.

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Mehr noch: Wolfgang Palm machte sich damals bereits Gedanken über ein analoges Interface für ein digitales Instrument. Über elf Schieberegler lassen sich wichtige Funktionen des Synthesizers in Echtzeit steuern. Dazu kommt eine digitale Steuereinheit auf der rechten Seite des Wave Computers, die durch drei einfache LED-Displays unterstützt wird.

Markante Kühlrippen und der Schriftzug PPG 360 prägen die Rückseite des Instruments (Foto: Costello)

PPG Wave Computer 360 – ein polyphoner Digital-Synthesizer vor dem DX7

Erst 1983 – also vier Jahre nach dem Wave Computer – kam Yamahas DX7 auf den Markt.  Der DX7 leitete den Siegeszug der Digitaltechnologie ein. Das lag nicht nur an der großen klanglichen Bandbreite der Frequenzmodulation mit zuckersüßen E-Pianos, drahtigen E-Bässen und realistischen Pluck-Sounds, sondern auch am relativ moderaten Preis.  Die Klangpalette der PPG-Instrumente dagegen war viel spezieller und die Verkaufspreise ähnlich hoch wie bei den großen Analog-Polysynthesizern. Der Wave Computer lag knapp unter 9.000,- DM, der PPG Wave 2 kostete mit Sequencer um die 12.000,- DM und der letzte aus der Reihe – der PPG Wave 2.3 – wurde 1985 für reichlich 14.000,- DM angeboten. Das musste umso mehr ins Auge fallen, als diese Instrumente ja Made in Germany waren. Anders als die polyphonen Schlachtschiffe von Oberheim und Sequential Circuits mussten sie nicht aus den USA importiert werden. Auch der vielzitierte Dollarwechselkurs spielte keine Rolle.

Report: PPG Wave Computer 360

Die Voiceboards des Wave Computers 360 mit den Trimpotis (Foto: Costello)

Heute gehören Wolfgang Palms Wavetable-Synthesizer mit zu den am teuersten gehandelten Vintage-Instrumenten überhaupt. Die (übrigens sehr gelungene) Hommage von Groove Synthesis mit dem 3rd Wave beweist, dass das Konzept immer noch überzeugt. Ende der 70er-Jahre aber war der Ansatz von Wolfgang Palm schlicht revolutionär und sorgte dafür, dass „der Markenname PPG…in einem Atemzug mit solch ehrfuchteinflößenden Namen wie Moog, ARP, Oberheim, Sequential oder Fairlight genannt“ wurde. (Matthias Becker, Synthesizer von Gestern, Bd. 1, Augsburg 1990,  S. 104)

Das deutsche Synthesizergenie: Wolfgang Palm ca. 1975 zwischen seinen Instrumenten

PPG Wave Computer 360: Ein völlig neuartiges Prinzip der Klangerzeugung

Wolfgang Palm stellt in der Bedienungsanleitung zum PPG Wave Computer 360 gleich im ersten Satz klar: „Der PPG Wave-Computer arbeitet nach einem völlig anderen und neuartigen Prinzip der Klangerzeugung, als herkömmliche Synthesizer.“  Egal ob Moog, Oberheim, Roland oder jeder beliebige andere Analogsynthesizer – all diese Instrumente nutzten damals die subtraktive Synthese zur Klangformung. Dabei wird der Obertongehalt und somit die Klangfarbe der uns vertrauten Schwingungsformen wie Sägezahn, Rechteck und Dreieck durch ein spannungsgesteuertes Filter verändert. Und auch wenn wir zum Tiefpassfilter noch Band- und Hochpassfilter dazupacken und mit Ringmodulatoren, Hard-Sync und Crossmodulation die Klangmöglichkeiten nach Kräften erweitern, irgendwann sind die Möglichkeiten der subtraktiven Synthese dann doch erschöpft. Anders beim Wave Computer: Dieser benötigt laut PPG-Manual keine analogen Filter, denn er kann „jede beliebige Wellenform direkt erzeugen“. Und weil die Berechnung dieser Wellenformen mittels eines Mikroprozessors erfolgt, erklärt sich auch der Name Wave Computer. Eine epochale Neuerung.

Herzstück des PPG Wave Computers 360 ist der 1974 von Motorola auf den Markt gebrachte Mikroprozessor 6800. Der 8-Bit-Prozessor brachte eine Leistung von etwa 2 MHz und sein 16 Bit Adressbus ermöglichte 64 KB direkten Speicherzugriff: „Damals war das ein Spitzenprodukt und ähnelte sehr dem, was Intel in seinem Prozessor 8080 implementierte“, ist auf der Website von Rochester Elektronics zu lesen. Die Nachfrage nach dem 50 Jahre altem Motorola 6800 ist so groß, dass Rochester Electronics den Chip wieder herstellt.

Diese Zeichnung in der Bedienungsanleitung zum PPG Wave Computer 360 erläutert das Prinzip der Wavetable-Synthese (Foto: Costello)

Wolfgang Palm wollte einen Oszillator kreieren, der in der Lage ist, dynamisch seine Schwingungsform zu verändern, um damit jeden erdenklichen Klang zu produzieren. Dabei stand er allerdings vor einem Problem: Woher sollte er die Schwingungsformen nehmen? Sägezahn, Rechteck und Dreieck sowie einige abstrakte Klänge hatte er relativ schnell beisammen. „Aber ich wollte auch Bläser und Streicher realisieren“, schreibt Palm in seiner PPG-Story. „Da kam mir mein Studium zugute, in dem ich auch Akustik hatte, und ich schaute in einem Lehrbuch nach, was es da alles gab. Da waren ein paar Spektren von Trompete, Violine etc. und ich konnte die Stärke der Obertöne von den abgebildeten Grafiken mit einem Lineal abmessen.“ Diese Spektren setzte Palm mit einem Sinus-Syntheseprogramm in Schwingungsformen um: „Diese konnte ich dann in bestimmte Positionen des Wavetables laden, und mit einem digitalen Oszillator abspielen. Whow! das war schon ein Erlebnis!“

Report: PPG Wave Computer 360

Der PPG Wave Computer mit dem Computer Sequencer 350. Auch im Design waren beide Geräte perfekt aufeinander abgestimmt. (Foto: Costello)

Wie funktioniert Wavetable-Synthese?

Wave-Synthesizer arbeiten mit einer Vielzahl digital gespeicherter Schwingungsformen mit einer großen Bandbreite unterschiedlichster Obertonstrukturen. Der PPG Wave Computer 360 verfügt über 30 verschiedene Wavetables (Palm spricht von „Wellensätzen“), die vom Hersteller fest einprogrammiert sind. Die Wavetables enthalten „Kombinationen aus 64 einzelnen komplexen Wellenformen, die in einer bestimmten festgelegten Reihenfolge zueinander angeordnet sind“. (Bedienungsanleitung, Seite 2). Genaugenommen enthält die Wavetable gar nicht die Waves selbst. Wir müssen uns die Wavetable eher als eine Liste oder Tabelle vorstellen mit Verweisen auf jeweils 64 Partialwellen – durchnummeriert von 0 – 63. Diese befinden sich im Speicher oder werden durch einen Algorithmus berechnet, wenn die jeweilige Wavetable angewählt wird. Die Bezeichnung PWN auf dem Wave Computer hat also nichts mit „Pulse Width“ zu tun, sondern bedeutet „Partial Wave Number“. Ein zentraler Begriff, den wir uns merken müssen. Wolfgang Palm rechnet vor, dass wir bei 30 Wavetables mal 64 Waves auf 1924 unterschiedliche Schwingungsformen kommen: „So kann man zum Beispiel erreichen, dass der Klang des Wave Computers beim Anschlagen einer Taste mit dem Sound einer Kirchenorgel anfängt, dann langsam in den Klang einer Geige übergeht und zum Schluss im Klang eines Pianos endet.“ (Bedienungsanleitung, Seite 3). Da sieht der Minimoog natürlich alt aus.

Report: Wave Computer 360

Der PPG Wave Computer 360 war nach dem Synclavier I der zweite kommerziell vertriebene polyphone Digital-Synthesizer (Foto: Costello)

PPG Wave Computer 360: Wie im Zeichentrickfilm

Wolfgang Palm hat die Wavetables sehr überlegt programmiert. Einige weisen eher sanfte Übergänge von einer Wave zur nächsten auf. „Wenn Sie eine Wavetable aufrufen, berechnet der Computer die Waveshapes zwischen zwei festen Schwingungen“, erklärt Wolfgang Palm. „Natürlich lässt sich dann die Gesamtamplitude der gewählten Schwingungsformen variieren.“ (Electronics & Music Maker)

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Das weiche Überblenden von der einen Wave zur anderen ist aber nur eine Möglichkeit, den Wave Computer einzusetzen. Einige Wavetables enthalten bewusst drastische Unterschiede. Entsprechend dramatisch ist dann die klangliche Wirkung, wenn die komplette Wavetable durchfahren wird. Das reicht bis hin zu Sample & Hold ähnlichen Klängen.

Blick ins aufgeräumte Innere des PPG Wave Computers 360 mit dem Netzteil. Nur die ersten vier Exemplare besaßen einen Doppeltrafo. (Foto: Costello)

Wolfgang Palm hat selbst ein sehr einprägsames Bild für den Ablauf der Wavetables gefunden, die er mit einem Zeichentrickfilm vergleicht: „Ein Zeichentrickfilm besteht auch aus vielen einzelnen Bildern die alle einzeln gezeichnet werden und alle kleine Unterschiede zueinander aufweisen. Lässt man diese Bilder schnell nacheinander durchlaufen, so sieht das Auge einen beweglichen Ablauf. Ebenso hat der Wave Computer 64 einzelne Wellenformen, die gegeneinander unterschiedlich sind, und wenn diese Wellenformen schnell nacheinander erklingen so entsteht ein dynamischer Klangfarbenverlauf.“ (Bedienungsanleitung, Seite 2).

Der Prom des Wave Computers, auf dem die Waves gespeichert sind (Foto: Costello)

PPG Wave Computer 360: Ein ungewohntes Klangerlebnis

Am Anfang musste sich diese Idee aber erst einmal durchsetzen. Auch wenn die Keyboarder damals durchaus bereit waren, ihre Klangpalette zu erweitern, so hatten sie meist doch ganz bestimmte Erwartungshaltungen. Ihre Vorstellungswelt war von analogen Synthesizern geprägt. Wolfgang Palm bekam das deutlich zu spüren und ging bei den nachfolgenden Geräten manchen Kompromiss ein, um die Tastenzunft zufriedenzustellen. Vielleicht weil der Wave Computer 360 so selten ist, ranken sich um ihn auch verschiedene „urban legends“. Die erste betrifft den Klang: Dieser sei harsch, fremdartig und statisch: „Durch das Fehlen von analogen Filtern wirkten die digitalen Wave-Sounds für viele Musiker ungewohnt und rau. Rohe digitale Klänge lange vor dem DX7 von 1983.“ (AMSynths) Sogar der Schöpfer selbst – Wolfgang Palm – berichtet in einem Gespräch mit Mike Beecher von Electronics & Music Maker im Juli 1981:  „Der Sound ist natürlich anders – ziemlich scharf und hart, und nicht so ‚fett‘ wie der Moog.“

Der Wave 2 bekommt ein analoges Tiefpassfilter

So eingestimmt, hört man natürlich, was man glaubt heraushören zu müssen. In meinem Artikel über Tangerine Dream schreibe ich zum Reichstag-Konzert 1981, wie ich damals „durch einzelne metallische Klänge elektrisiert wurde, die die puckernden Sequencer-Linien und satten Analogsounds wie ein eiskaltes Skalpell durchschnitten.“ Tangerine Dream hatten damals sowohl den Wave Computer 360 auf der Bühne, als auch den Nachfolger: den 1981 brandneuen PPG Wave 2. Bei genauerer Analyse zeigt sich, dass die metallisch harschen Klänge damals tatsächlich vom Wave 2 stammten. Denn dieser besitzt ein Filter mit ordentlich pfeifender Resonanz (oder Emphasis, wie sie bei PPG genannt wird). Der PPG 2 kann, vor allem bei voll geöffnetem Filter, tatsächlich sehr kühl und schneidend klingen. Der Vorgänger 360 besitzt dagegen auf dem Bedienfeld keine ausgewiesenen Potis für das Filter. Und Wolfgang Palm schreibt tatsächlich auch: „Anfangs gab es ein Problem – der Prototyp war praktisch komplett digital – nur VCAs nach den Oszillatoren, aber ohne Filter, da die Filterung durch Veränderung der Wellenformen erfolgte.“ (Electronics & Music Maker)

Der PPG Wave Computer und sein Nachfolger Wave 2, der ein dezidiertes Tiefpassfilter mit Emphasis besitzt (Foto: Costello)

Das fehlende Filter des Wave Computer – eine urbane Legende?

Wolfgang Palm ist mit der Implementierung eines klassischen Analogfilters beim Wave 2 aus seiner Sicht einen Kompromiss eingegangen. Der von den Kunden allerdings als Fortschritt begrüßt wurde. Bereits früheren Rezensenten war aber durchaus aufgefallen, dass der Wave Computer 360 trotz seiner damals neuartigen Klangerzeugung sehr musikalisch klingt: „Dank der sanften Interpolation der Wellenform-Übergänge gibt es kaum Glitches, und das Klangbild bleibt rund.“ (Sound and Recording)

Das sanfte Interpolieren ist das eine, es scheint aber auch – versteckt in den Eingeweiden des Geräts – zusätzlich eine Form analoger Filterung stattzufinden. Freilich nicht in so offensichtlicher Form wie durch ein vom Panel aus steuerbares Tiefpassfilter. Das „fehlende Filter“ scheint mir die zweite „moderne Sage“ zum PPG Wave Computer 360 zu sein. Später werde ich das genauer darlegen und ein über 40 Jahre gültiges Narrativ hinterfragen. Ein bisschen Spannung darf ja sein…

Der Hybridoszillaor des PPG Wave Computer 360

Interessanterweise besitzt der Wave Computer zwar einen digitalen Oszillator. Doch die Tonhohe jeder Stimme wird von einem eigenen diskret aufgebauten analogen VCO bestimmt, der den digitalen Oszillator taktet. Es handelt sich also eigentlich um einen Hybrid-Oszillator. Dadurch entstehen Schwebungen zwischen den einzelnen Stimmen und es ergibt sich eine Lebendigkeit des Klangbilds, die mit dem angeblich statischen Sound des 360 so gar nicht zusammenpassen will. Die Lautstärke regeln analoge VCAs, beim Wave Computer 360 sind es sogenannte OTAs (Transkonduktanzverstärker). Diese OTAs werden auch in anderen Synthesizerklassikern verwendet und sind für ihr Sättigungsverhalten bekannt.

Beim Wave 2 gibt es dann übrigens nur noch einen analogen VCO, von dem die Tonhöhe aller Stimmen abgeleitet wird. Daraus folgert eine Phasenstarrheit, die in der Tat schlank und schneidend klingen kann. Allerdings können die Stimmen des Wave 2 bei Bedarf vielfältig moduliert und im Tuning-Menü gegeneinander verstimmt werden. Beim Wave 2.2 und 2.3 wird die Tonhöhe der Stimmen komplett digital berechnet.

Das Modularsystem PPG 300 verfügt über besonders stimmstabile Oszillatoren (Foto: Costello)

Wolfgang Palm – Modularsysteme aus Hamburg

Doch der Reihe nach: Der Hamburger Wolfgang Palm hat mit analogen Synthesizern begonnen – gar nicht unähnlich den großen Moog-Modularsystemen. Mein allererster Artikel für Amazona im Jahr 2016 war dem PPG-Modularsystem 300 gewidmet, das sich mein Bruder Anfang der 70er-Jahre von Wolfgang Palm hat zusammenstellen lassen. Die Oszillatoren von Palm waren sogar besser als die von Moog – oder zumindest stimmstabiler.

Hartmut Heinze, Chef bei Projekt Elektronik, erzählte mir, dass sie sich beim großen Modularsystem für Peter Baumann zwar am Formfaktor und Leiterplattenaufbau des Moog Synthesizers orientiert hätten, allerdings unter Verwendung besserer Operationsverstärker und modernerer Bauteile. Beim Oszillator aber hätten sie bewusst auf das Vorbild von Wolfgang Palms PPG-Oszillatoren zurückgegriffen. Diese besaßen einen eigenen Schaltkreis nur zur Stabilisierung des Tons. Die Palm-Oszillatoren sind berühmt dafür, dass sie beim Einschalten des Synthesizers hochlaufen und dann plötzlich stehenbleiben – mit der richtigen Stimmung, die sie dann auch halten.

Der PPG 1020 besitzt digitale Schaltkreise, um die Schwingungsformen zu erzeugen

Digitale Schaltkreise beim PPG 1020

Vielleicht deutete sich hier schon an, dass Wolfgang Palm den analogen Geräten einige ihrer Eigenarten austreiben wollte. Und dafür bietet sich natürlich die Digitaltechnik an, die eine größere Exaktheit liefert. Palms erster kompakter Synthesizer 1002 wies noch Ähnlichkeiten mit dem Minimoog auf. Beim PPG 1020 nutzte er dann zum ersten Mal digitale Schaltkreise in einem ansonsten analogen Instrument, um die Schwingungsformen zu erzeugen.

PPG 1003 Sonic Carrier und Wave Computer 360 (Foto mit freundlicher Genehmigung von Bernd-Michael Land)

Ab 1978 entwickelte er die ersten polyphonen Geräte. „Das erste Instrument war duophon mit einigen speziellen ‚Hold‘-Funktionen, aber es war digital und verwendete eine Menge CMOS-ICs“ berichtet Wolfgang Palm. (Electronics & Music Maker) „Eine Menge“ ist noch untertrieben: Es waren am Ende über 200 CMOS-ICs. Palm hielt den PPG 1003 Sonic Carrier für einen Flop, „aber er war wahrscheinlich die erste Maschine, die Programme speichern konnte (bis zu 50)“.

Die digitalen Oszillatoren des PPG 1003 Sonic Carrier (Foto mit freundlicher Genehmigung von Bernd-Michael Land)

PPG – Ohne Programmierer geht es nicht

Die Digitaltechnik schien Palm auch sehr geeignet, um Sequencer zu bauen. Ging es doch hierbei „lediglich“ darum, Töne zu speichern und wieder abzurufen. Herzstück war der Motorola-Mikroprozessor 6800, der vergleichsweise günstig war. Allerdings stellte die Digitaltechnik den Ingenieur auch vor neue Herausforderungen: „Es war ein ziemliches Problem für mich, all die notwendige Zeit aufzubringen, um Maschinencode, BASIC und andere Mikrosoftware sowie Hardware-Techniken zu verstehen. Und wie bei vielen anderen deckte die Physik, die ich in der Schule lernte, dies nicht ab.“ (Electronics & Music Maker) Hilfe bekam Wolfgang Palm von einem alten Freund – Wolfgang Kowalk – der damals Informatik studierte. Kowalk programmierte viel für PPG, er veranlasste Palm, einige Investitionen zu tätigen – etwa ein Extension Board von Motorola anzuschaffen, auf dem ein Assembler lief.

Der PPG 350 wies mit der Aufschrift Computer Sequencer auf seine digitale Herkunft hin  (Foto:Costello)

Der Sequencer PPG 350

Obwohl Kowalk danach „richtig loslegen konnte“, wie Palm es ausgedrückt hat, zog sich die Entwicklung des Sequencers hin. Selbstironisch berichtet Wolfgang Palm: „Der Sequenzer wurde (wie alles bei PPG) nicht zum geplanten Termin fertig, und so musste ich mit einem kaum getesteten Prototyp zur nächsten Frankfurter Messe fahren…“ Auf der Messe musste das PPG-Team dann feststellen, dass die Stromversorgung des Sequencers etwas schwachbrüstig ausgelegt war: “So dass immer nach einiger Zeit, wenn das Gerät warm geworden war, der Microprozessor ausflippte oder der Speicher Daten verlor. Es war schwierig, das bei den Vorführungen zu überspielen!“ (The PPG-Story, Part 6)

Der PPG 350 trug gleichwohl den Zusatz „Computer Sequencer“ selbstbewusst im Namen und Palm war mit dem Produkt sehr zufrieden:  „Wir hielten den Sequencer für sehr flexibel, mit seiner kleinen Tastatur, mit der man in Echtzeit spielen konnte, Loops hinzufügen, rückwärts laufen, Autotranspositionen machen, Sequenzen verketten usw.“ (Electronics & Music Maker)

Der PPG Computer Sequencer 350 und der Wave Computer 360 lassen sich über einen eigenen Datenport zusammenschließen, wobei die Prozessoren beider Geräte direkt verbunden werden. So lässt sich der  360 nun über das Keyboard des 350 spielen, umgekehrt kann der 350 über das Keyboard des 360 transponiert werden. Es entsteht ein zusammenhängendes System, das verschiedene Stimmen- und Klangzuweisungen zwischen Sequenzen, Livespiel und den Keyboardsplits ermöglicht. Hier wurde bereits der PPG Bus der späteren Systeme aus dem Hause Palm vorweggenommen.

Auf der Messe in Frankfurt, auf der Wolfgang Palm den Computer Sequencer 350 vorstellte, sah er aber auch, wohin die Reise bei den Synthesizern ging: „Es gab starke Konkurrenz aus Amerika, speziell die Oberheim 4 und 8 voice Modelle und der Prophet-5 waren sehr beliebt unter Profi-Musikern. Beides waren voll analoge Synths, die pro Voice (mehr oder weniger) einen kompletten Minimoog enthielten… Auf jeden Fall wollte jeder Musiker jetzt einen polyphonen Synth haben. Für mich stellte sich die Frage: ‚wie kann man das ganze einfacher machen ?'“ (The PPG-Story, Part 7) Die Antwort ist bekannt.

Zusammen oder getrennt? Die Beschriftung änderte sich beim Wave Computer 360 immer mal wieder.(Foto: Costello)

PPG Wave Computer 360 – Jedes Gerät ein Unikat

Genaugenommen ist jeder der rund 40 produzierten PPG Wave Computer 360 ein Unikat. So wurde die Beschriftung des 360 immer mal wieder korrigiert: Das fing schon mit dem Namen an. Das Instrument, das mir zur Verfügung stand, gehört zu den frühesten Exemplaren. Nach den Recherchen des Besitzers muss es sich um Nummer eins, drei oder vier handeln. Bei diesen wurde Wave Computer in zwei Wörtern geschrieben. Bei späteren Instrumenten findet sich der Aufdruck Wavecomputer. Zu einem noch späteren Zeitpunkt bevorzugte Wolfgang Palm dann wieder die Getrenntschreibung. Außerdem wurde die Zahl 360 noch um ein A ergänzt. Der 360 A besaß ein neues, moderneres Layout. So präsentieren sich die Funktionen auf der rechten Seite des Panels in zwei von einander abgesetzten Reihen, was die Übersichtlichkeit verbessert. Das ist schön zu sehen in diesem Video von Stephen Parsick und Torsten Abel, das beim Dinosaurier-Synthesizer Treffen 2015 in Bocholt aufgenommen wurde.

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In dem Video berichtet Stephen Parsick, dass er früher einen der fünf letzten Exemplare des 360 besaß: Die steckten bereits im flacheren Gehäuse des Wave 2 und hatten außerdem ein weißes Bedienfeld. Ebenso spricht Stephen den im Internet relativ weit verbreiteten Mythos an, dass es den Wave Computer in Varianten mit weniger als 8 Stimmen gegeben hätte. So schreibt etwa Gerhard Lösener in Sound and Recording: „Der Wavecomputer 360 existiert in zwei Basisvarianten: die ursprüngliche Version ist vierstimmig; die Version A bringt es auf acht Stimmen, die sich auch mit zwei unterschiedlichen Sounds übereinanderlegen lassen.“ Das trifft so nicht zu: Auch das mir vorliegende sehr frühe Gerät (noch ohne „A“) ist bereits achtstimmig.

Report: PPG Wave Computer 360

Das Keyboard des Wave Computers 360 verfügt über Aftertouch. (Foto: Costello)

Eine Tastatur mit vielfältigen Aufgaben

Eine sehr geniale Idee von Wolfgang Palm war es, zur Anwahl von Wavetables und anderen Parametern die Kombination eines Schalters und einer der 61 Tasten zu nutzen. Dafür sind diese durchnummeriert. Dieses sehr praktische System hatte nur leider bei den ersten Geräten einen kleinen Schönheitsfehler: Die Ziffernreihe ist verschoben, sie hat einen leichten Versatz. Das führt dazu, dass man immer eine Taste höher drücken muss, um die richtige Zahl zu erwischen.

Weil wir gerade bei den Tasten sind: Das Keyboard sieht viel besser aus, als ich das beispielsweise vom einen oder anderen Wave 2.2 kenne. Die möchte man eigentlich alle direkt zum Kieferorthopäden schicken, weil die Tastenreihe an nicht gerichtete Zähne erinnert – der weiter unten abgebildete Wave 2.2 mag als Beleg gelten. Die Tasten beim 360er spielen sich recht vernünftig, vereinzelt gab es mal prellende Tasten, was in den Klangbeispielen auch zu hören ist. Das scheint mir aber eher dem Alter des Instruments geschuldet und lässt sich sicher beheben.

Gut zu erkennen: Die Durchnummerierung der Tasten weist einen Versatz auf (Foto: Costello)

Expressives Spiel mit Touch Sensor

Interessant ist, dass die Tastatur des Wave Computer 360 A über einen Touch-Sensor verfügt. Via Aftertouch kann etwa Lautstärke, Modulation und Tonhöhe dynamisch gesteuert werden. „Pitch positiv“ verändert  die Tonhöhe nach oben, bei „Pitch negativ“ wird der Ton nach unten gebeugt. Selbstverständlich können auch die Partialwellen selbst (also die Klangfarbe) dynamisch über Aftertouch gesteuert werden.

Der Touch-Sensor des Wave Computers hat ein sehr spezielles Design: Die gesamte Tastatur einschliesslich Mechanik ist kippbar gelagert, wobei die Kipp-Bewegung über einen Dehnmesstreifen gemessen wird. Diese unkonventionelle Konstruktion hat PPG bis zum Wave 2.3 beibehalten. Es ist schon etwas gewöhnungsbedürftig, wenn die Tastatur beim Spielen auf und ab wippt. Darüber hat sich auch Theo Bloderer in seinem Artikel zum PPG Wave 2.2 und 2.3 mokiert: „Wer Aftertouch einsetzen möchte, der läuft Gefahr vom Stuhl zu fallen, denn schließlich kippt die gesamte (!) PPG-Tastatur nach unten. Erlebnis: ‚Mechanik hautnah'“. (greatsynthesizers)

Ein LFO-Fader ohne Beschriftung

Auch bei der Bedienung des Faders links neben der Tastatur muss der Nutzer bei den allerersten Wave Computern etwas Experimentierfreude mitbringen. Es fehlt die Beschriftung. Das ist insofern etwas misslich, weil dieser Fader multifunktionell ist und über ihn sowohl LFO-Schwingungsformen als auch die Modulationstiefe angewählt werden. Die Belegung ist nicht gerade intuitiv zu nennen und lässt sich ohne Beschriftung nur sehr schwer merken. Ab Seriennummer 5 sind dann die Schwingungsformen des LFO aufgedruckt. Später wechselte der Fader seinen Platz und wanderte auf das angeschrägte Panel. Was dieser Fader kann, dazu später mehr.

Report: PPG Wave Computer 360

Der multifunktionale LFO-Fader war bei den ersten vier ausgelieferten Exemplaren noch ohne Beschriftung (Foto: Costello)

PPG Wave Computer 360 – ein komplexes Instrument

Als digitaler Synthesizer ist der PPG Wave Computer 360 alles andere als ein triviales Gerät. Die Bedienung ist sehr komplex und wer sich zum Spaß mal die lediglich 20 Seiten starke Bedienungsanleitung anschaut, versteht möglicherweise nach den ersten einleitenden Sätzen nur noch Bahnhof. Ich kann mir gut vorstellen, wie einschüchternd diese Benutzeroberfläche damals auf Keyboarder gewirkt haben muss. Die konnten zwar ihren Oberheim Four Voice oder Polymoog wie im Schlaf bedienen. Aber vor dem 360er standen sie wie der Ochs vorm neuen Tor. Auch der Besitzer des von mir getesteten Wave Computers gibt unumwunden zu, dass man sich in die Bedienung erst einmal reinfuchsen muss: „Der analoge Bedienteil mit den Schiebereglern, der ist super. Auch wenn die Regelwege, wie es bei PPG nicht unüblich ist, auch mal gerne springen oder unausgewogen über den Regelweg verteilt sind. Aber das macht auch den Charme aus. Man wird dann überrascht.“  Etwas anders verhält es sich mit den Bedienelementen auf der rechten Seite des Wave Computers, die für die digitalen Routings, Stimmungen und Speichermöglichkeiten zuständig sind: „Das ist schon sehr speziell. Weil dort mit wenigen Tastern und den Zahleneingaben über die Tastatur dann der ganze digitale Bereich abgedeckt wird. Da muss man sich schon reindenken. Wenn man das dann einmal verstanden hat, ist es eigentlich genial, weil man es auch schnell bedienen kann.“

Es wäre also völlig vermessen von mir, die Bedienung des Wave Computers 360 hier im Einzelnen erklären zu wollen. Aber immerhin einen gerafften Durchgang durch die Funktionen möchte ich schon anbieten. In der Hoffnung, die Bedeutung der manchmal doch sehr kryptischen Abkürzungen auf dem Panel des Instruments etwas aufzuhellen. Fangen wir mit dem Fader an, der – wie erwähnt – beim vorliegenden Exemplar bar jeder Beschriftung ist.

So sieht der LFO-Fader mit Beschriftung aus. Erhältlich war diese Ausführung ab Seriennummer 5.

Der multifunktionale LFO-Fader

Insgesamt ist der Fader mit vier Wellenformen belegt: Dreieck, steigender Sägezahn, fallender Sägezahn und Rechteck. In der Mitte befindet sich die Nullstellung, in der der LFO keine Wirkung hat. Bewegen wir den Fader nach oben, aktivieren wir die erste Wellenform, wobei die Modulationstiefe zunimmt. Ab einem bestimmten Punkt schaltet der Fader um auf die zweite Wellenform, die dann wieder abnehmende Modulationstiefe aufweist. In die andere Richtung verhält es sich ähnlich: Zwei Wellenformen mit erst abnehmender und dann wieder zunehmender Modulationstiefe. Da der PPG Wave Computer ein Digitalsynthesizer ist, müssen wir natürlich den LFO zuvor routen und per Modulationszuweisung programmieren. Der LFO kann auf Lautstärke und Tonhöhe wirken, aber auch genutzt werden, um die Wavetables zu modulieren. Anschließend können wir die Schwingungsfrequenz festlegen und mit einem Fader rechts daneben auch noch eine Verzögerung einstellen, mit der der LFO nach dem Tastenanschlag einsetzt. Es ist auch möglich, mit dem LFO die Hüllkurven zu triggern, was zu interessanten rhythmischen Effekten führt.

Report: PPG Wave Computer 360

Die Geschwindigkeit des LFO und ein Delay können hier eingestellt werden. (Foto: Costello)

Veränderung der Presets mit den Schiebereglern

Mit den insgesamt 11 Schiebereglern können Soundeinstellungen und Klangveränderungen vorgenommen werden. Wolfgang Palm wollte dabei aber sicherstellen, dass ein frisch aufgerufenes Programm aus dem Speicher auf keinen Fall verfälscht wird. „Dieses ‚Update‘-Problem wird von Synthesizerherstellern auf verschiedene mehr oder weniger elegante Art gelöst“, schreibt Palm. Für den PPG Wave Computer hatte er sich folgende Lösung ausgedacht: „Wählt man ein Programm aus dem Speicher an, so erscheint dieses Programm mit allen Parametern die man überhaupt nur einstellen kann.“ Bedienungsanleitung,S.5  Die jeweilige Einstellung  der Flachbahnregler wird vom Mikroprozessor also komplett ignoriert. Erst, wenn ich den Fader bewege, kann ich den jeweiligen Klang editieren. Dafür muss ich den im Preset gespeicherten Wert abholen, ihn also überstreichen. Die Bewegung des Reglers allein reicht nicht aus, was ja auch sinnvoll ist, um während einer Performance keinen Parametersprung zu riskieren.

Report: PPG Wave Computer

Das Herzstück des PPG Wave Computer 360 ist dick umrandet: Der Transformant-Fader. (Foto: Costello)

Das Herzstück: Der Transformant-Regler

Daneben befindet sich der Transformant-Regler, der durch einen dicken Rahmen auch besonders hervorgehoben ist. Kein Zweifel: diese Funktion war Wolfgang Palm besonders wichtig, macht sie doch die Quintessenz des Wave Computers aus. Das Grundprinzip, dass man durch die Wavetables fahren kann. Genauso ist es hier aber auch möglich, verschiedene Schwingungsformen anzuwählen bzw. ihren Obertongehalt zu verändern. Wirkt nämlich gerade keine Hüllkurve auf die Partialwellennummer, dann entspricht die erzeugte Schwingungsform exakt der Partialwellennummer, die ich mit dem Transformantregler eingestellt habe. Wir dürfen ja eines nicht vergessen: Der Effekt, eine komplette Wavetable zu durchfahren, machte damals bei der Demonstration des Wave Computers sicher Furore. Aber nicht immer lassen sich diese Klänge auch musikalisch sinnvoll einsetzen. Manchmal war es also durchaus sinnvoll, nur einen bestimmten Ausschnitt der Wavetable anzuwählen.

Hier lässt sich aber zum Beispiel auch die Funktion eines analogen Filter simulieren. Wir erinnern uns – Wolfgang Palm hatte den Ehrgeiz, ursprünglich jede Klangänderung allein mit der Macht der Wavetables zu realisieren: „Ich wollte ja auch einen kompletten Filtersweep mit den Wavetables simulieren. Also habe ich ein Sägezahnspektrum genommen, und am oberen Ende einige Harmonische weggelassen, dann für die nächste Welle weitere Harmonische weggelassen und so weiter, bis nur noch ein Sinus übrig blieb. Wenn man das dann spielte, klang es allerdings nicht wie ein Moog-Sweep, sondern es hatte alles dieses Klirren, das den PPG-Wave später so berühmt machen sollte.“ (The PPG-Story, Part 7)

Report: PPG Wave Computer 360

Die beiden Hüllkurven des PPG Wave Computers 360 (Foto: Costello)

APDSR – die komplexe Hüllkurve des PPG Wave Computer 360

Der Wave Computer 360 bietet zwei Hüllkurvenbereiche. Eine komplexere Hüllkurve und eine relativ simple. Die eine verfügt über Attack, Peak, Decay, Sustain und Release. Palm weicht hier vom klassischen ADSR-Muster ab, in dem er nach der Attack-Phase noch einen Peak-Parameter einfügt. Dieser definiert den Spitzenwert, auf den die Hüllkurve maximal ansteigt. Die zweite Hüllkurve bietet lediglich Attack und Release, wie wir es etwa auch von ARP kennen. Diese wirkt meist auf den VCA, also die Lautstärke. Der besondere Clou beim Wave Computer: Wir können in der digitalen Programmierung (Parameter 10) frei zuweisen, ob die APDSR-Hüllkurve die Wavetableposition, die Lautstärke oder aber Wavetableposition und VCA gleichzeitig ansteuert. Im ersten Fall wirkt die AR-Hüllkurve auf den VCA. Im zweiten und dritten Fall ist sie wirkungslos.

Die erweiterte Hüllkurve des Wave Computers. (Foto: Costello)

Bei den Presets ist es in den meisten Fällen so, dass die Wavetable über die komplexe Hüllkurve angesteuert wird. Einfach, weil sich damit natürlich mehr Feinheiten einstellen lassen. Die Skala des Peak- und Sustainparameters ist nicht zufällig von 0 bis 63 gerastert. Wenn die Hüllkurve also die Steuerung der Partialwellen übernimmt, entspricht der Hüllkurvenwert direkt der Partialwellennummer. Beim Ausprobieren habe ich mich ein ums andere mal dabei ertappt, dass ich die Hüllkurve wie bei einem Analogsynthesizer einsetzen möchte. Die Folge ist regelmäßig, dass die Klangergebnisse einen – nett ausgedrückt – sehr überraschen. Der Wave Computer verlangt wirklich ein komplettes Umdenken. Wer abseits von Zufallstreffern befriedigende Ergebnisse erreichen möchte, muss sich wirklich konsequent mit den einzelnen Wavetables auseinandersetzen.

Die Anwahl des Presets und die Stimmzuweisung befindet sich im linken Kästchen, in der Mitte die Modulationszuweisung und rechts die Speicherzuordnung (Foto: Costello)

Programmauswahl und Stimmenverwaltung

Die Programmauswahl – ich hatte es oben schon einmal erwähnt – folgt einem ziemlich genialen Prinzip. Man hält die „Programm Number“-Taste, drückt eine der durchnummerierten Tasten des Keyboards, lässt den Programm-Knopf los. Und voilà – der Computer lädt das jeweilige Preset.
Darüber befindet sich die Stimmenverwaltung: Auf dem Panel sind die verschiedenen Variationen aufgedruckt. Umgeschaltet werden sie über den Taster „Keyboard Mode“. Die meisten Presets nutzen entweder den Modus 0 oder 1. Im Modus 0 können wir achtstimmig spielen. Pro Stimme steht dann ein Oszillator zur Verfügung. Im Keyboard Mode 1 können zwei Klänge kombiniert werden, der Wave Computer arbeitet dann nur noch vierstimmig. Dazu müssen wir wissen, dass die acht Oszillatoren in zwei Gruppen aufgeteilt sind – „A“ und „B“. Diese werden auch auf zwei Ausgänge des PPG Wave Computers verteilt und können so stereo ausgegeben werden. Der Wave Computer erlaubt es also, komplett unterschiedliche Sounds zu stacken, die sich zum Beispiel hinsichtlich LFO, Stimmung oder Hüllkurve unterscheiden.

Der PPG Wave Computer ist mit reichlich Anschlüssen versehen. Das Signal kann auch stereo ausgegeben werden, was klangliche Unterschiede der Oszillatorgruppen A und B noch deutlicher hervortreten lässt. Ganz rechts befindet sich der Anschluss für den Computer Sequencer 350. (Foto: Costello)

Beim Wave 2 verhält es sich übrigens noch genauso, während der Wave 2.2 einen zweiten Oszillator besitzt. Er klingt deshalb fetter, auch wenn man ihn achtstimmig spielt. Praktischerweise steht auch ein 2.2 zum Anspielen bereit. „Die Bässe sind viel voluminöser, er nimmt auch in einer Mischung viel mehr Platz ein“, erzählt mir mein Gastgeber. „Er macht sich ganz schön breit und hat einen unglaublich orchestralen Sound. Wenn Du diesen Synth in einer klassischen Band einsetzt, dann ist das Arrangement sofort angenehm gefüllt.“

Der Wave 2.2 hat diesen typischen 80er Jahre Pop-Sound, wie wir ihn von unzähligen Produktionen von a-ha bis Ultravox kennen.  Auch hier hat Wolfgang Palm also später ein Zugeständnis gemacht: Dieses sollte vor allem die Fans der aus der analogen Welt vertrauten 2-Oszillatoren-Konstellation befriedigen.

Im Keyboard-Mode 2 liegen beim Wave Computer 360 4 Oszillatoren auf dann noch zwei Tasten. In Mode 3 ist der Wave Computer monophon. In diesem Unisono-Mode sind alle 8 Oszillatoren auf einer Taste vereint. Die weiteren Keyboard-Modes ermöglichen verschiedene Splittings des Keyboards. Das ultimative Stacken bringt musikalisch meist nicht allzuviel. Der Sound wird dadurch nur selten besser. Das Optimum scheint bei Keyboard Mode 1 zu liegen, wo zwei Oszillatoren pro Stimme erklingen. Der Unisono-Mode hat natürlich auch seine Reize, zumal sich jeder einzelne Oszillator mikrototal verstimmen lässt. Damit lässt sich also schön experimentieren, aber Keyboard Mode 0 und 1 sind in den meisten Fällen vollkommen ausreichend.

Der PPG Wave 2.2 besitzt zwei Oszillatoren pro Stimme, Wave Computer 360 und Wave 2 dagegen nur einen. (Foto: Costello)

Wave Computer PPG 360 für Fortgeschrittene – Die Modulationszuweisung

Eine Station weiter rechts wird es dann schon eher esoterisch – da geht es dann um die Modulationszuweisung. Und die stellt sich eher etwas komplizierter dar. „Wenn man es einmal verstanden hat, geht es“ erzählt mir der Besitzer des Wave Computers. „Aber wenn man nicht im Training bleibt, kann man es auch schnell wieder vergessen.“ Im Prinzip steht links immer die Modulationsquelle und rechts das Modulationsziel. Ein Beispiel: Wir wollen den LFO auf die Lautstärke oder auf die Wavetable routen. Zum Anwählen drückt man die Taste unter „Parameter Progr.“: Damit wird zunächst einmal der Modus aktiviert.  Dann wird (analog zur Auswahl der Presets) mit dem Keyboard der Parameter ausgesucht.  Wählen wir den Parameter 16 aus, dann  routen wir den LFO auf die Lautstärke. In der Praxis sieht das dann so aus: Ich halte den Taster und wähle Taste 16 und prompt erscheint 16 im Display. Jetzt wechseln wir zu „Magnitude“. Dieser Ausdruck sorgte bei mir für kurze Irritation, weil ich ihn im Zusammenhang mit der Messung der Stärke von Erdbeben oder Vulkanausbrüchen kannte. Also ein kurzer Blick in die Bedienungsanleitung, Seite 17: „Die Änderung der Einstellung eines Parameters geschieht immer durch den Taster ‚Magnitude‘.  Diese Taste ist entweder ein oder aus, für manche Parameter gibt es zusätzlich auch noch die Funktionen 0, 1 und 2. Das entspricht dann einer Verstärkung oder einer Invertierung. Diesen Taster kann ich durchschalten und die gewählte Funktion erscheint dann im Magnitude-Display. Damit wäre dieser Parameter auch schon geroutet und ich kann einen weiteren Parameter editieren.

Report: Wave Computer360

Die Parameterzuweisung beim Wave Computer 360 ist nicht ganz ohne Tücken. (Foto: Costello)

Im Feld „Memory Routing“ findet die Speicherzuordnung statt. Mit einem ähnlichen System wie bei der eben besprochenen Parameterzuordnung lassen sich die vom Nutzer veränderten Presets auf den Tasten 30 bis 60 abspeichern. Auf den Positionen 0 bis 29 befinden sich dagegen dreißig von PPG voreingestellte Presets. Und dann gibt es noch einen ganz wichtigen Taster – den Group Selektor. Damit wählen wir aus, welche der beiden Keyboardgruppen A und B wir editieren wollen. Das ist speziell wichtig im Keyboardmode 1, in dem ja beide Gruppen gleichzeitig erklingen. Übrigens ein wesentlicher Unterschied zum Wave 2, bei dem beide Gruppen gleichzeitig ausgewählt werden können. Beim Wave Computer 360 ist das noch ein bisschen umständlich gelöst. In der Praxis bietet es sich wohl an, die Stimmen einzeln anzuhören im Keyboard Mode 0. Denn da hört man tatsächlich nur eine Gruppe, editiert diese und wechselt dann zur zweiten Gruppe.

Eine sehr interessante Funktion des PPG Wave Computers 360 ist Voice Tuning. Darüber lässt sich jeder Ton in Halbtonschritten und mikrototal verstimmen. Dabei empfiehlt es sich allerdings systematisch vorzugehen. Denn sonst endet es leicht in Kakophonie. Unter PWN-Control befinden sich ein paar Short Cuts. Mit dem Taster „Keyboard Balance“ kann man etwa die Tonhöhe als Modulationsquelle nutzen. Grundsätzlich lässt sich alles abspeichern mit Ausnahme des Pitch Wheels. Einen Portamentoeffekt besitzt der 360 nicht.

Report: PPG Wave Computer 360

Hier wird u.a. die Parameterzuweisung und das Voice Tuning programmiert. (Foto: Costello)

PPG Wave Computer 360: Mit oder ohne Filter?

Nun gilt es die Frage nach dem Filter zu klären. Die Lage erscheint ziemlich aussichtslos. So schreibt Michael Hoenig in Keys: „Der Verzicht auf ein Filter, wiewohl konzeptionell logisch und im Hinblick auf die vollständige Digitalisierung des Instruments wünschenswert, ist schlicht und ergreifend nicht mit den Klang- und Hörgewohnheiten der Tastenspieler von 1978 kompatibel: Wolfgang Palm ist seiner Zeit zu weit voraus.“

Auch Bernard Lösener kommt in Sound and Recording zum Schluss: „Da kein Analogfilter an Bord ist, sind fette Bässe oder Leads nicht im Programm, alles wirkt eher ein wenig dünn und manchmal auch etwas starr“.  Doch dieser Rezensent hört genauer hin und muss zugeben, dass der Wave Computer längst nicht so digital-klirrend daherkommt, wie ihm oft unterstellt wird: „Allerdings klangen ungefilterte 8 Bit noch nie so warm und angenehm wie beim Wavecomputer 360. Palm hatte bei der Auswahl der Wellenformen in der Regel auf allzu harsche Typen verzichtet und »Musikalisches« präferiert.“

Ein Voiceboard des PPG Wave Computer 360. (Foto: Costello)

Dass der Wave Computer 360 keinen dezidierten Regler für ein Tiefpassfilter auf dem Panel besitzt, ist ja offensichtlich. Die Lösung ist subtiler. Sie ist hörbar und sie ist physisch auf den Voiceboards des 360 zu finden. Beim zweiten Punkt – da möchte ich mich ehrlich machen – hätte ich passen müssen. Ich bin im Lesen von Schaltplänen und Platinen nicht geübt. Aber ich hatte Beratung von kundigen Ingenieuren, die auf dem Voiceboard Baukomponenten ausgemacht haben, die die Funktion eines Trackingfilters ausüben. Dieses Filter ist freilich für den Nutzer nicht regelbar, sondern übt still und heimlich im Hintergrund seine klangglättende Funktion aus. Hinter dem DA-Wandler sitzt ein Kondensator als Filter und eine Gruppe von Widerständen, die die Eckfrequenz des Filters festlegen. Je nach Oktavlage wird beim Spielen zwischen den einzelnen Widerständen umgeschaltet, um den Filter einzustellen. Solch eine Filterschaltung wird auch als RC-Glied bezeichnet, wobei R für resistor und C für capacitor steht.

„Möglicherweise hat Palm festgestellt, dass wenn der DA-Wandler komplett ungefiltert in den Ausgang bläst, das Ganze dann doch ein bisschen zu hart klingt“, sinniert der Besitzer des Wave Computers, der die klanglichen Eigenschaften seiner Instrumente mit Leidenschaft auch auf ihre technischen Voraussetzungen hin abklopft.  „Und deswegen hat er sich anscheinend entschieden, einen Trackingfilter einzusetzen, der so ein bisschen die obere Kante des Wandlers wegnimmt. Was bei Wandler-Technologie ja durchaus üblich gewesen ist als Anti-Aliasing Filter. Das hat er aber eher, glaube ich, als technische Maßnahme gesehen, denn als Teil der musikalischen Anwendung.“

Deshalb hat Wolfgang Palm auch kein Aufhebens darum gemacht. Er hätte das Trackingfilter ohnehin nicht werbewirksam vermarkten können. Die Kunden hätten gefragt: „Was, da soll ein Filter verbaut sein, aber ich kann es nicht regeln?“

Ich wollte aber nicht bei „Glauben, Vermuten, Meinen“ stehenbleiben. Ich wollte gerne „Wissen“.

Die Zeichnung zeigt, wie ein Kondensator im Zusammenspiel mit verschieden dimensionierten Widerständen beim PPG Wave Computer 360 die Funktion eines Trackingfilters ausübt. (Foto: Costello)

Eine Nachricht von Wolfgang Palm

Um sicherzugehen, habe ich Wolfgang Palm angeschrieben. Hier der Wortlaut meiner Messenger-Nachricht:  „Lieber Wolfgang Palm, ich schreibe gerade einen Artikel über den Wave Computer 360. Dabei fiel mir auf, dass der Klang verschiedentlich als ‚dünn und digital‘ beschrieben wird, weil ein analoges Filter fehle. Das trifft m.E. aber gar nicht zu. Dünn klingt der 360 überhaupt nicht. Und wenn er auch nicht wie der Nachfolger Wave 2 über einen Cutoff mit Resonanz auf dem Panel verfügte, denke ich doch, dass der 360er intern mit einem automatischen Tracking-Filter ausgerüstet war. Auf den Voiceboards lässt sich der Aufbau auch relativ einfach nachvollziehen. Hinter dem DA-Converter des 360 sitzen ein VCA und ein diskretes, analoges Filter (RC-Glied). Dieser Aufbau wiederholt sich für jede der acht Stimmen. Das war natürlich nichts, woran ein Keyboarder herumschrauben konnte. Ich sehe das Filter des Nachfolgegeräts daher eher als Zugeständnis an die Nutzergewohnheiten dieser Käuferschicht, aber weniger einer musikalischen Notwendigkeit geschuldet. Liege ich da völlig falsch? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Beste Grüße!“

Und tatsächlich bekam ich eine – zwar kurze aber deutliche – Antwort: „hallo Christian, das ist alles genau so wie du es beschreibst :) digital sounds gelten halt allgemein als kalt…wie auch CDs etc. und bei den synths wird immer alles mit einem fetten 3-osci-moog sound verglichen. so ist das nun mal… (was hab ich mir nicht schon alles für schwachsinn anhören müssen…) schön, dass du (soweit es geht) dagegen hältst! lg, Wolfgang“

Der „Kühlschrank“: Das PPG-System 340/380 mit Monitor und Eingabekeyboard. Die ursprünglichen Kassettenlaufwerke sind hier bereits durch den PPG-Bus ersetzt. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Cornel Hecht)

Das PPG 340/380-System

Nach dem Wave Computer 360 entwickelte Palm das aus drei 19‘‘-Einheiten bestehende System 340/380. Von dem Michael Hoenig in Keys schrieb, „dass das mehr an einen Industrie-Computer als an ein Musikinstrument erinnert“.  Dieses gerne auch als „Kühlschrank“ bezeichnete Set – Thomas Dolby etwa sprach vom „refrigerator-sized 340/380“ – bestand aus insgesamt drei Modulen.

In der Unit 340A finden wir die Voiceboards. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Cornel Hecht)

Die „Generator Unit“ 340A enthielt die Voice-Boards, die identisch mit dem 360 sind und einen im Vergleich zum Wavecomputer erweiterten Wavetable-Speicher besitzt. Um Speicherplatz zu sparen, berechnet der 360 im Gegensatz zum 340 die Wellenformen aus gespiegelten Halbwellen.

Die Symmetrie der Schwingungsform ergibt sich dadurch, dass sie genau in der Mitte punktgespiegelt ist. Beim Wave Computer 360, aber selbst noch bei der Waldorf Microwave-Serie bestehen die Waves nur aus der ersten Hälfte der Wave, die andere Hälfte wurde berechnet. Microwave II und XT bieten alternativ die Möglichkeit der Speicherung kompletter Wave-Durchläufe. Die Grafik entstammt dem Manual zum Waldorf XT.

In der „Processor Unit“ 340B saß die Steuer-CPU und die Peripherie. Beide Module zusammen entsprachen der Klangerzeugung des Wave Computer 360, mit einem bedeutsamen Unterschied, den Wolfgang Palm herausstellt: „Es war eine Entwicklung, die das Sampling von Klängen und die Erstellung von Original-Wavetables ermöglichte. Es verfügte über eine additive Synthese und einen leistungsstarken Sequenzer.“ (Sound and Recording)

„Klanglich geht es in Richtung PPG 360, allerdings mit mehr Flexibilität, weil sich beim 340/380 die Schwingungsformen frei verändern lassen“, erklärt Filmmusik-Komponist und Electronic-Artist Cornel Hecht.

Philips-Minikassetten, wie sie vor allem für Diktiergeräte benutzt wurden. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Cornel Hecht)

Betriebssystem und Wavetables sind anders als beim Serienmodell per Mini-Kassetten austauschbar, was die Möglichkeiten beträchtlich erweiterte. Diese Flexibilität wurde freilich mit einer hohen Anfälligkeit erkauft: „Das Laufwerk ist ein Philips LDB4051, das eine Minikassette aus einem Diktiergerät verwendet, um bis zu 64 kByte Daten pro Seite aufzuzeichnen … Natürlich sind diese Minikassetten im Laufe der Zeit ausgefallen, was das Booten eines 340/380-Systems schwierig macht.“ (AMSynths)

„Es gibt einige Systeme verstreut in ganz Europa. Fast alle stammen aus dem Nachlass von Armin Stöwe“, schrieb mir Cornel Hecht. Stöwe hat früher mit Wolfgang Palm zusammengearbeitet und die Software für den Event Generator geschrieben. „Er hatte aus Wolfgangs Bestand einige Systeme frei aufgebaut und diese modifiziert. So wurden die anfälligen Microtape-Laufwerke entfert, stattdessen kam der PPG-Bus hinzu. Die Software wurde dann per PPG Waveterm über den PPG-Bus eingespielt und die Daten so auch wieder gesichert.“ Cornel Hecht lässt sein System 340/380 gerade überarbeiten: „Das OS wurde ausgelesen und der Plan ist es, dieses per Floppy-Emulator automatisch beim Starten des Systems einzuladen. Aber bis es soweit ist, dauert es wohl noch etwas.“ Zu Stöwes Modifikationen gibt es kaum Aufzeichnungen, bedauert Cornel Hecht. „Nach dem Tod Armins wurde seine Systeme verkauft. Keines läuft nach meinem Wissen jedoch.“

Möglicherweise mit einer Ausnahme, wie Bernd-Michael Land mir geschrieben hat: „Bei den Marienberg Brüdern in Aschersleben…die haben das Ding tatsächlich zum laufen gebracht.“

Ein Blick in den geöffneten Event Generator 380. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Cornel Hecht)

Ergänzt werden die beiden 340er Module um den PPG 380 „Event Generator“. Das war ein ausgefeilter 16-Spur-Sequencer, der pro Schritt den Zugriff auf Timing, Dynamik und Tonhöhe erlaubte: „Es ging darum, Triolen, Quartolen, Quintolen etc. bis hinauf zu 1/16, (also auch 1/15 1/14 etc.) so genau wie möglich produzieren zu können. Das wäre normalerweise nur mit einem riesigen Hardwareaufwand möglich gewesen.“ Wolfgang Palm setzte stattdessen auf Computertechnik, „zumal man dann auch noch alle Klangfarbenänderungen mit dem Sequencer steuern konnte…es war für die damalige Zeit ein Riesen-Programmieraufwand, und ich war, neben Wolfgang Kowalk, nun überwiegend mit dem Programmieren beschäftigt.“ (The PPG-Story, Part 8)

Hier ist noch das ursprüngliche Kassettenlaufwerk gut zu erkennen. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Cornel Hecht)

Vervollständigt wurde das 340/380-System durch einen Computer-Monitor und ein Keyboard. Edgar Froese legte sich eine Version mit zwei Monitoren und Computerkeyboards zu, berichtet Cornel Hecht: „Normalerweise hat das 340/380 nur einen Monitor und man muss den Synthesizer oder den Sequencer per Schalter auf den Monitor legen, was manchmal umständlich ist. Edgar Froese hat darum gleich zwei Monitore einbauen lassen.“ Obwohl Thomas Dolby und Tangerine Dream das System einsetzten, verfolgte Wolfgang Palm das Projekt schließlich nicht weiter: „Inzwischen war das Fairlight CMI auf der Bildfläche erschienen, was für riesige Furore sorgte. Wir konnten mit unserem 340/380-System wenig dagegen ausrichten – die Leute wollten nun alle samplen!“ (The PPG-Story, Part 8)

Edgar Froeses PPG-System 340/380 war mit Doppelmonitoren ausgestattet. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Cornel Hecht)

PPG Wave Computer 360 und PPG 340/380 – der musikalische Footprint

Der Wave Computer 360 und das PPG-System 340/380 wurden in nur sehr geringen Stückzahlen ausgeliefert. Ihr musikalischer Fußabdruck ist deshalb sehr viel geringer, als der der Nachfolgegeräte Wace 2, Wave 2.2 und 2.3. Zu den wichtigsten Klangbotschaftern der neuen Wavetable-Synthese zählte sich die Berliner Elektronik-Band Tangerine Dream. Edgar Froese, immer auf der Suche nach neuartigen, noch nie gehörten Klängen, setzte sowohl den Wave Computer 360 als auch das System 340/380 bei Tangerine Dream live und im Studio ein. So auf Tangram aus dem Jahr 1980 und auch auch auf Edgar Froeses Soloalbum Stuntman von 1979. Das Exit-Album aus dem Jahr 1981 bezeichnet bereits den Übergang zum Wave 2. Beim Konzert vor dem Berliner Reichstag am 29. August 1981 kamen die Wave Computer der ersten und zweiten Generation zum Einsatz. Im Video kann man Edgar Froese beobachten, wie er die Flachbahnregler des Wave Computer 360 bedient.

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Thomas Dolby spielte das System 340/380 auf seinem ersten Album Golden Age of Wireless. Paradetitel wäre hier der Song Windpower. Dolbys 1982 erschienenes Debütalbum war übrigens in den USA sehr erfolgreich und erreichte 1983 Platz 13 der Billboard Album Charts.

Von Wolfgang Düren stammt das Album Eyeless Dreams von 1980. Ein Showcase für die Wavetable-Synthese. Kein Wunder: Wolfgang Düren war Wolfgang Palms Weggefährte bei PPG  und gründete später Waldorf Electronics. Seit 2022 liegt Eyeless Dreams auch als digitales Remaster vor. An Instrumenten setzte Wolfgang Düren einen PPG Wave Computer 360A ein in Verbindung mit dem PPG Computer Sequencer 350, dazu das PPG Modularsystem 300, den PPG Digitalsynthesizer 1020 und einen Micromoog. Sequencerparts im Stil der Berliner Schule, Experimentelles, dann wieder sehr melodische Abschnitte machen das Album sehr abwechslungsreich. Eine hervorragende Gelegenheit, dem Klangcharakter der frühen Wavetable Synthesizer nachzuspüren. Funfact: Der Rapper Eminem setzte auf  The Marshall Mathers LP 2 Samples von Dürens Song Evil Twin ein.

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Auf ein weiteres Wave Computer-Album bin ich durch Wolfgangs Palms Erinnerungen aufmerksam geworden: „Einer meiner treuesten Kunden war Chris Evans Ironside, der mit seinem 360’er das Stonehenge Album produzierte, in dem die puren wave sounds sehr schön zum Tragen kommen.“ (The PPG-Story, Part 8)  Der 2022 verstorbene Deutschbrite war eigentlich Schlagerkomponist und schrieb Hits u.a. für Drafi Deutscher, Vicky Leandros und Ulla Meinecke. Mit Jenseits von Eden landete er in der Version von Nino de Angelo einen Welthit. Zusammen mit dem Sänger David Hanselmann produzierte Chris Evans Ironside dann auch mal ein ProgRock-Album: Eben Stonehenge.

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Es war mein Anliegen, den PPG Wave Computer 360 in seiner Einzigartigkeit vorzustellen. Zu oft wurde er verkannt als quasi noch unvollkommener Vorläufer für die erfolgreichen blauen Wave-Synthesizer. Seht es mir nach, wenn ich noch einmal auf das Trackingfilter zurückkomme. Aber es ist natürlich schon so, dass ein diskretes RC-Filter einen durchaus anderen Klangcharakter besitzt, als die integrierten Filter ICs in den späteren Waves. Dieser einzigartige Klang, der übrigens noch viel 70er Jahreflair besitzt, hatte letztlich auch den Besitzer des von mir vorgestellten Geräts überzeugt. Dieser dachte eigentlich, dass die digitale Fraktion bei ihm mit Yamaha TX 816, DK Synergy II und Synclavier auf solidem Niveau  abgedeckt sei. Bis er den Wave Computer 360 bei einem Freund hörte: „Der Klang ist ein Faszinosum. Die haben ein Glitzern und einen Überraschungsmoment. Und gleichzeitig funktionieren sie gut als Stimme im Arrangement. Sie sind für mich durch nichts zu ersetzen, durch keins der anderen Geräte, die ich habe. Ich habe mich wieder komplett verknallt in diesen Sound von PPG. Und das lässt einen dann auch leider nicht mehr los.“

Der Autor bedankt sich sehr herzlich bei Cornel Hecht, Bernd-Michael Land und Wolfgang Palm für wertvolle Informationen und Fotos. Ein großes Dankeschön geht auch an den Besitzer des Wave Computers 360, der mir bei diesem Artikel mit Rat und Tat zur Seite stand. Er hat es mir auch ermöglicht, in seinem Studio die Klangbeispiele aufzuzeichnen. Ohne solche Synthesizerenthusiasten wären Beiträge wie dieser gar nicht mehr möglich.

Report: PPG Wave Computer 360

Ein Meilenstein in der Geschichte der Synthesizer: Der PPG Wave Computer 360 und der Sequenzer 350. (Foto: Costello)

 

 

 

 

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Fazit

Wolfgang Palms Wave Computer 360 ist ein Meilenstein in der Synthesizergeschichte. Palm führte mit den Wavetables ein völlig neues Syntheseprinzip ein. Und er versuchte von Anfang an, ein analoges Interface für die neue Digitaltechnik zu etablieren. An einem Wave Computer kann man live schrauben, an einem DX7 eher nicht. 1979 ahnten allerdings nur wenige, was für großartige Möglichkeiten in diesem Instrument stecken. Mit nur 40 verkauften Geräten war dem Wave Computer 360 kein großer Erfolg beschieden. Das galt auch für das System 340/380, das im Prinzip den Waveterm schon vorwegnahm. Für Wolfgang Palm galt damals tatsächlich: Er war seiner Zeit weit voraus. Er musste hinnehmen, dass sein digitales Prinzip der Klangerzeugung von den Kunden mit der Frage quittiert wurde: Wo ist das Filter? Und damit meinten sie sicher nicht das Trackingfilter auf den Voiceboards, das – wie wir aufzeigen konnten – die etwas körnigen 8-Bit-Klänge des Wave Computers glättete. Wolfgang Palm gab dem allgemeinen Drängen beim Nachfolger Wave 2 schließlich nach und verbaute ein analoges Filter mit Cutoff und Emphasis-Regler. So wie er später dem Wave 2.2 einen zweiten Oszillator spendierte. Marketingtechnisch konnte das dann als „das Beste aus zwei Welten“ beworben werden. Mit dem Waveterm öffnete sich PPG dann auch konsequent der Welt des Sampling. Der Erfolg rechtfertigte diese Strategie: PPG Wave 2.2 und 2.3 gehörten in den 80er Jahren zum Standard-Rig vieler Profi-Keyboarder.  Nicht in Vergessenheit geraten darf darüber das einzigartige Instrument, mit dem die Wavetable-Synthese 1979 begonnen hat: Der PPG Wave Computer 360.

 

 

Plus

  • Erster Wavetable-Synthesizer
  • Sammlerlegende
  • Überzeugender Klang
  • Teilweise analoges Benutzerinterface

Minus

  • Bedienungskonzept nicht sehr intuitiv
  • Ultrarar und entsprechend teuer

Preis

  • Schwierige Preisfindung, da ultrarar.
  • Ein defektes Exemplar wurde 2023 für um die 6.000 Euro angeboten
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    PaulusS

    Durch den Hybridoszillator verstehe ich auch, warum der 360 manchmal so warm für einen digitalen Synthesizer klingt. Der ist schon etwas besonderes.

  2. Profilbild
    Cavestudioschweiz

    Ein wirklich bahnbrechendes Instrument. Herzlichen Dank für diesen umfangreichen, toll recherchierten Artikel – Wiedermal ein Benchmark für einen Bericht. Einfach grossartig!
    Hier noch ein schönes PPG 360 YouTube-Klangdemo (darin finden sich viele Klänge, die Tangerine Dream prominent eingesetzt hatte): https://youtu.be/MGgM0R_Tpxc

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Cavestudioschweiz „Wiedermal ein Benchmark für einen Bericht“. Mittlerweile komme ich zu der Auffassung, Costello sollte mal einen Bestseller der Marke „Daemon“ schreiben, wenngleich er sogar den vielgerühmten William Gibson locker in die Tasche stecken könnte. 😎 Habe es nur bis zum ebenfalls tollen Video von Stephen und Torsten geschafft, den Rest spare ich mir für Sonntag auf. Beim hören ist mir nochmal aufgefallen, wie sehr der Kawai K4 PPG-like klingen kann, und darüber hinaus. Was Wolfgang Palm da geschaffen hat ist monströs und steht in keiner Weise den anderen Pionieren nach. Wenn ich mir meine Synths und Plugins anschaue, dann sind Wavetables und auch ROM-Waves nicht wegzudenken.

      • Profilbild
        costello RED

        Hi Kazimoto, lieben Dank, aber für die Thriller in der Amazona-Redaktion ist Peter Grandl zuständig, der mit Turmschatten und Turmgold zwei echte Pageturner geschrieben hat. Ich versuche mich weiter in der kurzen Form.😉

        • Profilbild
          iggy_pop AHU

          @costello Turmgold klingt wie die Grassorte eines emsigen Home Growers.

          Hoffentlich ist er auch so high, der Turm.

    • Profilbild
      costello RED

      @Cavestudioschweiz Danke für Dein nettes Feedback und den Link, der schön zeigt, wie musikalisch der 360 klingen kann. 🙂

  3. Profilbild
    Findus

    Bravo und ein herzliches Dankeschön – toller Musik-Journalismus. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte der innovative Jazzer Jasper van t’Hof den PPG Wave Computer 360 ab 1980 in seinem Live-Setup integriert.

  4. Profilbild
    herw RED

    Lieber Costello, ich liebe deine Wochendartikel und bade gerade darin. Ich verfolge auch alle deine Links, daher dauert es schon mehrere Tage um deine Artikel zu lesen.
    Deshalb gibt es auf die Schnelle schon jetzt ein großes Dankeschön 😎
    herw

    • Profilbild
      costello RED

      @herw Lieber Herw, ich sollte meine Artikel eigentlich nur zwischen November und März veröffentlichen. Das schöne Sommerwetter ist doch eigentlich viel zu schade dafür, um da lange Artikel im Internet zu lesen.😉

  5. Profilbild
    iggy_pop AHU

    Seriennummer 001 des Ur-360 ging an Edgar Froese, Seriennummer 002 an Lutz Rahn von der Hamburger Band Novalis. Lutz‘ 360 stand jahrelang — zusammen mit dem PPG 1002 und einem EMI-Mellotron M-400 — in seinem Studio in Altona, bis er zusammen mit dem restlichen PPG-Equipment aufgekauft wurde. Der 360 von Lutz hatte einige Modifikationen von Palm erhalten, u. a. doppelten Speicherplatz. Nach einer Odyssey von Hamburg nach Münster über Bochum und Essen ging 002 auf Reise nach Italien, wo er heute steht (siehe Keyboards 09/1995).

    Der oben gezeigte 360 stammt aus der Sammlung von Armin Stöwe, der neben diesem Ur-360 auch einen 360B hatte nebst sieben oder acht 340/380 Systemen.

    Ein weiterer (prominenter) User des 360 war Rolf Trostel, der auf seinen drei Alben „Inselmusik“, „Two Faces“ und „Der Prophet“ den 360A in Kombination mit dem 350 Computer Sequencer einsetzte. Jasper van’t Hof war ebenfalls ein früher 360-User, genauso wie Lars Stroschen (Propeller Island), ebenso Zeus B. Held. Die belgischen Soft-Elektroniker AGE hatten einen von zwei schwarzen 360B in ihrem Setup. Der 360A in meinem Setup wurde 1998 aus dem Computerschrott beim Recyclinghof Recklinghausen gerettet. Keine Ahnung, wer der Vorbesitzer war.

    • Profilbild
      iggy_pop AHU

      @iggy_pop Der Ur-360 ist oben prominent zu sehen, der 360A hat ein leicht abgeändertes und weniger klobiges Gehäuse (aber immer noch aus solidem Stahlblech), der 360B aus dem letzten Baulos (auch als 360A gelabelled und nur intern als 360B benannt laut Stefan Hübner) steckt schon im Gehäuse des Nachfolgers Wave 2. Drei 360B wurden mit weißem Panel ausgeliefert, zwei mit schwarzem, bevor der 360B eingestellt wurde und stattdessen der 360C die Bühne betrat: Der Wave 2.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @iggy_pop What?? Bei mir hat es nur für einen ausgeschlachteten Moog Prodigy aus dem Sperrmüll in Duisburg-Rheinhausen gereicht. Er fristet sein Dasein als Deko und vielleicht packe ich da mal einen Mavis oder sowas rein.

    • Profilbild
      Bernd-Michael Land AHU

      @iggy_pop Bist du sicher, das der PPG 360 mit der Seriennummer 002 bei Lutz Rahn gelandet ist?
      Meinen 360er hatte ich damals, direkt von Armin Stöve gekauft und dieser trug zweifellos die SN 002, wie man sehr schön auch auf dem Foto hier erkennen kann:
      https://bernd-michael-land.com/2007/11/29/ppg-wavecomputer-360/

      Er hatte links neben dem LFO auch noch Modifikationen, da wurde nachträglich (lt. Armin noch von Wolfgang Palm) ein Poti und zwei Schalter eingebaut.

      Manchmal gehen Synthesizer aber auch seltsame Wege, vielleicht landete der irgendwann wieder bei Armin zur Reparatur oder sonstwas.

      • Profilbild
        iggy_pop AHU

        @Bernd-Michael Land Ja, bin ich. Ich habe damals bei Lutz in das Gerät reingeschaut, um mir die Speichererweiterung anzusehen. Von Lutz habe ich auch die Info, daß #001 an Edgar Froese gegangen war und er „nur“ #002 bekommen hatte.

        Die Modifikationen neben der Tastatur waren nicht nur ein Umschalter zur zweiten Speicherbank, sondern auch ein Reset Button, falls sich die ganze Nummer mal wieder selbst abschoß.

        Der weiße 360B, der heute in Wien steht, hatte zwei zusätzliche Lautstärkeregler spendiert bekommen, der 350 einen zusätzlichen Drehregler für eine nicht mehr ganz nachvollziehbare Funktion. Heute leistet der 350 dem Großen Moog von Klaus Schulze gute Gesellschaft. Vorbesitzer war übrigens Hendrik Schaper, der ihn in einem Osnabrücker Musikladen in Kommission gegeben hatte.

        Als ich im Frühjahr 1997 mit Cosmic Hoffmann bei Lutz war, um das Mellotron abzuholen, hatte ich Geld im Portemonnaie, um den 360 mitzunehmen — der zu diesen Zeitpunkt bereits verkauft war mitsamt dem 1002, einem 2.2 mit Waveterm und EVU sowie einer HDU mit Commander.

        Es stellte sich heraus, daß der 360 erst in Münster bei Rudi gelandet war, der ihn an den Wattenscheider Orgelsammler mit dem Leicher-Keller verkauft hatte, welcher wiederum den 360 an einen Sammler und Friseur aus Essen weitergetauscht hatte (gegen 50 oder 60 Klopfgeister), von wo aus der 360 dann bei Dir und dann bei Nicola landete.

        Ob Armin irgendwo dazwischen war? Wer weiß das schon.

        • Profilbild
          Bernd-Michael Land AHU

          @iggy_pop Boooaaaah, das ist alles scchon so ewig lange her, dann war das wohl so.
          Ich hatte so irre viel PPG-Stuff in meinem Studio, für kurze Zeit auch einen leicht defekten 360B. Teilweise ging das Equipment später nach Italien zu Nicola und Fabio zur Reparatur aber auch zum Verbleib.
          Wahrscheinlich war der erste 360 von Michael Leicher und der 360B von Armin. Dann waren da noch die beiden Sonic Carrier 1003, der Wave 2.0, PPG 1002, 1020, 350, 390, 300, fast die ganze Palette.

          • Profilbild
            iggy_pop AHU

            @Bernd-Michael Land Der weiße 360B aus der Stöwe-Sammlung steht heute in Berlin bei einem bekannten Fachautor (der bei mir einen 360A ausprobieren durfte und Blut leckte). Vor ein paar Jahren tauchte mal ein weißer 360 in Salzburg auf, und meiner steht heute in Wien bei einem nicht ganz unbekannten PPG-Liebhaber. Einer der beiden schwarzen 360B stand vor einigen Jahren mal auf eBay und landete daraufhin bei einem Sammler in England. Was mit dem von AGE passierte, weiß ich nicht.

            Der 360 aus dem Leicherkeller landete später bei Dir (zusammen mit dem 1020 mit dem Pitch Wheel und den Wave-2-Knöpfen), der Ur-360 aus der Stöwe-Sammlung bei einem PPG-Liebhaber aus unseren Landen (der auch TD-Coverversionen damit realisiert).

            Dein 300-System verkaufte Udo Hanten noch kurz vor seinem Tod nach England; eine dortige Technikerin, die das Monstrum überholen sollte, wandte sich voller Entsetzen ob der hanebüchenen Verarbeitung hilfesuchend an mich wegen Schaltplänen, aber helfen konnte ich ihr nicht…

            Einen 1003 hatte ich zwei Jahre lang hochkant hinter der Küchentür stehen, bis ich endlich eine Möglichkeit fand, ihn nach Amiland zu verschiffen. Interessanterweise hatte der sowohl Seriennummer 004 als auch 005… dafür hat er auch nie funktioniert.

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              costello RED

              @iggy_pop Provenienzforschung bei Synthesizern! Ich krieg mich nicht mehr ein. 😀Als Kunsthistoriker kenne ich das ja von alten Barockschinken. Aber auch bei PPG-Synthesizern lässt sich wunderbar spekulieren und rekonstruieren, wer wann welches Instrument hatte. Super!

    • Profilbild
      costello RED

      @iggy_pop Hi Iggy, ich hatte gehofft, dass Du hier richtig einsteigst! 🙂 Danke für die vielen ergänzenden Infos. Wie Tho65 unten richtig schreibt: Du könntest sicher auch solche Stories schreiben.

    • Profilbild
      PPG360F

      @iggy_pop Hallo iggy_pop,
      bist Du Dir sicher, dass der 360 mit SN.001 an Meister Froese ging?
      Auf den Fotos sieht man bei ihm immer ein Modell aus der späteren Baureihe mit geänderter Siebdruckgrafik
      Kann natürlich sein, dass er die 001 später nochmal getauscht hat.

      Die 002 ist (ehem. Bernd-Michael Land) tatsächlich nach Italien gegangen mittlerweile komplett zerlegt/zersägt und in ein PPG Modulsystem integriert und mit separater Tastatur versehen.
      Er wurde in dieser Form letztes Jahr mal auf „Reverb“ für 26k€ angeboten.

      Über Seriennummer 003 habe ich bisher leider noch nichts rausfinden können.
      Nur interessehalber, was macht Dich so sicher das der hier gezeigte 360 aus der Sammlung von Armin Stöwe stammt?
      Sehr spannend.
      Grüße!

      • Profilbild
        iggy_pop AHU

        @PPG360F „[…] bist Du Dir sicher, dass der 360 mit SN.001 an Meister Froese ging? […]“

        Warum sollte Lutz Rahn mir Blödsinn erzählen? Immerhin war er einer von Palms ersten Stammkunden. Was Wunder, Hamburger Szene und so.

        „[…] Auf den Fotos sieht man bei ihm immer ein Modell aus der späteren Baureihe mit geänderter Siebdruckgrafik […]“

        Ich sehe bei Froese immer nur einen Wave 2 mit grundlegend abweichender Panelbeschriftung. Der 360 sieht so aus wie die anderen 360, die ich kenne. Ob Palm von Gerät zu Gerät die Beschriftung geändert hat, entzieht sich meiner Kenntnis — überraschen würde es mich nicht.

        „[…] Nur interessehalber, was macht Dich so sicher das der hier gezeigte 360 aus der Sammlung von Armin Stöwe stammt? […]“

        Weil der 360 von Kenneth Abildgaard woanders hingegangen ist und ich einige hundert Bilder aus dem Stöwe-Nachlaß habe (an mich wurde seinerzeit über Umwege die Auflösung der Sammlung herangetragen. Als ich als Provision das Moog-System verlangte, war das Thema dann ganz schnell vom Tisch).

        „[…] Die 002 ist (ehem. Bernd-Michael Land) tatsächlich nach Italien gegangen mittlerweile komplett zerlegt/zersägt und in ein PPG Modulsystem integriert und mit separater Tastatur versehen.
        Er wurde in dieser Form letztes Jahr mal auf „Reverb“ für 26k€ angeboten. […]“

        Habe ich gesehen. Was für ein blöder Wichser.

        • Profilbild
          PPG360F

          @iggy_pop Danke Dir für die ausführliche Antwort!

          Es gibt einige Bilder von Froese mit seinem PPG360.
          Hier anscheinend sein Heimstudio von 1979 (etwas weiter unten):

          https://www.harmonycentral.com/forums/topic/185852-cool-pic-of-edgar-froese-tangerine-dream/

          Der PPG 360 der dort zu sehen ist taucht auch in späteren Aufnahmen wieder auf.
          …und dann genau wie Du schreibst auch im Duett mit einer frühen Wave 2 Version.

          Es ist mit ziemlicher Sicherheit eine Seriennummer ab „005“ aufwärts.

          Zu erkennen an: Gegenüber den SN. 001-004 geänderten Siebdruckmaske („Wavecomputer“ zusammengeschrieben, Tastaturnummerierung nicht mehr auf dem Panel sondern direkt über der Tastatur, LFO/Wheel Beschriftung vorhanden, etc. ).
          Ebenso wie der 360er von Kenneth (jetzt in Frankreich), das ist auch ein späteres Modell der Urbauform. Also Seriennummer 005 aufwärts.

          Was man hier nicht sieht: Ab Sn. 005 gibt es dann auch den weissen rechteckigen Kipp-Netzschalter den man von den späteren Waves kennt und nur noch einen Netztrafo. Das hintere Anschlussfeld wandert nach rechts in Richtung Netzanschluss, etc.

          Man kann die Erste Produktionscharge also ganz gut von den späteren unterscheiden. Daher meine Annahme, das Meister Froese und seine Seriennummer 001 eher eine Studio-Legende sind.

          Ich werde mal die Fotos von der Stöwe Agglomeration durchsuchen ob ich den 360ger finde. Danke Dir für den Tipp!!

          Super spannend und immer etwas neues zu lernen über diese faszinierenden Instrumente.

          Grüße!

          • Profilbild
            iggy_pop AHU

            @PPG360F „[…] Man kann die Erste Produktionscharge also ganz gut von den späteren unterscheiden. Daher meine Annahme, das Meister Froese und seine Seriennummer 001 eher eine Studio-Legende sind. […]“

            Soviel Trainspotting auf einmal… jetzt wird es mir zu nerdig, sorry.

            Was ich persönlich für ein nicht unwahrscheinliches Szenarium (#1) halte (und ich war nicht dabei): Der 001 funktionierte so erratisch, daß Froese ihn selbst zum sinnentleerten Fader hin und her Schieben zum Vollplayback nicht haben wollte. Zu unzuverlässig selbst dafür.

            Deshalb mußte ein Austausch her.

            Szenario 2: TD hatten immer mehrere Geräte vom selben Typ. Entweder, weil sie so toll waren und jeder eines haben wollte, oder weil sie so unzuverlässig waren, daß ein Backup her mußte. Eines der Geräte funktionierte bestimmt. Halbwegs. Irgendwie.

            Immerhin: Das Novatron Mk. 5 (#127A) kann ich zweifellos als das identifizieren, welches ich vor Ewigkeiten mal verwenden durfte.

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              PPG360F

              @iggy_pop Na, aus der Trainspotting Nummer jetzt noch so kurz vor dem Bahnhof rauszukommen wird schwierig :)

              Die Szenarien klingen für mich beide realistisch.
              Allerdings spricht gegen #1, dass der 360er hier im Bericht schnurrt wie ein Kätzchen und so sauber und fehlerfrei läuft wie für einen PPG nur irgend möglich. …und das trotz Wire-Wrapping und stellenweise Prototypen-Verdrahtung.
              Ich denke also nicht dass es mit den ersten fünf gebauten PPG360 allzu viele Probleme gab.

              Szenario #2: Vielleicht, aber dann wäre der 360er Nr. 001 sicher irgendwo mal auf Studiofotos oder Konzertdokus zu sehen gewesen. Die Anschaffungskosten waren sicher auch für TD nicht Portokasse. Die beiden 360ger wären bestimmt eingesetzt worden. So sie denn wirklich zwei gehabt hätten.

              Na ja, man wird den Verbleib der SN001 wohl leider erstmal nicht mit letzter Sicherheit nachvollziehen können.
              Ich bleibe dran :)

              Grüße!

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        Bernd-Michael Land AHU

        @PPG360F Im Netz kursiert ein altes Foto von 1979 (Synco Studio?), wo Klaus Schulze vor einem PPG-300 Modularsystem sitzt, bei dem die oberste Modulreihe gegen die Frontplatte eines PPG 1003 getauscht wurde.
        https://www.klaus-schulze.com/photos/7910.htm

        Die Höhe des Panels entspricht exakt 5U, da musste also nichts gesägt werden.
        Dieses Bild diente Fabio wohl als Idee für die Umsetzung, jedenfalls hatte er immer davon geschwärmt. Wie das angesteuert wird, weiß ich allerdings nicht.

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          iggy_pop AHU

          @Bernd-Michael Land Das ist das alte 300 von Lutz Rahn, welches später an Klaus Schulze und die Synthesizerschule von Schulze ging.

          Von da aus ging es an das Audio-Studio in Berlin (siehe die Studioszene in „White Star“ mit Dennis Hopper) und landete irgendwann — dank der guten Kontakte — bei Mirko Lüthge.

          Heute besitzt offenbar Mel Wesson dieses System (siehe diverse Node-Fotos aus den Booklets).

          • Profilbild
            knarzman

            @iggy_pop Dieses 300er System steht schon lange bei mir ;-) Allerdings hatte einer meiner Vorgänger wohl den 1003 entsorgt, weil er defekt war !!!

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      Codeman1965 AHU

      @iggy_pop < "...Novalis..." >

      Ich hatte seit elend langen Zeiten ein Stück im Hinterkopf, das ich in grauer Vorzeit öfter bei einem Bekannten gehört habe. Weiss der Otter, ich kam nicht drauf, was es war.

      Bei „Novalis“ hat es klick gemacht, es war „Sommerabend“. Höre ich jetzt erst einmal ein paar Jahre…

      Und Danke für Deine detailreichen Ausführungen, die Du immer wieder ‚raushaust.
      Ich lese das immer mit großem Interesse…

      @ costello:
      Deine Artikel natürlich auch …!!! :-)

    • Profilbild
      PPG360F

      @iggy_pop Hallo nochmal iggy_pop,

      Zitat:
      „Der oben gezeigte 360 stammt aus der Sammlung von Armin Stöwe, …“

      Da muss ich Dich leider korrigieren: Der oben von costello vorgestellte PPG 360 stammt definitiv nicht aus der Sammlung von Armin Stöwe.

      Ich habe mir mal die Fotos der Ströwe Sammlung angesehen.
      Er hatte einen weissen 360 und einen schwarzen 360 aus der späteren Baureihe der mit zwei zusätzlichen Potis auf dem Bedienpanel modifiziert war.

      Der Ströwe 360 wurde für einen „Keyboards“ Artikel fotografiert und ist hier zu sehen:

      https://www.keyboards.de/stories/die-ppg-story/

      Der hier vorgestellte PPG 360 stammt aus der ersten Baureihe von höchstens 5 Exemplaren:
      Die Seriennummen „001“ bis „004 “ und vermutlich ein Prototyp „000“.

      Die ersten vier PPG 360 unterscheiden sich wie oben bereits erwähnt sowohl was den inneren Aufbau angeht als auch vom Gehäuse und der Bedruckung her von den späteren Ur-360gern.

      Aber es hätte ja auch passen können, also nochmal danke für den Hinweis.

      Grüße!

  6. Profilbild
    Nik Elektrik

    Deshalb bin ich hier.

    Lieber Costello,
    Herzlichen Dank für dieses wunderbare Porträt, durch das meine Wertschätzung des 360 und des Lebenswerks von Wolfgang Palm nochmal gestiegen ist. Großartige Lektüre, pures Glück. 👍

  7. Profilbild
    Tomtom AHU 1

    Ich fasse kurz zusammen: interessant, lehrreich, tiefgründig, unterhaltsam! Ein typischer Costello eben! Herzlichen Dank für diese fantastische Lektüre über einen der faszinierendsten Synths überhaupt! Das war der Vorbote der „digitalen Revolution“, die ab den frühen 80ern die Musik prägte wie vorher nichts anderes. Leider war PPG nicht so ein Dauerbrenner wie Moog oder die großen Japaner, die Erfindungen von Wolfgang Palm waren aber mindestens genauso richtungsweisend!

    • Profilbild
      costello RED

      @Tomtom Danke Tomtom! 🙂 Wolfgang Palm hat damals wirklich geniale Instrumente geschaffen. Ich find’s toll, dass Groove Synthesis die Idee der Wavetables jetzt wieder aufgegriffen hat. Eine späte Hommage an Palm. Und das Teil klingt – auch im direkten Vergleich mit einem 2.2 – richtig gut.

  8. Profilbild
    Flowwater AHU

    Boa, ey, costello, Alter ey! AL-TER!!!

    Ich habe den Artikel VERSCHLUNGEN! Und dann gleich noch mal. So viel geballte Informationen über diese uralten Geräte aus Meister Palms Hand … das ist der Hammer. Und dann auch noch gespickt mit so vielen Detailinformationen. Ich wusste bis eben gerade zum Beispiel gar nichts von der Existenz des »Kühlschranks« (»340 A«, »340 B« und »380«) oder von dem Sequencer-Teil »350«. Die Leute, die diese Geräte damals im Einsatz hatten – so wenige es auch gewesen sein müssen – die müssen ja seelisch GEFLOGEN sein, ob der Möglichkeiten, die sich da eröffneten (und haben dann vermutlich gleich wieder eine Bruchlandung hingelegt, als es an die Nutzung ging).

    Bei dem Ganzen darf man auch nicht vergessen, dass Wolfgang Palm diese Geräte alle selber erdacht, entwickelt und gebaut hat (von den analogen Modular-Systemen ganz zu schweigen). Das war eine irre Menge an Geräten. Hut ab, kann ich nur atemlos staunend sagen.

    Deswegen: Vielen lieben Dank – wieder einmal – für diesen Artikel. Und an Wolfgang Palm, der diese fantastischen Geräte gebaut und die Musik damit ermöglicht hat.

    • Profilbild
      iggy_pop AHU

      @Flowwater „[…] Die Leute, die diese Geräte damals im Einsatz hatten – so wenige es auch gewesen sein müssen – die müssen ja seelisch GEFLOGEN sein, ob der Möglichkeiten, die sich da eröffneten […]“

      Die meisten werden sich eher die Haare gerauft oder Suizid als durchaus akzeptablen Ausweg in Erwägung gezogen haben; der 350 ist vom Konzept her absolut brillant, leidet aber — wie auch der 360 — an seinem fortgeschrittenen Prototypenstatus: Nicht unbedingt betriebssicher, nicht ohne weiteres mit externen Clock-Quellen zu synchronisieren (es sei denn, das spezielle Syncboard war als Retrofit installiert worden, ähnlich wie das optionale DRS-2-Interface später für den Wave 2), und die Verarbeitung war zuweilen auch eher… ähm, unkonventionell zu nennen (mit fliegender Verdrahtung etc.).

      Der Keyboarder von Straight Shooter erwarb irgendwann ein riesiges 300er System, welches hinten und vorne nicht richtig funktionierte. Ob der Tausch gegen einen 350 Sequencer wirklich die sinnvollste Entscheidung war…? Wir werden es nie erfahren. Ähnliches Leid erlebte Peter Seiler mit seinem sehr großen 300er Modulsystem.

      Zum Glück haben die Entwickler bei Arturia viele (leider nicht alle) von den Funktionen des 350 in ihren Keystep einfließen lassen, der doch deutlich zuverlässiger und vielseitiger seinen Dienst verrichtet.

      • Profilbild
        Flowwater AHU

        @iggy_pop Die meisten werden sich eher die Haare gerauft oder Suizid als durchaus akzeptablen Ausweg in Erwägung gezogen haben […]

        LOL 😁

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        Bernd-Michael Land AHU

        @iggy_pop Mein Computer Sequencer 350 ist ständig in Reparatur gewesen und so richtig funktionierte er leider nie. Ein tolles Konzept, aber handwerklich war es einfach nur Bastelkram, wie so oft bei PPG.

        • Profilbild
          PPG360F

          @Bernd-Michael Land Hallo Bernd,
          da hattest Du vielleicht etwas Pech mit Deinem 350. Der hier auf den Fotos funktioniert zumindest ganz hervorragend, sowohl über CV/Gate als auch am Datenbus des PPG360. Allerdings wurde er auch gewartet.
          Grüße!

      • Profilbild
        costello RED

        @iggy_pop Bei meinem Bruder läuft sein PPG 300-System wunderbar. Und dank Bernd-Michaels supernetter Spende auch wieder vollbeknopft. 🙂

    • Profilbild
      costello RED

      @Flowwater Hi Flowwater, danke für die Blumen und ja – vor der phantastischen Lebensleistung von Wolfgang Palm und seinem Mut immer wieder völlig neue Wege einzuschlagen, kann man nur den Hut ziehen.

  9. Profilbild
    am.syn

    Klasse und auch sehr ausführlich mit Liebe zum Detail.
    All das kann ich nur bestätigen.
    Mein 360er besitzt eine höhere Seriennummer. Wolfgang sagte mir mal das ich eine der letzen der Baureihe habe dir schon deutlich ausgereifter waren.
    Der 360er ist pure 8 Bit digitale Magie nichts im Vergleich zu heutigen Wavetable Kreationen. Selbst die 2.2 und 2.3er haben nicht mehr die Wärme wie der 360er, sie konnten aber deutlich mehr.
    Das Filter ist aus meiner Sicht nicht nötig und würde den Noisy 8 Bit Charme eher abträglich sein.
    Dieses digitale Röcheln und der Körnige Character gepaart mit Aliasing ist einzigartig.

    Hier mal ein älteres YT Video von meinem 360er….vielleicht sollte ich mal ein neues machen 😀

    https://www.youtube.com/watch?v=vKUQ3OEieZ4

    Sonnige Grüße aus Hamburg 🚀

    • Profilbild
      iggy_pop AHU

      @am.syn „[…] Selbst die 2.2 und 2.3er haben nicht mehr die Wärme wie der 360er, sie konnten aber deutlich mehr. […]“

      Wärme bei PPG im allgemeinen und beim 360 im speziellen — ein interessanter Gedanke.

      Vielleicht sollte ich die Teile mal vor die Heizung stellen?

      Organisch, komplex, reibend, hobelnd, knirschend… das ja, aber „warm“? Da gehen unsere Definitionen von „warm“ weit auseinander, schätze ich.

      Schönes Beispiel für den raspelnden Charakter des 360: Tangerine Dreams „Mojave Plan“, nach dem Intro, wenn die Sequenzer loslegen, diese zuerst klirrende und dann schabende Drone-Klang (Preset #18).

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        exitLaub

        @iggy_pop Liegt evtl. daran, daß viele den PPG-Sound nur von diversen Softwareemulationen kennen. Da hobelt, knirscht und reibt einfach nichts.

        • Profilbild
          iggy_pop AHU

          @exitLaub Du möchtest mir also mein Urteilsvermögen absprechen bzw. unterstellen, daß ich nur die Plugins kenne?

          Kühn.

          Oder möchtest Du damit sagen, daß die Emulationen glattgebügelt sind und nicht das eingefangen haben, was den frühen PPG-Klang ausmacht?

          Bitte um Aufklärung.

          • Profilbild
            exitLaub

            @iggy_pop Ach Käse, das ist doch ein Mißverständnis. Immer schön langsam reiten. Du kennst den schabenden PPGsound natürlich.
            Viele andere kennen nur den glatten Softwaresound und empfinden diesen vielleicht auch noch als warm und angenehm.

      • Profilbild
        am.syn

        @iggy_pop Das ist absolut richtig der 360 kann auch klirrend schrill und kalt sein das steht ausser Frage. Die Presets würde ich jetzt nicht als das Maß der Dinge heranziehen und auch nicht Tangerine Dream :) Wenn man sich aber mal mit den Wavetables beschäftigt und nicht die drastischen Einstellungen nimmt kann der durchaus sehr Warm für einen Digitalen Synthesizer klingen. Natürlich nicht so wie ein alter Analoger. Ne Heizung kann natürlich auch hilfreich sein :)
        Falls du einen 360 hast schraub mal ein wenig herum du wirst evtl. überrascht sein…🙂

        Gruß Volker

        • Profilbild
          iggy_pop AHU

          @am.syn „[…] Falls du einen 360 hast schraub mal ein wenig herum du wirst evtl. überrascht sein… […]“

          Nein, isses wahr? Nicht die Menschenmöglichkeit…!

          Jetzt weiß ich endlich, woran es in den letzten 22 Jahren gescheitert ist.

          Ich habe aber auch keine Ahnung, sondern nur eine große Schnauze, wie jeder weiß.

      • Profilbild
        PPG360F

        @iggy_pop „Schönes Beispiel für den raspelnden Charakter des 360: Tangerine Dreams „Mojave Plan“, nach dem Intro, wenn die Sequenzer loslegen, diese zuerst klirrende und dann schabende Drone-Klang (Preset #18).“

        Der klirrende Start klingt mir ehrlich gesagt eher nach dem PPG Wave 2 und nicht nach dem 360.
        Für Interessierte die nicht beide PPGs haben: Der Unterschied ist in costellos Klangbeispielen mit beiden Synths gut zu hören.
        Der 360 klingt durch den diskreten Tiefpass Filter immer recht weich im Vergleich zum brutalen Klang des Wave 2 mit geöffnetem IC-Filter.

        Mit scheint es, dass bei TD viele Wave 2 Klänge fälschlicherweise dem 360 zugerechnet wurden, da man annahm er hätte keinen Filter. Daher auch die schwachsinnige Legende vom dem „Kalten“ Digitalklang des 360.

        Grüße!

      • Profilbild
        Beatnik ymo

        @iggy_pop Zumindest kann man mit dem PPG 360 A außer alle den crazy Sounds sehr warme Flächen & Pads spielen… Das ist Fakt – PUNKT

  10. Profilbild
    THo65

    Wieder ein Mega-Artikel von Costello, vielen Dank dafür.

    Ach ja, den PPG 1020 hatte ich auch mal. Den späteren Verkauf (aus Geldmangel) bereue ich bis heute. Tolles Teil…!!

    • Profilbild
      iggy_pop AHU

      @THo65 Den verkauft zu haben (ohne zwingende existenzielle Notwendigkeit) war überaus töricht und eine der fragwürdigsten Entscheidungen, die ich je getroffen haben.

      Der neue Besitzer sieht das natürlich anders.

      • Profilbild
        THo65

        @iggy_pop In der Tat…

        Sag mal, woher hast du dieses Insider-Wissen? Von deinen Kommentaren her könntest du durchaus ähnliche Stories wie Costello verfassen….

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          iggy_pop AHU

          @THo65 „[…] Sag mal, woher hast du dieses Insider-Wissen? […]“

          Nach mehr als 35 Jahren Beschäftigung mit der Materie bleibt hier und da ein bißchen was hängen.

          „[…] Von deinen Kommentaren her könntest du durchaus ähnliche Stories wie Costello verfassen…. […]“

          Wir könnten, aber… (Einstürzende Neubauten)

          • Profilbild
            AMAZONA Archiv

            @Synchead Ja, schade daß so Kanten wie er nicht öfter was raushauen. Ob es da aber noch um den Inhalt oder die Art der Präsentation ginge? Bei der Kunstfigur die er hier geschaffen hat ein schwieriges Unterfangen. 😂

            • Profilbild
              AMAZONA Archiv

              Daß du hier nichts präsentieren willst verstehe ich gut, immerhin ist das mein dritter Avatar. Schön dich wieder ungefiltert lesen zu dürfen. Ob wir hier Kunstfiguren sind oder was anderes, das entscheiden nicht wir selbst. Ist auch kein Wettbewerb hier, jedenfalls nicht in meiner Welt. Würde mich freuen dich mal persönlich kennenlernen zu dürfen, wann ist das nächste Konzert in der Nähe von Duisburg? Reiß dich aber bitte zusammen, mein Sohn (7) kommt mit. 😄

            • Profilbild
              iggy_pop AHU

              Schade, daß die Antwort, die ich Dir auf obige Bemerkung gegeben habe, herauszensiert worden ist, ohne mich vorher davon in Kenntnis zu setzen — als hätte es einer Erklärung bedurft, warum ich hier keine Beiträge schreiben werde.

              Wie dem auch sei: Da hast Du sie, und nein, ich bin keine Kunstfigur (sieht man von dem Avatar-Bildchen ab).

              • Profilbild
                AMAZONA Archiv

                @iggy_pop Ich sah es nicht kommen….. 😂 Aber kein Grund in die Hose zu machen. Steht denn bald wieder in der Nähe ein Konzert an, z.B. im Planetarium Bochum?

                • Profilbild
                  iggy_pop AHU

                  Danke der Nachfrage, aber ich muß Dich enttäuschen: Auf Konzerte (vor allem selbst organisierte und/oder schlecht bezahlte) habe ich keine große Lust mehr.

                  Da halten sich Aufwand und Nutzen nicht die Waage.

    • Profilbild
      costello RED

      @THo65 Danke THo65! Das mit dem 1020 ist natürlich schade. Anders als einen Minimoog, findet man den nicht so schnell wieder.

      • Profilbild
        iggy_pop AHU

        @costello Meinen habe ich 1998 mit der Bahn in Köln abgeholt — beim ersten Besitzer, der das Teil damals neu gekauft hatte. Und so sah der 1020 auch noch aus.

        Beim Umsteigen in die Straßenbahn am Neumarkt sprach mich ein Rollifahrer auf das Teil an und meinte, das sei ja eine ziemliche Rarität und wohl auch schon ziemlich alt. Ich glaube, er meinte nicht mich.

        Der Vorbesitzer war übrigens Alex Wiska (Alex Oriental Experience). RIP.

  11. Profilbild
    THo65

    Cool…

    „Wir könnten, aber“ wäre doch auch mal eine Story wert…. ( one of my favourites)

  12. Profilbild
    mdesign AHU

    toller artikel, habe mit höchstem interesse gelesen. besonders schön, dass auch ein bisschen technik zur sprache kommt.

    ich bin kein goßer fan der PPG-sounds. in den 80ern fand ich sie toll, weil sie so ‚digital‘ klingen. aus ebendiesem grund mag ich sie heute nicht mehr so sehr. nichtsdestoweniger: die PPGs sind meilensteine der synthesizer-geschichte und highlights deutscher ingenieurskunst.

  13. Profilbild
    knetonator

    Moin Costello,

    ein wirklich guter Artikel, mit vielen Infos. :)
    Vielen Dank dafür ! :D

    Bei einem kann ich Dich aber berichtigen…
    Marienbergs und ich haben zusammen drei 340/380er Systeme.
    Aber keines dieser Systeme läuft, und hat es bisher auch nicht geschafft.
    Die sind auch ganz schön verbastelt, und da müsste erstmal der Urzustand wiederhergestellt werden.
    Dazu hatte bisher nur keiner die Zeit, da es auch keine richtigen Pläne gibt, und es ein riesen Aufwand ist. :(
    Zudem müsste die ganze Software irgendwie anders in das System geladen werden.
    Armin hatte es über Waveterms gemacht, aber das ist alles nicht das gelbe vom Ei.
    Und die Entwicklung ist ein langer Weg..

    Ansonten gebe ich Dir vollkommen Recht, was den Klang des 360 angeht.
    Nachdem ich meinen mal nach einer ganzen Weile kalibriert hatte,
    und ihn dann anspielte, war es so, als ginge die Sonne auf. :D
    Ich hatte ja noch den Klang vom Wave 2.2 im Kopf, aber da kam es mir so vor,
    als wäre der 360 analoger/wärmer als der Wave.
    Auf jeden Fall ein deutlich besser Klang, als ich es vermutet hatte.
    Zur Zeit ist er aber wegen Reparatur der Tastaturabfrage (und Verleih) woanders unterwegs…

    Das Innenleben des 350 Sequencer würde mich mal interssieren, denn meiner hat den PPG-Bus noch nicht integriert. Die Digitalplatine zur Quantisierung fehlt ihm auch.
    Mein 350 verfügt nur CV/Gate-Out. Der hängt momentan am 1020… ;)

    • Profilbild
      Bernd-Michael Land AHU

      @knetonator Sorry, diese falsche Aussage stammte von mir.
      Ich war 2014 mit ein paar Synthesizern in Aschersleben bei der Ausstellung „Analoge Kunst“ mit dabei und die beiden Marienberger zeigten mir dort ihr feines 340/380-System.
      Dort hieß es, das sie an der Software arbeiten und das System bald funktionsfähig sein wird. Nun denn, manchmal ist es schwieriger als man denkt.

      • Profilbild
        knetonator

        @THo65 Jup, den nutze ich noch ausgiebig, und gerne… und demnächst werde ich ihn auseinander nehmen, zum einen um einen Schaltplan daraus zu zeichnen, und zum anderen hat er ein paar Macken bekommen, die ich gerne beheben würde. ;)

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      am.syn

      @knetonator Schön das nicht nur ich den Klang des 360er als Warm empfinde….das lässt hoffen 🙂

      Gruß aus der Sonnigen PPG Stadt Hamburg 🚀

  14. Profilbild
    Bernd-Michael Land AHU

    Hallo Costello!

    Dein Artikel ist ja irre, du hast wirklich weit ausgeholt und auch viel über die PPG-Geschichte geschrieben.
    Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel, hat vioel Spaß gemacht, den zu lesen!
    🙂

    • Profilbild
      costello RED

      @Bernd-Michael Land Danke lieber Bernd! Auch nochmal für Deine nette Unterstützung und die Fotos! 🙂

  15. Profilbild
    TobyB RED

    Super! Discobeat aus Linn drunter, Sequenzerbass fertig ist der Hit ;-) Funktionierte auch mit späteren PPG treffsicher.

    https://youtu.be/XRD5YK-7Qq4

    Die Soundbeispiele erinnern mit an amerikanische TV Serien der Achtziger. Schöne Würdigung von Wolfgangs Lebenswerk.

  16. Profilbild
    e-online

    Hallo Costello. Danke für den tollen Artikel. Da steckt viel Neues drin, wie z.B. die Festfilter pro Keyboard Segment. Vielleicht ein Grund, warum ein 360 anders klingt als ein Wave 2 oder gar Wave 2.2 mit ganz geöffnetem VCF. Kann man eigentlich die 70 User Sounds extern speichern? Es gibt offensichtlich kein Casetten-Interface. An Sound 61 bis 99 kommt man übrigens durch schnelles Drücken zweier Tasten hintereinander.
    Mach weiter so.

  17. Profilbild
    Uli Ringhausen

    Besten Dank für den schönen Artikel. Als Modifizierung könnte man mit einem einfachen Schalter den / das Trackingfilter überbrücken…..

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      iggy_pop AHU

      @Uli Ringhausen Das würde außer noch mehr Gebritzel wahrscheinlich nichts bringen, da die Filter nicht zur Klangformung dienen, sondern nur der Kosmetik. Bei einer Linn LM-1 könnte man die internen Curtis 3320 vielleicht anzapfen, aber auch das würde eher den Schmutz reinlassen denn musikalisch-klanglich Sinnstiftendes.

      Stefan Hübner erklärte mir mal, daß im 360 auch keine richtigen DA-Wandler in der Audiostufe zum Einsatz kommen, sondern Übertragungstechnik aus der Telefonie — Audio-Wandler waren zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht fortgeschritten genug.

      Wie genau das nun zusammenhängt…? Keine Ahnung, ich bin kein Techniker.

    • Profilbild
      PPG360F

      @Uli Ringhausen „Besten Dank für den schönen Artikel. Als Modifizierung könnte man mit einem einfachen Schalter den / das Trackingfilter überbrücken…..“

      Das wäre in der Tat eine sehr sinnvolle Modifikation und sie steht bei mir schon länger auf der to do-Liste.
      Darüber hinaus liessen sich die Festwiderstände mit nicht allzu grossem Aufwand durch regelbare Widerstände ersetzen, was die Tiefpassfilter dann stufenlos regelbar machen würde. Das Keyboard Tracking könnte man bei Bedarf dazu schalten.

      Ich bin mir 100% sicher, dass das Klangpotential des 360 dadurch sinnvoll erweitert würde.
      Allerdings sollten Modifikationen an einem historischen Instrument wie dem 360 immer reversibel und fachgerecht durchgeführt werden. Ein Rumbasteln sollte man hier tunlichst unterlassen. Bitte keine Bohrungen ins Gehäuse oder ähnliche Missetaten.

      Grüße!

  18. Profilbild
    jan1973

    Ich habe in den 90er Jahren in Oldenburg Informatik studiert und hatte dort Vorlesungen bei Prof. Wolfgang Kowalk. Er war Leiter der Abteilung Rechnernetze und hat u,a, das Lehrbuch ‚System Modell Programm‘ geschrieben, auf dem seine damalige Erstsemestervorlesung basierte.

    Ist dass der gleiche, der hier erwähnt wurde? Hätte ich nicht erwartet bzw. würde mich irgendwie überraschen …

    • Profilbild
      costello RED

      @jan1973 Das wird er sein. Die Programme für Palm hat Kowalk ja noch während des Studiums geschrieben und später hat er eine Informatik-Professur bekommen.

  19. Profilbild
    Ron

    Danke für den absolut informativen Artikel
    Absolut traumhaftes instrument

  20. Profilbild
    Filterpad AHU 1

    Behringer hin oder her. Bei dem PPG Wave II Replika (Behringer Wave) bin ich mir schon hart am überlegen den zuzulegen, wenn er den erscheint. Kann doch wahrlich keiner abstreiten das es gut ist, diesen schönen Synthesizer wieder erschwinglich zu machen.

    • Profilbild
      costello RED

      @Filterpad Den 3rd Wave von Groove Synthesis gibt’s ja schon. Ich habe ihn direkt gegen den 360, Wave 2 und Wave 2.2 gehört und er klingt wirklich sehr gut. Wenn sich ein deutscher Vertriebspartner findet, sinkt der 3rd Wave hoffentlich auch im Preis. Den Behringer würde ich mir aber auch anhören :)

      • Profilbild
        Sensimood

        @costello Dickes Ding haste mit dem Artikel rausgeschossen und ins schwarze getroffen, gab schon lange nicht mehr so viel comments auf einen Thread.
        Ein Quell der Freude zum lesen und, ja, kannte den Kühlschrank 340/380 bisher auch nicht.
        Thx 🙏

        • Profilbild
          costello RED

          @Sensimood Hi Sensimood, war gerade mit der Family zum Abendessen beim Lieblingsitaliener, komme nach Hause, lese Deinen Kommentar und denke: Das Leben ist schön. 🙂

  21. Profilbild
    8 Bit Fighter

    Man sollte auf jeden Fall den RMI Keyboard Computer von 1974 als die erste Generation der digitalen Polysynths erwähnen. Die digitalen Waves des RMI KC sind auch halbe Wellenformen, die gespiegelt werden , um ganze zu erzeugen.

    • Profilbild
      iggy_pop AHU

      @8 Bit Fighter Liest man eine der Lochkarten in den Speicher des Keyboard Computer ein und hält dabei ein paar Tasten gedrückt, so bekommt man einen vagen Eindruck von Wavetables, die sich aufbauen und durchfahren werden.

      Es würde mich nicht überraschen, wenn Palm den KC-2 gekannt hätte, dank einer der zahlreichen Vorführungen von Clark Ferguson auf der Frankfurter Messe.

      Der KC-2 klingt, im Gegensatz zum 360, doch eher zahm und kultiviert, nicht so rüpelig.

      • Profilbild
        8 Bit Fighter

        @iggy_pop Mit einpaar Potis oder Schiebereglern für Waveshping hätte man vielleicht dem KC auch agressive und dreckige Sounds entlocken können. Möglicherweise wollte RMI auch mit Lochkarten Kohle Verdienen. Bei Harmonic Synth haben die Entwickler alles richtig gemacht.

        • Profilbild
          iggy_pop AHU

          @8 Bit Fighter RMI war ein Ableger einer Firma namens Allen Organ Company, die als erste digitale Kirchenorgeln produzierte, bei denen sämtliche Wellenformen digital berechnet waren. Die Lochkarten dienten der klanglichen Erweiterung des Systems, damit man nicht auf das festgelegt war, was an Wellenformen an Bord war.

          Denen ging es nicht um neue, unerhörte Klänge, sondern um gutklingende Simulationen von Kirchenorgeln. Daß da Rockmusiker plötzlich laute Musik mit machten, dürfte so manchen Evangelikalen auf die Palme gebracht haben. Oder zu spontanen Sturzblutungen

          „[…] Bei Harmonic Synth haben die Entwickler alles richtig gemacht. […]“

          Äh. Nein.

          Keine richtigen Hüllkurven für Filter und VCA; keine Crossmodulation zwischen den Oszillatoren; keine komplexe FM, sondern nur ein sehr limitierter LFO; kein Ringmodulator; ein Filter, das die Wurst nicht vom Brot zieht (da hilft auch Multimode nicht mehr); ein überaus seltsames Bedienkonzept; keine echten Spielhilfen, sondern nur ein überdimensionierter Bügel, mit dem man Portamento aktivieren kann…

          Kein Wunder, daß die davon gerade mal 40 oder 50 Geräte gebaut haben, wenn überhaupt.

          Womit der RMI Harmonic in derselben Liga spielt wie der PPG 360. Zumindest in dieser Hinsicht.

    • Profilbild
      PPG360F

      @8 Bit Fighter „Man sollte auf jeden Fall den RMI Keyboard Computer von 1974 als die erste Generation der digitalen Polysynths erwähnen. Die digitalen Waves des RMI KC sind auch halbe Wellenformen, die gespiegelt werden , um ganze zu erzeugen.“

      Wenn ich mich richtig erinnere nutzt der RMI Keyboard Computer, wie auch der monophone PPG1020 wellenformstatische Digitaloszillatoren die von einer klassischen subtraktiven, analogen Klangerzeugung zum Leben erweckt werden.

      Man kann natürlich drüber diskutieren ob der RMI Keyboard Computer mehr Synthesizer oder Digitalorgel ist, aber was den PPG 360 gegenüber dem RMI so besonders macht ist, das er einer der ersten Synthesizer ist, der dynamische Klangveränderungen komplett auf der digitalen Ebene erzeugt.

      Rein digital ist ja auch der PPG 360 nicht, aber der Syntheseschwerpunkt liegt schon eher in der digitalen Welt.

      Ansonsten müsste man z.B. auch den Arp Soloist/Prosoloist anführen, dessen analoge Klangerzeugung schon 1970 dynamisch digital gesteuert war. Zwar nur monophon aber technisch schon recht weit fortgeschritten.

      Der Übergang von der analogen Synthese zum ersten echten Digitalsynthesizer lief schrittweise ab und der RMI lag wohl irgendwo dazwischen.

      Grüße!

  22. Profilbild
    8 Bit Fighter

    Das angebliche Tangerine Dream – Live Konzert 1981 klingt sehr nach Playback und was Christoph Franke im Video macht, ergibt gar keinen Sinn. Fakt ist , daß der Playback – Anteil bei TD – Konzerten schon im Laufe der 70er Jahre immer weniger wurde.

    • Profilbild
      iggy_pop AHU

      @8 Bit Fighter Du meinst sicher, daß der Playback-Anteil immer größer wurde.

      Man sehe sich das legendäre Zirkus Krone-Konzert mit Eberhard Schoener an, wo sinnbefreit auf Tastaturen gehämmert, an Schiebereglern geschoben und auf Taster gehauen wird, als gäbe es keinen Morgen.

      Man höre sich die diversen zeitgenössischen Bootlegs der Logos-Tour oder des Poland-Konzertes an, vergleiche sie, und man wird merken, daß das Backing immer mehr oder weniger dasselbe war, nur die Jams darüber unterschieden sich im Detail:

      Mal waren sie weniger inspiriert, mal überhaupt nicht.

  23. Profilbild
    Jazzheini

    Toller Artikel über ein Instrument, von dem ich noch nie gelesen habe. Für mich war PPG immer die blaue Kiste, die in verkleinerter Form in meinem good old Blofeld steckt.
    Wieder was gelernt. Grazie!

    • Profilbild
      Beatnik ymo

      @Jazzheini Absolut … Mit dem Waldorf Blofeld kommt man soundmäßig stark an den PPG 360 Wavecomputer ran.
      (… allerdings nicht an die ‚blauen Kisten‘ wie Wave 2.0 / 2.2 / 2.3 die haben rein digital nie so geil wie die 360er geklungen)
      Da hat Wolfgang Palm der Fa.Waldorf die original Wavetables aus dem PPG 360 spendiert – gut erkannt.
      😎

  24. Profilbild
    LepuZz

    Wie? Chris Evans ist auch schon verstorben? Musste die letzten Jahre, wenn ich bei Ihm zuhause vorbeifuhr. Zumindest wo er in den 80ern wohnte.
    War ein paarmal bei Ihm für Sonderaufträge, die meist von Wolfgang an mich gingen. Wolfgang hatte selbst keine Zeit, da viel Energie in die blauen hineinfloss. Chris dürfte wohl das letzte PPG Modularsystem in Auftrag gegeben haben. War auch ein Sonderauftrag.
    Ja, das Album Stonehenge, war atemberaubend, hab meine LP noch. Es hatte im hamburger Planetarium die Premiere…
    RIP Chris

  25. Profilbild
    qwave

    Was für ein wunderbarer Artikel. DANKE! Selbst als alter (seit 1987 mit insgesamt 18 Jahren Unterbrechungen) PPG wave 2.2 bzw. 2.3 Besitzer, habe ich hier neues gelesen.

    Und so wie ein PPG klingt nur ein PPG. Auch ein Groove Synthesis 3rd Wave ist klanglich insbesondere im Bass anders. Es kommt auch darauf an, was im Digitalen genau passiert. Nicht nur einfach Wellenformen in richtiger Tonhöhe abspielen.

    • Profilbild
      costello RED

      @qwave Vielen Dank lieber Till für Dein nettes Feedback. Ich besuche Deine Internetseite sehr gerne und stets mit Erkenntnisgewinn.🙂 Was den 3rd Wave betrifft – klar gibt es da klangliche Unterschiede zu den PPG’s. Aber er schlägt sich, wie ich finde, beachtlich und kann eine gute Alternative sein, wenn man die 15.000,- Euro scheut, die heute für einen 2.2 aufgerufen werden.

  26. Profilbild
    qwave

    Matthias Frey, ein Jazz Pianist hatte auch einen PPG 360er. Ich war in den Achtzigern (1983?) auf einem Konzert in einem kleineren Nebensaal in der Frankfurter/M Alten Oper. Er trat zusammen mit Wolfgang Tiepold (Cello) auf. Der PPG stand oben auf dem Flügel. Und ich empfand den Klang damals einfach als gewaltig. Der PPG kam aber, leider, kaum zum Einsatz. Ich war wegen Tiepold (er hatte ja auch mit Klaus Schulze einige Male zusammen gespielt/aufgenommen) und dem PPG damals dort. Jazz war nie mein Ding.

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