AHU – schon mal gehört? AHUs treten in der freien Wildbahn noch eher selten in Erscheinung, zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie sich besonders auf AMAZONA.de besonders engagieren. Sei es durch Kommentare, Bewertungen von Artikeln oder eigenen Leserbeiträgen. AHUs erkennt ihr an den drei Buchstaben A, H und U hinter ihrem AMAZONA.de-Namen oder Avatar. Mehr dazu übrigens HIER.
Als kleines Dankeschön für ihr Engagement, stellen wir AHUs nach und nach hier auf AMAZONA.de vor. Unser jüngstes AHU-Mitglied ist Andreas Fischer aka Andrew Quaint aus der Schweiz, womit wohl bewiesen wäre, dass AMAZONA.de inzwischen internationale Verbreitung genießt ;-)
Peter:
Hallo Andy, wir freuen uns sehr, auch mal einen Schweizer Leser auf AMAZONA.de vorstellen zu dürfen. :-)
Als Baujahr 58 hast du ja doch schon einiges erlebt. Erzähl doch mal, wie alles angefangen hat bei dir.
Andy:
Ja, mit dem von dir genannten Baujahr bin ich nicht mehr bei den Jungen dabei, dafür teile ich dieses mit einer ganzen Reihe von Menschen, welche mir gar nicht so alt vorkommen wie Madonna, Prince, Kate Bush und Sharon Stone … ;-)
Aufgewachsen bin ich in Zürich und schon als kleiner Junge war klar, ich werde Pilot. Nachdem ich zur Kenntnis nehmen musste, dass Brillenträgern (wenigstens damals) die Fliegerei verschlossen bleibt, blieb mir mein Hobby, das Musikmachen.
Begonnen hat das, als ich etwa zehn Jahre alt war mit Unterricht auf dem Akkordeon. Mit 14 Jahren habe ich Bekanntschaft mit der elektronischen Orgel gemacht. Bereits früh habe ich die Möglichkeit erhalten, mit meinem Akkordeon mit kleinen Auftritten etwas nebenher zu verdienen. Da waren die Mitmenschen echt noch bereit, etwas für eine musikalische Darbietung zu bezahlen. Im Vergleich zu heute war man in den 70er Jahren als Musiker an Geburtstagen und Hochzeiten noch „Großverdiener“.
Peter:
Du hast mir erzählt, dass du dir deine erste Orgel selbst gebaut hast. Da warst du gerade mal 14 Jahre alt.
Andy:
So um 1972 begannen die deutschen Orgelhersteller Dr. Böhm und Wersi, den Markt mit ihren Instrumenten zu bearbeiten. Nachdem in Zürich eine Vertretung geöffnet hatte, war ich kaum mehr aus dem Geschäft zu kriegen. Die Dinger tönten für die damalige Zeit frisch und modern. Es war meinen Eltern nicht möglich zu verhindern, dass ich all mein Geld, welches ich mit Ferienjobs und mit Auftritten mit meinem Akkordeon verdiente, in das Projekt Wersi W248S steckte. So ganz nebenbei konnte man beim Bau einer solchen Orgel fast alles über Analogtechnik lernen. Der Duft von Lötzinn in unserer Wohnung hat meine Mutter damals fast zum Wahnsinn getrieben.
Eine Zeitlang hatte ich dann als junger Organist einen Nebenjob als Vorführer bei Wersi Zürich, was dann später zu einem weiteren Orgelbau führte. Die portable Wersi Orion habe ich dann jahrelang mit zu jedem Gig geschleppt.
Peter:
Mit 16 hast du eine Goldmedaille am „Grand Prix de l’Accordeon“ in Frankreich gewonnen. Wir müssen gestehen, bisher haben wir von diesem Preis noch nie etwas gehört. Klingt aber irgendwie schon nach einer Sensation. Was steckt dahinter?
Andy:
Sicher keine Sensation. Einfach ein Musikwettbewerb für junge Akkordeonspieler. Gut, man musste dazu erst mal nach Frankreich. Keine Ahnung ob’s das heute auch noch gibt. Dort bekamen dann alle Teilnehmer, welche ein gewisses Niveau erreichten, eine Medaille. Die Goldene bekamen sicher noch zwei oder drei weitere Teilnehmer. Aber ja, das war schon eine Motivationsschub, um noch mehr zu üben.
Peter:
Etwas später hast du dir auch noch einen ARP Odyssey zugelegt. Das klingt nach spendablen Eltern – oder jeder Menge Ferienjobs – oder?
Andy:
Der ARP Odyssey war mein erster Synthie. Das muss so um etwa 1978 gewesen sein. Genau genommen war das ein Odyssey Mark III, der war nicht mehr so teuer wie seine Vorgänger und meine Wahl fiel auf den ARP, weil es letztlich ein Synthesizer war, den ich mir leisten konnte. Ich musste meine Instrumente immer selber bezahlen und dank meiner musikalischen Nebeneinkünfte war dies auch möglich. Zusätzlich habe ich in den Ferien natürlich alle möglichen Jobs angenommen, um etwas dazu zu verdienen.
Peter:
Hast du deinen ARP heute noch?
Andy:
Nein, leider nicht. Den ARP habe ich nach etwa drei Jahren weiter verkauft. Irgendwie bin ich immer der Preset User gewesen und der ARP hat mir hier zu wenig gebracht. Recht lange hatte ich einen Korg DW8000 und später einen der ersten Korg M1 in der Schweiz. Alle die Instrumente habe ich mit der Zeit wieder verkauft und Neues gesucht. Ohne die alten zu verkaufen, hätte ich mir die neuen aber auch nicht leisten können. Damit ist einiges nicht mehr da, was heute wieder richtig Spaß machen könnte. Einen M1 in der Rackversion habe ich mir aber erst vor Kurzem wieder zugelegt. Das ist aber ein Stück Nostalgie.
Peter:
Nach und während unzähligen Auftritten folgte dann eine Ausbildung zum Musiklehrer. Klingt irgendwie nach dem Wunsch, auch noch eine solide wirtschaftliche Basis aufbauen zu wollen – korrekt?
Andy:
Na ja, nachdem mein Traum vom Fliegen fürs Erste vom Tisch war, musste ja eine gesunde Basis gelegt werden und nach einer Ausbildung im kaufmännischen Bereich habe ich dann noch eine Ausbildung als Musiklehrer angehängt.
Die wirtschaftliche Seite war damals natürlich auch ein Thema, aber Musik macht man ja nicht wegen des Geldes. Außer … aber das kommt etwas weiter unten…
So nebenbei hatte ich auch noch etwas Trompetenunterricht und eine Querflöte konnte ich ebenfalls einigermaßen bedienen. Als Mitglied in einem Musikverein reichte das zur 2. Trompete. Weil mich die Musiktheorie immer interessiert hat, folgte noch eine Zusatzausbildung in Blasmusikdirektion an der Musikakademie Zürich. Ein Orchester dirigiert habe ich aber nie. Ein paar Jahre lang war ich dann als Musiklehrer in verschiedenen Schulhäusern anzutreffen.
Nebenbei konnte ich mir mit meinen Auftritten ein kleines Tonstudio aufbauen und da fanden sich einige recht spannende Geräte. Mein Equipment bestand 1982 unter anderem aus einem Tascam 8 Spur Model 38, einer Studer Revox PR99MKII, einem Soundcraft 16/8/2 Mixer sowie Tannoy SRM12B Monitore. An Synthese hatte ich zu jener Zeit einen Korg DW8000 und einen Korg M1.
In meinem kleinen Studio sind damals verschiedene Produktionen für verschiedene Bands entstanden, meist Demos. Drei, vier Schallplatten waren aber auch dabei. Unter anderem habe ich eine Langspielplatte mit einer Böhm Orgel eingespielt (Tanzende Finger, 1985), welche dann auch bei Böhm gekauft werden konnte. Soviel ich weiß, ist der größte Teil der Platten bei einem Brand im Lager der Firma Böhm in Minden entsorgt worden…
Peter:
Und 1984 dann der komplette Berufswechsel. Weg von der Musik hin zur Fliegerei. Auch hier wieder ein astreiner Karrieresprung bis zum Geschäftsführer einer Piloten-Schule. Wie kam’s?
Andy:
Wie schon erwähnt, hat mich das Fliegen immer fasziniert. Mit rund 25 Jahren habe ich mich entschlossen, eine Privatpiloten Ausbildung in Angriff zu nehmen. Irgendwie ist mir das gut gelaufen und schon kurz darauf hatte ich einen Nebenjob als Rundflugpilot. Da ich mit meinen Auftritten immer noch gut Geld verdienen konnte, kam dann noch eine Berufs- und Instrumentenflugausbildung dazu und letztlich auch die Ausbildung zum Fluglehrer.
Peter:
War dann endgültig Schluss mit der Musik?
Andy:
Tja, am Ende habe ich nur noch Musik gemacht, um meine ganzen Lizenzen zu finanzieren. Da sind dann Jobs dabei gewesen, welche musikalisch nicht besonders spannend waren. Nach unzähligen Hochzeiten und Dutzenden von anderen, musikalisch etwas „seichten“ Veranstaltungen hatte ich das irgendwo auch satt. Ca. drei Jahre lang habe ich dann quasi auf zwei Hochzeiten getanzt. Ein Job-Angebot als Fluglehrer war dann Anlass für den definitiven Entscheid, meine musikalischen Tätigkeiten zu beenden. Da ich die Dinge, welche ich angepackt habe, immer ganz gemacht habe, war für Musik kein Platz mehr da. Danach (ab 1992) habe ich dann gute 20 Jahre nur noch für die Fliegerei gelebt.
Peter:
Anfang letzten Jahres hätte dann beinahe eine Herzerkrankung alles beendet? Was hat sich seitdem für dich verändert?
Andy:
Solche Dinge kann man nicht planen. Dank guter Ärzte kann man heute Sachen überleben, an denen man vor wenigen Jahren noch sicher das Zeitliche gesegnet hätte. Ich habe mich mit viel Glück kurz vor einem Infarkt bei meinem Hausarzt eingefunden. Resultat: Krankenwagen, Notaufnahme, Bypass-Operation, Spital, Reha und … alles wieder OK (wenigstens nach einem dreiviertel Jahr).
Auf jeden Fall habe ich mich recht lange in Spitalbetten aufgehalten und bin eigentlich dort dank meinem iPad auf Amazona.de gestoßen und habe in der Zeit unzählige Beiträge gelesen.
Was sich verändert hat? Der Entschluss, wieder mehr Musik zu machen und etwas weniger Ärger im Job auf mich zu nehmen. Ich bin selber gespannt, was sich daraus weiter entwickelt.
Peter:
Was machst du denn nun als „Neomusiker“?
Andy:
Nach so vielen Jahren zur Musik zurückzufinden war eine Offenbarung für mich. Dinge, welche wir uns in den 80er Jahren nicht erträumen konnten, sind heute selbstverständlich. Ich denke, so muss es jemandem gehen, der nach 20 Jahren aus dem Koma erwacht. Die Welt der Musiktechnik hat sich dramatisch entwickelt. Etwas erstaunt hat mich der Trend zu Vintage Geräten. Viele der Instrumente, welche ich vor 20 – 30 Jahren gekannt habe, werden heute in den „Himmel“ gelobt. Wie sehr die Dinger zum Teil gerauscht haben und nur mit dauernder Wartung am Leben erhalten werden konnten, ist heute vergessen.
Nachdem ich mir verschiedene DAWs angesehen habe, habe ich mich für Pro Tools entschieden. Für meine „analoge Denkweise“ ist Pro Tools perfekt. Nebenbei ist noch Logic ProX auf meinen Mac, aber eigentlich habe ich nicht die Kapazität, mich mit mehreren DAWs zu beschäftigen.
Um all die Möglichkeiten von Pro Tools kennen zu lernen, habe ich auch Pro Tool Kurse absolviert. Um mich in die aktuelle Technik einzuarbeiten, habe ich versucht, mich mit Software-Instrumenten dem Klang von großen Orchestern anzunähern. Dazu habe ich mir die Partituren von einigen klassischen Werken besorgt und mich an die Arbeit damit gemacht.
In vielen hundert Stunden Arbeit sind daraus einige Tracks entstanden, welche ich am Ende auf eine CD gebrannt habe (Must Have Classics, Andrew Quaint auf iTunes). Eigentlich ein Projekt, um mir selber zu beweisen, dass ich so was hinkriege und andererseits als Visitenkarte für zukünftige Projekte. Was das sein wird, ist noch offen. Filmmusik, Werbung? Wenn du mich fragst, wo meine Interessen hingehen, dann gibt es da viele. Als erstes würde ich aber Jazz erwähnen.
Peter:
Und jetzt abschließend nochmals eine nicht ganz ernst gemeinte Frage – wer bitte ist Andreas Fischer ? ;-)
Andy:
Tja, wenn man Fischer heißt, ist man mit dem Namen nicht ganz alleine und nachdem ich mich mit dem Gedanken getragen habe, wieder etwas mit Musik zu machen, habe ich mich nach einer Alternative umgesehen. Zu der Zeit (während meiner Krankheit) habe ich auch nicht gewusst, ob ich jemals wieder werde fliegen können. Der Name Quaint passt wie die Faust aufs Auge zu mir. Als alter Orgelspieler gibt es da eine passende Übersetzung und im englischen Sprachgebrauch bedeutet Quaint etwa „sympathisch altmodisch“. Ob nun Andreas oder Andrew – Andy reicht ;-)
Peter:
Na wir bedanken uns jedenfalls recht herzlich bei dir und wünschen dir viel Erfolg bei deinen zukünftigen Projekten.
Aktuelle Equipmentliste:
- iMac 27“
- Pegasus J4 (Tunderbolt 4 TB SSD-Superspeed-Samplespeicher)
- AVID HD OMNI
- Alesis Q88 Masterkeyboard
- Furman PS-8RE Series II, Power Conditioner
- Presonus Central Station Plus
- EVENT Opal
- Behringer Behritone C5A
- KRK 10S Subwoofer
- Beyer Dynamic DT880 Pro
- Audio-Technica ATH-M50 X BL
- Korg M1 R
- Roland D-110
- Roland U-110
- Roland R-8M
- Yamaha MV802, Rack Line Mixer
- Pro Tools HD10 & 11
- Logic Pro X
- Native Instruments Komplete 9 Ultimate
- East West Complete Composers Collection 1 & 2
sehr schöner Bericht …..wäre total interessant gewesen wie die Cd genau entstanden ist.
ich werde mir die cd auf jeden fall besorgen und mit meiner Klassik Sammlung dann im Wohnzimmer vergleichen …. bin echt gespannt.
danke nochmal
@sabsipink Hallo Sabsipink
Ich habe Deine indirekte Frage erst Heute gesehen. Die CD war ursprünglich nicht geplant. Es hat damit begonnen, dass ich nach vielen Jahren ohne Musikinstrumente wieder einen Einstieg gesucht habe. Ausgerüstet mit DAW, und einigen Sampleinstrumenten habe ich begonnen eine erste Partitur einzuspielen. Die Qualität hat sich so im Verlauf der Arbeit laufend verbessert. Einige nicht so geschickte Einspielungen welche aus der ersten Phase der Arbeit stammen findet man in den Aufnahmen schon, aber je länger ich daran gearbeitet habe desto besser wurde das Ganze. Am Ende hatte ich ein paar Stücke eingespielt. Diese einfach nur auf meinem Rechner zu behalten war mir dann doch zu wenig. So ist dann die CD als Endprodukt entstanden. Das Ziel, System, Instrumente und die Instrumentationstechnik der grossen klassischen Komponisten in einem kennen zu lernen, habe ich für mich erreicht.