Die 808 des kleinen Mannes: Modifizierte Behringer RD-6
Als im September 2020 nach den bei Behringer üblichen Vorankündigungen tatsächlich die RD-6 als Rolands TR-606 Nachbau erschienen, konnte man bei Amazona ein reges Interesse verzeichnen.
Naturgemäß wurde der Klang diskutiert und vergleiche mit dem Original angestellt. Moniert wurden insbesondere die Abweichung von der Cymbal und den Hi-Hats sowie die Lautstärke-Abhängigkeit von Cymbal und Claps.
Ich hatte bislang keinen gefühlten Zugang zu den TR-606 Sounds und verfolgte die anschließende Diskussion mit einer gewissen Distanz: Da die 6 Drum-Sounds wie beim Original lediglich in der Lautstärke bzw. Accent anpassbar sind, erschien mir das Gerät wenig interessant, obwohl ich damals auf der Suche nach einem bezahlbaren analogen Drum-Synth war. In den Kommentaren entdeckte ich jedoch einen Hinweis von Amazona-Member Maffez über mögliche Modifikationen dieser kleinen Kiste. Von da an war die ganze Geschichte schlagartig für mich spannender und durch mein vorheriges Korg Monotron Modular Projekt fühlte ich mich löttechnisch durchaus in der Lage, ein solches Vorhaben mal anzugehen.
Die vorgeschlagenen Modifikationen die Maffez herausgearbeitet hat, fußen zum Teil auf den Schaltplänen und Modifikationen für die klassische TR 606. Zu diesen gab es auch einen spannenden Artikel von T.Goldschmitz über seinen damaligen Umbau des Originals
Im Gearslutz-Forum (jaja ich weiß, die Namensänderung, wurde ja auch mit viel Interesse verfolgt …) ist Maffez für seine Modifikationen bekannt und hochgeschätzt. Auch für seine TD-6 Modifikationen gibt es eine Anleitung. Diese ist erfreulich ausführlich und die erforderlichen Schritte sind gut beschrieben. Da tut sich dann ein ganzes Universum auf: Jedes der Instrumente lässt sich modifizieren und das teilweise in verschiedenen Varianten. Sogar Schaltpläne der RD-6 sind für die einzelnen Instrumente in der Bedienungsanleitung skizziert.
Weiterhin gibt es Hinweise für externe Trigger-Inputs/Outputs usw. Daher will es gut überlegt sein was man tatsächlich alles umsetzen möchte und hier kommen natürlich die eigenen Vorlieben ins Spiel.
Die Prioritäten:
- Mir war es wichtig, dass alle Modifikationen vom Klang her reversibel sind d. h. bei Bedarf auch wieder abschaltbar, so dass man stets zum ursprünglichen Klang zurückkehren kann.
- Weiterhin habe ich mir Modifikationen ausgesucht, die möglichst wenig Eingriffe an SMD Bauteilen erfordern. Wohl habe ich dazu etwas Erfahrung mit meinem Korg Monotron Duo Umbau gesammelt und auch sind 149 € für eine Drum Machine sehr wenig Geld, dennoch wäre es mir zu teuer für eine Try-and-Error Bastelei mit zerstörten Geräten.
- Extreme Soundverbiegungen a la CircuitBending sind für mich hier nicht interessant.
- Auch war mir wichtig das das Gesamterscheinungsbild des Gerätegehäuses nicht zu stark unter den erforderlichen Potis und Kippschaltern leidet.
Man ahnt es schon: Hier müssen Kompromisse eingegangen werden.
Die wichtigsten Modifikationen möchte ich an dieser Stelle kurz vorstellen und dazu ein paar Soundbeispiele im Anschluss vorstellen, damit man sich das ganze besser vorstellen kann. Der Sound wurde ohne Effekte am Mixout der RD-6 über ein UMC404HD-Interface in LogicX aufgenommen und per Audacity in MP3 gewandelt.
Zur Übersicht zunächst ein simples Drum-Pattern mit drei Takten im ursprünglichen Soundsetting (ohne Accents), dann ab dem 4 Takt in einer veränderten Einstellung der Instrumente bei unveränderten Laustärke-Einstellungen. Ich habe die beiden Aufnahmen entsprechend zusammengeschnitten, um einen direkten Vergleich zu haben. Für dieses Beispiel gilt: Deutlichkeit geht vor Schönheit…
Die erweiterten Instrumente:
Ganz klar an erster Stelle stand für mich der Umbau der Bass Drum. Mir persönlich erschien der Sound recht dünn und wenig prägnant. Erinnert mich ein wenig an den Sound vom Stück „Geigerzähler“ im Kraftwerk-Album Radioaktivität. Mehr Bass Fundament ließ sich mit einem einzelnen Widerstand bewerkstelligen, Decay und Tune ebenfalls mit wenigen Bauteilen und Kippschaltern. Die neuen Möglichkeiten zeigt das folgende Soundbeispiel, gestartet wird mit dem ursprünglichen Bassdrum-Sound.
Die vielfach kritisierten Hi-Hats, die „höher“ klingen als bei der TR-606 fand ich bislang gar nicht so schlecht. Sie klingen etwas heller und filigraner als das Original. Mit den durchgeführten Modifikationen lassen sie sich jetzt deutlich tiefer stimmen und mehr Durchsetzungskraft verleihen. Auch die direkte Eingriffsmöglichkeit zur Decay-Dauer war mir wichtig.
Der Sound der Snare lässt sich nun auch vom ursprünglichen Sound her deutlich weiter wegbewegen. Per Schalter lässt sich die Dauer des Rauschanteils umschalten und per Poti der Snappy-Level einstellen. Das originale Pitch-Decay lässt sich per Schalter abschalten, so wie es bei der 808-Snare ist.
Die Clap ist nun Dank Modifikation unabhängig von der Cymbal in der Lautstärkre regelbar und lasst sich im Decay und Tune verstellen.
Die beiden mir sympathisch klingenden Toms sind nun beide unabhängig in der Tonhöhe verstellbar und der Tonhöhenbereich der beiden lasst sich so auch überlappend gestalten.
Insgesamt habe ich folgendes umgesetzt:
- BD Tune
- BD Decay
- BD Pitch envelope (Mungo Version)
- SN Snappy Level
- SN Snappy decay
- SN No Pitch Sweep (808 Style)
- HiHat Open Decay
- HHs und Cym Bandpass cutoff (nach Waterstone)
- Cym Decay
- Clap Independant Level Control
- Clap Decay
- Clap Tune
- Hi Tom und Low Tom Tune
- More guts to the Hats
- Manual Accent Trigger
Der Aufwand und Schwierigkeitsgrad für die erforderlichen Arbeiten war verhältnismäßig gering. Durch die Summe der vielen Einzelmaßnahmen wurde es dann aber doch komplex. Viel Zeit wird auch benötigt, um die vorgeschlagenen Modifikationen mit unterschiedlichen Werten
Der kniffligste Teil war erfahrungsgemäß das Umlöten/Entfernen von winzigen SMD Bauteilen, hier kann schnell vieles schiefgehen. Ebenfalls tückisch sind die kleinen Lötpunkte, an denen Drähte und Widerstände befestigt wurden, diese brechen sehr leicht ab und man verliert die leitende Verbindung. Ist eine solche Lötstelle ruiniert, muss man aufwendig nach anderen Lötstellen suchen.
Ein sehr interessantes und effizientes Projekt, das die Bedienbarkeit und den Spaßfaktor noch mal um einiges erhöht wie ich sehen und hören kann. Bei DIY Projekten oder Modifikationen ist ja auch der Weg das Ziel und wenn man dann hinterher noch ein Unikat erschaffen hat, ist die ganze Arbeit die darin gesteckt nicht umsonst gewesen.
Vielen Dank!. Tatsächlich braucht man viel Zeit dafür, eigentlich ist es das (oder mein) Hauptproblem. Andererseits lernt man sehr viel dabei und die Kiste macht jetzt wirklich Spass.
Wieso stellt Behringer „Maffez“ nicht ein, gibt ihm freie Hand, und produziert dann seine gemoddeten Geräte als Special Version für 50 Euro, oder so, mehr.
Ich z.b. will mir ne RD-8 kaufen aber nicht mit diesem „3-4 mal Klatschen bis Hall da is“ BUG!
Die originalen 808s, die ich gehört habe, hatten beim 1. Klatsch ne geringe Hallfahne aber beim 2. war der Hall schon voll da.
Los Behringer… erhöre mich. :)
Toller Bericht, vielen Dank !!!!!
Ma, feiner Bericht, Inductor! Und cool sieht sie aus :) Die Einzelaufnahmen bringen die unterschiedlichen Mods auch nochmal echt gut raus. Löten bringts! :)
@Maffez Maffez, danke sehr, nochmals! Derzeit probiere ich die Einzelausgänge mit div. Effekten aus. Die BassDrum mit einem MX+ Distortion bei sanfter Einstellung macht ’ne Kanonenkugel daraus ;-)
Hut ab.von soviel power.super das es Leute gibt die mehr als nur basteln.top.ich trau mich nicht Mal mehr ein Gerät einzuschalten.danke für den Bericht,weiter so.lg
Respekt und Anerkennung für den tollen Artikel, das Geleistete und den Mut, das Projekt überhaupt anzugehen.
Hätte ich nur etwas „Lötgeschick“…
Schöner und unterhaltsamer Beitrag.
Auch gefallen hat mir die Bemerkung bzgl. Flexibilität und abgerundeter Gesamtsound.
@Woody Vielen Dank! Die angesprochene Flexibilität vs Klangesthetik war tatsächlich ein Teil der Lernkurve. Bei allem Spaß am Basteln, ich sollte vielleicht mal versuchen, schöne Musik damit zu machen. Wäre ja auch mal eine Möglichkeit ;-)
Unglaublich guter Mod, ganz großes Tennis.
@Frank, just Frank Vielen Dank für die Wertschätzung. Das mit dem Tennis gefällt mir!
Servus Inductor,
vielen Dank für diesen Bericht. Du hast die RD-6 megamäßig aufgebohrt und die Resultate können sich entsprechend hören lassen. Einfach Top!!!!
Jetzt wäre für Noobs wie mich von Vorteil, eine Art „Ersatzteil-Paket“ bestellen zu können!^^
Oder wo kauft man die ganzen „Modding“-Ersatzteile zusammen?
Allein die Sound Mods für Bass und HHs würde mich interessieren, welche Bauteile genau benötige ich dazu?
Wie hier bei der RD-6 finde ich bei der TD-3 den Bass ein bisschen schmal….da fehlt echt ein bisschen Bauch^^
@MiDonX Hi Midonsi,
schön, dass Dir der Umbau gefällt. Tatsächlich gibt es kein „Ersatzteil-Paket“ oder DIY-Kit dafür. Du könntest es nur so machen wie ich auch: Die Anleitung von Maffez (maffez.com) studieren und die paar Teile im Elektronik-Laden Deines Vertrauens erwerben.
Spass dabei ist garantiert ;-)
Viele Grüße