Doch VOX stellte nicht nur Verstärker her, auch Orgeln, Gitarren, Effektgeräte und andere Instrumente kamen unter dem Label auf den Markt und brachten es zu recht unterschiedlichen Erfolg. Die Orgeln machten sich vor allem in den Sechzigern einen Namen unter anderem als etwas günstigere Alternative zu den Hammondorgeln, aber auch als eigenständige Instrumente mit einem ganz besonderen Klang. Insbesondere die VOX Continental erlangte schon 1962 Kultstatus, was neben ihrem charakteristischen Sound auch dem spektakulären Aussehen geschuldet sein dürfte. Bis heute werden die Originale zu hohen Kursen gehandelt und leben als Imitationen und Samples in Synthis und Soundlibrarys weiter.
VOX – die Effektgeräte
Ebenfalls sehr erfolgreich wurden einige der Effektgeräte aus dem Hause VOX. So wurde das erste kommerziell produzierte Wah-Pedal schon in das Gehäuse eines Vox Lautstärkepedals eingebaut und schon bald darauf baute Vox eine frühe Form des späteren Wah-Effekts unter eigenem Namen. Nutzer dieses Pedals waren unter anderem solche Legenden wie Jimi Hendrix und David Gilmour, die es auf Aufnahmen und Auftritten verewigten.
Mit dem Tone Bender brachte VOX Ende der Sechziger ein Fuzz-Pedal auf den Markt und war damit ebenfalls an der Formung des Rocksounds der folgenden Jahre beteiligt. Led Zeppelin Gitarrist Jimmy Page nutzte den Tone Bender häufig und verewigte ihn auch in der einen oder anderen Aufnahme. Insgesamt war VOX damit stärker in den Gitarrenmarkt eingestiegen und auch eher für seine Effektgeräte und Verstärker als für die Orgeln bekannt.
VOX Gitarren!
Jennings versuchte schon früh, diese Bekanntheit zu nutzen und unter dem Namen VOX auch Gitarren zu verkaufen. Das Resultat der ersten Versuche auf dem Gebiet waren die Gitarren der Apache, Stroller und Clubman Serien. Größtenteils als günstige Kopien der Solidbodys von Fender konzipiert, waren die Gitarren aber nur mäßig erfolgreich, was unter anderem an der unspektakulären Qualität und der Verwendung seltsamer Anschlüsse lag. In einem zweiten Versuch sollte sich VOX von den Mitbewerbern vor allem durch eine eigene Formensprache abheben.
Ein dafür beauftragtes Designbüro erschuf dann die Korpus- und Headstock-Form der Phantom-Modelle, die sich insbesondere durch den fünfeckigen Korpus auszeichneten. Ausgestattet waren die Gitarren meist mit amerikanischen Bauteilen und an sich qualitativ recht hochwertig, die eigenwillige Form machte sie aber unbequem für sitzende Spieler und auch rein optisch fanden die Phantom-Gitarren nicht nur Freunde. Obwohl von einigen berühmten Gitarristen gespielt, konnten die Gitarren aus dem Hause VOX nie an den Erfolg der Verstärker anknüpfen. Auch Bassgitarren unter dem Namen VOX Bass Guitar wurden zwischen 61 und 67 unter dem Label gebaut und vertrieben.
Zur Zeit ist mit der VOX Starstream nur eine Gitarre im Angebot der Marke zu finden. Das futuristisch wirkende Instrument mit dem „schwebenden“ Korpus hat die Modeling-Technologie für unterschiedlichste Sounds schon an Bord.
… und andere Kreationen
Einen sehr ambitionierten Versuch stellte die VOX V251 dar, eine Gitarre, die mit dem Innenleben einer Orgel ausgestattet eine Art Hybrid zwischen den beiden Instrumentengattungen darstellen sollte. Versuche, das neuartige Instrument an den Mann zu bringen, scheiterten größtenteils und auch Musikern wie Brian Jones und John Lennon erschloss sich der Sinn anscheinend nicht vollständig. Die V251 wurde bald darauf eingestellt.
Schon Ende der Siebziger verlies Jennings die Firma VOX, die mittlerweile größtenteils einem britischen Investorenkonsortium gehörte, um sich anderen Projekten zu widmen. In der Folge versuchte Vox mit einer Reihe kurioser Produkte wie Schlagzeugen mit in Autooptik und Kollaborationen mit Ford den amerikanischen Markt weiter zu erobern, nachdem Marshall im britischen Geschäft die Führung größtenteils übernommen hatte. Diese Versuche scheiterten allerdings und bald schon war von der Marke nicht mehr viel übrig. Rose-Morris kaufte die Marke 1980, konnte sie aber auch nicht zu altem Erfolg bringen.
Nur zwölf Jahre später gingen Namen und Rechte an Korg, die ein Reissue des mittlerweile eingestellten VOX AC30 herausbrachten sowie das Portfolio der VOX-Verstärker erweiterten und sich mehrheitlich auf die Modernisierung konzentrierten.
So wurden mit den Pathfinder Modellen erstmals Transistorverstärker unter dem Namen VOX verkauft und bis heute fortgeführt. Korg brachte mit den Jahren auch die bereits in den 80er Jahren entwickelte Modeling-Technologie in die VOX-Modelle mit ein. Heute gehören die Valvetronics Hybridmodelle zu den besten Modeling-Verstärkern weltweit und übertragen dabei ein wenig den klassischen Hauch von Britrock in die mittlere und untere Preisklasse. Insbesondere die Simulationen der Klassiker wie dem AC15 und AC30 gelten als qualitativ hochwertig.
Neben weiteren Verstärkern, wie den Night Train Modellen im Lunchboxformat mit reduzierter Leistung und den AGA Verstärkern für akustische Gitarren, ist VOX aber auch für eine Reihe Effektgeräte, unter anderem auf Röhrenbasis, bekannt. So bieten Geräte der Cooltron Serie Overdrive, Distortion und Boost Effekte mit Röhrenverstärkung an. Dadurch soll das Clipping weicher klingen und so das Überteuern von Röhrenverstärkern imitieren.
VOX hat, wie man sehen kann, eine recht turbulente Vergangenheit und ja, ein wenig Charme geht durch die Tatsache, nur eine weitere Marke eines internationalen Multikonzerns zu sein, schon verloren, aber die Aura, die die drei Buchstaben bis heute in der Musikwelt versprühen, ist weiterhin ungebrochen. Moderne Auflagen der Klassiker können sich in Tests behaupten und auch die modernen Modeling-Modelle und innovative Effekte machen Mut für die Zukunft. Vielleicht wäre die Rockgeschichte eine ganz andere gewesen, hätte ein schwerhöriger Gitarrist vor 60 Jahren nicht einen Orgelbauer zu einem kleinen Abenteuer überredet.