Vergilbtes Vintage-Gear wieder strahlend weiß machen
Ärgern euch auch die vergilbten Elemente an euren liebgewonnenen Vintage-Drumcomputern, Synthesizern und Studio-Gear? Mit ein wenig Alkohol und Putzmittel lässt sich da in den seltensten Fällen ein großer Unterschied erreichen. Gelb bleibt Gelb, denn es ist nicht die Oberfläche, die die Farbe angenommen hat, sondern der gesamte Kunststoff durch und durch. Ich zeige euch kurz, wie ihr gelbliche Kunststoffelemente, die einst weiß waren, wieder in den Ursprung versetzt.
Inhaltsverzeichnis
Welche Chemikalie ist die Richtige?
Erst mal grundsätzlich: Die Schuld an hartnäckigen Vergilbungen sind in erster Linie UV-Strahlen. Geräte, die jahrelang an in Fensternähe dem Sonnenlicht ausgesetzt waren, werden zunehmend gelb. Ihr habt sicher alle schon mal Gartenmöbel aus Kunststoff gesehen, die gelblich und schmuddelig wirken. Tja, die Sonne macht’s. Nikotingeschwängerte Studioluft führt zwar auch zu Verfärbungen, aber lange nicht so stark wie die Sonne und vor allem auch lange nicht zu tiefenwirksam.
Daher verwenden wir zum Bleichen das gleiche Mittel wie eins die Wasserstoffblondinen in den 60ern. Wasserstoffperoxid. Das Mittel meiner Wahl ist Valquer Professional Oxygenated Premium Ultra-Creamy und hat folgende Eigenschaften:
- Innovative, hochwertig duftende, sauerstoffhaltige Emulsion zur dauerhaften Färbung 40 Vol. (12 %)
- VORTEILE: Bewahrt die Feuchtigkeit im Haar, sorgt für Deckkraft und Aufhellung in verschiedenen Nuancen. Reduziert den Geruch von Haarfärbemitteln.
- FORMULATION: Mit osmosiertem Wasser und stabilisiertem Wasserstoffperoxid formuliert.
- Außerdem enthält es Arganöl, das dem Haar Geschmeidigkeit und Glanz verleiht.
- VERWENDUNG: Bleich- und Färbecremes.
Aber Vorsicht. Das Zeug ist hoch aggressiv – und ich persönlich würde es niemals auf die Kopfhau geben, wo vermutlich danach auch der letzte Flaum, der mir noch geblieben ist, absterben würde. Ich empfehle daher auch unbedingt die Verwendung von wasserdichten Einmalhandschuhen. Bitte, bitte bringt das Mittel auch nicht in die Augen. Auch solltet ihr das Arbeitsumfeld mit Kunststofffolie oder alten Decken schützen, denn kleinste Spritzer würden auf Teppich oder Möbeln zu unangenehmen Flecken führen.
Ausbau der vergilbten Elemente
Aus demselben Grund müsst ihr auch die vergilbten Elemente zuvor aus euren Geräten ausbauen, um sie separat behandeln zu können. In meinem Beispiel waren das die Trigger-Pads eines vergilbten Alesis HR-16 Drumcomputers.
Die Ästhetik des Industriedesigns des Alesis HR-16 hatte mich schon immer fasziniert. So wird der HR-16 in meinem Studio praktisch nicht mehr eingesetzt, aber als Ausstellungsstück erfreue ich mich tagtäglich an dieser Augenperle.
Bearbeitung der vergilbten Trigger-Pads
Nicht leichter als das:
Schritt 1: Chemikalie auftragen
Tragt die unverdünnte Paste aus dem oben genannten Mittel flächendeckend auf die Tasten und legt die Pads auf einen kompakten Untergrund (in meinem Fall eine umgedrehte Tonschale) . Das geht mit einem Pinsel oder einfach mit den (geschützten) Fingern darauf verreiben. Die Tischdecke im Bild ist übrigens aus Kunsstoff und wasserabweisend.
Schritt 2: Mit Frischhaltefolie einpacken
Danach hüllt ihr das ganze Paket luftdicht mit Frischhaltefolie ein und stellt es in die pralle Sonne.
Schritt 3: In die Sonne stellen und ca. 2 Stunden wirken lassen
Und das ist tatsächlich der entscheidende Punkt. Ihr braucht wieder Sonnenlicht (künstliche UV-Strahlen gehen auch – aber Sonne geht schneller), um den Prozess der Vergilbung wieder umzukehren. Chemiker könnten vermutlich nun genau beschreiben, was da vor sich geht. Mir persönlich reicht aber das Ergebnis.
Nun heißt es warten. Je nach Vergilbungsgrad sollte man zwischen einer und drei Stunden Geduld haben. Das ist letztendlich so, als würde man immer wieder mal einen Blick auf den Kuchen im Backofen werfen. Eine feste Zeitangabe wäre sinnlos – hier muss man wirklich nach Gefühl entscheiden.
Schritt 4: Mit kaltem Wasser abspülen und wieder zusammenbauen
Folie entfernen, die Plastikteile unter klarem, kalten Wasser gründlich abspülen (mit Gummihandschuhen) und danach sorgfältig trocknen.
Hier ein Vergleich der geweißten Pads im Vergleich zu meinem zweiten HR-16:
Und tatsächlich wurde hier kein Photoshop eingesetzt, um die Tasten weißer zu machen. Der Effekt ist wirklich verblüffend.
Im Netz gibt es selbstverständlich auch unterschiedlichste Videos dazu – und auch auch mit unterschiedlichen Angaben, Stoffen und Vorgängen.
Für mich persönlich war dies der einfachste und schnellste Weg. Da die 1L-Flasche gerade mal 9,- Euro kostet, ist das ganze Spektakel auch relativ günstig und mit nach der beschriebenen Prozedur ist die Flasche auch auch noch so gut wie voll.
Die meiste Arbeit macht eigentlich der Ausbau und Einbau der Elemente und kann je nach Unit auch etwasx umfangreicher werden. Aber es lohnt sich. Ob ein Vintage-Gerät gut erhalten ist oder eben stark gebraucht wirkt, hängt sehr oft auch an der Vergilbung. Mein HR-16 steht jetzt jedenfalls wieder wie neu da und hat zur Feier des Tages auch noch ein neues, hell leuchtendes Display spendiert bekommen.
Ich finde, die Patina sollte man sehen…
@mort76 Patina ist was feines … wenn es sich um Antiquariat handelt, aber bei Drumcomputern und Synths sehe ich das persönlich eher problematisch. Aber jedem das Seine :)
@Tyrell Wenns nur um die Optik geht, würde ich sowas wirklich lassen. Mir wäre das einfach zu riskant, irgendeinen Schaden zu riskieren.
Ich bastele ja gerne an meinem Equipment, wenn es wirklich nötig ist, aber es ist trotzdem immer ein Glücksspiel. Wenns nichts wirklich zu gewinnen gibt, lasse ich die Finger davon…mal ganz abgesehen davon, daß ich es sowieso mag, wenn man sieht, wie alt etwas ist. Gerade das Gelb hat was…aber klar: Geschmackssache.
Super! Das ist mal ein Tipp! Vielen Dank!!
Oftmals sind Keyboardtasten schwierig auszubauen, besonders ohne spezielle Kenntnisse. Beim 88er E-Piano nahezu unmöglich. Funktioniert das auch wenn man das so aufträgt? Denke solch eine Situation haben die meisten bei sich.
@Filterpad Dir sollte klar sein, dass das diverse Risiken mit sich bringt – und ich selbstredend jegliche Haftung ausschließe 😎. Prinzipiell sollte das gehen, wenn man alle Ränder gut abdichtet und dafür sorgt, dass die Paste nicht ins Innere des Gehäuses gelangt. Problematisch wird aber die Bestrahlung mit UV-Strahlen. Man müsste das gesamte Keyboard abdecken, bis auf die Tastatur, wenn man es mehrere Stunden der prallen Sonne aussetzt. Persönlich würde ich auf Grund aller Risiken aber definitiv davon abraten. Der Ausbau mag problematisch sein, aber dann lieber gelbe Tasten, statt ein beschädigtes Gerät.
@Tyrell ok, danke der Information.
@Filterpad , du wirst es nicht verhindern das etwas daneben geht, das korrodiert dann schön weiter, Kupfer und Wasserstoffperoxid lieben sich. Am Ende hast da nichts gewonnen. Wenn du die Patina nicht magst, musst du die Tasten ausbauen. Das geht mehr oder weniger einfach. Allerdings kann altes Plastik auch gerne mal brechen. Und nicht jeder hat das richtige Werkzeug. Insofern würde ich lieber auf Patina setzen.
@Filterpad Hello,
tatsächlich könntest Du das durchaus versuchen, kaputt geht da wohl eher nix – wenn Du es denn mit dem Einsaften nicht gerade übertreibst… ;-)
Der Haken ist woanders:
Es braucht erstens eine schön gleichmäßige Beschichtung mit der Bleiche und zweitens – mindestens genauso wichtig – eine gleichmäßige Belichtung. Denn sonst bekommst Du hässliche Schatten und Flecken auf deine Tasten.
Zweitens hat das Wasserstoffperoxid die blöde Eigenschaft, dass es recht flüchtig ist. Also einfach so frei Besteichern und Belichten hätte nicht mal ansatzweise soviel Effekt wie hier, wo Tyrell das Ganze unter die Klarsichtfolie gelegt hat. Der Grund dafür ist, dass sich die aus der Bleiche entweichenden Sauerstoffatome nicht einfach in die Luft verflüchtigen, sondern in den Kunststoff wandern sollen…
, ich würd mir das Zeug auch nicht auf den Kopf kippen. Aber das Reinungsergebnis und die Sonnenbleiche ist super. Die Produktbeschreibung finde ist Klasse. „Mit osmosiertem Wasser und stabilisiertem Wasserstoffperoxid formuliert.“ Auf deutsch, das Wasser ging durch einen Filter, alles was zusammengemischt wird hat ein Rezept aka Formulation.
Wasserstoffperoxide sind wie alle Peroxide solange stabil bis die Oxidation unterdrückt und/oder keine Zersetzungstemperatur überschritten wird. Allerdings kann man das bei einer 3% – 12 % wässrigen Lösung vernachlässigen. Allerdings sollte man vermeiden Aceton und andere Ketone mit H2O2 zu mischen. Aceton + Katalysator – Wasserstoffperoxid ergibt Acetonperoxid aka APEX oder TATP ein schlagempfindlicher hochexplosiver Stoff.
@TobyB nochmal langsam:
nagelackentferner + blondierung + draufhauen = Bombe? 😮
schreck lass nach
@plumperquatsch , im Prinzip ja. Aber du musst natürlich die Rezeptur und den Katalysator kennen. Die 8-12% Wasserstoffperoxid der Blondierung sorgen bei unsachgemäßer Anwendung eher für Verätzungen. Unter Hydrogenium Peroxidatum Dilutum kannst das H2O2 auch in der Apotheke kaufen dies verwendet der Zahnarzt gerne bei Zahnfleischbluten, Entzündungen der Mundschleimhaut und olfaktorischen Belästigungen durch irritierte Mundflora(Mundgeruch). Zitronensäure technisch und Essigsäure, Natron als Gemisch eignen sich auch. Muss man aber selber anmischen und mit einem Verdickungsmittel wie Xanthan oder Maisstärke arbeiten. Und es dauert länger als mit H2O2.
@TobyB Wasserstoffperoxid ist das mittel der wahl zur Wundreinigung stark infizierter Wunden (benutzt nicht nur der Zahnarzt) … dont try this at home.
fängt an zu schäumen wenn man es in die wunde kippt. anschließend ordentlich mit nacl (destilliertes Wasser mit dem Salzgehalt von blut) spülen.
der Sauerstoff macht die Erreger kaputt …
(Ich bin medizinisches Fachpersonal.)
@TobyB (wenn ich mich richtig erinnere löst der Sauerstoff die Eiweiße aus den Erregern auf – die sind dann tot. )
greift natürlich auch die körpereigenen Eiweiße an …
damit das nicht so weitergeht und der dreck rauskommt ordentlich spülen.
Bitte nur von Fachpersonal machen lassen die die Wundheilung beurteilen können, sonst faulen die Leute vor sich hin.
@TobyB TATP ist Teufelszeug. Das wurde in den 30ern gefunden und die Wehrmacht hat damit experimentiert und beschlossen, dass der Dreck zu unberechenbar ist, selbst für den blondesten, blauäugigsten SS-Helden.
Die Einfachheit der Herstellung ist der Grund dafür, dass wir keine Fläschchen und Tuben mehr mit ins Flugzeug nehmen dürfen.
@Red: auch wenn TobyB nicht im geringsten böse Absichten hat, fände ich es gut, wenn man (möglichst mit seinem Einverständnis) seinen Beitrag entfernt. Je weniger Leute von TATP wissen, desto besser ist diese Welt.
@S_Hennig , deshalb gibt es eine ChemikalienVerbotsVerordnung, ein Chemiegesetz und die beiden EU VOs„EU-Verordnung über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe“ (EU 2019/1148) und Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 („REACH-Verordnung) Weder Aceton und Wasserstoffperoxid und etwaige Katalysatoren wirst du als Privatperson, in der nötigen Reinheit und Konzentration kaufen können. Darüberhinaus gibt es Mengenschwellen für Aceton und Wasserstoffperoxid in geringer Konzentration ab der ein Erwerb durch Privatpersonen meldepflichtig ist. Also einfach in den Laden gehen ist nicht, dass was du als Privatperson kaufen kannst wurde entweder in der Menge und Verpackung begrenzt, verunreinigt und wird nur in geringerer Konzentration angeboten.
wie verhält sich das Mittel bei beschrifteten Teilen? bleicht es nur die weissen Teile aus oder geht die Beschriftung auch gleich ab?
@drbach Neee – keine Sorge – die bleibt dran. :-)
Allermeistens bleiben Aufdrucke völlig unberührt. Das hat damit zu tun, wie das Ganze eigentlich funktioniert (S.u.)
Mein Tipp gegen vergilbte Tasten: Einfach mit dem Rauchen aufhören oder nicht im Studio rauchen.
@Herbie Mit Rauchen hat das – ausnahmsweise – mal höchstens die Hälfte zu tun. ;-)
Hintergrund sind tatsächlich chemische Alterungsprozesse, die innerhalb des Kunststoffs ablaufen und hauptsächlich wegen Einwirkung von UV-Licht passieren. Dabei werden Sauerstoff- Atome aus der Molekülstruktur des Kunststoffes rausgebrochen, woraufhin der nach außen hin mit der Zeit einen vergilbten Eindruck macht.
Mittels Sauerstoff aus dem Wasserstoffperoxid und der UV-Strahlung (Sonneneinwirkung) kann man diese „Leerstellen“ im Kunststoff wieder füllen – dadurch „repariert“ sich auch das Reflexionsverhalten und damit die Farbe des Kunststoffs – zurück zum Ausgangszustand.
In der Vintage-Computerszene ist das Ganze ja hinlänglich bekannt als „Retrobriting“. Und ehrlich gesagt macht es auch großen Spaß, ein komplett vergilbtes Gehäuse von so einem alten Schätzchen tatsächlich wieder praktsch neu aussehen zu lassen (selbst schon ein paar mal gemacht). Der Haken ist übrigens, dass der Effekt leider nicht „nachhaltig“ ist, dass also die Wirkung nachlässt, und zwar schneller als es ursprünglich zum Vergilben gebraucht hatte.
Wie die Sache chemisch genau abläuft, ist wohl gar nicht so trivial. Die c´t hatte sich mal in einem Artikel Mühe gemacht nachzuforschen, wie und warum Retrobriting wirklich funktioniert (ist leider hinter einer Paywall): https://www.heise.de/ratgeber/Aus-Gelb-wird-Weiss-Alte-Kunststoffgehaeuse-restaurieren-6228861.html
@cosmolab Mein Kommentar sollte eigentlich nicht so ernst genommen werden.
Dennoch vielen Dank für deine interessanten Ausführungen.
Bevor man gleich mit Wasserstoff rumätzt kann man die Plastikteile auch einfach mal in die Spülmaschine werfen …
@plumperquatsch Ich würde es mit Dihydrogenmonooxide (DHMO) versuchen.
@Aljen ohne Geschirrspüler? 🤭
@plumperquatsch meinst du das ernst?
funktioniert ja nicht …
@Numitron für Nikotin und sonstigen Siff sollte das locker reichen …
habt ihr alle noch nie Fenstergeputzt? nein? 😆
meine alte IBM Tastatur hab ich auch einfach komplett in den Geschirrspüler gesteckt, wieder sauber und funktioniert. Wer hätte das gedacht? :)
btw. die sonne ist nicht wirklich nötig, es geht um die Temperatur.
Hauptsache das zeug ist gut abgedeckt damit sich darunter wärme entwickeln kann … also irgendwo hinstellen wo es warm ist.
funktioniert wird Haare blondieren …
@plumperquatsch Nope – es geht um die UV-Strahlung der Sonne. D.h. wenn du eine UV-Lampe hast, kannst du es auch mit nur der Lampe und bei Zimmertemperatur schaffen.
@cosmolab Man braucht beides! Ich weiß nicht, ob es eine „echte“ endotherme Reaktion ist, aber Wärme beschleunigt den Vorgang enorm. Also ja, endotherm! ^^
@Atarikid , Peroxide sind labile Verbindungen und können besonders in höheren Konzentrationen und bei erhöhter Temperatur explosives Verhalten zeigen. Des Weiteren sind sie brandfördernd und können mit oxidierbaren Stoffen (auch Watte und Zellstoff) unter Feuerentwicklung reagieren. Peroxide haben eine starke Neigung zur Disproportionierung, bei der viel Wärme frei wird, z. B. bei der Zersetzung von Wasserstoffperoxid zu Wasser und Disauerstoff.
https://shorturl.at/Xwqnj
@TobyB ….ich glaub, SO viel Wärmezugabe hat Atarkid jetzt auch wieder nicht gemeint. ;-)
wenn das ganze nicht warm wird findet da keine chemische Reaktion statt. heißt es passiert nix, oder nicht viel. ;)
Am coolsten ist der Schnuffi im Hintergrund bei Bild zu 1: Chemikalie auftragen.
Wird dann nicht der Kunststoff spröde?
Meinen (nicht durch H2O2) verblichenen Chemiekenntnissen zufolge bricht der freigesetzte Sauerstoff aus dem Wasserstoffperoxid nicht nur Farbmoleküle auf, was den Bleicheffekt ergibt.
Theoretisch wären auch die Kohlenwasserstoffketten des Kunststoff betroffen. Also ich würde das Zeug nicht allzulang einwirken lassen.
@bosurus Erstaunlicherweise versprödet der Kunststoff nicht (…mehr, als er es ggf. sowieso schon ist). Das liegt daran, wie das Ganze funktioniert. Der freigesetzte Sauerstoff wirkt hier nämlich nicht etwa als Bleiche, sondern er „repariert“ (sozusagen) die innere Struktur des Kunststoffs.
Übrgens kriegt man deswegen die Sachen auch nicht „heller“, als sie im Neuzustand auch schon mal waren.
@cosmolab selbstverständlich versprödet Plastik auf Dauer in Verbindung mit UV-Licht und Salzwasser/Schweiß,
Wasserstoffperoxid kann das nicht reparieren. Ist wohl eher wie Nagellack (irgendwas drüberkleben bis es wieder abfällt).
was denkst du woher das ganze microplastik überall herkommt? ;)
stellt euer zeug doch in die sonne, mir doch egal. 🫣
@plumperquatsch Vielleicht wird es mit Wasserstoffperoxid auch weggeätzt anstatt sich eine neue Schicht bildet. Aber ich bin kein Chemiker und ist nur so ein Gedanke meinerseits.
@Filterpad , ich frag eine Doktorin der Chemie bei der BASF – Monomere, die stellen ABS Granulat her. Ich glaub die weiß wie das Wasserstoffperoxid auf vergilbten ABS Kunststoff wirkt. Mit ätzen ist es nicht getan. Eher mit einer bleichenden Oxidation. Antwort folgt.
@Filterpad …Neeee. :-)
Wenn Du´s wissen willst, dann könnte das hier interessant sein:
https://www.heise.de/ratgeber/Aus-Gelb-wird-Weiss-Alte-Kunststoffgehaeuse-restaurieren-6228861.html
@Filterpad , ABS (Acrylonitrile Butadiene Styrene)Kunststoff wurden und werden mit bromierten organischen Flammschutzmittel versetzt. Durch Licht, UV Licht, Kontakt mit oxidierenden Stoffen wie Schweiss vergilbt das ABS. Wasserstoffperoxid wirkt der Oxidation entgegen, da es selbst ein Oxidationsmittel ist. Selbst wenn man die bromierten Stoffe weglässt, tritt dieser Effekt auf, er ist nur langsamer.
Dies ist die chemische Reaktion:
2xH2O2 -> 2xH2O (Wasser) + 2xO2 (Sauerstoff)
O2, bleicht den Kunststoff.
Wie kommt UV-Licht ins Spiel? Das UV-Licht wandelt das Wasserstoffperoxid in hochreaktive Hydroxylradikale um, die dann die problematischen vergilbten Substanzen zersetzen. Die Langfassung erspare ich uns. Allerdings nimmt man mit dieser Prozedur ein Verspröden des ABS in Kauf.
@TobyB Fazit: die Nummer mit der Blondierung macht das Plastik also noch mehr kaputt, ich habs geahnt.
@plumperquatsch , wenn du das alle 20 Jahre machst, zerfällt eher was anderes. ABS ist recht robust gegen fast alles. Im Gegensatz zu PE, PVC Plastik verfällt das nach 5 jährigem Lichtkontakt nicht zu Staub. Ich hab das mit meinen ollen Powermac gemacht und das Gehäuse lebt noch. Und der Rechner ist 27 Jahre alt. Bei der Polysix und dem Juno auch, nur hab ich da die Tasten in einer Werkstatt ausbauen lassen, die Bleiche hab ich mir selber angemischt.
ca. 50ml Wasserstoffperoxid (H2O2) 8%
ca. 10ml Glyzerin
weniger als ein gestrichener Teelöffel Xanthan Verdicker(besser weniger als zuviel)
Das Verdickungsmittel und Glyzerin sorgen für die gleichmäßige Verteilung. Und anschliessend unter eine UV Lampe. Peters Open Air Methode ist auch super, Hauptsache Sonne und UV Licht. Falls ich in 20 Jahren noch lebe, sag ich Bescheid wenn was kaputt geht ;-)
@TobyB 8% ist so die mitte bei blondierung, das richtig krasse zeug hat 12% oder mehr – für schwarz auf blond.
die haare sind danach total hinüber …
ich würde nix davon auf meine Schätzchen kippen,
haare wachsen nach, Plastik nicht.
wenn ich das machen würde dann schon mit 12%, man will ja was davon sehen nur darum geht es ja …
ich hatte immer bunte haare, mit blondierung kenn ich mich aus. ;)
@plumperquatsch Sorry – da hab ich mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt:
Selbstverständlich kann Kunststoff mit der Zeit verspröden – und UV-Strahlen haben eine Menge damit zu tun. Aber das war nicht die Frage.
Denn beim Retrobriting geht es eben NICHT darum, eine zwischenzeitlich eingetretene Versprödung des Kunststoffes zurückzudrängen (das würde in der Tat nicht funktionieren), sondern lediglich die originale Farbe wiederherzustellen. Sollte also der Kunststoff in der Zwischenzeit spröde geworden sein – dann wird er es auch nach dem Retrobriting bleiben.
Die Frage war aber, ob der Kunststoff durch die Maßnahme „Retrobriting“ ZUSÄTZLICH versprödet. Die Antwort lautet: nein, in aller Regel nicht.
„Klar soweit“? ;-)
@bosurus ich hatte da auch eher angst das mir anschließend die taste zerbricht wenn man beherzt draufhaut;
deswegen die Nummer mit der Spülmaschine. 🙂
Man kann mir ja viel erzählen,
aber das da irgendwie die innere Struktur vom Plastik „repariert“ wird bezweifle ich stark; dann wäre der gewünschte Effekt nicht von kurzer Dauer. ;)
@plumperquatsch Er ist durchaus von längerer Dauer – aber eher so: Wenn es vorher 10-12 Jahre gedauert hat zu vergilben und man sich beim Retrobriting richtig Mühe gibt (also eher 1Tag Einwirkung als 2-3 Stunden), dann hält der Effekt danach vielleicht für die nächsten 4-5 Jahre, bis wieder deutlich sichtbare Vergilbung einsetzt.
@cosmolab genau wegen dieser zeitverkürzung bis das ding wieder vor dreck starrt bin ich skeptisch das da tatsächlich irgendwas „repariert“ wird und sich nicht nur ne neue Schicht über den defekt legt die dann wieder verschwindet …
offensichtlich ist ja nicht mehr so stabil wie vorher, sonst würde das nicht passieren?
mir fällt auch niemand ausser der NASA o.ä. ein den solche Langzeitstudien interessieren würden.
alle anderen wollen neue geräte verkaufen.
🤷🏻♂️
ich hab das vor Jahren mit den Korg electribe emx1 Buttons gemacht. ohne Sonne.
aber auch etwas gebracht.
ein Freund hat meinen snes und NES dann mit der Wasserstoffperoxid und sonnen Methode sehr schön wieder hinbekommen!
schaut jetzt wieder fast wie neu ausecht nervig diese hässlichen gehäuse.
fand die originale Farbe auch nicht so prickelnd..
Sega hatte viel schönere Konsolen..
leider aber bei der Dreamcast dann auch grau.
Super Artikel, Peter! Thx! Mein übelster Gilb ist in einem 40 Jahre alten Macintosh 512, dem ersten Modell des Würfelmacs. Natürlich nicht nur der Computer, auch die Tastatur und die Maus ist in der uncoolsten Farbe, die Computer haben können. Und nein, Patina ist nix, womit ich mich trösten kann. Aber das wäre eine ungleich aufwendigere Arbeit als ein Part Taster in einer HR16.
@Tai Hab ich schon hinter mir – mit einem SE/30.
Das Ergebnis hat fast Tränen der Rührung hervorgerufen, so gut sah das danach aus – kann echt süchtig machen. :-)
@cosmolab Oh ja, den hatte ich auch ’ne Zeit lang. Mit damals unglaublichen 8!!!MB. Die waren preislich auf dem Niveau des Rechners. Und der war schon teuer. Dafür gäbe es heute mehrere Macs. Mit bunter, dazu gehöriger Tragetasche.
@Tai Meinen hab ich vor ca. 20 Jahren mal geschenkt bekommen vom Erstbesitzer, der ihn als „Server“ in seinem Büro eingesetzt und entsprechend „aufgezwiebelt“ hatte (u.a. mit Ethernet- Karte). Neupreis war damals wohl >20.000DM =:-|
Spannendes Thema!
Etwas Sorge macht mir die ausufernde, spekulative und z.T. kenntnisfreie Diskussion. Hat jemand von Euch schon mal ein weißes Baumwoll-T-Shirt angehabt? Der größte Teil der jährlichen Baumvollproduktion von – grob geschätzt – 30 Millionen Tonnen wird gebleicht. Und der größte Teil davon mit Wasserstoffperoxid.
Die eigentliche Chemie des Baumwoll- und Kunststoffbleichens ist spannend.
Denn sowohl das Vergilben als auch das Bleichen sind Oxidationsprozesse. Beim Vergilben wird der Kunststoff langsam umgebaut, es entstehen mehr lichtabsorbierende Bindungen, die gelb erscheinen. Durch das Bleichen werden diese Bindungen wieder aufgeknackt, d.h. es findet auch ein Umbau statt, aber keine genaue Rückumwandlung daher wird es auch schneller wieder gelb. Für mehr Details, schaut doch bitte mal ins Chemiebuch!
Ich mach das genauso bei meinen Restaurationen von Retro PC-Gehäusen von Ende 80 Anfang 90ger. nehm da 12%iges von Lo_da, ist ein Gel. Muss aber die Teile meistens mehrmals machen und 2-3 Tage in die Sonne legen. Aber der Effekt ist toll. Bis jetzt auch noch nix nachteiliges wie Versprödung oder so festgestellt. Ich mags halt wenn ein altes Gerät trotzdem wie neu aussieht.
Wasserstoffperoxid ist klasse zum „erneuern“ Allerdings mach ich das etwas anders. Mit einer Lösung, einer UV-Lampe und einer Aquariumheizung. Damit hab ich schon eine 626, eine 505 und einen Atari 030 wieder „ladentauglich“ gemacht. Beim Atari hab ich allerdings das Metallogo entfernt und nach dem Bleichvorgang wieder angebracht. Bei den TRs noch zusätzlich die transparenten Teile (fürs Display) poliert. Die sahen wirklich aus wie aus dem Laden.
Für den Bleichtank mit Heizung und UV-Lampe gibt es auch Tutorials bei Youtube. So wie ich das verstanden habe, gibt es auch bessere Chemikalien als H2O2. In der „Szene“ wird auch mit Ozon (O3) experimentiert. Videos gibts dazu auch. Allerdings weiß ich nicht was ich davon halten soll, Ozon ist eben doch sehr reaktionsfreudig und gesundheitsgefährdend. Aber egal für was für eine Variante man sich entscheident. Gute Belüftung (wenn man es nicht eh draußen macht) ist auf jeden Fall anzuraten!…
PS. jeder Kunststoff lässt sich auf dem Weg leider nicht „reparieren“. Es kann durchaus sein, dass das Ergebnis die Erwartungen nicht erfüllt.
@Atarikid das ist doch chemisch mehr oder weniger der gleiche Prozess,
ob der Sauerstoff jetzt aus Wasserstoffperoxid oder Ozon kommt,
ist doch gehüpft wie gesprungen? ;)
@plumperquatsch Es geht um Sauerstoff, ja! Aber die Handhabe ist eine komplett andere. Ist halt gasförmig. Für sowas gibts dann ozonerzeugende, handliche Geräte. Keine Sauerei!
Fazit: Die Nummer mit der Blondierung funktioniert fürs Museum;
wenn man nicht will das einem die tasten bei tatsächlicher Benutzung zerbrechen, weil man die Struktur noch weiter geschwächt hat, finger weg vom Wasserstoffperoxid und vom UV licht. ;)
Da hier noch ozon erwähnt wird, schon wieder so aggressives zeug das die Struktur weiter schwächt. 🤦🏻♂️
@plumperquatsch Bei mechanisch wirklich stark beanspruchten Teilen würde ich mir das vielleicht auch überlegen. Meine „Testexemplare“ funktionieren aber noch einwandfrei ^^…. Dass UV bei übermäßigem Gebrauch absolut tödlich ist, sollte klar sein. Aber bei so einem Bleichprozess hält sich das in Grenzen.
@Atarikid Die Tasten sind wirklich durchgenudelt und dünn geworden,
anscheinend haue ich wie irre auf return und escape 😂
@plumperquatsch Hm, könnte man auch als Enthusiasmus bezeichnen ^^
@Atarikid ^^
oh noch jemand der ^^ versteht :)
Medizinisches Wasserstoffperoxid und Blondierung sind übrigens ganz verschieden.
die sehr lange zutatenliste für die blondierung verstehe ich nicht komplett,
sind garantiert irgendwelche Weichmacher (?!) damit die haare nicht so kaputt aussehen.
ihr dürft einmal raten was ich nicht für Plastik benutzen würde.
Ich hab jetzt mal Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer nachgesehen und übersetz das mal für den context:
löslich in Aceton, (also kein Nagellackentferner gegen Farbflecken!)
nahezu unlöslich in Ethanol (in purem Alkohol ersäufen schadet nicht)
aha
Es gibt aber auch Berichte, dass der Effekt nicht lange vorhält und die Teile danach schlimmer vergilben als vorher. Andere haben, trotz korrekter Anwendung ungleichmäßige Ergebnisse, die schlimmer aussehen als vorher. Und was dieses Bleichen mit Teilen, die Weichmacher enthalten anstellt, weiß man auch erst hinterher.
Kann man alles machen, aber bei einem echten Vintage-Schätzchen würde ich es mir gut überlegen.