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DJ Workshop: NI Traktor Software, Pegel einstellen

(ID: 183436)

AutoGain? Lieber nicht!

Was sich mir zunächst gar nicht erschließen wollte: Warum rät NI selbst von der Benutzung der AutoGain-Funktion ab? Auch das muss seinen Ursprung bei dem Rat haben, auf jeden Headroom zu verzichten. Sobald ein AutoGain-Algorithmus nicht mehr stur nach Peaklevel normalisiert, sondern versucht, die Lautstärkeanpassung dem menschlichen Gehör nachzuempfinden, kann es einfach passieren, dass das System ins Clippen gerät. NIs AutoGain arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie „ReplayGain„. Jede gehörrichtige Lautstärkeanpassung macht Fehler. Schon deswegen weil „gleicher Pegel“ subjektiv unterschiedlich empfunden wird. Traktor macht da keine Ausnahme. Obwohl AutoGain meistens recht gut funktioniert, bringt speziell sehr basslastige Musik den Algorithmus gerne mal aus dem Konzept. Um das manuelle Auspegeln kommt man also nicht herum, wenn man das ganze System ohne Headroom fährt.

Es gibt übrigens noch eine Instanz innerhalb von Traktor, die zum Übersteuern führen kann und das ist der Keylock. Ja, richtig gelesen, Keylock (ebenso wie Pioneers „Master Tempo“ genannte analoge Funktion) scheint beim Resamplen des Signals manchmal Artefakte zu erzeugen, die – zumindest stelle ich mir das so vor – ähnlich wie die Oversample-Peaks bei der MP3-Encodierung entstehen. Klingt komisch, kann aber jeder gerne selbst testen. Stimmt tatsächlich.

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Unser Tipp: leiser machen!

Soweit zu den Ratschlägen von Native Instruments, wie man am besten die Pegel bei Traktor einstellt. Ich habe allerdings einen anderen Weg, den ich für sinnvoller halte.
Zunächst einmal würde ich dafür sorgen, dass der Output ganz generell mal so laut wie möglich ist, in dem der Headroom bei Nutzung des internen Mixermodus auf 0 dB oder maximal (eigentlich minimal, oder?) auf 3 dB gestellt wird. Das ist wichtig für die Nutzer von NI-Controllern, denn der eingestellte Headroom macht auch den Kopfhörerausgang entsprechend leiser, was bei den eher schwachbrüstigen Kopfhörerverstärkern vieler Controller ganz schnell ein Problem werden kann. Im externen Modus ist sowieso ein Headroom von 3 dB fix eingestellt. An der Stelle ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass der Masterregler auch im externen Modus den kanalweise separaten Output der Soundkarte abregelt.
Den AutoGain würde ich eingeschaltet lassen. Den Limiter ebenso.

Dreh- und Angelpunkt meiner Herangehensweise: Den Master soweit herunterregeln, dass Traktor nicht ins Clippen gerät, selbst wenn mehr als ein Deck spielt, Effekte laufen und der Keylock an ist. Bei mir sind das in etwa 10 dB, die ich generell als Reserve vorschlagen würde. Ein bisschen weniger ginge bei meiner Art zu mixen auch, aber ich habe gerne ein bisschen Headroom im Headroom. In den meisten Clubs ist es kein Problem, trotz dieser Einstellung, das Signal am Gain des Clubmischers so laut zu machen, dass man immer noch mit den anderen Quellen pari ist.

Im Wesentlichen war es dann auch. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Auflegen mit einem Mixer (egal ob analog oder digital) und einem digitalen System wie Traktor: Die Eingangskanäle sind nicht zum Clippen zu bewegen! Wegen der internen Signalverarbeitung mit 32 Bit ist es einfach nicht möglich, einen Traktor-Kanal zu übersteuern. (Vielleicht liegt es auch daran, dass intern ja auch der Master-Regler immer im Signalweg hängt, es gibt ja keine Signalverstärker in den Kanalzügen, die clippen könnten.) Ich habe alles versucht, indem ich den Gain und den AutoGain-Gain auf jeweils +12 dB gedreht habe und dazu noch die Klangregler auf Maximum aufriss. Aber ganz egal, solange der Master nicht übersteuert, klingt Traktor vollkommen sauber.
Das bedeutet für mich: Es kümmert mich nicht, wie laut die Eingangskanäle werden. Das heißt für mich zum Beispiel auch, ich kann ältere und weniger komprimierte Tracks einfach ganz traditionell am Gain so laut machen, dass sie mit modernen Produktionen lautstärkemäßig gleichauf in Traktor sind. Zu viel Pegel wegen des AutoGains oder aber den vorher erwähnten Keylock-Artefakten kümmern mich ebenfalls nicht. Ich kann genauso auflegen, wie mit einem analogen Mixer.
Warum ist das so wichtig? Nun, wenn man NIs Empfehlungen folgt (oder eine S8 oder einen Z2 nutzt), dann hat man keinerlei Reserve mehr auf dem System und der Gain-Regler ist noch dazu der einzige Punkt im Signalweg, wo man eingreifen kann. Will man also etwas Headroom haben (z. B. für ältere Tracks), bleibt einem nur der Weg, die Gain-Regler herunterzuregeln. Es entspricht einfach nicht der gelernten Arbeitsweise, genau einen Regler in der Kette zu haben, um seine Pegel zu stellen. Das fühlt sich falsch an.

Apropos falsch, das hier geht wieder an die Besitzer von NI-Konsolen der Kontrol-Serie: Aufgrund dessen, was ich bisher geschrieben habe, ist es vollkommen egal, was die Pegelanzeigen an den Kanalzügen machen. „Rot“ bedeutet mal ausnahmsweise nichts Schlechtes. Einzig und allein die Masteranzeige in der Software zählt.

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Im Gegensatz zu NI mache ich auch keinen Unterscheid zwischen externem und internem Mixing. Da man sich auf den AutoGain nicht zu einhundert Prozent verlassen kann, ist es in meinen Augen egal, ob an oder aus, man muss seine Arbeit eh kontrollieren. Dann schadet es aber auch nicht, die Pegelautomatik ein bisschen Vorarbeit erledigen zu lassen. Clippen kann es ja nicht, wie wir jetzt wissen, solange der Master weit genug unten ist.

Der Limiter sollte immer an sein. Traktor verzerrt auf wirklich sehr unangenehme Art, sollte man doch mal die 0 dB berühren.

Ach ja, da war ja noch was. Ich hatte versprochen, auf einen Fall einzugehen, bei dem die roten Lampen OK sind: Wenn man nicht ganz soviel Headroom auf den Master geben kann, weil man sonst zu leise bleibt, ist es auch okay, wenn ein älterer Track mit viel Dynamik, den man entsprechend lauter gemacht hat, ab und zu ein bisschen gegen den Limiter fährt. Dann werden die Dynamikspitzen eben wieder gekappt. Das ist nicht so schlimm. Ist ja kein moderner „Balkentechno“, der dann vom Limiter komplett zerstört wird.

Zum Schluss würde ich gerne noch zwei Bitten an Native Instruments loswerden: Bitte gebt uns endlich Pegelanzeigen in der Software, die größer und prominenter platziert und feiner aufgelöst sind. Bei meinem 15″-Bildschirm ist die Masterpegelanzeige grindige 1,4 cm lang. Das ist echt unwürdig! Und baut in Zukunft lautere Soundkarten mit separater Hardware-Lautstärkeregelung. Ich weiß, das ist eine zusätzliche Fehlerquelle, aber es kann verdammt noch mal nicht der Weg einer Profi-Software sein, ständig Anfängerfehler mitzudenken.

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Forum
  1. Profilbild
    Kutscher

    Hallo Danke für den Artikel und vor allem ich hab den Autorin Boll übersehen. informativ und sehr akkurat sowie genau an der Praxis.
    Diesen von dir kritisierte Anhänger Fehler mitmtdenken trifft halt jedes Produkt welches im Minstream angekommen ist. Siehe Apple Systeme aktuell (ducken und weg).
    Zum Thema Pegel was ja auch gerne hieß diskutiert wird.
    Ich hatte mal Ben Kumpel, ja du Tribun, der sich Ultra hochwertige Kabel gekauft hat um deinen Controller aufzuwerten. Sein Fehler war sich zwei unglaublich teure Öhlbach SPDIF Digital Kabel zu kaufen . Ein Pegelbtest mit billigen Chinch Kabeln hat gezeigt das diese Deutlich mehr Pegel und vor allem im Bassbereich liefern. Hintergrund ist der Höhe Wellenwiederstand. Gitarristen kenne das Phänomän wohl besser.
    Es währe Cool wenn ihr auch einen genauso Detailierten Artikel über Anchlüsse und Signalformate im DJ Bereich bringen könntet.

    Gruß Kutscher

  2. Profilbild
    arnimhandschlag

    Dass du auf den Keylock eingehst finde ich gut, hätte noch mehr dazu kommen können: Führt öfters mal auch zu nem gehörigen dynamikverlust, produziert seltsame artefakte und im bassbereich auch zu pegelverlusten. der algorithmus fürs time stretching von traktor ist zwar super im vergleich zu was es sonst so gibt aber zaubern kann er halt auch nicht

    • Profilbild
      Walter Marinelli RED

      @arnimhandschlag Hallo arnimhandschlag,

      danke für dein Feedback.

      In diesem Artikel geht es ausschließlich um Pegel und Lautstärken. Deswegen findet auch nur dieser Aspekt des Keylock Beachtung.

  3. Profilbild
    olafmol

    Wurde mich interessieren, ob und wie eind Pioneer Interface2 soundcard mit Traktor zusammenwirkt und auch auf das gleiche Volumen wie ein CDJ player wirkt?

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