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Sheets für das digitale Notenpult

15. Februar 2025
Sheets für das digitale Notenpult

Sheets für das digitale Notenpult

Man kennt sie, die Musiker, die mit fettem Notenpult und Leitzordner auf der Bühne stehen, allerdings mehr und mehr aussterben, weil es bessere Möglichkeiten in Form von Tablets gibt. D.h. man nutzt kein Papier mehr, sondern digitale Formate. Der eine oder scannt seine Zettel ein, andere fotografieren sie einfach ab, andere nutzen Formate wie ChordPro. Letzteres bietet einige Vorteile, weil es Möglichkeiten wie Transponierung bietet. Aber dies ist ein Thema für eine andere Betrachtung. Ich bevorzuge für mich eine freie Gestaltung meiner Sheets am Rechner, weil es mir die meisten Optionen bietet und gerade gegenüber Scans und Fotos die beste Auflösung bietet.

Nur ist der Umstieg nicht immer einfach, erfordert einiges an Vorbereitung und Optimierung. Zu allererst braucht man auch eine App, um die Zettelwirtschaft zu organisieren. Davon gibt es jede Menge, wie z.B. Bandhelper, Setlistmaker, OnSong, SongbookPro, Mobile Sheets etc. nur um mal ein paar zu nennen. Es gibt verschiedenste Optionen, sich Vorlagen welcher Art auch immer für die Bühne zu erstellen. Manchen reicht ein Songtext, manche benötigen noch die Chords dazu, manchem reicht nur ein Ablaufschema mit Chords. Viele sind auf Noten angewiesen, was ich hier aber unberücksichtigt lassen möchte, bis auf die Möglichkeit, kurze Notenabschnitte als Grafiken mit einzubauen.
Ich versuche im Folgenden mal meine Erfahrungen, die ich in mittlerweile 40 Jahren Bühnenaktivität gesammelt habe, zu beschreiben.

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Bitte hier keine Diskussion über die Notwendigkeit von Zetteln, Ordnern, Telepromptern usw. starten. Es ist uns allen klar, dass es am besten wäre, man braucht überhaupt keine Aufzeichnungen auf der Bühne, aber diese Diskussion gehört hier nicht her, wobei mein Fokus schon darauf gerichtet ist, fette Ordner zu vermeiden, alles auf ein Minimum zu beschränken. Dazu später mehr.

Meine Werkzeuge: als Basis reicht mir ein PC oder Macbook mit einem Textverarbeitungsprogramm. Ich nutze in der Regel Word für Windows.

Der Klassiker: Ein Songtext mit oder ohne Chords. Wenn ich eigene Songs schreibe, hab ich den bereits vorliegen, für Coversongs gibt es so gut wie jeden Text im Internet zum freien Download. Einfach den Songnamen in der Suche eingeben, evtl. ergänzt durch ‚Lyrics‘ und dann sollte man sofort fündig werden. Ich bleibe mal bei einem Coversong, nehme als Beispiel Bring me some Water von Melissa Etheridge.

Ich kopiere dann den kompletten Text und füge ihn in Word ein. Achtung: Nicht einfach Copy&Paste, also STRG+C und STRG+V, sondern über Inhalte einfügen und dann unformatierten Unicode einfügen.

Das sieht dann erst einmal etwas roh aus:

Ich versuche, so weit möglich, alles auf einer Seite unterzubringen. Also setze ich als erstes schon mal die Seitenränder auf das Minimum, d.h. ich lasse oben 0,5 cm, links 1 cm, rechts und unten spielt erst einmal keine Rolle. Dann kontrolliere ich den Text, indem ich mir das Original bzw. die Version, wie wir sie spielen wollen, anhöre. Hierbei füge ich nebenbei Beschreibungen wie Intro, Refrain (oder Chorus), Bridge, Pre-Chorus, Solo – was auch immer man als Bezeichnung der Parts verwendet – für die Orientierung ein und ersetze die Absätze durch einfache Zeilenumbrüche, warum erkläre ich später. Um weiteren Platz zu sparen, fasse ich Zeilen zu einer zusammen, spare mir evtl. auch Teile, die identisch sind, wie z.B. ein Refrain und ersetze den sich wiederholenden Text durch ‚Refrain‘. Dann markiere ich den gesamten Text, um die Schriftgröße anzupassen, mindestens 14pt, besser größer, dass man ihn besser lesen kann. Um den Text optimal auf die eine Seite zu bekommen, passe ich den Zeilenabstand an (daher Zeilenumbrüche vs. Absätze), indem ich wieder den gesamten Text markiere und ihn über das Format Absatz auf ‚genau‘ und einen Wert um die 22pt zu setzen, variiere diesen Wert nach oben oder unten, so dass der Text am Ende auf die Seite passt.
Den Abstand ‚nach‘ kann man ggf. auch noch verändern. Ich lasse ihn aber immer auf mindestens 6pt, um eine optische Trennung der Parts zu bekommen, ohne mit Leerzeilen arbeiten zu müssen. Parts wie Refrain rücke ich der Übersichtlichkeit nach rechts ein.

Als nächstes füge ich über ein Textfeld die Chords ein. Das Textfeld formatiere ich über ‚Form formatieren‘: keine Linie, keine Füllung, und dann den Text darin: Textgröße und Abstandsformat identisch mit dem Songtext, ich nutze aber eine andere Schriftart, z.B. Arial Black, das sticht gut heraus, wähle auch eine Farbe, rot, grün – egal. Den Zeilenumbruch für das Textfeld setze ich auf vor oder hinter den Text. Damit kann ich das Textfeld frei positionieren, ohne den Songtext zu verschieben.

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Ich hab es mir abgewöhnt, die Chords jeweils exakt über die Position im Songtext zu platzieren. Zum einen müsste ich dafür die Zeilenabstände so erhöhen, dass in den meisten Fällen der Text nicht mehr auf eine Seite passt, zum anderen ist das mehr Aufwand, was die Positionierung betrifft. Außerdem führt das in der Praxis dazu, dass man zu sehr am Text klebt – meine Erfahrung, wenn ich Kollegen beobachte, die das so machen. Meistens sind es sowieso immer wiederkehrende Chords, wo mir für einen kompletten Teil des Songs nur ein Blick reicht, und ich dann nicht mehr auf den Text schauen müsste, dafür besser mit dem Publikum Blickkontakt halten kann. Manche Songs kommen sogar mit ein oder zwei Chordfolgen/Turnarounds aus. Für mich hat es sich bewährt, wenn ich das Textfeld mit den Chords rechts neben dem Text platziere. Das fertige Sheet sieht dann so aus:

Nun gibt es auch noch reichlich mehr Gestaltungsspielraum, den man einfließen lassen kann. Als Keyboarder helfen mir manchmal kurze Notenausschnitte. Diese erstelle ich mir am Rechner mit der kostenlosen Software MuseScore, und mit der Schnappschuss-Funktion aus Musescore kopiere ich den Teil, den ich brauche, füge ihn in Word an der Stelle ein, wo ich ihn brauche. Hier ein Beispiel: oben das Intro, und im Refrain ein Synthlauf:

In diesem Screenshot sieht man auch eine weitere Gestaltungsmöglichkeit, wie z.B. das Highlighten von Text, wo Chor Stimmen liegen. Solche Funktionen (Annotations) bietet mir auch meine Songbook App auf dem Tablet, wo ich das auch im Nachhinein noch machen könnte. Aber alles das, was ich am Rechner erledigen kann, mach ich auch sinnvollerweise schon dort.

Eine weitere Variante sind reine Sheets, wenn man z.B. keinen Songtext benötigt. Da ich dort am besten mit einer Takt-Ansicht, wie ich sie nenne arbeite, bietet sich Excel an. Ist zwar nicht im Sinne einer Tabellenkalkulation, aber andere Leute schreiben mit Excel auch Briefe ;)

Ich hab mir dafür in Excel ein Template erstellt.

Jedes Feld ist genau einen Takt lang, und dann kommen in jedes Feld die Chords, mal ein, mal zwei und wird ein Chord über zwei Takte gespielt, nutze ich Wiederholungszeichen. Auch hier hab ich weitere Gestaltungsmöglichkeiten wie Text, Textfelder, Grafiken für Noten. Beispiel:

In jedem Fall, also entweder Word oder Excel, exportiere ich die Datei als PDF, um sie in meine Songbook App zu importieren. Dadurch ist die optimale Darstellung nach WYSIWYG gegeben. Ich nutze übrigens seit Jahren schon Bandhelper. Das ist eine SaaS Anwendung, d.h. es liegt eine Datenbank für meinen Account auf einem Server des Betreibers, und ich kann am PC die Daten bearbeiten, die dann über die App auf dem iPad (oder auch Android) auf das Tablet synchronisiert werden. Pro Account kann man mehrere Benutzer anlegen, die auch zu jedem Song individuelle Infos hinzufügen können, bis hin zu eigenen Sheets oder Anmerkungen.

Theoretisch braucht man bei dem Einsatz eines Tablets nicht zwangsweise alles auf einer Seite unterbringen. Viele haben das Tablet eh im Querformat und nutzen die Autoscroll-Funktion, wo man sich nicht einmal über Seitenumbrüche Gedanken machen müsste. Ist bei mir irgendwie noch historisch so drin, und außerdem nutzen (leider) bei meinen Bands (noch) nicht alle ein Tablet, sondern da gibt’s tatsächlich noch einen, der nachwievor nicht von seinem Ordner ablassen will. Da ich Wert auf eine einheitliche Vorlage lege, was sich einfach bewährt hat, weil ich zum einen mit dem Verteilen der Sheets die Chords vorgebe, und nicht einer andere Chords auf seinem selbst mitgebrachtem Zettel hat, zum anderen, weil man dann bei den Proben einfacher Stellen definieren kann. Ansonsten hat der eine den Refrain als Chorus bezeichnet, oder man hat unterschiedliche Anzahl Zeilen, und wenn man dann beim Proben meint „lass uns nochmal ab der dritten Zeile Refrain wiederholen“ „Hä? Dritte Zeile? Refrain?“ – ist halt mit einheitlicher Vorlage einfacher. Das heißt aber nicht zwingend, dass die anderen von mir die Vorlage mit meinen Noten bekommen. Da schicke ich einfach die abgespeckte Datei rum, die aber vom Aufbau identisch mit meiner ist, bzw. hinterlege ich für die, die wie ich Bandhelper nutzen, die entsprechende Datei in der App. Der Rest der Band bekommt’s per E-Mail zum selber ausdrucken und/oder bearbeiten.

Bei der Gestaltung der Sheets ist noch jede Menge mehr möglich. Im Moment bin ich dabei, die Splits und Layer meiner Keyboard-Setups in die Sheets zu integrieren. Das sieht dann in etwa so aus:

Hierfür hab ich mir in Powerpoint eine Vorlage erstellt – Ihr seht, ich bin ziemlich MS Office orientiert, was daran liegt, dass ich einige Jahre lang Training für Microsoft Produkte gegeben hab – , wo ich diese Grafiken schnell und einfach anpassen kann.

Diese Grafik könnte in der Kopfzeile des Sheets platziert werden, wandert aber leider beim Autoscrollen aus dem Blickfeld. Das werde ich mal dem Programmierer der App als Aufgabe mitgeben, ob er das vielleicht als feste Grafik, die individuell bei einem Song hinterlegt wird, als oben oder unten fixiertes Element integrieren kann.

Jetzt würde ich mich interessieren, wie ihr das macht?

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Fazit
Ich arbeite seit über 30 Jahren mit Microsoft Office, bin daher gut mit den Formatierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten vertraut, um das meiste für mich herauszuholen, was gerade für die Erstellung von Sheets sehr zu Gute kommt. Seit 2012 fabriziere ich nun mit iPads das \'papierlose Büro\' auf der Bühne und will es nicht mehr missen. Ich habe sehr schnell erkannt, dass selbst das mit 9,7\" Diagonale iPad trotz kleinerer Größe gegenüber einer DIN A4 Seite teilweise sogar eine bessere Lesbarkeit bietet als ein vergilbtes oder mehrfach kopiertes Blatt Papier im Ordner. Bei meiner Vorgehensweise gegenüber einem ChordPro Verfahren geht mir zwar die Option einer adhoc Transponierung flöten, aber dafür hab ich bessere Gestaltungsmöglichkeiten, und mal ehrlich, wie oft ändert man spontan die Tonart bei einem Song? Und wenn, bearbeite ich das Word-Dokument und füge ein upgedates PDF in meine Song App ein. In manchen Fällen hab ich auch mehrere Sheets zu einem Song hinterlegt, zwischen denen ich umschalten kann.

Plus

  • - freie Gestaltungsmöglichkeiten
  • - Einfügen von Textfeldern an beliebigen Positionen im Sheet
  • - Einfügen von Grafiken wie z.B. Notenschnipseln

Minus

  • - keine adhoc Transponierungsoption
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Forum
  1. Profilbild
    CDRowell AHU

    Seit Jahren nutze ich in schummeriger Umgebung zur Orientierung Ultimate Guitar (App) auf dem iPad… Benennenswert ist da, gerade wegen der urheberrechtlichen Unsicherheiten, die rechtliche Komponente.

    Zum Handling des Bildlaufs und zum vorausgewählten Transponieren finde ich den skalierbaren Text und die gesamte GUI insgesamt stark! Auch sind Akkordbilder für Gitarre, Ukulele, Piano, sowie die Anzeige von Tabs ist darin gut möglich.

    Wer dann noch einen älteren Account hat, benötigt auch keine monatlichen Kostenrechnungen und kann seine gewünschten Veränderungen und z.B. eigene Songs in einer privaten Playlist speichern.

    Nebenher bietet das Programm Tuner und Akkordlibraries. 👍

  2. Mehr anzeigen
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