Die Mission konnte beginnen:
MISSION: CASIO FZ-20M Vintage-Sampler
- Target: CASIO FZ20M Rack-Sampler
- Age: 26 Jahre
- Damage Analysis: Display dunkel, Floppy Drive erkennt keine Disk mehr, kein Signalausgang
- Bonus: externe Harddisk Funktion und Umbau SCSI-Anschluss auf SD-Card
- Time for Mission: netto (nach Einarbeitung und Recherche) ca. 1 Tag
- Material: SCSI2 SD-Karte 60,- Euro, sonstige Kleinteile 70,- Euro
- Arbeitszeit: 400,- Euro
Beide ersteigerte Einheiten gingen an DOC ANALOG
O-Ton DOC ANALOG:
Tja, wie fange ich die Story an? Bei dem Casio FZ20M handelt es sich wohl um die längste Doc-Analog Story in Sachen Vorbereitung und Ausführung, die wir bis dato hatten. Nach einigen E-Mails und vorab geführten Telefonaten mit Peter Grandl habe ich schließlich 2 große Pakete mit dem Kultsampler Casio FZ20M, einem Hohner HS1 sowie später 2 Posteinwurfsendungen aus Australien in Empfang genommen.
So nehme ich mir den Casio auf den Tisch und freunde mich mit dem Gerät an. Die Bedienung und das Handling mit den beigelegten Disketten sind bald begriffen und ich erkenne die schon angekündigten Fehler des FZ20M. Das Display hat keine Hintergrundbeleuchtung mehr. Das Diskettenlaufwerk klackert laut und erkennt die Disketten nicht. Wenn es dann mal funktioniert und ich einen Sound laden kann, kommt kein Signal an am Ausgang. Ich nehme mir den Hohner HS1 zur Seite, um einen direkten Vergleich zu haben. Der funktioniert soweit und soll als Backup bzw. Schlachtgerät dienen. Na, dann los. Deckel ab und schauen, was drin steckt im CasioFZ20M!
LOG FILE
Display oder schwarzes Loch?
Ich widme mich zunächst dem Display und baue die Platine aus. Hier wird mittels Leuchtfolie und 110Volt Kaskadierung die Hintergrundbeleuchtung erzeugt , die beim FZ20 nahezu nicht mehr vorhanden ist. Wir wollen die Technik beibehalten. Die Leuchtfolie sitzt hinter dem Displayglas und ist mit 2 Anschlüssen verlötet. Die alte Folie wird abgelötet und vorsichtig an der Seite herausgezogen. Die neue Folie kaufe ich beim Elektronik Händler meines Vertrauens und schneide die Maße zurecht.
Das folgende Bild zeigt das Display mit frischer weißer Hintergrundbeleuchtung.
Der Fehler des nicht vorhandenen Tons am Ausgang ist schnell gefunden. Das seitlich angesteckte15 Pin Kabel hat sich (vermutlich durch den Transport in die Redaktion) gelöst.
Das defekte Diskettenlaufwerk: Entfernt man die große Hauptplatine, hat man direkten Zugriff auf das Diskettenlaufwerk. Hier kommt erst einmal der Hohner HS1 ins Spiel. Er hat das gleiche Laufwerk verbaut und dieses funktioniert gut. Ich tausche also die Laufwerke aus, kann aber meiner Neugier nicht widerstehen. Das defekte FZ20 Laufwerk ist schnell geöffnet und der Fehler ist klar. Vermutlich wurde der FZ20 in letzter Zeit nicht benutzt, denn die Achse des Capstan Motors ist komplett festgefahren. Ein leichter Ruck an der Magnetscheibe löst die Blockade. Die übrige Mechanik lässt sich gut reinigen, die Achse wird ein wenig geölt.
Das Hohner HS1E Drive passt wunderbar auch in den FZ20M. Vom Aufbau sind beide Geräte nahezu identisch
Einblick ins Innere des Laufwerks
(Bild 11, 12, 13, 14) Passend zum Casio Sampler hat die Redaktion einen externen Apple Harddrive ergattert, die über ein passendes SCSI-Kabel an den FZ20 angeschlossen werden kann. 80 MB! Was für ein Trümmer.
Das Laden einer System-Diskette erlaubt die Anwendung des HDD-Operators im Menü und das Speichern und Laden von Datenblöcken über die externe Festplatte.
Wir wollen uns der Herausforderung stellen und die Apple HDD durch eine austauschbare SD-Card ersetzen. Dazu dient das „SCSI2SD“-Interface, das wir online bezogen haben. Dieses Interface dient eigentlich als externer aktiver Adapter, der mittels passendem Kabel and die SCSI-Buchse des FZ20 angeschlossen werden kann.
Die oberen drei Bilder zeigen das SCSI2SD Interface aus Australien mit Adapterstecker und SD-Card Verlängerung
Meine Idee ist es, das Interface in den FZ20 einzubauen um einen „All in One Sampler“ zu nutzen, ohne störende Kabel Peripherie und angeklebte SD Buchse. Die Anschlussbuchse „external Port“ oberhalb der HDD-Schnittstelle auf der Rückseite wird nicht benötigt, deshalb entferne ich diese Buchse und passe das Interface von innen an. Mit der SCSI-Buchse nach außen verlagert, haben wir jetzt die Möglichkeit, den Casio in 3 verschiedenen Varianten zu betreiben:
1. Einspielen über Diskette
2. Anschluss des Apple Drive an die untere SCSI-Buchse.
3. Mit 25-pol Sub-D Verbindungskabel von Buchse 1 zu 2 = Aktivierung der SD-Karte!
Auf der Rückseite des FZ-20M befinden sich zwei Schnittstellen. Oben ein Port, der normalerweise zum Verbinden zweiter FZ-Geräte dient, unten der SCSI-Port für den Anschluss externer Festplatten. Um später sowohl externe Festplatten als auch SD-Karten als Speichermedium verwenden zu können, soll der obere Port direkt mit der SCSISD2 Karte verbunden werden.
Ein ausgedienter defekter Media Player aus meiner Werkstatt hat einen SD-Card Slot an seiner Frontblende und brachte mich auf die Idee, das Flachbandkabel des SCSI2SD Interface mit der losen SD-Card Buchse zu zerlegen und in eine Einbaubuchse umzubauen.
Auch auf die Gefahr hin, dass Peter mir den Kopf abreißt, passe ich den SD-Card Slot an den FZ-20M an und bohre mit Schweiß auf der Stirn vorsichtig eine Aussparung in die Blende. Damit das auch innen passt, muss eine Seite des Floppy Drives in seiner Aufhängung etwas nach hinten versetzt werden.
Zu dem SCSI2SD Interface gibt es eine Software des Herstellers als Download, um unter anderem die neuen SD-Karten auf das Format und die Speicherkapazität des Casio FZ-20M Systems einzustellen und in das Interface zu laden. Dazu muss allerdings das Interface über ein Micro-USB-Kabel mit dem Rechner verbunden werden. Also noch eben einen USB-Anschluss an die Rückseite gewerkelt. Um direkt die naheliegende Frage zu beantworten: Nein, der USB-Anschluss dient nur zur Verwendung der RC-Software und zum Firmware Upgrade des Interfaces. Leider nicht zum Laden und Speichern von Sounds über den Computer.
Zum Schluss sei noch erwähnt: Ich habe die 5 Volt Spannungsversorgung für das Interface aus der 5 Volt Betriebspannung für das Floppy Laufwerk genommen. Das hat auch soweit funktioniert. Leider stellt sich heraus, dass beim Einschalten des Samplers, also während des Boot-Vorgangs, die externe Harddisk bereits in Betrieb sein muss (genauso wie bei der alten 80 MB Apple Platte), damit die HDD vom System erkannt wird. Deshalb muss sowohl die Apple HD als auch die SD-Card eine unabhängig vom FZ20M betriebene Betriebspannung haben. Das habe ich gelöst, indem ich dem internen Interface ein eigenes 5 Volt Steckernetzteil angelötet habe. Funktioniert prima, sieht aber gewöhnungsbedürftig aus, da das Gerät jetzt 2 Netzstecker hat.
FUNKTIONSÜBERSICHT
Nach dem erfolgreichen Umbau lässt sich der Casio FZ-20M entweder mit seinen gewohnten Disketten füttern, an eine externe Festplatte anschließen oder mit SD-Karten betreiben, die auf der Vorderseite eingesteckt werden.
Einziger Trick: Um den SD-Drive in Gang zu bringen, muss man auf der Rückseite die beiden Ports miteinander verbinden. Der Casio FZ-20M erkennt dann die SD-Karte wie eine beliebige Festplatte. Außerdem wird der SD-Drive über eine eigene Spannungsversorgung betrieben.
Kleiner Nachteil der SD-Karten: Die Größe der SD-Karte spielt dabei übrigens „leider“ keine Rolle, da der FZ-20M nur 38 Soundbänke adressieren kann.
USB: Der eingebaute USB-Anschluss erlaubt die Formatierung neuer SD-Karten über einen angeschlossenen PC.
Kommen wir nun zu unserem Fotoshooting …
schöne sache – kann ich die technik auch auf meinen kurzweil k2000 übertragen?
@monopuls Denke ja, der K2000 ist in der Liste kompatibler Produkte ebenfalls aufgeführt.
@Tyrell fettes Sorry – vor Aufregung glatt überlesen
Eine fantastische Story, Peter. (Hatte der Hohner, wie der FZ10m, auch noch keine SCSI-Schnittstselle?) Ich musste beim Lesen dauernd schmunzeln :-)
@MidiDino Exakt. Auch die Hohner-Units besaßen keine SCSI-Schnittstelle. Nur eben der Casio FZ-20M.
Suuuper Story! Wirklich ganz toll und spannend geschrieben, auch mit der dokumentierten Vor-Story! Bin ganz begeistert! Hatte vor Jahren auch mal einen FZ-10M. Ich habe allerdings mangels Alternative das Diskettenlaufwerk genutzt, aber Samples per PC über den „External Port“ rein und raus „gebeamt“. Ging aber nur mit Casio-Spezialkabel und Software. Habe ich auch irgendwo noch rumfliegen…
Toll wären jetzt noch Soundbeispiele von Samples vor und nach dem Verwursteln im FZ. Mal was für nen regnerischen Winterabend?
@kiro7 Habe ich vor!!!! Schaffe ich vielleicht sogar morgen noch :-)
Danke für diese sehr schöne Story, das Richtige für so einen verregneten Sonntag-Vormittag. Thomas hat das sehr schön umgesetzt, und dann noch Swissdoc – ein alter Bekannter aus dem Keyboards-Forum – bitte mehr solche Storys…
Hallo Thomas und Peter,
Klasse Hack! Ich hab mein T3 auch mit einem Floppy Disk Emulator versehen. Ist eine super Sache.
Falls ihr beiden fürs nächste Projekt SyQuest Laufwerke und Medien braucht, ich das noch nicht entsorgt ;-)
Grüße Tob
Vielen Dank Euch allen.
@TobyFb, nix wegschmeißen! Wenn Du Platz brauchst, dann Bescheid. Mein Lager ist groß.?
Gruß, Thomas
Diesmal ohne Fader8?
Ich bin enttäuscht.
;-)
^^ nein, diesmal nicht.
@doc analog Zufälligerweise habe ich letzte Woche meinen Hohner HS-2 aufgefrischt.
Tastatur und Display sind ja mit dem FZ-1 identisch. Da war das entsprechende Service-Manual hilfreich. Alle Tasten gehen wieder und es leuchtet wieder blau.
:-)
Erstaunt war ich über die Lithium-Batterie. Nach fast 30 Jahren immer noch fast 3 Volt. Aber wenn die Kiste schon mal offen ist…
wie hast Du das mit dem Display gelöst? Neue Leuchtfolie? Ich hatte mit mal andere Alternativen zu der Hintergrundbeleuchtung überlegt, war mir aber alles zu aufwendig. ( LCD Display, LED Backlights, etc. )
Letztlich hat das mit der neuen weißen Folie ganz gut geklappt.
@doc analog Neue Leuchtfolie, von backlight4you.
Ich hatte auch an einen Umbau gedacht, aber wenn das wieder mindestens 20 Jahre leuchtet, bin ich auch zufrieden. Zumal ich dieses original türkisfarbene leuchten mag. :-)
Also die Folie passt sehr genau, dazu die Beinchen um 5mm gekürzt. Fertig.
Am Ende hatte ich 4 Schrauben übrig. Trotz vier verschiedener Töpfe für die Schrauben und 20 Bildern. Kein Wunder bei dem 5-lagigen Aufbau.
Aber jetzt ist alles wieder, wo es hingehört.
:-)
Die Beschreibung der Technik Schnitzeljagd hat mir sehr gefallen. Habe auch schon SyQuests und Jaz Laufwerke in die Floppy Slots der K2000/2500 gebaut. Allerdings sind diese 3,5″ Wechselmedien dermassen unzuverlässig, das würde ich niemandem mehr raten. MO wären besser, da bekommt man allerdings noch schlechter Medien
@Tai Hallo Gaffer,
du hast ja auch schon ne Technikschnitzeljagd durch. Ich habe das Syquest LW im Einsatz MO Medien bekommt man immer noch. Da mein MO LW aber nur 640 MB schafft, nutze ich die nur für die Datensicherung am funktionierenden Powermac 9600 ;-) Was mich damals allerdings schon gestört hat, war die etwas geringe RW Geschwindigkeit.
@TobyB @Toby Einige MO Hersteller gaben allerdings 25 Jahre Garantie auf Daten, das wäre bei Magnet Wexelplatten nie möglich und bei diesen Kisten ist die Datenverarbeitung noch langsamer als die Laufwerke. 9600? Hast Du keine Heizung? ;)
@Tai Hallo Gaffer,
es ist der erste Mac den ich mir damals gekauft hab. Ich hab da noch ein paar Musikprogramme drauf. Und als Fussheizung geht der auch gut. Ausserdem habe ich noch Toast und einen Red Book konformen CD Brenner fürs Gerät, nicht ganz unwichtig. MO Wechselmedien sind wirklich zuverlässig, ich hab mit denen noch nie ein Backup verloren. Ich hab vor einem halben Jahr in meinen gebrauchtgekauften T3 einen Floppy Emulator verbaut. Zip und Co haben nicht funktioniert. Ich hab mich dann mal an ein Projekt in der Firma erinnert, wo wir in einen Tandem-Server einen Floppy Emulator verbaut haben. Ich finde deinen Ansatz und den von Doc und Peter cool, nur weil es alt ist muss es ja nicht schlecht sein.
@ Peter: Ich habe damals diese Kisten verkauft, sowohl S1000, als auch FZ. Der Casio hatte aus einem Grund keine Chance: über die Hälfte der Akai Kunden waren junge HipHopper, die mit dem Sampler Digitalrecording machten. Ganze Strophen lagen auf einigen Tasten des Keyboards. Harddiskrecorder waren unbezahlbar, auch verglichen mit den 10.000 DM eines ausgebauten S1100. FZ hatte maximal 2 MB, wenn ich mich recht erinnere, die AKAI gingen bis 32, dafür waren die proprietären Speicherkarten allerdings eine Unverschämtheit. Kurzweil, waren die ersten, die mit viel Speicher, SIMMS, SCSI kamen, aber da war AKAI schon durch.
Interessanter Bericht, da lob ich mir doch meinen, erst im letzten Jahr erstandenen, Akai Z4. Hab bestimmt zwei Monate immer wieder nach einem Z8 gesucht. Den gab es natürlich erst, nachdem ich den Z4 schon gekauft hatte.
Über einen Greenbox-Bericht zu den Z4/Z8 würde ich mich übrigens sehr freuen :)
Hallo
> Leider stellt sich heraus, dass beim Einschalten
> des Samplers, also während des
> Boot-Vorgangs, die externe Harddisk bereits in
> Betrieb sein muss (genauso wie bei der alten 80
> MB Apple Platte), damit die HDD vom System
> erkannt wird. Deshalb muss sowohl die Apple
> HD als auch die SD-Card eine unabhängig vom
> FZ20M betriebene Betriebspannung haben.
Im Service-Manual des FZ-1 findet sich auf Seite 14 eine Beschreibung der CPU-Reset-Schaltung. Die macht einen Reset der CPU, sobald die Versorgungsspannung stabil ist. Ich denke es sollte eine leichtes sein, dieses Reset-Signal mit einem NE555 soweit zu verzögern, dass das SCSI2SD fertig gebootet hat, bevor die CPU des FZ das Reset-Signal bekommt.
Gruß
Florian (seit einer Woche unsinnigerweise FZ-20m Besitzer)
wie gross ist die Chance für Casio FZ10M ?
Gruß
Die Frage verstehe ich nicht ganz? Der FZ10m ist relativ stark verbreitet und taucht immer wieder einmal auf eBay auf. hingegen der FZ20M ist so gut wie überhaupt nicht zu bekommen.
Moin, durch diesen Artikel bestärkt meinem FZ-1 auch neue Hintergrundbeleuchtung zu spendieren, klappte auch problemarm mit der Folie von backlights4you – für nicht ganz Ungeschickte ist das Sache von 15 Min – auf die Flachbandkabel am Display selbst sind vorsichtig zu behandeln !
Mein FZ-1 ist Original, Diskdrive löppt noch, alle Taster/Slider OK – damals auch auf 2MB erweitert.
Er wird Vintage genutzt – also mit 2HD Disks und hauptsächlich als Sampler, die Synthese ist mir meist zu „grell“ – und mit Waldorf Microwave+Slave/Kurzweil K1200/Kawai K4 und neuerdings Prophet 6 stehen genug feine Synths zur Verfügung denke ich ;-)