Netzfund: Da Da Da - Drei Mann im Doppelbett Doku (2009)
Es gibt sicherlich aktuellere Dokumentationen wie „Da Da Da – Drei Mann im Doppelbett“, doch der 2009 entstandene einstündige Fim von Hannes Rossacher über die deutsche Band Trio ist ein besonderes Highlight. Die Band aus dem norddeutschen Dorf Großenkneten eroberte zwischen 1979 und 1986 die Welt mit ihrem einzigartigen Stil. Mit ihrem minimalistischen und dadaistischen Ansatz schuf Trio einen unverkennbaren Sound, der bewusst im Gegensatz zur damals üblichen, aufwendig produzierten Popmusik stand.
Trio abstrahierte radikal: Der 2016 verstorbene Peter Behrens spielte auf seinem reduzierten Schlagzeug meist einen stoischen Viervierteltakt – ohne jegliche Fill-Ins. Der 2014 verstorbene Kralle Krawinkel beschränkte sich auf Rhythmusgitarre und verzichtete nahezu vollständig auf Soli. Dieser Stil war kein Zeichen von Unvermögen, sondern das Ergebnis einer bewussten künstlerischen Entscheidung. Besonders Peter Behrens musste sich dafür jede Form von Virtuosität am Schlagzeug regelrecht abtrainieren.
Fast jeder kennt ihren Welthit „Da Da Da“ aus dem Jahr 1982, der ein internationaler Erfolg wurde und in über 30 Ländern veröffentlicht wurde. Das Stück basiert auf einem Preset des Casio VL-1. Stefan Remmler berichtet in der Dokumentation, dass Casio wenig erfreut darüber war, dass er den VL-1 stets bereitwillig in die Kameras hielt – schließlich wollten sie professionelle Keyboards verkaufen und kein „Spielzeug“.
Hier zeigt sich bereits das Besondere an der Dokumentation, denn normalerweise werden Dokumentationen über Bands hauptsächlich mit Archivmaterial gefüllt. Da Da Da – Drei Mann im Doppelbett wird von Trio selbst und allen wichtigen Protagonisten um die Band erzählt. Leider gelang es Hannes Rossacher nicht, Kralle Krawinkel, Peter Behrens und Stefan Remmler gemeinsam vor die Kamera zu bringen, doch alle nahmen an der Dokumentation teil und erzählten ihre Sicht der Dinge und wo sie 2009 standen. Zu einem Zusammentreffen kam es vermutlich auch deshalb nicht, weil die Wohnorte der drei damals über Europa verstreut waren.
Nach 27 Absagen von Plattenfirmen fand Trio schließlich Unterstützung bei Manager Louis Spillmann. Er erkannte sofort, dass diese Band etwas Besonderes war. Auch andere Profis, denen die Band vorgestellt wurde, waren beeindruckt – darunter Dieter Meier von Yello, der später das Video zu „Da Da Da“ inszenierte.
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Außergewöhnlich war, dass sich Klaus Voormann (Cover-Designer, Bassist, Beatles-Freund, Produzent, A&R usw.) der Band annahm und zu diesem Zeitpunkt schon eine internationale Legende war. In der Dokumentation hebt er hervor, wie außergewöhnlich Trio war, und zeigt sich bis heute darüber verärgert, dass die Presse die Band oft nur als „Neue Deutsche Welle“-Klamauk abstempelte. Doch Trio ging es, wenn überhaupt, um Dadaismus und sie waren in erster Linie eine extrem gute Rock-and-Roll-Band.
Die Dokumentation zeigt die Wirkungsstätten der Band und wie der internationale Erfolg bis heute nachhallt. Sie ist aber auch schonungslos: So rasant der Aufstieg von Trio war, so schnell war auch ihr Absturz. Die letzte Trio-Platte lässt bereits erahnen, wie sich Stefan Remmler später als Solokünstler entwickeln würde. Er war der einzige, der nach der Auflösung der Band musikalischen Erfolg hatte.
Dank der detailverliebten Arbeit von Hannes Rossacher und der Beteiligung aller wichtigen Zeitzeugen ist diese Dokumentation eine einmalige Würdigung an Trio geworden. Die Band hinterließ einen bleibenden Eindruck in der Geschichte der deutschsprachigen Musik und wird zu Recht als wegweisend angesehen.
Hört ihr heute noch Trio? Gefallen euch die Solowerke von Stefan Remmler? Ist Trio zeitlos oder haben sich ihre Aufnahmen mittlerweile überlebt?
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Trio höre ich ab und zu immer noch gerne. Wobei ich „Da Da Da“ und auch die Solowerke von Remmler überhaupt nicht mag.
Aber „Los Paul“ oder „Ja, Ja, Ja“ sind schon klasse.
@THo65 Ja, am besten gefällt mir die „Live im Frühjahr ´82“, die ich von MC auf CD und später auf mp3 gebannt habe. Besondes gefällt mir, wie Karl Krawallwinkel sein minutenlanges Solo spielt, also die ursprüngliche Setlist… mit „Du ich wär so gern bei Dir“ 🤩
Dass ein Song wie „Da Da Da …“ auch in vielen anderen Ländern ein Tophit war, hat mich schon in früheren Dokus über die NDW erstaunt. Bis mein vinylbegeisterter Neffe mal mit einer Single vom Flohmarkt ankam, die eine französische Version von Da Da Da enthielt, gesungen von einem Franzosen. Es waren also vermutlich Coverversionen in Landessprache, die den Erfolg ausmachten.
Ab und an braucht die Menschheit wohl parodistische Musik. Beim ESC konnte man so um die Jahrtausendwende mit Anti-Songs gut punkten. Solche Songs sind nur leider keine abendfüllende Unterhaltung und bedeuten auch emotional nichts. Trio fielen in meine Teenagerzeit, aber daran denke ich nicht, wenn ich noch einmal deren Musik höre. Tatsächlich hatte ich damals schon einen Casio VL-1 (für 159 DM mit Netzteil bei Woolworth erstanden), weil mein Preset-Keyboard nur bis C2 hinunterreichte und keine Bässe rausrückte, der VL-1 aber einen simplen Synthesizer enthielt, der sich ausreichend tief stimmen ließ. Ich holte also deutlich mehr aus diesem Taschenrechner heraus als Stefan Remmler. Entsprechend war mein Eindruck von Trio.
@MartinM. Hm. Stefan Remmler holte aus dem VL-1 immerhin einen mehrfachen Welthit heraus, aber okay.
@Tombo42 Das war mein ganz subjektiver Eindruck damals. „Da Da Da…“ erschien im Frühjahr 82, da war ich 16. Das Dadaistische an Trio hab ich durchaus verstanden, spätestens mit der zweiten Single „Anna, oh Anna, laßmichrein, laßmichraus“ — ja, damals so geschrieben — in dem das ganze Alphabeth mit Frauennamen von A bis Z in 26 Strophen abgearbeitet wurde. Trio wollten primitiv klingen. Ich kann auch bis heute keinen Bass in den Songs hören. Das fand ich als Teenager zwar cool aber nicht schön.
Ganz nebenbei: Mein oben erwähntes Presetkeyboard war ein Casiotone 101, das 1981 happige 900 DM kostete. Unter den 25 Sounds war auch ein trötiger Klang namens „Frog“, den ich für zu nichts verwendbar erachtete. In Trios Single „Herz ist Trumpf“ war er prompt zu hören — das trötige Arpeggio, das sich fast durch den ganzen Song zieht. Remmler hat wohl bewusst nach unprofessionellem Sound gestrebt, und ich zur gleichen Zeit nach Professionellem. Das war ziemlich schwer vereinbar.
Ich sag nur: „Halt mich fest ich werd verrückt!“😂
Ernsthaft war auch Trio unter den Schuldigen, die dafür gesorgt haben, dass mir das Musikmachen unter dem Motto: „Neue Deutsche Fröhlichkeit“ mit doppeldeutigen Texten und minimalkompositorischem Ansatz noch heut riesige Freude bringt!
Oh ja, die Doku kenne ich! Gefällt mir gut und wird der Band auch weitaus eher gerecht als so manch anderer Beitrag. Ich hab auch noch die Da Da Da Single auf Vinyl und zwar seit DAMALS. Mein bester Freund und ich hatten seinerzeit mit 13 Jahren die Attitude von TRIO aufgesogen, das erste Album abgefeiert und uns die stoische Coolnes vs. die gelegentlichen Punk-Anleihen (Los Paul) in unserem Verhalten zu eigen gemacht. Unsere damaligen Mitschüler*innen haben uns meistens irritiert angeglotzt und gedacht, wir hätten sie nicht alle. Aber es war eben das Album im Ganzen, das uns geflasht hatte und nicht mal so sehr die Single „DA DA DA“. Aber das Musikvideo fanden wir natürlich sehr cool – unter anderem auch, weil die Heldin unserer Jugend, Annette Humpe, die Kellnerin im Video spielte. 😃
Ich hatte damals auch einen Casio VL-1 und plötzlich hatte das Teil Kultstatus! Von da an konnte ich mich damit in die Schule trauen, ohne mich lächerlich zu machen.
Das war schon eine spannende Ära musikalischer Subkultur. Und wir wussten damals schon, dass wir in einer ganz besonderen Zeit gelebt hatten. Ich bin froh, dass ich ein Kind der 80er Jahre war und diese Zeit miterleben durfte.
Die haben es verstanden. Das war großartig. In dem Beitrag wird das auch alles richtig eingeordnet. 1. Du kannst ein dermassen minimalistisches Konzept nur eine begrenzte Zeit durchziehen. Siehe auch DAF. 2. das Verschieben der Gewichtung Richtung Remmler war das zwangsläufige Aus dieser Gruppe. Ich kann mich erinnern, wie im Schwimmbad Musikklub in Heidelberg Trio und Ideal kurz hintereinander auftraten. Bei Ideal habe ich es gerade noch so zum 2. Auftritt des Tages reingeschafft. Die Humpe Schwestern sind ja auch ein paar mal als Backgroundsängerinnen zu sehen.
Trio war ein Unikum.
Ein Konzept, so blödsinnig wie genial.
Ob es deshalb eine künstlerische Genialität darstellt? Muß ja nicht. Am Ende sind einige Songs dabei herausgekommen, die einfach ganz simpel Spaß machen.
Und Remmler hat das ja noch ne Weile so oder so ähnlich weitergemacht. Und auch da war immer die Magie von „ich kann einfach nicht weghören“ dabei. Und das verdient schon Respekt.
Trios künstlerisches Konzept und die Musik waren genial. Von vorne bis hinten gut ausgedacht und umgesetzt.