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Praxisreport: In-Ear Monitoring – über 20 Jahre Erfahrung

22. Dezember 2024

Es wurde schon eine Menge über In-Ear-Monitoring geschrieben, daher will ich mich hier weniger auf die Technik fokussieren, sondern lediglich mal über meine Erfahrungen berichten.

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Weil man immer öfter Acts mit Hörern im Ohr sah, beschloss ich, dass ich das auch mal probieren müsste. Bei ebay schoss ich 2004 ein System von DB, das IEM 2000.

Als Hörer versuchte ich diverse Kopfhörer, die ich am iPod nutzte. Für meinen Lieblingshörer ein Koss Plug von dem ich mehrere besaß, ließ ich mir sogar beim Hörgeräteakustiker für 150EUR Ohrstücke anpassen.

Der erste spontane Einsatz auf der Bühne, wo wir fremd-gemixt wurden, ging in die Hose, weil ich- blöd wie ich war – lediglich den Ausgang meines Keyboardsubmixers auf die Hörer legte und natürlich so gut wie nichts von dem Rest auf der Bühne mitbekam. Schnell merkte ich, dass ich einen eigenen Aux vom FOH brauchte, was zur Zeit von Analogpulten noch etwas schwierig war, weil die Aux-Ports noch in der Anzahl stark limitiert waren. Bei meiner eigenen Band, wo ich mich selber um die Technik kümmerte war das schon besser, da hatte ich einen Aux für mich alleine, auf dem ich mir meinen individuellen Mix selber erstellen konnte. Aber da das Mischpult nicht in meiner Reichweite stand, hab ich dann – was viele andere auch schon machten und auch heute noch so handhaben – auf den Aux alles außer Keyboards gemischt und in meinen Submixer eingeschliffen, wo ich dann die Keyboards in der Lautstärke dazu regeln konnte, wie ich es brauchte. Schnell merkte ich, dass die Hörer nicht wirklich Bühnentauglich waren. Zum einen saßen die angepassten Einsätze nicht richtig fest, zum anderen waren die im Hörer fest angeschlossenen Kabel zu filigran, rissen mir sogar mal aus dem Hörer raus. Dann ergab sich in unserem großen Rockprojekt ein Gig, wo wir mit Orchester auftreten sollten. Aufgrund der ersten Erfahrung stellten wir fest, dass sowas nur wirklich funktioniert, wenn die Bühne leise ist, also keine Amps, elektronisches Drumsets und keine Wedges, dafür alle mit In-Ear, was eine recht kostspielige Angelegenheit war, da dies alles gemietet werden musste. Dies nahm ich zum Anlass, mir gute angepasste Hörer zuzulegen. Der Dollarkurs war gerade günstig, und so orderte ich bei Ultimate Ears in USA meine ersten vernünftigen Hörer, einen UE7, damals 1100 USD, was knapp über 700 EUR waren.

Die kamen in einem wertigen Case mit meinem Namen versehen, saßen perfekt und hatten eine super Dämpfung aller Geräusche von außen. Der Sound war fantastisch. Einziges Problem war, dass wir alle mit Funkstrecken versorgt wurden und keinen Einfluss auf den Mix hatten, und eh nur 16 Monitorwege zur Verfügung standen, was damals schon enorm aufwendig war. Daher war ich bei diesem Gig teilweise ziemlich im Blindflug unterwegs, und ein herausnehmen brachte auch nichts, weil es ja quasi eine Silent-Stage war.

Dafür hatte ich jetzt für meine Bands perfekten Sound, war allerdings immer noch der einzige, der mit In-Ear auf der Bühne stand. Das sollte auch noch viele Jahre weiter der Fall bleiben, weil den meisten das zu viel Aufwand war, zu viel kostete, und sie sich auch nicht wirklich mit dem Gedanken der Umstellung anfreunden konnten.

Ich fuhr immer noch mit einem Mix von Aux-Send, dem ich über meinen Submixer meine Keyboards hinzufügte. Ein Durchbruch kam mit dem ersten Digitalmixer, den wir uns zulegten. Hier konnte ich nun direkt am Tablet alle Signale separat regeln. Da wir uns immer selber von der Bühne herab  selber mischen, war für mich ein weiter großer Vorteil, dass ich mir alternativ zu meinem individuellen Mix auch die Summe auf die Ohren legen konnte, also das, was über die PA nach draußen geht, um eine Kontrolle für den FOH Sound zu haben. Dies ist natürlich nur ein Kompromiss, weil eine PA immer anders klingt als ein Kopfhörer, wobei natürlich ein Mix von der Bühne eh schon ein Kompromiss ist. In diesem Fall verzichtet man natürlich auf einen für sich angepassten individuellen Mix, aber bei guten Hörern kann man sich auch hier dran gewöhnen und hört sich trotzdem noch gut genug. Die richtigen Verhältnisse zu erkennen ist hauptsächlich eine Erfahrungssache, wo man aber durchaus über Feedback von anderen, z.B. vertrauenswürdigen Leuten aus dem Publikum, lernen kann, um zu wissen, wie und wo sich der Sound nach draußen unterscheidet. Und natürlich fehlt bei der Summe aus dem Pult auf die PA der Dirketschall, der von der Bühne kommt. Je mehr Direktschallquellen wegfallen, um so genauer kann man hier aber den Sound regeln.

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Mittlerweile hatte ich das DB System erst gegen ein LD MEI 100 und dann später gegen ein Sennheiser IEM getauscht, was jedes Mal deutlich besseren Sound und weniger Störungen mit sich brachte.  Der Drummer meiner Top40 Band war der erste, der das mal mit In-Ear probieren wollte, als er mitbekam, dass ich davon so begeistert war. Er organisierte sich ein kabelgebundenes System mit einigermaßen gutem Hörer, doch beim ersten Gig riss er sich die Hörer nach dem zweiten Song wieder aus dem Ohr und drehte seinen Wedge wieder auf. Das System schickte er dann gleich wieder zurück. Meinen Kommentar, dass das schon eine gewisse Umgewöhnung wäre und man schon ein wenig Zeit braucht, um seinen Sound zu finden, wollte er nicht hören.

Bei meiner zweiten Band, einer Rock-Coverband konnte ich auch niemanden überzeugen. Erst als unser Gitarrist einen  Tinnitus bekam, stieg auch er um. War auch recht schnell überzeugt, vor allem, als er sich dazu durchringen konnte, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen und sich bessere  Hörer zulegte. Der Drummer, der eh nichts mit Technik am Hut hatte, wollte davon nichts wissen, bestand sogar auf fetten Monitor-Wedge, was für den Gesamtsound immer völlig unproduktiv war. Unser Bassist und Sänger, der auch immer ein ungeheures Monitorbrett auf der Bühne brauchte, weil er auf einem Ohr bereits fast taub war, trug seinen Teil noch dazu bei. Seine Hauptausrede war immer, dass die Interaktion mit dem Publikum und auch auf der Bühne bei In-Ear Monitoring abhanden kommt. Auch unsere Sängerin, die sich nie auf ihrem Monitor hörte, war nicht bereit, mal Geld in die Hand zu nehmen. Leider typisch für die meisten Sängerinnen, die man vielleicht gerade mal überreden konnte, sich ein eigenes Mikrofon anzuschaffen – aber bitte nicht zu teuer – während die Musikerkollegen tausende in ihr Equipment investieren müssen und in der Regel auch bereit sind, um ein Optimum für sich herauszuholen.

Mein Setup bzw. mein Siderack war irgendwann mal auf 2HE zusammen geschrumpft, in dem neben einem Audio-Interface, das gleichzeitig als Submixer diente eine kleine Patchbay und meine In-Ear Funkstrecke beinhaltete. Hier konnte ich mir auch bei Fremd-Mischung einen Aux-Weg dazumischen und war auch so autark. Für die eigene Band kam der Mix wie gehabt aus dem Digitalpult.

Ein großer Vorteil für mich war zudem die Bewegungsfreiheit auf der Bühne. Ein Wedge muss immer auf den Musiker ausgerichtet sein, damit er sich vernünftig hört. Für Drummer und Keyboarder, die einen festen Platz haben, weniger das Problem, als für Sänger oder Musiker, die sich für die Show auch mal auf der Bühne bewegen wollen. Da ich nicht nur am Keyboard stehe, sondern auch hin und wieder zur Gitarre greife, habe ich mit einer In-Ear Monitor Funkstrecke volle Bewegungsfreiheit, nutze auch für die Gitarre eine Funkstrecke, bin sogar zum Headset übergegangen, dass ich auch mit Funkstrecke betreibe.

Mit unserem Gitarrist war ich mir einig, dass wir auf jeden Fall den richtigen Weg eingeschlagen haben, und um auch auf fremdgemixten Bühnen immer autark zu sein, erweiterten wir unser Rack mit Splittern, so dass zumindest wir immer unseren eigenen Monitormix bekommen konnten.

Bei der Top40 Band kam die bahnbrechende Erkenntnis, als wir mal einen Gig in einer extrem überfüllten Halle hatten, wo solche ein Geräuschpegel herrschte, dass die Wedges da nicht gegen ankam. Die Lautstärke war extrem stressig, nur für mich nicht, der mit seinen angepassten Hörern relativ gut abgeschottet gegen den Lärm war und trotzdem einen guten Monitorsound hatte. Ich selbst hatte noch eine zweite Funkstrecke, lieh mir noch eine weitere, und Drummer und Bassist gingen vorerst kabelgebunden los. Sie waren einigermaßen überzeugt, und bestellten sich gleich eigene IEM Systeme, zwei LD MEI1000. Allerdings mussten sie mir sehr schnell recht geben, dass die mitgelieferten Hörer nicht geeignet sind. Der Bassist orderte sich dann ein Shure Hörer, und dem Gitarristen verkaufte ich meinen FischerAmp FA3-E, den ich mir mal als Ersatzhörer zugelegt hatte, nachdem ich versehentlich einmal bei einem Gig auf einen meiner UE7 getreten bin, der zum Glück dann aber von dem Hörgeräteakustiker in meiner Stadt repariert werden konnte. Mittlerweile hatte ich auch einen UE5, den ich bei einer Aktion gewonnen hatte, der dem UE7 klanglich nur wenig hinterher steht. Wir gingen sogar einen richtigen Schritt weiter in Richtung Silent Stage. Unser Drummer holte sich ein E-Drum, Bassist und Gitarrist spielten direkt in die PA. Für mich, der für den FOH Sound zuständig war, ein Segen, weil es absolut easy war, einen immer gleichbleibenden guten FOH-Sound hinzubekommen. Leider hielt das nicht lange an. Der Drummer fühlte sich auf dem E-Drum nicht wohl, holte als erstes die HiHat wieder raus, dann nach und nach die Snare, die Bassdrum und die Becken. Lediglich die Toms blieben als E-Drum bestehen. Auch mit In-Ear kam er nachwievor nicht zurecht, hatte schon nach kurzer Zeit wieder einen Aktivmonitor neben sich stehen. Der Gitarrist holte wieder seinen Amp auf die Bühne, und das war’s dann mit Silent Stage, auch wenn bis auf den Drummer alle noch bei In-Ear blieben.

Nachdem die Rock-Coverband sich nach Corona aufgelöst hatte, bin ich eine neue Band eingestiegen. Auch hier waren noch alle traditionell mit Wedges unterwegs. Man war sich schnell einig, es mal mit In-Ear Monitoring zu probieren, weil alle mit dem Monitorsound unzufrieden waren. Man hörte sich nicht vernünftig oder hatte mit Feedback-Problemen zu kämpfen. Ich stellte mein Rack mit X32 R zur Verfügung, das ich schon bei der vorigen Band eingesetzt hatte. Genügend Aux-Wege war nicht das Problem, aber wieder die gewohnten Gründe: fehlende Interaktion mit dem Publikum, viel Geld, das man nicht in die Hand nehmen wollte. Der Drummer meinte, er braucht überhaupt keinen Monitor. Der erste war unser Bassist, der schon bei einer anderen Band ein XVive System eingesetzt hatte, dass er nun mitbrachte, vor allem als er erkannt hatte, dass er seinen Mix selber am Smartphone beeinflussen kann. Mal sehen, ob und wann wir zumindest unsere Sängerin noch von In-Ear Monitoring überzeugen können.

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Fazit
In-Ear Monitoring hat den großen Vorteil, dass man einen individuell angepassten Sound auf die Ohren bekommen kann, und je nach Hörern überwiegend abgeschirmt von der Umgebungslautstärke transparenten optimierten Mix bekommt, den man sich auch ohne großen Aufwand selber jederzeit korrigieren kann. Bei vernünftiger Nutzung hat man auch gleichzeitig einen Gehörschutz, was auf Dauer auch gut für die Ohren ist.
Der große Vorteil ist eine geringere Lautstärke auf der Bühne, was sich auch positiv auf den Frontmix auswirkt, und es dem Tontechniker leichter macht. Der Hauptfaktor für optimierten Sound sind die Hörer, die den größpten Teil der Investition ausmachen. Hier sparen meiner Erfahrung nach dummerweise die meisten, obwohl man bereits ab 400-500 Euro angepasste Hörer bekommen kann. Fakt ist, dass man nicht mal eben so auf In-Ear Monitoring umstellen kann. Die technischen Voraussetzungen müssen gegeben sein - ein Pult mit ausreichend Aux-Wegen- und Outputs, bis hin zu eigenem In-Ear Mixern mit Splittern, gerade wenn man oft auf fremdgemixten Bühnen unterwegs ist. Es braucht seine Zeit, bis man seinen Sound gefunden hat, bis man die richtigen Hörer gefunden hat, vor allem bereit ist, die Vorteile und den Nutzen zu erkennen, und auch bereit ist, das nötige Geld zu investieren. Auch muss man unter Umständen experimentieren, ob man besser mit einem Hörer klarkommt, ob man zu Hörern mit Ambience-Öffnung greift, oder ob man zusätzliche Mikros für den Raum aufstellt und wie diese in den Mix integriert werden müssen, um sich wohl zu fühlen.

Plus

  • eigener gleichbleibender Monitor-Sound
  • Unabhängigkeit
  • weniger Bühnenlautstärke, was sich auf den Gesamtsound auswirkt
  • Bewegungsfreiheit auf der Bühne

Minus

  • abgesehen von Investitionskosten keine
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Forum
  1. Profilbild
    CDRowell AHU

    Danke für diesen guten Bericht. InEar, da oder hier… ist wirklich eine gute Sache, wie ich finde und: Der Deifel findet sich im Detail!!! Wie du trefflich berichtest. Allemal ist der Kostenfaktor immer noch ein Thema, wenn es sich um gelegentliche und kleine Auftritte dreht.

    Jedoch, wer weiß ob es nicht in Kürze auf eine größere Bühne führt. Daher kann ich den Artikel völlig positiv sehen. Danke! 😍

  2. Mehr anzeigen
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