Traumhaftes Theater!
In diesem aktuellen Rig-Rundown widmen wir uns dem Equipment der Metal-Band Dream Theater, vor allem dem Gitarrensound von John Petrucci – inklusive Signature-Gitarren, Amps, Effekt-Setup und Live-Routing – sowie dem tief gestimmten Bassfundament von John Myung. Außerdem werfen wir einen kurzen Blick auf das moderne Keyboard-Rig von Jordan Rudess, das von High-End-Workstations bis hin zu iPad-Synths alles umfasst.
Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte von Dream Theater
Wenn es um technische Brillanz, musikalische Präzision und makellose Live-Performance im Progressive Metal geht, kommt man an Dream Theater nicht vorbei. Die US-amerikanische Band rund um Gitarrist John Petrucci, Bassist John Myung und Keyboard-Magier Jordan Rudess prägt seit über drei Jahrzehnten den Sound des Genres – und das nicht nur durch komplexe Kompositionen, sondern auch durch ein hochentwickeltes Arsenal an Instrumenten, Effekten und digitaler Steuerung.
Gegründet 1985 von John Petrucci, John Myung und Mike Portnoy am renommierten Berklee College of Music in Boston, trat Dream Theater zunächst unter dem Namen Majesty auf. Schon früh verband die Band technische Virtuosität mit komplexen Songstrukturen und einem Hang zur epischen Klangarchitektur. Nach der Umbenennung in Dream Theater und ersten personellen Wechseln gelang 1992 mit dem Album Images and Words der internationale Durchbruch – allen voran durch den Prog-Metal-Hit Pull Me Under, der unerwartet hohe MTV-Rotation erreichte.
Seitdem entwickelte sich Dream Theater zu einer der stilbildendsten Progressive-Metal-Bands überhaupt. Alben wie Awake, Metropolis Pt. 2: Scenes from a Memory oder Octavarium gelten als Meilensteine des Genres. Trotz mehrerer Line-up-Wechsel – insbesondere der Ausstieg von Drummer Mike Portnoy im Jahr 2010 – bleibt die Band bis heute ein Maßstab für technische Exzellenz, kreative Klanggestaltung und kompromisslose Live-Performance.
John Petrucci – der Sound-Architekt an der Gitarre
E-Gitarren: Majesty, JP6 & mehr
John Petrucci ist seit Jahren untrennbar mit der Firma Ernie Ball Music Man verbunden. Nach früheren Episoden mit Ibanez (u. a. dem legendären Universe-Modell in den frühen 90ern) und einem kurzen Flirt mit PRS, fand er mit Music Man seinen Idealpartner. Das Resultat: eine ganze Reihe von Signature-Gitarren, darunter die bekannten JP6– und JP7-Modelle, aber vor allem die futuristisch designte Majesty-Serie. Wir haben uns die eine oder andere Petrucci Majesty Signature-Gitarre auch bereits näher angesehen:
Diese Gitarren sind High-Performance-Instrumente par excellence: Durchgehender Mahagonihals, Mahagoni-Korpusflügel, stark konturierte Korpusform für hohen Spielkomfort, aktive Elektronik samt Piezo-Tonabnehmer für akustisch anmutende Klänge – und natürlich die DiMarzio Dreamcatcher und Rainmaker Pickups, die speziell für Petrucci entwickelt wurden.
Für die aktuelle Tour nutzt Petrucci hauptsächlich die Majesty 6 und Majesty 7, daneben sind ältere JP-Modelle als Backups im Einsatz. In jüngerer Zeit testet er auch gelegentlich eine Majesty 8 mit acht Saiten – ein deutlicher Hinweis, dass die Band auch klanglich weiter in tiefere Gefilde vorstößt.




Verstärker: Mesa/Boogie – Tradition und Power
Was die Verstärkung betrifft, ist Petrucci ein treuer Anhänger von Mesa/Boogie. Seine lange Geschichte mit der Marke reicht bis in die 90er zurück, wo er den Mark IIC+ für den trockenen, durchsetzungsfähigen Rhythmus-Sound einsetzte. Dieser Amp wurde später sogar als Mesa JP-2C Signature-Amp in einer Petrucci-Version neu aufgelegt.


Live arbeitet er derzeit mit einem Dual-Amp-Rack, bestehend aus zwei Mesa Mark V Heads. Diese sind nicht redundant geschaltet, sondern übernehmen unterschiedliche Funktionen: Ein Amp liefert Clean- und Crunch-Sounds, der andere wird ausschließlich für das Leadsignal verwendet. Gesteuert wird das Ganze über ein zentrales Fractal Audio Axe-FX III, das sowohl als Multi-Effektgerät als auch als zentrale Schaltstelle fungiert.
Das Signalrouting erfolgt in einer klassischen Wet/Dry-Stereo-Konfiguration: Der trockene Sound geht über die Amps direkt ins Kabinett, die Effekte werden im FX-Loop über das Axe-FX stereo zurückgeführt – so entsteht ein satter, dreidimensionaler Live-Sound, ohne matschige Modulation.


Effekte & Pedale: Kontrolle bis ins letzte Detail
Was Effektgeräte angeht, fährt Petrucci eine ausgewogene Mischung aus klassisch analog und modern digital. Das wohl bekannteste Signature-Pedal ist das Dunlop Cry Baby JP-95 Wah, das mit parametrischem EQ und regelbarem Volume aufwartet – ideal abgestimmt auf seine Lead-Sounds. Für Volume-Swells und Ausdrucksdynamik kommt das Dunlop DVP3 (ebenfalls in einer John-Petrucci-Edition) zum Einsatz.


Von TC Electronic stammt das Modulation-Pedal The Dreamscape, das Chorus, Flanger und Vibrato in einem vereint – basierend auf den Sounds, die Petrucci in den frühen 2000ern über TC-Rack-Geräte wie das G-Major oder M3000 gefahren hat.
Seit einigen Jahren übernimmt das Fractal Axe-FX die Hauptlast der Effektbearbeitung: Delay, Reverb, Multiband-Kompression, Pitch-Shifting und Modulation – alles wird digital verwaltet und via MIDI kontrolliert. So kann Petrucci zwischen komplexen Presets und exakten Klangbildern wechseln, ohne Kompromisse bei der Live-Performance.
John Myung – das Bass-Fundament
E-Bässe: Von Yamaha zu Music Man
Auch John Myung hat eine instrumentale Evolution hinter sich. Während er in den Anfangsjahren fast ausschließlich auf sechssaitige Yamaha RBX6JM-Modelle setzte, wechselte er Mitte der 2000er zu Music Man Bongo-Bässen – ein mutiger Schritt, der sich als goldrichtig herausstellte.
Die Bongo-Bässe, oft in 6-saitiger Ausführung, zeichnen sich durch einen klar artikulierten Ton, schnelle Ansprache und hervorragende Ergonomie aus. Seit 2020 gibt es sogar ein eigenes John Myung Signature-Modell, das mit schmalerem Halsprofil, passiver Elektronik und speziellen Custom-Voicings auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Neben dem Standardinstrument greift Myung gelegentlich auch zu exotischeren Mitteln: Ein Chapman Stick wird live auf „New Millennium“ eingesetzt, die tiefen Drones in manchen Songs stammen vom Moog Taurus III.


Amps & Signalführung
Wie Petrucci setzt auch Myung auf Verstärker von Mesa/Boogie. Aktuell besteht sein Live-Rig aus einem Mesa Big Block 750, einem Mesa M9 Carbine sowie mehreren PowerHouse Cabinets (meist 4×10″). Das Signal wird dabei entweder über DI oder über Mikrofonabnahme ins FOH gegeben – oft auch beides parallel, um sowohl Direktheit als auch Raumtiefe zu erzielen.
Effekte: Weniger ist mehr
Effektgeräte sind bei Myung eher sparsam im Einsatz. Ein DBX 160A Kompressor ist fast immer Teil seines Setups, gelegentlich ergänzt durch ältere Geräte wie den Pearce BC1 Preamp oder das legendäre Eventide DSP4000, das ihm subtile Ambients und Filter erlaubt.
Der Fokus liegt klar auf Klarheit, Tiefe und einem präzisen, definierten Basssound, der sich mühelos gegen zwei Gitarren, Synths und Schlagzeug behauptet.


Jordan Rudess – Hightech für Klangwelten
Jordan Rudess ist der futuristische Sounddesigner in der Dream-Theater-Maschine. Sein Setup vereint klassische Workstations mit modernen MPE-Controllern und Software-Lösungen.
Im Zentrum steht der Korg Kronos 88, der nahezu alle Sounds live abdeckt – von Piano über Orgel bis zu Synthflächen. Ergänzt wird das Setup durch einen Hammond XK-5, mit dem Rudess klassische Hammond-Sounds inklusive Leslie emuliert.


Besonders spannend sind seine Controller-Innovationen: Er spielt regelmäßig das Haken ContinuuMini, mit dem sich per Druck- und Bewegungsintensität sehr ausdrucksstarke Synthesizerklänge erzeugen lassen. Auch das ROLI Seaboard Rise ist Teil seiner Live-Kette – besonders in Verbindung mit seiner iOS-App GeoShred, die er selbst mitentwickelt hat. Zwei iPads steuern Setlists, Noten (via forScore) und virtuelle Synths.
Software-seitig arbeitet Rudess mit Spectrasonics Omnisphere, MainStage, Alchemy und weiteren Plug-ins, die zentral über ein redundantes Audio-/MIDI-System gesteuert werden.
Dream Theater – Präzision durch Perfektion
Dream Theater überlassen in puncto Equipment nichts dem Zufall. John Petrucci definiert mit seiner Majesty-Gitarre und den Mesa-Amps, was moderne Metal-Gitarren leisten können. John Myung sorgt mit seinen tiefen, klaren Bässen für das stabile Fundament. Jordan Rudess schließlich verbindet klassische Tasteninstrumente mit moderner Digitaltechnik und innovativem Sounddesign.
Das Ergebnis: ein makelloser Live-Sound, der trotz aller technischen Komplexität niemals steril wirkt, sondern vor Ausdruck, Energie und Tiefe nur so strotzt.
Als Fan von Korg kommt man an Jordan Rudess nicht wirklich vorbei (Spoiler: ja, ich bin Fan von Korg). Wenn ich mich recht entsinne, dann ist er »Endorser« von Korg. Das ist es aber nicht, was mich fasziniert. Die geht von seinem Musikverständnis aus. Ich habe mehrere Videos gesehen, wo ihm unbekannte Musik vorgespielt wird und er dann einfach mal drauf los improvisiert. Das müsste man nur noch aufnehmen … und dann ist eine Interpretation fertig. Oder die Spielfertigkeit des Mannes; haua ha, echt, da kann man sich mal ein Scheibchen von abschneiden. Was die da im »Dream Theater« so machen, insbesondere eben an den Keyboards (das kann ich zumindest ansatzweise beurteilen), das ist schon noch mal eine ganz andere Hausnummer, als wenn man in so einer Top-100-Band spielen würde (was ich mir auch nicht zutraue). »Metal« ist jetzt echt nun so gar nicht meins (allerdings schon mehr als das, was die deutschen Charts so dominiert). Aber hier, echt, Hut ab: Können trifft auf … äh … Können.
@Flowwater Sollte er es nochmal in Angriff nehmen, dann kann ich Dir nur empfehlen, ein Solo-Konzert von Jordan Rudess zu besuchen.
Ich war vor einigen Jahren mal im – alles andere als ausverkauften – „Club“ in der Jahrhunderthalle in Frankfurt.
Ein Mann, ein Flügel, ein iPad … ein supertoller Abend.
@m-ex Sollte er mal in München sein … das würde ich mir gerne ansehen und -hören. 🙂
@Flowwater Jetzt ist er ja erstmal mit Dream Theater unterwegs (z.B. am 12.07. in Nürnberg 😉)