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Feature: Digital vs. Analog im Tonstudio

Digital vs. Analog? Am besten beides!

12. September 2022
analog vs digital im tonstudio

Feature: Digital vs. Analog im Tonstudio

Alles wird digital. Der Trend ist unaufhaltsam und – sind wir ehrlich – das hat schon sein Gutes. Die digitale Revolution macht das Leben einfacher, schneller, informationsreicher. Wer da nicht mitkommt, der bleibt auf der Strecke. Denn digital bedeutet auch ein überbordendes Angebot und häufig auch Überforderung.

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Digital vs. Analog im Tonstudio

Sie sehen: Dieses Thema ist voller Emotionen, Vorurteilen und Traditionen. Aber genau darum soll es nur am Rande gehen. Ich möchte in diesem Special die Vor- und Nachteile der jeweiligen Technologie durchleuchten, die technischen Eigenheiten und die jeweilige Herangehensweise im Studio. Dabei geht es zum einen um die eingesetzten Devices (virtuell oder „Blech“), aber auch um Signalverarbeitung, Routing, Setup und Flexibilität.

Was ist das Ziel dieses Workshops? Ein lebhafter Erfahrungsaustausch in den Kommentaren, der Blick des jeweiligen Lagers über Tellerrand und eine Antwort auf die Frage: Wie soll ich es denn jetzt machen? Aber ich drücke mich auch nicht darum, den Elefanten im Raum anzusprechen: Was klingt denn nun „besser“?

Am Anfang war alles analog, was aus dem Griechischen kommt und für „entsprechend, gleichartig, verhältnismäßig“ steht. Dies sagt praktisch schon alles über die Technologie aus. Es steht nicht für „exakt identisch“. Das würde beim Wort „Digital“ besser passen.

Kapitel 1: Der Signalweg

Analoge Technik bei der Datenübertragung

Auch wenn es den meisten Lesern hier klar ist – die Dinge müssen beim Namen genannt werden. Erzeugen wir Schallereignisse durch Stimmen, Instrumente oder andere Hilfsmittel, dann ist das Ausgangssignal per Definition analog. Wir haben Stimmbänder die abhängig von Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und anderen Faktoren, die Luft zum Schwingen bringt. Schon dieser Übergang ist, ob der mathematisch nicht klar definierbaren Umstände, verlustbehaftet. Durch Zunge, Resonanzkörper, Mundhöhle, Lippen etc. werden die Frequenzen beeinflusst und Oberschwingungen inklusive Interferenzen erzeugt.

Digital vs. Analog im Tonstudio

Bei „analogen“ Instrumenten ist es ähnlich: Ein Klang wird erzeugt, aber die exakte Transformation vom Klangauslöser zur Luft ist ein quasi-chaotisches System. Selbst der Synthesizer wird üblicherweise nicht digital abgenommen, sondern die Daten werden per AD-Wandler „analogisiert“ und durch einen kleinen analogen Verstärker an die Ausgangsbuchsen weitergeleitet. Trotzdem: Die Charakteristik des jeweiligen Instruments ist klar und immer erkennbar. Die feinsten Details wiederum hängen von (zu) vielen Faktoren ab, so dass diese nur bis zu einem gewissen Grad kontrollierbar sind. Hier kommen dann Begriffe, wie „Feeling“, „Groove“ oder „Seele“ ins Spiel. Also das, was durch die unkontrollierbaren Umstände dem Signal aus Unperfektheit hinzugefügt wird.
Dann haben wir die Raumakustik, das Mikrofon bzw. der Tonabnehmer und in praktisch allen modernen Aufnahmestudios ein (Kupfer-) Kabel, das ein vom Mikrofon interpretierten Signal bis hin zum Aufnahmemedium schickt.

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B.B. King: Der Inbegriff des Feelings

Dieser Prozess ist analog. Kein Bit, kein Byte spielen bis zu diesem Moment eine Rolle. Klar, es gibt Ausnahmen, wenn man beispielsweise Modeling Mikrofone verwendet, die schon im Mikrofonkörper eine digitale Verarbeitung durchführt, um einen speziellen Mikrofontyp „nachzuahmen“. Oder wenn der Kabelweg über eine Funkstrecke, optische Kabel oder spezielle, für Audio genutzte Protokolle übertragen wird. Ist das klassische Mikrofon über ein Kupferkabel am Preamp, am Mixer oder am Audiointerface angeschlossen, dann ist diese Übertragung analog.
Dies bringt einige Vorteile, aber auch Nachteile mit sich. Auf der Habenseite stehen klar die Kosten und die Standards, die eine einfache Bedienung mit sich bringen. XLR- oder 6,3 mm Klinkenkabel gehören zur Basisausstattung und alle Komponenten, die für den analogen Signalweg zuständig sind, kosten relativ wenig. Nein, hier bitte keine High-End Diskussion über irgendwelche Supergoldkabel. Wir sprechen von ordentlichem Studiostandard und da bekommt man für weit unter 100 Euro sehr ordentliche Kabel und Stecker.

Preiswerte Musikerkabel für Bühne und Studio von HICON

Sommer Cable Basic

Die Nachteile: Zwischen dem schallaufnehmenden Mikrofon und dem Preamp, Mixer oder Audiointerface kann eine Menge passieren, was den Klang verändert und tatsächlich ist dies mess- und hörbar. Innenwiderstände, Abschlusswiderständer, Interferenzen durch externe Strahlungsquellen, Kontaktprobleme und andere elektrische Faktoren – das alles führt zu Rauschen, verbogenen Frequenzgängen, Brummen, Krachen und Verzerrungen. Klar, eine gute, analoge Kette hat extrem wenig Verluste beim Weg durch die Kupferbahnen, aber es ist nie identisch, sondern nur analog – ähnlich.

Ein kluger Toningenieur weiß ob dieser Eigenheiten und wird seine restliche Technik genau auf diese Eigenheiten abstimmen und durch Übertrager, Equalizer, Gates und andere Geräte diese Probleme ausgleichen. Man hat sich daran gewöhnt – und sind wir ehrlich – auch eine gewisse Hassliebe darin gefunden. Dann wird der technisch bedingte Höhenabfall mit einem „Air“-Taster wieder ausgeglichen oder einem 20 kHz Regler im Equalizer korrigiert. Wir „Fachleute“ wissen das und beschwert hat sich eigentlich auch bisher niemand.

Focusrite_Clarett_Air

Sehr bekannt: Der „Air“-Schalter bei Focusrite

Digital: Alles besser – oder?

Rein digitale Signalwege (also nach dem Mikrofon) findet man tatsächlich noch sehr selten in der Bühnentechnik oder im Studio. Auch wenn wir eine Funkstrecke oder Lichtleiter einsetzen, dann wird das Signal ja immer per Wandler digitalisiert. Nur moderne digitale Audiostrecken zur Vernetzung von Komponenten gelten als „rein“.

Netzwerkkabel und optisches Glasfaserkabel

Der Preis für diese Geräte ist allerdings vergleichsweise hoch. Klar, wenn ich per ADAT ein Audiointerface um weitere Ports ausbaue, dann kostet mich das nur ein S/PDIF-Kabel. Aber hier ist bei 20 m Kabellänge Schluss. Wenn es um professionelle, auf Ethernet basierende Interfaces, wie DiGiGrid oder Dante geht, dann darf man schon mal tiefer in die Tasche greifen. Aber damit ist es nicht getan: Sie benötigen umfassende Netzwerkkenntnisse: Wenn Sie mit IP-Adressen, TCP/IP Protokollen etc. nichts am Hut haben, dann werden Sie sich an diesen Technologien die Zähne ausbeißen – oder Sie müssen einen noch teureren Spezialisten einkaufen.

Dafür haben digitale Signalwege viele Vorteile: Das Signal kann beliebig oft vervielfacht und identisch kopiert werden. Ein Schalter sendet das Audiofile an praktisch unendlich viele Endgeräte und die Signalwege können mit der richtigen Technik kilometerlang sein. Brummen und Rauschen gibt es natürlich nicht. Höre ich da jemanden „Jitter“ oder „Korrektureffekte“ rufen? Ja, OK. Aber das ist eine völlig andere, viel kleinere (klangliche) Dimension im Vergleich zu einer Brummeinstreuung. Da lasse ich lieber Argumente, wie Updates, Treiber und allgemeine Computerprobleme gelten. Die haben zwar keinen nennenswerten Effekt auf den Klang, aber machen einem das Leben oft sehr schwer.

Der digitale Signalweg ist somit rein physikalisch gesehen besser, da (praktisch) verlustfrei. Die hohen Kosten und ein hoher Administrationsaufwand stehen dem entgegen.

Ein Zwischenfazit zum Themenbereich Signalweg

Wir können hier klar unterscheiden: Der etablierte – analoge – Weg in der Hand eines Fachmanns funktioniert gut und zuverlässig. Mit den technologiebedingten Nachteilen weiß man inzwischen gut umzugehen. Klanglich, also im Sinne von „ganz nah am Original“, ist man aber nur mit der digitalen Signalübertragung perfekt ausgerüstet. Dies empfiehlt sich aber nur größeren Studios mit entsprechendem Know-how und Budget.

Kapitel 2: Das Mixing und Mastering

Je nachdem, ob bei einer Liveperformance oder in einem Recordingstudio, finden die Signale den Weg zu einem Mischpult, einem Audiointerface oder einem Vorverstärker. Hier werden sie Signale bearbeitet, mit Effekten versehen und abgemischt. Und hier scheiden sich die Geister. Für den einen muss die Bearbeitung voll analog über ein Mischpult und diverse Send- oder Insert-Effekte gehen. Diese müssen natürlich auch alle analog sein. Was gibt es Schöneres als einen warm leuchtenden Röhrenpreamp, einen Vintage-Kompressor oder einen bildschönen Equalizer im Studio? Alles fein säuberlich einem Rack-Schrank oder dem Studiotisch eingebaut. Toll. Dazu ein Haufen Kabel, entweder frei verdrahtet oder in einem Patch-Feld. Da ist das Tontechnikerdasein noch ein echtes Handwerk.

studio workshop mix

Alternativ reicht in der digitalen Welt ein Tisch, ein Stuhl, ein Laptop (idealerweise mit großem Bildschirm) und ein Audiointerface, das über USB oder Thunderbolt mit dem Mac oder PC verbunden ist. Geräteoverkill oder modernes Bürodesign?

Konnte man die Frage nach dem Signalweg noch universell beantworten, steht hier die Anwendung im Vordergrund. Moderne, mobile Liveperformances werden heutzutage meist mit einem Hybridmischpult oder einem Digitalmixer gesteuert.

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SSL L550 Live Console

Die (meist digitalen) Onboard-Effekte wie Kompressor, Equalizer oder Gates sind für einen Live-Auftritt völlig ausreichend, denn für den Zuschauer geht es in diesem Setting nicht um analogen Kompressorklang, sondern um das Gesamterlebnis. Da ist eine gut abgestimmte PA wesentlich wichtiger als der Einsatz eines High-End-Equalizers. Das können die Livemixer von Yamaha, Presonus, SSL, Allen & Heath oder auch Behringer zur vollsten Zufriedenheit. Diese können die Settings abspeichern und so kann man in der Bandprobe alle Einstellungen für das Live-Konzert vorbereiten und abspeichern.

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Digitalmixer beim Faun Konzert

Im Studio sieht es da schon ganz anders aus. Aber auch hier darf man unterscheiden: Ein namhaftes Aufnahmestudio MUSS nach wie vor über ein sehenswertes Arsenal an analogen Geräten verfügen – meist sind diese Häuser auch historisch gewachsen und so finden sich in den Rack-Schränken einige originale Schätzchen. Alles wird dann über ein riesiges SSL, AMS Neve oder Audient Mischpult verbunden und zugewiesen. Die teilweise über 50 Jahre alten Channelstrips, Kompressoren & Co. müssen dann regelmäßig gewartet und kalibriert werden. Aufwendige Klimasysteme halten Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Norm und es gibt ein Technikerteam, die sich um ein gesundes Dasein der wertvollen Geräte kümmern.

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Aber auch in kleineren Studios finden sich immer wieder feine Analogdevices: Auch in meinem Studio gibt es diverse EQs, Kompressoren und Effekte. Der Aufwand dafür ist – realistisch gesehen – viel größer als bei der Arbeit mit einer DAW. Ein Test eines Preamps oder Effektgerätes bedeutet immer kriechen, Kabel entwirren, zuweosen und fluchen. Warum mache ich das? Warum analoge Geräte im Studio? Es ist teuer, aufwendig und kompliziert.

Gründe für den Einsatz von analogem Equipment

Gewohnheit: Ich weiß, wie mein Elysia xfilter klingt. Ich kenne meinen SSL SiX Mixer. Wenn ich die Geräte in den Signalweg hole, dann ist der Effekt genauso, wie ich es mir vorstelle. Kein Trial & Error. Und die Klangveränderungen haben immer ein gewisses Eigenleben, dieses Unkontrollierbare, von dem ich anfangs geschrieben habe. Der G-Series Kompressor im SSL SiX hat diese herrlich Dichte und zugleich Leichte. Je nach Tonspur mal dies und mal das. Man gibt im analogen Setup einiges an Kontrolle auf und erntet dafür … Feeling. Merke das nur ich? Schwer zu sagen. Aber genau da liegt doch der Punkt: Wer Musik nicht am Fließband produziert, der weiß, was ich meine.

Ein weiterer Vorteil von analogen Geräten: Du befasst dich damit. Du schaltest, drehst, horchst auf Änderungen und suchst nach dem Sweetspot für deine Musik. Im digitalen Workflow verhalte ich mich mehr, wie in einem Pralinenladen: Auswählen, schmecken, andere Praline nehmen. Aus meiner Erfahrung nimmt man sich mit einem Plug-in nicht mehr die Zeit, die Software komplett zu ergründen. Das Plug-in ist nicht etwas Besonderes, sondern eine Option von vielen.


Ein sehr emotionales Argument für die Hardware ist die Reduktion auf das Wesentliche und auf das Verfügbare. Wenn ich nur einen Equalizer habe, dann muss der eben den Job tun. Punkt. Wenn ich auf weniger Parameter begrenzt bin, dann liegt es an mir, diese Optionen optimal einzusetzen. Das hat auch etwas sehr Beruhigendes. Zu viel Optionen verursachen Stress: Dieser Preamp oder doch lieber den anderen? Fragen über Fragen. Eine überschaubare Auswahl bedeutet mehr Kontrolle über die einzelnen Geräte und somit hat man das Gefühl, auf einen bestimmten Produktionsstand hinarbeiten zu können. Aber darf man es als Nachteil werten, wenn man mehr Auswahl hat? Sie sehen: Das ist nicht leicht zu beantworten.

Kein bisschen digital: Das BBD-320 von Klark Teknik

Leider muss man neben den offensichtlichen Problemen (Umstecken etc.) auch die Frage nach den Ressourcen stellen: Warum kaufe ich mir einen Rack-Schrank und schraube dort Geräte ein, die jeweils nur eine (oder wenige) Funktion(en) haben? Mein Klark Teknik 3rd Dimension BBD-320 verbraucht 2 Höheneinheiten im Rack-Schrank, aber hat nur vier Settings.

Auch die Fertigung, die Rohstoffe und der Transport sind Themen, die man in den 2020ern nicht übergehen sollte. Aber wenn man es relativiert: Verglichen mit Geräten des täglichen Gebrauchs sind Studiogeräte immer noch Kleinstserien. Damit kann mein grünes Gewissen noch leben. Zumal Hardware auch eine Werthaltigkeit hat, die es so bei Softwareprodukten nicht gibt. Durch den Gebrauchtmarkt haben viele Geräte ein sehr langes, glückliches Leben.

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Dann doch lieber Plug-ins?

Da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Ein hochwertiges Plug-in steht dem Original kaum nach. Dazu kostet es meist einen Bruchteil der Hardware und steht jederzeit in der DAW zu Verfügung. Kein Umstecken, Rumkriechen oder Fluchen. Ich ziehe das gewünschte Stück Software in den Insert, Aux oder Send und schon macht es, was es soll. Allein das Routing an einem analogen Mischpult kann einen ja zur Verzweiflung bringen. Bei kurzen Produktionszeiträumen ist man im rein digitalen Workflow im Vorteil. Eine noch so gut beschriftete Patchbay kann die übersichtliche Darstellung einer DAW nicht ersetzen.

Das beste Zubehör fürs Tonstudio

Patchbay von Neutrik

Dazu verbraucht Software nur sehr wenig Ressourcen unseres geschundenen Planeten, sie wiegt nichts und verfügt meist über alle (oder mehr) Features der Vorbilder. Auch originäre Plug-ins ohne Hardware-Bezug können großartig funktionieren.

Gegen den Einsatz digitaler bzw. virtueller Effekte spricht zumindest im privaten Bereich das Gefühl des Besitzes. Immer mehr Abo-Modelle und auch eine E-Mail mit einem Lizenzcode vermitteln nicht wirklich den Eindruck, etwas Werthaltiges zu besitzen. Deswegen geht es vielen so wie mir: Man arbeitet sich niemals in ein Plug-in so tief ein, wie in ein geschätztes Stück Hardware.

Kapitel 3: Die Aufnahme

Hier gibt es im Jahre 2022 eigentlich nur noch eine Antwort: Die DAW , Digital Audio Workstation. Auch wenn Sie das gesamte Mixing und Mastering noch neudeutsch OotB (Out of the Box machen): Am Ende wird das Ergebnis digital gespeichert. Möge derjenige die Hand heben, der noch auf analogen Bändern aufzeichnet …? Nein? Keiner? Wozu auch?

Wissen: Bändchenmikrofon, Funktion und Einsatzgebiete

Das Endergebnis muss immer gleich als digitales Daten-File zur Verfügung stehen. Inklusive Kopierschutz und Backup. Wer heutzutage veröffentlichen möchte, der kommt da nicht mehr herum. Aber in meinem Inneren feiere ich die alten Tonbänder, DATs und Plattenschneidemaschinen.

Dass das Endergebnis – so wie bei der Erzeugung – immer analog ist, das erklärt sich von selber. Unser Gehör ist analog und Lautsprecher ebenfalls. Da gibt es nichts zu diskutieren.

Kapitel 4: Der Klangvergleich

Die Argumente beim Thema „Klang“ liegen auf der Hand: Ist es Einbildung, Psychologie, Haptik oder das oben beschriebene Stück Unkontrollierbare: Analoge Hardware gibt einem mehr Feeling und das lässt uns glauben, dass es besser klingt. Ein analoges Vorbild wird natürlich auch immer besser klingen als digitale Klone oder Repliken. Sonst wäre es ja nicht das Original. Und was ist eigentlich besser?

Digital vs. Analog im Tonstudio

Meine AMAZONA.de Kollegen und ich haben mehrfach versucht, Hardware und Software zu vergleichen. Die Unterschiede waren oft minimal, aber manchmal auch erschreckend, denn man kann gerne den Eindruck gewinnen, dass manche Software-Firmen Plug-ins schreiben und das Marketing dann mit „Klingt wie ein echter 1176er“ nach außen geht, obwohl weder die Algorithmen noch das klangliche Ergebnis auch nur ein bisschen mit dem Original zu tun hat. Hier sollen unsere Tests ihnen gerne Unterstützung leisten.

Kapitel 5: Zusammenfassung

Hand aufs Herz: Uns allen war vorher klar, dass allenfalls ein rein digitaler Workflow sinnvoll ist, wenn man mit den genannten Einschränkungen und dem etwas sterilen Bedienkonzept leben kann. Einen rein analogen Arbeitsablauf gibt es heutzutage nicht mehr. Wir fahren hier alle hybrid, denn am Ende jeder Aufnahmekette steht die DAW und auch im Live-Mischpult wird man ohne digitale Eingriffe nicht arbeiten können. Analoges Gear bringt uns etwas in den Arbeitsalltag, was unserer Natur entspricht: Wir sind keine digitalen Wesen, auch wenn wir uns auf die neue Technologie einlassen können und diese unseren Arbeitstag deutlich vereinfacht. Aber ohne die analoge Welt wären wir auch nur Maschinen ohne Seele – was beim Arbeiten mit Musik gar nicht zielführend ist.

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Fazit

Das digitale Zeitalter hat im Studioalltag längst begonnen und das ist auch gut so. Einfache, flexible und reproduzierbare Ergebnisse können nur mit Hilfe eines teilweisen digitalen Workflows existieren. Deswegen will ich keinen Abgesang auf das Analoge anstimmen. Die Klangerzeugung ist analog und das Hören ist es letztlich auch. Somit plädiere ich für die hybride Lösung: Lassen Sie uns moderne digitale Übertragungstechniken und die Vorteile einer digitalen Workstation mit all seinen Vorteilen nutzen – aber nehmen wir uns auch die Zeit zu ergründen, ob analoges Gear der Produktion nicht das Gefühl gibt, was man digital so nicht erreichen kann.

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Forum
  1. Profilbild
    e-online

    Hallo Jörg,

    vielen Dank für Deinen ausführlichen und sehr ausgewogenen Artikel über analog/digital in der heutigen Musikproduktion. Widersprechen muss ich nur bezüglich Kapitel 3. Es gibt heute noch Studios, die analog, also auf Band aufnehmen.
    Denn auch anders herum ergibt hybrid Sinn. Wir haben ein Album aufgenommen, bei dem die Steuerung der Synthesizer digital via MIDI von einer DAW erfolgte. Aber der Signalweg war komplett analog. Durch ein Analogmischpult mit zahlreichen externen FX Geräten wurde analog auf 2-Spur aufgenommen. Das Band ging zu einem Master-Engineer, der die Aufnahmen analog gemastert und zu zwei Bändern (A und B Seite) geschnitten hat. Und von diesem Master-Band wurde dann analog das Vinyl Album gepresst. Also alles Analog. Und dies in 2022 und nicht in 1982 🙂
    Der Aufwand ist schon beträchtlich, da man somit nichts doppeln kann. Jeder Synth und jedes FX Gerät kann nur einmal pro Aufnahme eingesetzt werden. Bei der Aufnahme darf es keinen Fehler geben, da nichts korrigiert werden kann.
    Auf Wunsch gibt´s gerne Details zur Produktionsweise im Studio und zur Erfahrung mit Profis, die noch analog Mastern bzw Pressen können.

    Viele Grüße und macht weiter so
    e-online

    • Profilbild
      Jörg Hoffmann RED

      @e-online Hallo – das ist ja interessant. Ich habe bei der Recherche schon ein paar wenige analoge Tonstudios gefunden, aber das ehrlicherweise als Randerscheinung betrachtet. Im Sinne der Altvorderen ;-). Aber wenn Du da Info für mich und die Community hast – ich denke, das könnte Viele interessieren.
      Magst Du uns auch sagen, welche Musik aufgenommen wurde und ob/wie man die Hören kann.
      Danke für den Input!
      Viele Grüße, Jörg

      • Profilbild
        e-online

        @Jörg Hoffmann Hallo Jörg,

        Musik ist Pop, elektronisch mit deutschen Texten. Veröffentlichungsdatum hoffentlich noch dieses Jahr auf Vinyl. Hängt noch vom Promoter ab.
        Gerne können wir mal über Produktionsweise, Technik, Leute davor und dahinter etc am Telefon quatschen. Vielleicht spannend für euch.

        Und noch zu einem anderen Kommentar: die Arbeitsweise ändert sich durch analoges Equipment sehr stark. Man wird deutlich fokussierter und schiebt nichts auf einen späteren Prozessschritt. Total recall ist ja nicht. Das Übersprechen im Pult und auf dem Band sorgt darüber hinaus für eine spezielle Räumlichkeit und Wärme.

        Viele Grüße
        e-online

  2. Profilbild
    ollo AHU

    Ich bin ganz klar digital unterwegs. Analog könnte ich erstens gar nicht bezahlen, ich hätte den Platz nicht und ohne Total Recall geht für mich gar nicht. Bei Auftritten sind digitale Pulte super, weil einfach nur ein LAN-Kabel zur Bühne verlegt werden muss und das Pult nimmt sogar noch alles in Einzelspuren auf. Nur manchmal fehlt so ein bisschen das direkte Feeling eines analogen Pultes, wo man zB in jedem Kanal direkt einen EQ und einen Send für das Delay hat. Aber die Vorteile überwiegen. Bei mir zu Hause ist alles in the Box im PC. Ich habe zwar ein paar kleinere Analog-Synthies hier stehen, die sind aber aus Platzgründen nicht angeschlossen, einfach PC an, das passende Plugin öffnen und fertig ist da viel schneller. Und es gibt halt viel mehr Soundmöglichkeiten. Kommt aber natürlich immer auch auf das Genre an. Rockmusik oder ein klassiches Techno-Setup macht man eher mit analoger Technik als zB Hardstyle.

  3. Profilbild
    dAS hEIKO AHU

    „Das digitale Zeitalter hat im Studioalltag längst begonnen…“
    Ich denke das geschah bereits vor 20 Jahren. Aktuell stelle ich mir die hypotetische Frage: Nimmt man überhaupt noch analog aus, und warum sollte man das tun/nicht tun?

    Kurz vor dem Wechsel ins neuen Jahrtausend war ein SSL mit total recall der feuchte traum aller Homerecorder. „und der herr sah, es ward gut“. als dann der digitale signalweg sich als nonplusultra anbiederte, ahnte noch niemand etwas von Wordclocksynchronisation und digitalen jitters.

    Ich schätzte an analoger aufnahmen, dass man ein sehr ordentliches ergebnis mit gutem Equipment und sorgfältigem Vorgehen erhält. Eine leichte übersteuerung war im schlimmsten Fall wie eine kompression. Digitalaudio sagt dir oberhalb des maximalpegels recht ungehobelt, dass das nicht geht. Dafür läßt sich digital natürlich im Nachhinein drinrumwurschteln. Aber da beginnt das Drama. Totale Audiocontrolle birgt auch die Gefahr sich in krankhaftem Wahn an den Möglichkeiten zu vrezetteln, wo ein Tonmeister früher beim xten Take halt gesagt hat „Jo, so is gut“.
    Das scheinbar unkontrollierte und ungestühme Schallereignis auf „unzulängliche“ Magnetbänder zu bannen, scheint im digitalen Zeitalter geradezu barbarisch anzumuten. Aber die vermeintliche digitale Kontrolle führt allzuoft zu „perfekten“ Ergebnissen, die dann leider auch oft so klingen.

    …die 1400 Zeichen o_O…

    • Profilbild
      dAS hEIKO AHU

      @dAS hEIKO ,,,jeder Orgel- oder Klavierstimmer, jeder Dirigent, jeder Instrumentenbauer wird ein wenig zustimmen, dass großartige oder zumindest interessante Klänge eben durch nuancen, variationen oder sogar zufälligkeiten entstehen. Wenn man digital zu Ende denkt, müßte man alles, auch die Stimme digital abgreifen und dem Gehör dementsprechend eine digitale schnittstelle hinzufügen. Und… ihr seht, das führt zu weit. Und insofern erübrigt sich auch die Frage nach „Was klingt denn nun besser“.

      Digitale kontrolle als Arbeitserleichterung ist sicher der größte Segen in der heutigen Musikwelt. Dass ein computermudul wirkungsvoll rückkopplungen in Echtzeit unterdrückt, dass man in melodyne in einem emotional perfekten Take die 2 kleinen Patzer korrigiert, oder eine alte vegammelte Aufnahme restauriert ist wunderbar. Andere Dinge, die man damit anstellen kann sind es oft nicht. Gottseidank ist noch niemand auf die Idee gekommen Ravels Bolero digital auf 0dB zu mastern.

      Dafür haben wir aber auch kein Bandübersprechen mehr, das man bei alten Aufnahmen so „wunderbar“ im Intro mithören kann. Oder Synthesizer, die sich, wenns drauf ankommt, einfch mal spontan verstimmen. Und der Jitter war damals halt ein häßliches Rauschen oder brummen.

      Ich finde es toll, wenn sich noch jemand dem Abenteuer „analog“ stellt. Aber analog stirbt (größtenteils) aus.

  4. Profilbild
    sipeng

    Digital = “Wesen ohne Seele ?”
    Also das ich hier alles Digital lese ist auch bestimmt seelenlos :-)
    Weil Analog so natürlich ist . Jeder Baum besteht aus Transistoren und Schaltkreisen wie sie in der Natur vorkommen .
    Ich finde es immer wieder amüsant wie es präsentiert wird als wäre Analog keine Technik und so organisch aber Digital kalt wie Draculas Burg .
    I’m Jahr 1431 hätte man auch eine e-Gitarre als Teufelszeug und “Kalt klingend” bezeichnet und der Ingenieur würde verbrannt.
    Da ist meine Katze menschlicher als analog.
    Alles gut gemeint. Ich wollte nur bissle Senf liefern 😉

  5. Profilbild
    bluebell AHU

    Das mit den „analog“ bei Stimme, Gitarre, Geige etc. ist so eine Sache.

    Nicht wenige sind der Ansicht, dass unsere Welt gequantelt ist, siehe Planck-Länge und Elementarzeit, damit wäre sie digital.

    • Profilbild
      Jörg Hoffmann RED

      @bluebell Nein :-). Selbst die Planck-Länge beschreibt nur die minimalste Ortungsunschärfe einer Masse. Da diese aber nicht Null (oder1) ist, gibt es keine „digitale Welt“. Unglücklicherweise ist aber die Physik der Elementarteilchen nicht auf unsere Makroskopische Welt anwendbar – Sonst könnte man meinen „Ein Quantum kann tunneln – dann kann ich es auch“. Das ist leider nicht möglich.
      KSM OFF.

      • Profilbild
        ctrotzkowski

        @Jörg Hoffmann …genau, Jörg.

        Das Problem mit den polulären Erklärungen der Physik ist immer, hoch komplexe Zusammenhänge und Modelle so zu vereinfachen, damit es ein jeder mit seiner Alltags-Intuition verstehen soll.

        Das führt immer wieder zu den gleichen Missverständnissen:
        a) Randwissenschaften über die Welt des allerkleinsten (Quantenphysik) und des allergrößten (Kosmologie) entziehen sich menschlicher Intuition und Verständnis – aber die Menschen denken, daß man das alles so verstehen kann wie den Aufbau einer mechanischen Uhr (so dachte noch Isaac Newton)
        b) Man verwechselt das physikalische Modell mit der Realität. In der Physik können sich widersprechende Modelle trotzdem parallel für exakteste Vorhersagen nutzen (z.B. Licht: Teilchen versus Welle?).

        Das aus meiner Sicht schönste Missverständnis ist „Schrödingers Katze“: Erwin Schrödinger ersann sich für seine Studenten dieses Modell, um durch seine Absurdität darauf hinzuweisen, dass Katzen sich nicht wie Quanten zwischen Leben und Tod verschränken lassen. Die meisten Erklärungen erzeugen aber bei Normalos genau das Bild, daß die Katze tatsächlich gleichzeitig tot und lebendig ist, bis man die Kiste öffnet. Aber die Katze fragt dabei keiner…. ;-)

        Zu Bluebell’s Frage: Auch wenn unser Kosmos eine riesige Simlation wäre, heißt das nicht, daß alles gequantelt ist. Dein Audiointerface arbeitet ja auch inzwischen „Floating Point“

  6. Profilbild
    Filterpad AHU 1

    Ich gehe sogar soweit das man behauptet: Analog vs. Digital ist ein reines Luxusproblem. Jeder der Hobby,-Semimäßig Musik macht wird vieles aus Kosten,- und Platzgründen digital erledigen. Selbst ein analoger Synthesizer liefert doch nur den Grundklang und wird dann warscheinlich digital im Mix passend gemacht. Ich fahre auch beides, aber zugegeben sind die analogen Geräte ein „Zuckerl“, Rest (90%) ist inzwischen rein Digital.

  7. Profilbild
    rio AHU

    Bei Klangerzeugung – gern analog, wenn es sich dazu noch digital steuern lässt. Aber hier gehts ja mehr ums Mixing. Da mach ich’s gern analog (hab ja auch nix anderes) und dazu schön aufwendig mit schemenhaften Bildchen ;)

  8. Profilbild
    torsten rausch

    Eine gesunde Mischung aus beiden ist mit der Zeit bei mir im Studio eingezogen. Ein dynamischer Eq (digital) zum sauberen bearbeiten und dann raus in die Hardware (analog). Ohne Hardware möchte ich eigentlich nicht mehr arbeiten, die Haptik gehört einfach dazu. Nur mit der Maus zu arbeiten (in the box) würde mir den Spaß nehmen. Klar, die mehrmalige AD/DA Wandlung hat Auswirkungen auf den Sound, aber ich produziere ja kein Grammy-Album 😉

  9. Profilbild
    TBS

    Ich benutze seit 97 Software, wie Rebirth, Steinberg, Reason und Ableton Live in dieser Reihenfolge.
    Für mein Gefühl bin ich damals zum richtigen Zeitpunkt in das digitale Producing im Homerecordingbereich eingestiegen.

    Über die Jahre als Homerecordler habe ich festgestellt, dass man Arbeitsweisen der Analogzeit mit in die digitale Zeit übernimmt. Ein gutes Beispiel ist die Zuführung von Effekten.

    Das G. A. S kann man aber auch in der digitalen Welter nicht verhindern, leider oder doch nicht leider.😁😂Ich habe da meine Lieblings vsti’s die ich gerne verwende aber ich habe da noch ein Ordner, der ist schon gefühlt am platzen. Ich sollte ihn in G. A. S. umbenennen, das wäre dann treffender.

    Auch mit allen Nachteilen bleibe ich ditigal.

    Und noch ein kleines Schmankerl, ich weiß nicht mehr welche Musikmesse das in Frankfurt war, so um die 2000 müsste es gewesen sein, war Amazona auf der Musikmesse, ihr hattet einen Raum und habt das digitale Arbeiten mit DAW und Audiointerface erklärt, da hat es mich dann total mitgenommen und erst Recht das Interesse am Arbeiten in der DAW geweckt.

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