Die mixolydische Skala, Theorie und Anwendung
Unser neulich veröffentlichter Tonleiter-Workshop für Anfänger begann mit der „Mutter aller Tonleitern“, der C-Dur-Tonleiter. Dieser sollte vollständig verstanden sein, bevor man sich mit weiteren „sogenannten Modi“ einer Dur-Tonleiter beschäftigt. Im Anschluss an den ersten Workshop sind bereits mehrere weitere zu finden, die sich mit den Modi dorisch und phrygisch beschäftigen. Im heutigen Workshop wollen wir mit der mixolydischen Skala die Palette nochmals erweitern. Die mixolydische Skala, eine der sogenannten „Kirchentonleitern“ bzw. (Modus), hat in der Praxis enorm viele Einsatzmöglichkeiten und gehört unbedingt in das Repertoire eines improvisierenden Musikers bzw. Gitarristen.
Gitarre lernen für Anfänger: Mixolydische Skala – Aufbau
Die mixolydische Skala besitzt folgende Komponenten: 1, 2, 3, 4, 5, 6, b7, in Worten:
Grundton, große Sekunde, große Terz, reine Quart, reine Quinte, große Sexte und kleine Septime.
Die beiden Halbtonschritte befinden sich in dieser Skala zwischen dem 3. und 4. bzw. 6. und 7. Ton, daraus ergibt sich die folgende Anordnung:
GT – GT – GT – HT – GT – GT – HT-GT
Gitarristen Workshop: Gemeinsamkeiten mit anderen Skalen
Besonders beliebt und einfach zu merken ist die mixolydische Skala auch deswegen, weil sie große Übereinstimmung mit der allseits bekannten Dur-Tonleiter besitzt, die euch sicherlich bereits geläufig ist. Der einzige Unterschied besteht in der siebten Note. Findet man bei der Dur-Tonleiter eine große Septime, so besitzt die mixolydische Skala eine kleine Septime (b7). Deswegen ist diese Tonleiter auch besonders gut über (nicht alterierte) Dominantseptakkorde wie beispielsweise G7, G9, G11 oder auch G13 einzusetzen. Dominantseptakkorde treten mit großer Häufigkeit in jedem Pop-, Folk-, Country-Song auf der fünften Stufe der Dur-Tonleiter (V7) auf. Insbesondere im Dur-Blues, wo die drei Hauptakkorde (Tonika, Dominante und Subdominante) in der Regel alle mit einer kleinen Septime gespielt werden, besteht ein interessantes Anwendungsgebiet dieser Skala.
Hier das Diagramm einer G-mixolydischen Skala, welche am 3. Bund auf der E-Saite beginnt:
Gitarre Tutorial: G – mixolydisch entspricht C-Dur
G-mixolydisch könnte man als „Tochter“ einer C-Dur-Tonleiter (C – D – E – F – G – A – H – C) bezeichnen, denn beide Skalen besitzen exakt die gleichen Töne. Man könnte also vorsichtig verallgemeinern:
G-Mixolydisch = C-Dur
G-mixolydisch „beginnt und endet“ jedoch beim fünften Ton der (C-)Dur-Tonleiter:
G – A – H – C – D – E – F – G
Hinweis: Es sei angemerkt, dass hier die deutsche Bezeichnung für die Note H gewählt wurde. Im internationalen Sprachgebrauch wird das deutsche H als B bezeichnet. Das H würde bei der Eingabe in die gängigen Notenschreibprogramme nicht akzeptiert.
Gitarre Workshop für Einsteiger: mixolydische Skala, Praxis
In der Praxis eines Gitarristen wird beispielsweise die G-mixolydische Skala gerne am 3. Bund begonnen, da der Bezugspunkt bzw. Grundton der Skala (hier G) u. a. auf der tiefen E-Saite im dritten Bund zu finden ist. Gitarristen denken häufig in „Boxen“, in der die zu spielenden Töne in einer Spanne von z. B. 4-5 Bünden zu finden sind, also eine bestimmte Lage abdecken. Ein(e) Gitarrist(-in) wird die mixolydische Skala also eher als „optisches Bild“ wahrnehmen und nicht als theoretische Skala im Kopf denken.
Dies sorgt oft für Verwirrung, da häufig in diesem Zusammenhang die berechtigte Frage auftaucht: Warum soll ich möglicherweise bis zu 7 Modi einer Tonleiter lernen, wenn diese doch sowieso letztendlich nur eine Tonleiter (Moll, Dur etc.) darstellen? Ordnen wir jedem Modus bzw. jeder Kirchentonleiter eine „Box“ bzw. ein Griffbild auf der Gitarre in einer bestimmten Lage zu, so füllt sich der Hals langsam mit vielen „richtigen Noten“, die wir einsetzen, um eine Tonleiter beispielsweise über den ganzen Hals zum Improvisieren einsetzen zu können.
Um sich einen klanglichen Eindruck der mixolydischen Skala zu verschaffen, hören wir uns diese zunächst einmal an:
TAB:
Wie man in der Tabulatur sieht, kommen ausschließlich Noten aus der C-Dur-Skala zum Einsatz, da C-Dur und G-mixolydisch identisches Tonmaterial besitzen. So könnte G-mixolydisch absteigend gespielt aussehen:
Praxistipp für Gitarre Einsteiger – Übungsanregung
G-mixolydisch, C-Dur, D-dorisch und E-phrygisch sind quasi interaktiv einzusetzen, so kann der heutige Workshop mit den vorherigen wunderbar kombiniert werden, um alle vier Skalen (Modi) zu verwenden und damit zu experimentieren. Somit könnte man C-Dur dann also am 0. Bund beginnen, im 3. Bund mit G-mixolydisch fortsetzen und auch am 10. Bund mit D-dorisch experimentieren, da alle angeführten Modi ausschließlich die Töne von C-Dur beinhalten.
Spielte man in anderen Tonarten, so muss man alle Modi entsprechend um denselben Abstand auf dem Griffbrett nach oben bzw. unten verschieben (transponieren). Einer der großen Vorteile der Gitarre, um den uns viele Kollegen, die andere Instrumente bedienen, beneiden ist, dass wir unsere Melodien und Licks einfach nur verschieben und nicht für jede Tonart neu lernen müssen.
Mixolydisch im Blues
Spielte man beispielsweise einen (12-taktigen) Dur-Blues in G, könnte man jeden der drei Akkorde mit der jeweils auf dem Grundton begonnen mixolydischen Skala zur Improvisation einsetzen. Dies bedeutet:
Über die Tonika (I7) G7, G9, G13 – G mixolydisch
Über die Subdominante (IV7) C7, C9, C13 – C– mixolydisch
Über die Dominante (V7) D7, D9, D13 – D -mixolydisch.
Probiert dies einmal aus, um den Klang der mixolydischen Skala noch besser ins Gehör zu bekommen.
Mixolydische Skala – Variationen
Eine beliebte Variante der mixolydischen Skala ist die sogenannte „8-note-dominant-scale“. Hierbei wird der mixolydischen Skala eine zusätzliche Note, die große Septime (7), hinzugefügt. Somit besitzt diese Skala 8 Töne (und zwei verschiedene Septimen). Diese Skala wird gelegentlich auch als „B-Bop-Dominant-Skala“ bezeichnet. Die große Septime sollte stets als Durchgangsnote fungieren, also die Oktave (Grundton) chromatisch mit der kleinen Septime verbinden. Die nun vorhandenen 8 Noten erlauben einen etwas natürlicheren „Flow“, da ein gewöhnlicher 4/4 Takt beispielsweise acht Achtelnoten enthält. Damit ist sie die perfekte Skala für (nicht alterierte) Dominantseptakkorde in einer Durtonart wie beispielsweise C-Dur.
Wie man hören kann, erhöht die zusätzliche Note die Spannung bzw. „Zugwirkung“.
Natürlich existieren für jede Skala auch abweichende Fingersätze, dieser ist vermutlich der am häufigsten eingesetzte.
Einsatzgebiete
Die mixolydisch Skala passt gut über Dur-Blues, „statische Akkorde“ (Riffs, Vamps etc.) und sogenannte nicht alterierte Dominanten (also Dominantseptakkorde, die keine b5, b5, b9 oder #9, sondern lediglich leitereigene Optionen wie die 9, 11, 13 enthalten).
Ein wichtiger Tipp: Löste man einen Dominantseptakkord jedoch in eine Moll-Tonika auf, klängen andere Optionen wie HM5, alterierte Skala, etc. deutlich passender. Auch diese Skalen werden Bestandteil weiterer AMAZONA.de Workshops sein.
Ich hoffe, wir konnten etwas Licht in die teilweise (für den einen oder anderen von euch) „angsteinflößende“ Materie der Harmonielehre bringen.
Stay tuned!