Leben in Klang und Rhythmus
Klaus Doldinger ist tot. Der Saxophonist, Komponist und Jazzmusiker starb am 16. Oktober 2025 im stolzen Alter von 89 Jahren im Kreis seiner Familie. Mit ihm verliert die Musikwelt eine prägende Figur, deren Melodien – ob im Jazzclub oder im Fernsehen und Kino – längst Teil der deutschen Musikgeschichte geworden sind.
Klaus Doldinger
Vom Klassikstudenten zum Jazzer
Geboren 1936 in Berlin, wuchs Doldinger in Wien und Düsseldorf auf. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für Musik: Er studierte Klavier und Klarinette an der Robert-Schumann-Hochschule, fand aber bald zum Jazz. In den 1950er-Jahren gründete er erste Bands wie The Feetwarmers und Oscar’s Trio und tourte durch Europa und die USA – in New Orleans, der Wiege des Jazz, wurde er sogar zum Ehrenbürger ernannt.
Diese frühen Jahre legten sicherlich den Grundstein für eine Karriere, die sich zwischen Tradition und Experiment bewegte. Doldinger war nie Purist, sondern verstand sich selbst als Brückenbauer: Er verband Jazz mit Rock, Funk, Elektronik und Weltmusik – er schuf Klangräume, in denen sich Generationen von Musikerinnen und Musikern wiederfanden.
Passport
1971 gründete Doldinger die Band Passport, die aus der deutschen Jazz-Szene nicht mehr wegzudenken war. Über fünf Jahrzehnte hinweg tourte er mit wechselnden Besetzungen, veröffentlichte mehr als 30 Alben und spielte über 5000 Konzerte. Passport war dabei stets mehr als eine Band – sie war vielmehr Versuchslabor für musikalische Experimente und Sprungbrett: Der junge Udo Lindenberg saß 1971 an den Drums, andere spätere Größen des Jazz-Rock nahmen hier ihre ersten Schritte.
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Doldinger verstand es, seine Musik stetig zu erneuern. Stillstand lag ihm nicht. Er kombinierte komplexe Improvisation mit eingängigen Motiven, verband Virtuosität mit Spielfreude. Das machte Klaus Doldingers Passport zu einem Aushängeschild des europäischen Jazz – und Doldinger selbst zu einem Botschafter dieser Musik weit über Deutschland hinaus.
Komponist unvergesslicher Melodien
Neben der Bühne wurde Doldinger auch zum Schöpfer ikonischer Filmmusiken. Seine Titelmelodie zum Tatort – seit 1970 unverändert im Einsatz – ist längst ein Stück deutscher Popkultur. Sie ist so prägend, dass zwei Töne reichen, um sie zu erkennen. Ebenso unvergessen: der pulsierende, spannungsgeladene Soundtrack zu Das Boot (1981) und die verträumten Klangwelten von Die unendliche Geschichte (1984). Der Kinofilm und seine Musik hat mehrere Generationen begeistert und ist bis heute beliebt.
Unvergessen ist die bezaubernde Musik zum Flug auf dem Glücksdrachen:
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Und auch hier reichen den meisten Menschen wenige Töne, um zu wissen, aus welchem Film die Musik stammt:
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Charakteristische Melodien und Motive gelangen ihm spielend, wie er selbst in Interviews zugab. Seine Themen waren klar, emotional, unverwechselbar und mussten sich auch hinter internationalen Größen der Filmmusik nicht verstecken. Dass er oft als „John Williams Deutschlands“ bezeichnet wurde, nahm er mit Humor – und als Kompliment. Tatsächlich besaß Doldinger eine ähnliche Gabe: musikalische Emotionen so zu formen, dass sie sich unmittelbar ins Gedächtnis einprägen. So dürften die meisten Menschen bei „Das Boot“ sofort die charakteristische Melodie im Kopf haben.
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Der Mensch hinter der Musik
Selbst mit über achtzig Jahren stand Klaus Doldinger noch regelmäßig auf der Bühne, sein Saxophon stets griffbereit. Routine kannte er nicht. Musik und das aktive Musizieren machten ihn glücklich – bis ins hohe Alter, angetrieben von einem stets ruhelosen und kreativen Geist. Weggefährten beschreiben ihn als humorvollen Menschen, der trotz seines Erfolges nie eingebildet war.
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Ein bleibendes Vermächtnis
Sein Werk umfasst über 200 Filmmusiken, zahllose Jazzkompositionen und ein halbes Jahrhundert Bandgeschichte. Er erhielt nationale und internationale Auszeichnungen, doch wichtiger als Preise waren ihm immer die Musik und der Dialog mit dem Publikum. Doldinger war ein Künstler, der es als Lebensaufgabe sah, sein Publikum zu begeistern. Ein jüngeres Publikum entdeckte seine Melodien insbesondere auch durch Remakes oder durch Remixe auf TikTok.
Klaus Doldinger hinterlässt seine Frau Inge, mit der er über 60 Jahre verheiratet war, vier Kinder und ein Lebenswerk, das überdauern wird. Er war Jazzmusiker, Komponist, Visionär. Aber vielleicht war er vor allem eines: ein Mensch, der in Tönen dachte und in Melodien fühlte.
Diese Musik wird weiterleben: In jedem Sonntagabend-Tatort, in den Tiefen von Das Boot, in den Träumen der Unendlichen Geschichte.

































Ohne Schirokko wäre mein Leben ärmer. Danke, Herr Doldinger!
Für mich ein wahnsinn wie man solche Melodien wie ‚Das Boot‘ und ‚Die unendliche Geschichte‘ erfinden kann. Danke Hr. Doldinger für diese wunderbaren musikalischen Schätze. Möge er, neben Jack White, im Musikhimmel ruhen.
Ein sehr schöner Nachruf, Danke dafür…!
Es war ihm vergönnt, sehr lange zu leben, und dabei das zu tun, was er liebte und konnte.
Da war er doch vielen von uns weit, weit voraus.
Mit „Sie soll die letzte Frau in meinem Leben sein“ über 60 Jahre verheiratet? 4 Kinder?
Dann hat er wohl vieles richtig gemacht…!
Ich glaube, so etwas nennt man ein erfülltes Leben…
Wenn es „Ihn da oben“ gibt, dann möge er ihm ein Saxofon statt der Harfe geben, und ihm ein paar Jungs und Mädels an die Seite stellen, gute Musik ist überall willkommen…!
Mein Mitgefühl an alle, die ihn kannten und liebten…
Mega!! Was für ein wichtiger Nachruf! Mir war gar nicht bewusst, wer es genau war. Krasse Wissenslücke geschlossen. Was eine Persönlichkeit!!
@Tim Ging mir lange Zeit auch so! Der war auch selten in der Öffentlichkeit, bezogen auf TV wie ‚roter Teppich‘ und Shows etc. Das Gegenteil wäre hierzu der Dieter Bohlen: Der hat weniger erreicht, ist aber ständig im Trash-TV und seine Ex-Damen, Pooth und Co. wie auch sein Ex-Kollege T. Anders ebenso. RTL lässt grüßen! 😆
Ja, was für ein vielseitiger und stets geerdet gebliebener Mensch – dieser Ausnahmemusiker; und das nun wirklich nicht nur am Saxophon!
Auf dem 76er Album ‚Infinity Machine‘ glänzen satte Synthesizer-Linien – und nicht nur im Bass. ‚Ju-Ju-Man‘ … und vor allem dieses fesselnde ‚Ostinato‘ symbolisiert dabei für mich Doldinger’s musikalisches Leben … treibende Rhythmen von ‚A‘ bis ‚Z‘ und dramatische Bässe.
Doldinger hinterlässt hundertfache Spuren seines kreativen Schaffens und wird auch posthum musikliebende Menschen begeistern – egal in welchem Genre!
Fuer mich ist es schwer zu beschreiben wie sehr mich Doldinger’s Musik gepraegt hat:
Sei es als kind Tatort und Ein Fall fuer Zwei, dann spaeter Das Boot und nun ueber die letzten 10 Jahre hat sich irgendwie jede Passport scheibe in die sammlung eingeschlichen.
Dazu dann noch das Constellation album fuer all die tage wo man etwas PPG hoeren moechte und dann die zwei Motherhood platten wenn es doch mehr richtung Psychedelic/Prog/Rock-Jazz gehen soll.
Leider konnte ich ihn nie live erleben, denn das Konzert fuers Theaterstuebchen im Staatstheater Kassel vor 3 jahren wurde leider aus gesundheitlichen gruenden abgesagt.
Ja, da tritt gerade eine ganze Generation ab, Doldinger war einer von ihnen. Wir werden sie alle noch vermissen und selber noch ein Stück wachsen müssen. Ich selber bin ein Kind dieser Generation, meine Eltern sind und waren so alt wie Doldinger. Deren Leistung, als Kind durch den Krieg und danach Schuld und Aufbau, die Kraft dieser Menschen ist vorbildhaft. Mein Nachbar unter mir ist ebenfalls so alt und erzählt gelegentlich, teilweise zum ersten Mal, was diese Generation alles erlebt hat, wie er als Kind essbares auf einem Feld voller Leichen gesucht hat, unvorstellbar. Doldinger wird ähnliches erlebt haben und dies in der Musik und mit den Menschen verarbeitet haben, das höre ich mit jeder Note. Ich habe größten Respekt und sehe immer wieder wie klein meine Ängste und Sorgen sind. Ruhe in Frieden.
Danke für diesen schönen Nachruf. Er war ein ganz großer Musiker! Passport war in meiner Jugend immer präsent. Höre gerade im Moment wieder Ataraxia. Ach ja, und da war noch Constellation. Wäre locker als Tangerine Dream durchgegangen. Seine Musik wird uns immer bleiben.
Ich habe als Kind immer Das Boot (New Version von 1993) gehört, mein Vater hat so eine Compilation mit der besten Filmmusik von Klaus Doldinger. Und wir haben immer zu der Version von U96 abgehampelt.
Von daher ist das immer sehr, sehr prägende Musik für mich gewesen, vielleicht einer der wichtigsten Songs überhaupt für mich, wenn ich es recht betrachte.
Alleine dafür schon ein ganz großes „Vielen Dank für die tolle Musik“
R.I.P.
großartige Musik, ganz großes Kino, dabei vorbildgebend sympathisch bescheiden im Auftritt, ein wirklich großer Verlust
R.I.P.
Ich hatte mehrmals das große Vergnügen Klaus Doldinger life erleben zu dürfen. Was mich dabei faszinierte war seine Freunde am spielen, die sich schnell auf das Publikum übertrug. Dadurch waren seine Konzerte immer etwas Besonderes. Er lebt durch seine Musik weiter. R.I.P