Der Bandkeyboarder
Bei unserem gestrigen Gig lief mir nach langer Zeit zufällig unser ehemaliger Keyboarder, mit dem ich als Gitarrist über 10 Jahre auf der Bühne gestanden habe, über den Weg und wir quatschten über dies und das, über alte Zeiten, dass er immer noch als Keyboarder unterwegs ist, gerne aufhören würde, aber seine Band keinen Ersatz findet. Und dann lief mir zum Schluss der Veranstaltung ein weiterer alter Bekannter, mit dem ich auch schon früher mal Musik gemacht habe, über den Weg, der ebenfalls auf der Suche nach einem Keyboarder ist. Wir blieben mal wieder bei der Frage hängen, warum es so schwierig ist, einen bandtauglichen Keyboarder zu finden. Dies hat mich dann inspiriert, mir darüber Gedanken zu machen, die ich hier gerne zur weiteren Diskussion teilen möchte.
Man muss mit der Geschichte über die Entwicklung der Tasteninstrumente und der Bedeutung in der Popularmusik beginnen, wenn man etwas über den Bandkeyboarder schreiben möchte. Was macht einen Bandkeyboarder eigentlich aus? Ohne Euch jetzt mit einem wissenschaftlichem Abriss langweilen zu wollen, würde ich behaupten, dass es mal mit den typischen Tasten-Instrumenten wie Akkordeon, Klavier angefangen hat, dann kam in den 30ern des 20. Jahrhunderts die Entwicklung der Orgel, mit der man bereits versucht hat, andere Instrumente nachzuahmen, bis dann die Tasten immer mehr Elektronik bekamen. Ich behaupte, das erste Problem war, das eigentlich rein akustische Instrument lauter zu machen, um es im Bandkontext und vor allem bei größeren Veranstaltungen präsent zu machen – übrigens eine Entwicklung, die so ziemlich analog zu Gitarren zu betrachten wäre. Ein Klavier war auf der einen Seite zu groß und zu schwer, um es zu transponieren, und dann war die Lautstärke begrenzt. Somit wurden die ersten E-Pianos entwickelt – Fender Rhodes, Wurlitzer, und auch die Deutschen spielten mit dem Hohner Pianet oder Clavinet, die eigentlich alle den Klaviersound imitieren sollten, der dann letztlich aber nur annähernd mit dem Klavier zu tun hatte, dafür aber aufgrund des eigenen Soundcharakter den Musiksound mitgeprägt hatten, was sie heute noch tun. Zumindest waren diese Instrumente transportabel und auch abnehmbar, um sie elektronisch zu verstärken.
Später kam dann die Entwicklung der wirklich elektronischen Sounderzeugung dazu, ob man nun bei Moog anfängt, der sicherlich hier eine, wenn nicht die Pionier-Rolle gespielt hat. Auch hier muss man zum einen die Idee betrachten, dass man bestimmte Instrumente oder Geräusche synthetisch erzeugen, zum anderen auch durchaus eigene, neue Sounds erzeugen wollte. Da die technische Entwicklung noch nicht so weit war, dass man auf elektronische Weise Sounds nachbilden konnte, experimentierte ein gewisser Harry Chamberlain in den 60ern mit dem Mellotron, das man durchaus als den ersten Sampler betrachten kann.
Hier wurden Instrumente aufwendig auf Tonband aufgenommen und dann über die Tasten des Keyboards abgespielt. Der Tastenumfang war eingeschränkt und das Wechseln der Sounds war auch aufwendig, also auch nicht wirklich Bühnentauglich. Ein populäres Beispiel wäre die Flöte bei Strawberry Fields von den Beatles. In den 70ern kamen dann noch die Entwicklung der String Ensembles hinzu, mit dem man Streichorchester reproduzieren wollte, sowie die ersten Polyphon spielbaren Synthesizer, bis das Ganze dann in den 80ern dann langsam ernst zu nehmende Züge annahm, a. in Bezug auf Qualität der Sounds und b. auch im Handling, weil sie bereits über interne Speicher verfügten, so dass man mehrere Sounds zur Verfügung hatte, die relativ schnell abrufbar waren. Wenn auch die ersten Instrumente, z.B. das Kurzweil K250 noch nur für wenige Musiker erschwinglich war, kämpften in erster Linie Korg, Yamaha und Roland mit kleineren und erschwinglicheren Varianten um die Marktvorherrschaft. Ganz vorneweg der DX7 von Yamaha, aber auch Korg Polysix und Roland mit dem D50 mischten da mit.
Diese neuen Synthesizer hatten so ziemlich alles an Sounds on board, angefangen bei Piano, Orgel, Akkordeon, Streicher, Bläser, brachten aber auch rein Synthetische Sounds in die Musikwelt ein, womit sie vor allem die 80er stark prägten.
PIC01089.JPGEs war aber auch noch die Zeit der riesigen Keyboardburgen, zum einen, weil ein Keyboard immer nur einen Sound zur Zeit liefern konnte, zum anderen die Qualität der Sounds dann doch einigen noch nicht gut genug war, oder an die Tastatur bestimmte Ansprüche gestellt wurden, so dass sie neben E-Piano zusätzlich eine Orgel auf die Bühne schleppten plus zwei, drei oder mehr Keyboards. Das war notwendig, weil auf den Keyboarder immer mehr Sounds abgeladen wurden. Ab den 90ern wurden die Keyboards dann immer besser. Es gab bereits erste Keyboards mit 88er Piano-ähnlicher Tastatur, und auch die Sounds wurden immer besser und auch die Polyphonie, also dass man nicht nur max. 8-16 Stimmen gleichzeitig zur Verfügung hatte, sondern 64 oder mehr, was gerade für Klaviersounds essenziell ist. Dazu kam die Entwicklung der Workstations, also die Möglichkeit, dass ein Keyboard mehrere Dinge gleichzeitig abdecken konnte: mehrere Sounds gleichzeitig auf der Tastatur verteilt, plus Effekte, plus ggf. Sequenzer, wenn nötig, also die eierlegende Wollmichsau.Damit war jetzt die Möglichkeit gegeben, dass auch Amateurbands in der Lage waren, Keyboards einzusetzen, weil der erforderliche finanzielle Einsatz für viele keine Hürde mehr darstellte, und auch der Transport- bzw. Aufbau-Aufwand machbar wurde.
Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Zeiten und habe diese Entwicklung hautnah miterleben können. Als ich Anfang 1980 in eine Tanzkapelle einstieg – damals ‚nur‘ Gitarrist – schleppten wir immer eine fette Orgel inklusive Leslie auf die Bühne, als Sound-Ergänzung dienten noch Akkordeon und ein Roland SH2000 Synthesizer. In den 80ern ging dann die Keyboardschlacht los. Jedes halbe Jahr wurde durchgetauscht, weil immer wieder was Neues und Besseres auf den Markt kam. Geld spielte bei den Tanzmuckern damals nicht die große Rolle, und somit wurde reichlich investiert. Die Erlösung kam dann mit den ersten Orgel-Clones wie der Hammond CX3, wenn überhaupt nicht mittlerweile die Orgelsounds aus den Keyboards nicht ausreichend genug waren. Orgelsounds spielten für Tanzmusik in der Zeit eh nicht die große Rolle.
Als ich dann Anfang 2000 von der Tanzmucke in die etwas anspruchsvollere Rock-Classic-Cover Branche wechselte, konzentrierte ich mich selber ausschließlich auf die Keyboards. Da ich in den letzten Jahren neben der großen Besetzung auch schon als Duo unterwegs war, wo ich bereits die Tasten spielte, hatte ich einen Arranger sowie eine Workstation zur Verfügung. Der Arranger war qualitativ nur eingeschränkt nutzbar, hatte er seinen Schwerpunkt bei Wiedergabe von Styles. Ich habe dann viel herumexperimentiert, diverse Expander eingesetzt, z.B. auch Sampler, um optimale Piano Sounds zu bekommen und bestimmte Effekte, Loops und OneShots aus Originalmaterial wiederzugeben, habe diverse Orgel-Expander durchprobiert, um den bestmöglichen authentischen Orgelsounds plus Leslie-Effekt hinzubekommen, hab mir eine Doepfer Klaviertastatur mit echten Holztasten zugelegt.
Hier ein bereits abgespecktes Setup, mit dem ich Anfang 2000 unterwegs war, rechts ein Siderack mit zusätzlichen Expandern.
Anfangs war es ohne Rücksicht auf Kosten und Aufwand. Doch irgendwann wurde es mir zu viel Aufwand, zu viel Schlepperei, und dann begann ich mit dem Reduzieren auf das Nötigste, ohne Qualität einbüßen zu müssen. Am Ende bin ich bei einer Kurzweil Workstation mit 88er Hammertastatur und ein Nord Stage mit Waterfall-Tastatur, also optimiert für Orgelspielen gelandet, mit dem ich noch heute unterwegs bin. Um keine Soundkompromisse eingehen zu müssen, habe ich seit mittlerweile 12 Jahren als Ergänzung noch ein MacBook in mein Setup integriert, um die Sounds, die meine beiden Keyboards nicht oder nicht befriedigend liefern, über VSTi zu kompensieren. Das ist das Setup, mit dem ich alles von einfacher Tanzmusik, über RockClassic, ProgRock bis hin zu Top 40 abdecken kann. Dieses Grundsetup schlägt schon mal einigen tausend Euro zu Buche, unberücksichtigt, was ich auf dem Weg hierher schon an Investitionen verbrannt habe. Und ich bin der Meinung, dass dies ein Bandkeyboarder mitbringen muss, wenn er in ähnlicher Richtung unterwegs sein möchte, also Rock, Pop, Soul – auch egal, ob Cover oder eigene Sachen.
Es geht auch reduzierter, je nach Musikrichtung. Zum Beispiel bin ich aktuell – so wie gestern auch – mit einer Country-Rock-Bluesband unterwegs. Dort nutze ich lediglich Klavier- und E-Piano-Sound, die ich mit einem einfachen Stagepiano abdecken kann, und mein Nord Stage als Orgel. Hier weigere ich mich jede Form von Sounds, die darüber hinaus gehen, wie z.B. Strings-, Brass- oder SynthSounds einzubringen. Würden die Jungs auf ein Akkordeon bestehen, würde ich ein Akkordeon mitnehmen.
Aber Hardware ist nicht alles, wenn auch erst einmal die Grundvoraussetzung, um überhaupt am Start sein zu können. Noch entscheidender ist natürlich, damit umgehen zu können. Es fängt damit an, dass man sich auch mit den Sounds auseinandersetzen muss, um sie authentisch rüberzubringen. Jedes Instrument hat seine typische Spielweise, nur bestimmte Ranges, in denen es sich bewegt, bzw. sind manche Instrumente monophon zu spielen, sowie gibt es bestimmte Controller, die man einsetzen können sollte. Beim Piano ist es das Sustainpedal, bei Brass-Sounds ist es das Modulationsrad, bei der Orgel muss man bedenken, dass sie keine Anschlagsdynamik hat, und noch vieles mehr. Dann das Erstellen von Setups, wenn man mehrere Sounds bei einem Song benötigt. Wo platziere ich das Piano, wo die Bläser, wo die Strings. Kann ich Sounds – auch nur einzelne – während des Spielens wechseln, kann ich Sound mit der Velocity kontrollieren, wie setze ich Aftertouch sinnvoll ein, welcher Sound ist wo und wann der richtige, wo bekomme ich ihn her oder wie erstelle ich ihn mir selber? – all das sind Fragen, die über die Jahre kommen, mit denen man sich als Keyboarder beschäftigen muss. Wann immer irgendwas Besonderes benötigt wird, landet dies beim Keyboarder, sei es ein Einspieler, oder ein Loop, ein bestimmter Soundeffekt, denn ein Keyboard kann letztlich alles liefern, wo bei den anderen Bandkollegen von vorneherein Grenzen gesetzt sind. Kein Gitarrist oder Bassist würde auf die Idee kommen, irgendetwas Instrumenten-untypisches einzubringen. Zwar gab es mal Gitarrensynthesizer, gibt es vielleicht immer noch, wo auch synthetische Sound von der Gitarre kommen könnten, aber ich kenne in meinem Umfeld niemanden, der sowas hat oder einsetzt. Da wäre höchstens mal ein Drummer, der sich ein Sample-Pad hinstellt, um bestimmte Soundschnipsel, OneShots oder so einzubringen. Aber auch das ist eher eine Ausnahme. Dafür habe ich schon oft am Keyboard eine Gitarre simuliert, weil eine zweite Gitarre benötigt wurde, oder musste eine Kuhglocke per Taste beisteuern, abgesehen von den sonstigen Dingen, die ich als Keyboarder schon liefern musste.
Nichtsdestotrotz liebe ich meinen Job als Keyboarder, weiß, was ich kann, wachse an meinen Herausforderungen an die ich immer wieder gestellt werde, mag es auch, immer wieder neue Dinge zu probieren, und weiß, dass ich kaum Grenzen habe, und derzeit nicht mal einen Bruchteil der Möglichkeiten ausgereizt habe, die ich zur Verfügung hätte.
„… was vermutlich die Hauptgründe sind, warum es so schwer ist, einen Keyboarder auf dem Markt zu finden.“
Hi. Ich denke, ein großer Punkt ist auch, dass die Chemie mit der Band und eine gemeinsame Idee über die Musikrichtung stimmen muss.
In den 90ern hatte ich den Sänger einer lokalen Death Metal Band beim Bier kennengelernt. Als er gehört hat, dass ich nen Sampler hätte, hat er mich dann gefragt, ob ich Bock hätte, mal reinzuschnuppern. In meinem Kopf vorher: „Könnte nett werden. Vielleicht geht da was wie Ministry oder NIN.“
Als ich dann da war, musste ich erstmal gegen eine Peavey/Marshall/Ampeg-Wand anspielen. Und dann wollten die nur so seichte Flächen „wie bei Faith No More“. Das fand ich irgendwie langweilig.
Schön fand ich immer den Keyboarder-Job von einem Bekannten. Die haben eine Indie-Band, bei der die Songs auch mit ner Lagerfeuergitarre klappen würden. Aber im Band-Kontext hat da irgendwie jeder seinen Platz im Arrangement und bringt seine Ideen ein.
Ich hätte auch noch Bock auf ein Synth-Pop Duo gehabt, bei dem ich dann der schräge Typ in der Ecke gewesen wäre, der regungslos hinter den Tasten steht, während vorne der oder die Sänger/in die Show macht.
Sowas hab ich leider nie gefunden, aber so ist das halt manchmal. : )
@svebur Ja, mein Reden! Es ibt Musikrichtungen, die Dir, trotz immensem Können zu viel abverlangt, weil kein Platz mehr vorhanden ist…
Wer dann Neues zulässt ist klar im Vorteil!!!
Daumendrücken für JEDEN Keyboard spielenden…🧡
@svebur Tja, wie hat mal ein Bassist in einer meiner Bands gemeint: Keyboarder sind wie Kondome, ohne ist schöner. Aber eine Top40 Band wird kaum ohne Keyboarder auskommen, und genau die haben meistens das Problem, jemanden zu finden. Auch der typische Prog Rock ist üblicherweise sehr Keyboard-lastig, und nicht nur eine Orgel oder ein E-Piano.
@dr_rollo Stimmt. Eine Top40-Band hat bestimmt auch ganz andere Anforderungen, bzw. deren Publikum. Das möchte bestimmt, das die Songs so authentisch wie möglich klingen. Und dann muss man die Sounds der Songs live so gut wie möglich reproduzieren.
Das ist bestimmt eine große Herausforderung an den Keyboarder – und viel Arbeit, das alles vorzubereiten. Und dann braucht man jemanden, der so gut wie alles nachspielen kann.
Da würde ich auch nicht mithalten können.
Moin zusammen.
„Bandkeyboarder“ einer Top 40/100 Band würde ich mir nicht antun.
Allein der Zeitaufwand für die Programmierung, Sounds/Soundwechsel/Sequenzen,
ständig neue Stücke, usw., usw.
Dann doch lieber nur mit Bass auf die Bühne, da kann ich mich rein auf’s „spielen“ konzentrieren.
Am besten gefiele mir allerdings eine Band, die nur noch eigene Stücke live spielen möchte.
Gruß
SlapBummPop
Ich spiele nun seit etwas über einem Jahr in einer kleinen Hobbyband. Ich werde allgemein als „Super Keyboarder“ bezeichnet (der vorige konnte mit etwas Übung gerade mal die Akkorde zusammenbringen). Ich selbst stufe mich deutlich niedriger ein, aber ich werde besser :)
Von daher kenne ich das auch, wenn mal der Gesang ausfällt spiele ich den Part irgendwo mit, oder den Bass, wenn der mal wieder abgesprungen ist (was ich gar nicht mag, ich habe schon genug mit mir selbst zu tun :D ).
Ich habe da auch vor Ort sehr zügig den Roland Juno DS 61 in Rente geschickt, der im Proberaum stand und mir einen gebrauchten Roland RD 2000 geholt. Damit klappt es, gerade auch, wenn es darum geht mal mehrere Parts einzuspielen, ohne jedes Mal die Patches komplett umzuschalten.
Ich finde das Problem, was ich als Keyboarder „empfinde“: Wenn man nach einer Band sucht, hat man in den meisten Anzeigen nur irgendwelche Metall, Punk und Rockbands, wo es in der Regel für Keyboarder eher wenig zu tun gibt. Ich merke das auch immer, dass die Gitarristen ihr Instrument möglichst in den Vordergrund bringen möchten und Lieder mit viel Gitarren lieber gespielt werden, als vielleicht etwas mit mehr Piano oder Synth-Klängen. Aber wir haben da mittlerweile einen guten Kompromiss gefunden :)
@Andreas Beim Stichwort „Super Keyboarder“ mußte ich an eine Doku denken, die ich mal über Depeche Mode gesehen hab. Als Alan Wilder einstieg, waren die anderen 3 erstmal erstaunt und begeistert, dass der auch so richtig spielen konnte. Ich hoffe, dass die anderen dir immer schön den VIP-Platz auf dem Proberaum-Sofa freihalten, falls ihr eins habt. :)
Ich stimme zu. Die Bands haben mir schon immer die Bude eingerannt. Wenns nur im „richtigen Leben“ auch so wäre :-) Derzeit spiele ich in fünf Projekten. Reicht leider nicht ganz, es gibt halt nur 52 Samstage im Jahr. Aber solange ich meine Finger bewegen kann, mache ich das – was gibt es Schöneres?
Angefangen hat es Ende der 80er mit einem abgerockten Casio CZ1 für viel zu viel Geld, dann der unausweichliche M1, später ein Yamaha S80 mit endlich einer vernünftigen Tastatur. Seit mehr als 10 Jahren ist es ein Nord Stage 76/2 – und bleibt es wohl auch. Liebe auf den ersten Blick. Bin paarmal fremdgegeangen, Kronos, Mainstage… is mir alles zu frickelig. Der Nord fühlt sich halt an wie ein Musikinstrument, kein PC mit Tastatur dran. Du brauchst kein Menü und kriegst auch komplexere Setups mit paar Handgriffen hin. Ich spiele zu 90% eh Piano, B3, Rhodes – und die B&B Samples klingen m.E. im Bandcontext besser als z.B. die viel komplexeren Multisamples meines ModX, der meist nur zu Hause oder im Proberaum zum Einsatz kommt. Irgendwas machen die Schweden richtig. Dazu kommt die Faulheit – zweite (Waterfall)Taste wäre schön für Orgel und Synth, aber das zieht ja dann auch jede Menge zusätzliche Peripherie und Geschleppe nach sich – Mixer, Kabelsalat, Pedale, Ständer… Bislang hab ich alles alleine mit dem Nord hingekriegt. Ein Koffer, Deckel ab, Kabel ran, fertig ;-)
Viele der angesprochenen Probleme erkenne ich in unserer Altherrenband (Sänger, Bass, Drums, 2 Gitarristen und ich als Keybaorder).
Wenn ich allerdings die im letzten Foto dargestellte (reduzierte) Keyboardburg sehe, dann graut es mir schon.
Mir ist schon klar, dass verschiedene Sounds (akustisches Klavier, Hammond Orgel Sound, Synthesizer-Klänge und auch emulierte Klänge) unterschiedliche Tastaturen verlangen.
Die besitze ich auch, aber ich möchte nicht mehr als eine Tastatur zu einem Live-Auftritt mitschleppen: So wenig Aufwand wie möglich.
Ich habe mir für die Band abgewöhnt, auf Wünsche wie nach einem authentischen Pianoklang, Streichern, Bläsern und natürlich noch Windeffekte in allem Umfang einzugehen.
Ich benutze nur ein einziges Keyboard ohne Computer-Softinstrumente nur mit vorhandener Klangerzeugung.
Ich könnte aus meinen zahlreichen Keyboards mehrere Alternativen auswählen, aber da mich der Grundsatz (einer Laienband) leitet: so wenig Aufwand wie nötig und möglich, besteht die Peripherie nur aus Volumen-, Sustain- und Controller-Pedalen.
Ich bestehe darauf.
Da ich – auch um mich persönlich zu entwickeln – EXPRESSIVE E OSMOSE benutze, scheidet der typische Klang eines Klaviers aus. Ich verlange aber auch nicht vom Gitarristen, dass er ein Cello nachahmen soll. Natürlich könnte ich über Midi und Laptop und Audiointerface das durchaus ergänzen, aber ich hasse die Schlepperei, ich möchte Musik machen, egal mit welchem Klang.
Ich bin der Überzeugung, dass man als Keyboarder nicht den Weihnachtsmann spielen muss und bringe nur die Klangfarben ein, die ich an meinem Instrument erzeugen kann und will.
Ich sage mal ganz klar: Ich hätte da absolut Null Bock drauf. Mal abgesehen davon, dass ich mir das von meinem Können her auch nicht zutraue. Klar, ein paar Akkorde bekomme ich natürlich hin. Aber für alles andere müsste ich echt üben. Aber das wäre es gar nicht.
Was es wäre, sind diese potentiellen Diva-Allüren der Bandmitglieder. Ich habe da in meiner Schulzeit – laaaaang ist’s her – gar fürchterliches erlebt. Inklusive abfälliger Bemerkungen, dass man als Keyboarder in der Band ja eher weniger Wert ist (alles erlebt, kein Witz 🤬🤬🤬). Jeder will sich irgendwie in den Vordergrund drängeln, keiner will das große Ganze sehen. Gott bewahre, wenn da mal irgendwann Tantiemen anstünden und das große Hacken und Beißen los ginge. Ja, nee, danke.
Und es klang hier auch schon an: Was macht man denn als Keyboarder in einer Band? Ein paar Pad-Sounds … und das war’s dann. Innovativ und mal was Neues oder gar eigene Songs will doch niemand (Stichwort: Pink Floyd). Meistens gibt es nicht mal den Hauch einer Idee, dass man auch mal was anderes machen könnte. Alle wollen nur »Schmooooock on dä watäääää (gröhl)« oder »Heiiiiiiwäi to häääääl« spielen. Nichts gegen diese Songs (echt nicht) … aber, nee, echt, danke, kein Bedarf.
@Flowwater „Was macht man denn als Keyboarder in einer Band? Ein paar Pad-Sounds … und das war’s dann. “
Nur um Dir selbst zu zeigen, dass Du mit dieser Aussage einem gehörigen Vorurteil aufsitzt, darfst Du Dir noch in diesem Jahr ein x-beliebiges Live-Video der Band „Dream Theater“ auf Youtube anschauen.
Auch wenn es nicht Deine Musikrichtung sein mag, „ein paar Pad-Sounds“ sieht definitiv anders aus 🙂
Und ein guter Vorsatz für das neue Jahr wäre es doch, das Gehörte am nächsten Jahresende dann spielen zu können.🙂
Ich wünsche Dir einen guten Rutsch ins neue Jahr.
@m-ex
>[…]Nur um Dir selbst zu zeigen, dass Du mit dieser Aussage einem gehörigen Vorurteil aufsitzt, darfst Du Dir noch in diesem Jahr ein x-beliebiges Live-Video der Band „Dream Theater“ auf Youtube anschauen. […]
Hahaha … (sehr gut) … weiß ich doch. 😆👍
Ich bin durchaus Fan von Jordan Rudess (weniger von der Musik seiner Band). Ich verfolge auf YouTube auch Franz Kreimer, seines Zeichens Keyboarder der Band »Erste Allgemeine Verunsicherung«, als sie noch existierte. Ich suchte Demo-Videos zum Korg »Z1« und ischwör: Das einzige gute Video war das vom Herrn Kreimer. Und der kann auch echt richtig gut spielen. Großer Fan.
Meine Aussage bezog sich auf die von mir gemachten Erfahrungen in meiner Jugendzeit.
Dir auch einen guten Rusch in 2025! 😃
Henrik / Flowwater
Ein andere leidvoller Aspekt ist, dass ein Keyboarder vor allem gewünscht ist, dass er (wie übrigens auch der Bassist) die Struktur eines Songs beibehält.
Viele Bands entstehen aus einer Formation Gitarre, Bass, Sänger(in) und Drummer.
Es werden oft laienhaft erstellte chord sheets für Gitarristen als Basis genommen.
Leider sind diese für einen Keyboarder oft unlesbar, da Gitarristen ihren eigenen Gesang begleiten und damit nur Akkordwechsel notieren.
In einer Band (vor allem, wenn die Mitgliederzahl 3-4 übersteigt), müssen die Songs klar strukturiert sein.
Mit dem Wunsch nach einem Keyboarder ist, ohne dass es allen bewusst ist, im Hinterkopf die Sicherheit nach einer gemeinsamen Basis, einem Songarchiv, an dem man sich orientieren kann.
Ich habe das in den letzten acht Monaten als Fulltime Job leidvoll erfahren müssen.
Die in Profi-Bands üblichen lead sheets scheiden in den meisten Fällen aus, da sie Notenmaterial enthalten.
Keyboarder sind es in der Regel gewohnt, „vom Blatt zu spielen”. Das ist für die anderen Bandmitglieder ein Buch mit sieben Siegeln, sogar wenn über der Notation noch die Gitarrengriffe notiert sind.
Es kommt also dem Keyboarder oft die leidvolle Erstellung eines Archivs zu. Das ist mit endlosen Diskussionen verbunden und stresst das entspannte Spielen ungemein. Daher treten vermutlich auch viele Keyboarder wieder aus den Bands aus und ziehen sich in die strukturierte Welt ihres Studios und ihrer DAW zurück.
Ich mach „den Scheiss“ jetzt seit über 35 Jahren, also „Bandkeyboarder“……
Warum?
Weil es mir Spass macht mit netten Menschen gemeinsam Musik zu machen…… genau, es ist Hobby!
Hätte ich davon leben müssen: Gott bewahre!
Ich denke das ist halt der grosse Unterschied. So kann ich letztlich machen was ich will bzw. entscheide was ich spiele und was nicht. „Ihr wollt Bläser? OK, dann besorgt welche! Keine Tröte aus Synth, Ende der Durchsage!“
Als Profi ??? Steht das im Vertrag „alles“ liefern zu müssen? Ok, dann „Whatever it needs to get the job done!“
Aber so Aussagen wie oben „….. ohne ists schöner!“
Na gut, dann halt Bass-Solo!
In der Hobby-Band würd ich mich da verabschieden (oder nach ner „Kampfabstimmung“ der Bassist…).
Als Profi-Kollege? Hmm…. „Seh zu dass deine Bass-Parts sitzen!“
Als Witz gemeint? Scheiss Witz!
;-)
Klar, ich könnt auch zuhause im Heimstudio verstauben (muss da mit Grauen an die Corona Lockdowns zurück denken….) aber wie eingangs gesagt:
Gemeinsames Musizieren mit netten Leuten macht einfach Freude! Dann noch paar schöne Gigs oben drauf, Bingo!
Wenns nur um Kohle geht….. hmmm….. schwierig…..
Bandkeyboarder haben – neben dem Drummer – am meisten zu schleppen und das teuerste Equipment.
Dafür müssen sie sich ihre „Lücken “ zwischen Gitarrenriff 1, Gesangspart 2, Gitarrensolo 3 usw. erkämpfen, um dann eben DOCH nur als schmückendes Beiwerk fast regungslos in der hintersten Reihe zu stehen – während Gitarristen und Bassisten mit ihren Instrumenten über die Bühne „tanzen“ und alle Blicke auf sich lenken.
Was also sollte die Motivation sein, sich hier „ins Zeug zu legen „?
Auch gleicht die Anschaffung eines neuen Keyboards einem neuen Computerprogramm, in das man sich erst einmal einarbeiten muss, um sie dann nur in der richtigen Reihenfolge mit den Fingerspitzen anzutippen…
Ich habe das alles hinter mir gelassen und umarme mittlerweile lieber mein altes – inzwischen generalüberholtes – Akkordeon. Damit spiele ich dynamischer als mit jeder Anschlagdynamik oder Fußscheeller und ich kann – wie der Gitarrist – über die ganze Bühne…
Sch…. auf die Imitation von Trompeten, Posaunen, Streichern, Moog-Sägezahnwellen, D-50-Pllagiaten, DX-7-Geklirre und Gitarren…. man wird ohnehin unglaubwürdig und wird schell in die Schublade gesteckt“ der lässt MP3 oder Midifiles laufen“.
Live, unverfälscht, von Hand virtuos vorgetragen!
Damit bekomme ich heute mehr Anerkennung und habe weniger zu schleppen.
Back to the roots🙂
Der Reiz als Keyboarder ist für mich, mit zwei Händen und maximal zwei Instrumenten die oft überproduzierten Parts einer Studioaufnahme so authentisch wie möglich auf die Bühne zu bringen.
Die erforderlichen Skills sind dabei weniger Virtuosität und Jazz-Akkorde, sondern ein Gespür für die wesentlichen Parts eines Arrangements, die Sounds und das Beherrschen der Hardware.
Als Keyboarder bekommt man weder vom Publikum noch von den Band-Kollegen die verdiente Aufmerksamkeit. Man darf stattdessen Sheets schreiben, den MD mimen, Backing Tracks abfeuern (und in die dafür erforderliche Hardware investieren) und ist deutlich zu gering bezahlt dafür.
Bei mir laufen schon den ganzen Tag die Konzertvideos auf 3sat. Die Keyboarder werden selten gezeigt. Das war aber schon immer so. In der ersten Reihe stehen Sänger, Gitarristen, in der zweiten Drummer und Bassist und dann kommt erst der Keyboarder.
Es gibt auch Ausnahmen, aber die sind selten. Als Keyboarder und Gitarrist ist es für mich sehr viel einfacher, anhand von Live-Videos den Part eines Gitarristen zu lernen als den eines Keyboarders. Den kann man nur hörend erfassen (sofern die Keys im Mix nicht untergehen), weil der Keyboarder selten gezeigt wird.
Es schleppt auch kaum jemand so viel und wertvolles Material mit sich herum. Aber dennoch war es immer eine schöne Zeit auf der Bühne.
Prinzipiell stehe ich hinter herws Beitrag, jeden geforderten Sound vom Keyboarder zu verlangen, führt zwangsläufig zu Auswüchsen wie Keyboardburgen etc. Das geht aber nur, wenn der Stil der Band das nicht automatisch fordert. Top 40 sieht einfach nach Kopie aus. Nur sehr wenige können da eigene Arrangements der Titel erfolgreich auf die Bühne bringen.
Musiker, denen ihr eigenes Instrument gut gefällt, spielen deutlich besser. Wäre für die Zuhörer nicht nötig, die erkennen eine gespielte Figur oder Akkordfortschreitung auch, wenn der Sound nur zu ⅔ dem Original nahekommt. Also ist es mMn. sehr wichtig, ein Instrument zu finden, auf dem ich mich wohl fühle. Eines reicht, ausser die Idee der Gruppe zielt auf detailgetreue Wiedergabe existierender Songs.
Ich mache Partycover seit ich 15 bin und kann viele der Argumente nachvollziehen. Je weiter es sich professionalisiert (ich habe aber nen alltäglichen normalen Job), umso weniger schlimm wird das drumherum. Auch, weil man keine Sheets mehr schreiben muss.
Heutzutage nehme ich ein Kurzweil Forte 76 (gewichtet) und ein PC3K6 (Synthtasten) mit, ergänze es per Funk Midi mit nem Korg TR im Rack und fertig.
Kennt man sich mit seinem Instrument aus, hat man schnell einen brauchbaren Sound, der sich in der Band gut durchsetzt.
Zwei Instrumente ist mir lieber wegen der beiden Tastaturen für Orgel und Piano und außerdem die Redundanz, falls mal was kaputt gehen sollte.
Verkabelung habe ich mehrfach, sodass die Zuhause/im Proberaum/im Bandanhänger bleiben können. Ebenso Ständer für die Keys. Das nervt sonst wirklich 😉. Also klare Empfehlung für mehr Fußschalter, Kabel etc und schon kommt man mit einmal Laufen auf die Bühne 😎
Ja, fertige und tolle Sounds programmieren dauert am Längsten und die lieben Mitmusiker können das in der Tiefe nicht nachvollziehen.
Fairerweise baue ich die jeweiligen Sounds aber nicht perfekt original nach. Ich finde es in vielen Fällen langweilig, wenn es live genauso klingt wie die Konserve; kommt auf den Song an. Es geht ja um ein live Erlebnis und da finde ich es besser, wenn es natürlich stimmig im Originalcharakter bleibt, aber es akustisch auch mal etwas zur Beschäftigung gibt. Das hat dann mehr mit Geschmack zu tun.