ICH SACH HOT, ICH SACH WATT!
Gitarristen möchten ihre Klangbretter rocken. Dabei können die Effekte wohl nicht heiss genug sein, um den Klang bis zur Perfektion zu veredeln. Ein phantastisches Schauspiel für das Publikum wird es dann, wenn der aufsteigende Qualm beim schnellen Solo-Spiel aus dem Gitarrensteg empor quillt. Gemeint ist der imaginäre Qualm den die Zuhörer durch heisses Pedal-Treten oder der eigenen Imagination suggeriert wird.
„Also, wenn die E-Gitarre spielen soll, will ich doch mein Klampf-Kabel irgendwo einstöpseln!“ Ein Satz, den ich von Bandkollegen damals in ähnlicher Weise mehrfach hörte. Also ist ohne knietiefen Effekte-Druck das Spiel ein sprödes, langatmiges Zupfen der Drähte.
Der musikalische Geist mag klangliche Abwechslung und genau dadurch beflügelt werden!
Solche und andere Gedanken kamen auf, als ich neulich einen seit Jahren „vergrabenen Schatz“ für meine Gitarre wieder fand. Es folgt ein Blick auf einen Ausschnitt aus der Vergangenheit.
EIN GÜRTELTIER ODER EINFACH EIN GEILER ROCKMAN HEADPHONE AMPLIFIER?
Ein gewisser Tom Scholz, der Gitarrist der Band Boston entwickelte Anfang der 80er Jahre den Rockman X100.
Das war für damalige E-Gitarren-Spielende mit Ambitionen eine recht gutklingende, naja, Plastikkiste!
In der viel zu engen Studentenbude gab es seitdem die Möglichkeit des schonungsvollen Umgangs mit allen Nachbarn, auch ohne Streit!
Für damalige Verhältnisse war diese kleine Klangveredlung für Studenten eine eher teure Angelegenheit, die legendär bleibt.
Der somit zum Gürteltier mutierte Gitarrenspielende erkannte schnell, wie genial es sein kann, den „Amp-To-Go“ sein eigen nennen zu dürfen.
Von den Gürtel-Effekten gab es und gibt es eine Menge klanglich guter Geräte für fast jeden Geldbeutel.
Genau deshalb ist es so gut, dass der ROCKMAN im Jahr 2025 erneut in die Regale bekannter Vermarktung und Verkaufshallen schielt.
HOT, HOT, HOT ODER NICHT?
Es erklärt sich fast von selbst, warum die unterschiedlichen ROCKMAN, oder Kopfhörer-Amps, wie später dem Zoom 9002 und andere Gitarren-Gürtel-Effekte sich bei den „Flitzefingern“ ingesamt durchgesetzt haben. Es waren für den Bretthelden die einfache Handhabe und der portable Klang die das richtiges Gefühl erzeugten und den Zuhörenden mit einer hoffentlich guten Performance gefällig zusprachen.
Die damalige ROCKMAN-Welle schwappte durch das Interesse an Gürtel-Amps in den 80ern zur Firma Ueno Kaihatsu Center Ltd. Mit der Errichtung eines Werks in Taiwan mit der Produktion von Gitarren-Effekt-Pedalen unter dem Markennamen Rock Tek wurden weitere Schritte gegangen.
Im Jahr 1996 übernahm die Marke Arion durch die Firma PRINCE TSUSHINKOGYO LTD aus Japan. Und dann produzieren die Gitarren-Produkte in Sri Lanka, die den ARION® HOT WATT I in den Rock-Ring der Gürtel-Effekt schickte.
Übrigens sind ROCKMAN und der HOT WATT von Arion in den Abmessungen der Hartschale annähernd gleich. Soso!
Achja, der ROCKMAN bekam seinen Namen in Anlehnung an den damals weltweit genutzten WALKMAN. Naja, wie auch immer…
Der HOT WATT begann zu performen und es kam seitdem zu erregten Diskussionen, weil die Behauptung umging, der HOT WATT sei viel günstiger und aggressiver, sowie rauer als der ROCKMAN, was ich durch fehlende Tests nicht bestätigen kann.
Vielleicht habt ihr einen Diektvergleich erspielt und könnt davon berichten.
AROIN® HOT WATT I oder ARION® HOT WATT II.
Einige von Euch können sich vielleicht an die erste Version des HOT WATT erinnern. Da gibt es für mih kaum was zu meckern.
HOT WATT I wird mit dem 3-Fach-Schalter an der Geräteoberseite angeschaltet, jedoch erzeugt der HW1 auf der mittleren Stellung zusätzlich einen A 440Hz Kammerton über den Stereo- und Kopfhörerausgang.
Die vier Effekte Chorus, Echo, Distortion und Sustain können durch herunterdrücken der quadratischen Taster im Parallelbetrieb angeschaltet werden. Ausser dem Ein- und Ausschalten sind keine weiteren Einstellungsmöglichkeiten der Effekte möglich.
Der Sustain-Knopf zeigt bei meinem Gerät keinen Effekt. Rechts neben dme Sustain-Drücker ist ein 6,3mm Klingeneingang angebracht.
Unterhalb der Bedienelemente findet sich ein Lautstärkeregler, um das Signal am Kopfhörer und Aufnahmegerät anzupassen.
Auf einer der schmalen Seiten des Gehäuses platzieren sich beim HOT WATT I zwei 6,3mm-Klinkenbuchen-Ausgänge sowie ein weiterer Eingang für eine 3,5mm Klinkenverbindung. Zudem kann man neben dem Betrieb mit sechs AA-Batterien das Gerät per DC9V-Buchse mit Energie versorgen.
Etwas später wurde der HOT WATT II der Öffentlichkeit vorgestellt. Der 2er hatte dann Veränderungen bekommen, die aus meiner Sicht nich ganz glücklich gewählt wurden.
Der HOT WATT II bietet die Möglichkeit beim Einschalten des Gerätes eine Dämpfung des Eingangssignals, die mit LOW gewählt wird. Mit der Einstellung HIGH wird der Input verstärkt und klingt meines Erachtens nicht mehr so muffig.
Bei den Effekten Echo, Chorus, Metal und Distortion können zeitgleich zwei aktiviert werden.
Auf einer der schmalen Seiten des Gehäuses platziert sich beim HOT WATT II ein 6,3mm-Klinkenbuchen-Ausgang sowie ein weiterer Eingang für eine 3,5mm Klinkenverbindung. Neben dem 6-Fach Batteriebetrieb ist es möglich das Gerät per DC9V-Buchse mit Energie zu versorgen.
Übrigens, gibt es wirklich den Planeten Arion, der am 19. Februar 2008 der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Den Namen Arion haben Mitarbeiter*innen des Observatoriums in Asakuchi der japanischen Präfektur Okayama vergeben. Ob diese Wissenschaftler*innen Jahre zuvor mit ihren E-Gitarren mit dem HOT WATT so viel Spaß hatten, dass die Firma mit dem Namen Arion an diese erinnern wollte? Hmm, wer weiß…
Hier ist ein YouTube Review von Mic Sustianevo.
Damals war alles anders
Der HOT WATT II war in den 1980er Jahren der „Rockman des armen Mannes“, aber er hat seine Aufgabe bei mir zuverlässig erfüllt und funktioniert nach all den Jahren immer noch gut. Wünschenswert wäre selbstredend eine fein justierbare Verzerrung und ein
Jedoch hat dieses billige Gerät auch für einige erfahrene Gitarrenspielende eine ansprechende Dynamik, die dem Vergleich zu preisintensiveren Effekten damaliger Zeit nicht scheuen braucht.
Insgesamt macht HOT WATT II das, was es tut gut. Ob HOT WATT I und HOT WATT II „nur zum Herumspielen“ entwickelt wurden oder die Geräte den „hohen musikalischen Ansprüchen von Profis“ standhalten sollten, kann besser jeder für sich entscheiden.
Der HOT WATT II wurde damals zu einem Preis von ca. 70 Dollar in einer grau-anthrazit-bedruckten Pappschachtel und mit großen orangen Lettern bedruckt dem Gitarre spielenden Volk angeboten. Die Beilage war ein recht überschaubares Manual, das sich den Erklärungen der Grundfunktionen hergibt. Nur sind diese auch ohne Manual auf den ersten Blick ziemlich selbsterklärend.
Besonders positiv fällt ein an der Rückseite angeschraubter Clip für den Gürtel oder den Gitarrengurt auf. Dieser Gürtel-Clip ist robust und verfügt über eine praktische Rutsch-Sperre. Der kleine Kasten hält bei meinen Clip-Tests perfekt an meiner inzwischen nicht mehr so schlanken Hüftregion. Die Klänge der nicht weiter einstellbaren Effekte und können dem Gusto des Spielers entsprechen, müssen jedoch nicht, wodurch sich dann beim Weiterverkauf ein Käufer finden kann.
Den HOT WATT II mit einem Synthesizer zu benutzen macht mir wirklich Freude. Klar, auch ein Drumset kann durch die Effekte des HW II musikalisch und zielführend eingesetzt werden. Die Möglichkeiten sind dank der heutigen DAWs nur durch die eigene Fantasie und Kreativität begrenzt. So können durch Doubles mehrere HOT WATT I oder HOT WATT II Effekte zeitgleich erklingen.
Ein absoluter, jedoch nicht mehr so geheimer „Geheimtipp“ ist den HOT WATT II an einen Bass zu stöpseln, um den Bass-Klang der Beatles wie auf dem Album „Rubbersoul“ zu erhalten. Das ist für den damalige FX-Quader schon ein gewichtiger Pluspunkt.
Fühlst du dich jetzt genötigt den HOT WATT II zum umhängen dein nennen zu wollen, dann solltest du auf der Suche nach diesem betagten Kopfhörer-Verstärker der 80s auf dem europäischen Markt einiges an Zeit mit einrechnen.
Nicht immer sind die noch aktiven Angebote auf den Anzeige-Börsen wirklich erhältlich. Als recht teuer stufe ich ein, dass in den USA diese Verstärker gebraucht mit einem Wert um die 140,00 EUR (Beginn 2023) gehandelt werden. Wenn dann noch Zoll für die Einfuhr und Versandkosten drauf gerechnet werden, ist die Liebhaberei zum HOT WATT I oder II wirklich keine kleine Investition mehr.
Der HOT WATT II hat sich anscheinend über die Jahrzehnte in der Musikszene mit seinem langlebigen Gehäuse und durablen Innenleben so bewährt, dass er nun nur schwer erhältlich ist. Heutzutage werden häufig defekte Geräte angeboten, mit angeschlagenen oder gebrochenem Housing. Wer den Kauf nicht scheut, kann einen technisch funktionierenden HOT WATT II erwerben und diesen mit einem Selfmade-Housing versehen. Hier sind aufgrund der Normgröße des Gehäuses ziemlich schnell Plastik-Housing-Lösungen gefunden. Ein paar Löcher bohren und es wird wieder heiss im Rockpalast!
SPEZIFIKATIONEN DES VINTAGE AMPLIFIERS HOT WATT II
Energiebedarf:
1,5V x 6 AA-Batterien oder über
AC-Adapter mit 9 Volt DC Transformation
Stromverbrauch:
DC 9 V bei 20mA ~ 50mA
Eingangsimpedanz:
100 MegaΩhm
Ausgangsimpedanz:
Miniklinke mit Mono Line Ausgang bei 5,6 KiloΩhm
Kopfhörer Impedanz:
32 Ωhm ~ 300 Ωhm
Ausgangsleistung:
RMS 100mW + 100mW
Effekte:
Chorus on/off
Echo on/off
Metal Distortion on/off
Overdrive ohne Individualeinstellungen on/off
Andere Funktionen:
Klang Low on/off
Klang High on/off
eine rudimentäre Anpassung der Klangeigenschaft
Abmessungen:
100mm Länge x
150mm Höhe x
35 mm Tiefe
Gewicht:
370g
inklusive 6 AA Batterien
Zugegeben musste ich erst mal googeln wie dieses Teil aussieht. Aber spannend was es nicht alles gibt bzw. gegeben hat. Das wäre auch das einzigste was ich vermisst habe. Ein Foto-Bild des Arion Hot Watt II. Aber man kann ja wie erwähnt selber nachschauen. 😊 Danke für den Artikel über dieses spezielle Gadget.
@Filterpad Eigentlich hätte ich das gute Ding fotografieren wollen. Dann wurde mir klar, die Fotos werde ich nachreichen, wenn es mir ermöglicht werden kann.
@CDRowell So etwas in der Art habe ich mir fast gedacht. Na, der Peter wird’s schon richten. 💪