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Feature: Fender Jazz Bass vs Fender Precision Bass

Der ewige Bruderkrieg im Hause Fender

21. August 2018

Fender Jazz Bass titel

„Hier spricht Captain Obviou, und es ist doch ganz klar, wie das funktioniert: Egal was du spielst, der Jazz Bass ist für dich das Richtige. Für Rock und Soul kann der Preci allerdings noch richtiger sein. Nur schnell spielen geht damit halt nicht und slappen schon gar nicht. Außerdem ist der Preci nur gut, wenn du auch wirklich gut spielen kannst, den muss man nämlich wirklich bedienen können!“

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Fender Jazz Bass 1

— Klassisch in Sunburst: Fender Jazz Bass —

So oder so ähnlich fallen die Standardantworten nach der Frage aus, welches der beiden Bass-Urgesteine von Fender zu bevorzugen sei. Hand aufs Herz, jede der Aussagen hat jeder Bassist schon mal irgendwo gehört oder gar selbst von sich gegeben. Nun sind der Jazz Bass und der Precision Bass sowie ihre Nachbauten und Weiterentwicklungen mit Abstand die meistverkauften und beliebtesten Bassmodelle und wer sich ein paar Jahre mit dem Instrument befasst hat, dürfte auch beide schon einmal in der Hand gehabt und sich seine Meinung gebildet haben. Trotzdem kann es durchaus sinnvoll sein, einen etwas detaillierteren Artikel zum Thema zu schreiben und ja, auch ihn zu lesen. Auf ins Gefecht!

Fender Jazz Bass 2

— Precision Bass —

Etwas Geschichte: Der Precision Bass

Versuche, den damals noch meist als Kontrabass und ganz selten als Bassgitarre ausgeführten Bass durch elektrische Verstärkung lauter zu machen, gab es wie bei der Gitarre bereits in den 1920er und 1930er Jahren mit dem aufkommenden Big-Band-Sound. Den Durchbruch brachte aber tatsächlich erst Leo Fender im Jahr 1951. Der gute Mann hatte im Jahr zuvor sein erstes E-Gitarren-Modell Esquire vorgestellt (das man schnell zur Broadcaster weiterentwickelte und dann in Telecaster umbenannte), eine robuste, einfach herzustellende Konstruktion mit Eschenkorpus (weil billig) und verschraubtem Ahornhals (weil stabil), die sich sofort zu einem Erfolg entwickelte. Mit dem Precision Bass stellte Fender nun ein analoges Bassmodell vor – was nach Standardvorgehen klingt, war damals eine riesige Innovation, den E-Bass als großen Bruder der E-Gitarre gab es vorher schlicht noch nicht!

Mit einem Instrument in Gitarrenform, mit Bünden, das aber über eine längere Mensur als eine Gitarre verfügte und mit vier in Kontrabassstimmung gestimmten Saiten versehen war, legte Fender den Grundstein für seitdem fast sieben Jahrzehnte Rock, Pop und Jazz – und den Grundstein für die seitdem verbreitete Unsitte, dass schlechte Gitarristen einfach an den Bass wechseln und denken, das sei eine gute Idee. Angeblich brachten Gespräche mit arbeitslosen Gitarristen Leo Fender auf die Idee, einen auch für Gitarristen einfach zu spielenden Bass zu entwickeln … na danke auch, wenn der gewusst hätte …

Der Ur-Preci folgte in seiner Konstruktion im Prinzip der Telecaster, mit dem Unterschied, dass der Hals natürlich länger war, der Korpus zur Gewichtsersparnis ein zweites Cutaway hatte und nur ein einzelner Singlecoil-Tonabnehmer in der Mittelposition eingesetzt war. Jener war quasi baugleich mit den Tele-Singlecoils, was sich mittelfristig allerdings als suboptimal erwies. Zu schnell entfernte sich die weit ausschwingende E-Saite aus dem schmalen Abgriffbereich und die Bass-Response ließ ebenfalls zu wünschen übrig. Nichtsdestotrotz gibt es auch heute noch eine Fangemeinde für Singlecoil-Precis und Fender legt solche Modelle als „’51“, „’54“ oder „Telecaster Bass“ regelmäßig wieder neu auf.

Fender Jazz Bass 3

— Re-Issue der Urform des Fender Precision mit Singlecoil, Tele-Headstock und nicht geshapetem Body —

Das wiederum kann man von der ursprünglichen Bridge-Konstruktion nicht behaupten. Wie bei der Tele teilten sich hier jeweils zwei Saiten einen Saitenreiter, was auch hier zu fragwürdigen Ergebnissen bezüglich Oktavreinheit führen konnte. Man setzte aber noch einen drauf und fertigte die Saitenreiter bis 1954 nicht aus Metall, sondern aus Pressfaser. Dumpf ist Trumpf – über Höhen im Basssound dachte aber damals tatsächlich noch niemand nach, zumal die Roundwound-Basssaite auch noch nicht erfunden war.

1957 kam die erste und letzte massive Überarbeitung des Modells, die es im Prinzip in seine heute bekannte Form überführte. Der Korpus war inzwischen meist aus Erle und bereits seit 1954 konturiert und kein einfaches kantiges Brett mehr, die Bridge hatte einzelne Saitenreiter und der heute oft nur noch „P-Pickup“ genannte Splitcoil ersetzte den Singlecoil-Tonabnehmer. Grund für die Konstruktion war übrigens weniger eine Klangoptimierung als die Tatsache, dass Gibson noch das Patent auf Humbucker mit zwei parallelen Spulen hielt. Also behalf man sich mit zwei getrennten Spulen.

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— Zwischenmodell des 50s Precision, Re-Issue, noch mit Singlecoil und altem Headstock, aber schon Shapes im Korpus —

— Aktueller Headstock des Precision seit 1957 —

1959 wurden dann auch erstmals Palisandergriffbretter angeboten und so wird der Preci eigentlich bis heute unverändert hergestellt. Ab den späten 70ern folgten Modelle mit zusätzlichen Stegtonabnehmern (in den 80ern beliebt), aktiven Elektroniken, fünf Saiten und sogar ein absurdes Modell namens „Precision Lyte“ mit verkleinertem Korpus, aber kaum etwas davon konnte sich dauerhaft durchsetzen. Lediglich PJ-Modelle mit zusätzlichem Stegtonabnehmer sowie Modelle mit dem schlankeren Hals des Jazz Bass erfreuen sich bis heute begrenzter Beliebtheit.

— Aktuelles Modell des Fender Precision Bass mit Palisandergriffbrett —

Noch mehr Geschichte: Der Jazz Bass

Fenders zweites Gitarrenmodell, die im Vergleich zur Telecaster etwas komplexere Stratocaster, erwies sich ebenfalls recht schnell als Erfolg, also versuchte man Ähnliches auch an der Bassfront – und auch da funktionierte es. Der Fender Jazz Bass wurde 1960 vorgestellt, kurzzeitig nur „Deluxe Model“ genannt, und behielt in Grundzügen die Konstruktion des damals aktuellen Precision – geschraubter Ahornhals, Palisandergriffbrett, Erlenkorpus – bei, unterschied sich aber in vielerlei Details. Der Hals war schmaler, flacher und damit für viele Musiker deutlich leichter zu bespielen, der Korpus asymmetrisch geformt und vor allem hatte der Jazz Bass zwei Tonabnehmer. Diese waren (als vergrößerte und mit zwei Polepieces pro Saite für Bass optimierte) Singlecoils ausgeführt und sind entgegen landläufiger Meinung nicht phasenverkehrt verdrahtet – oder zumindest nicht ganz. Die Wicklungen sind tatsächlich entgegengesetzt geschaltet, dafür sind aber auch die Magneten unterschiedlicher Polarität – so, wie das eben normalerweise bei einem Humbucker gemacht wird. Entsprechend ist ein Jazzbass mit beiden Tonabnehmern aufgedreht weitgehend störgeräuschfrei, während jeder Tonabnehmer einzeln durchaus brummt.

— Klassisches 60s Jazz Bass-Modell —

Warum aber überhaupt zwei Tonabnehmer? Nun, der Vordere sitzt etwas weiter Richtung Hals als der des Precision, aber der Klang ist durchaus vergleichbar, wenn auch durch die Singlecoil-Bauweise etwas schlanker. Der hintere Tonabnehmer, relativ nah der Brücke, klingt hingegen dünner, eher hochmittig-näselnd und sehr durchsetzungsfähig. Damit hat man gegenüber dem Precision schon einmal eine Option mehr und nun kann man die Tonabnehmer auch noch zusammen betreiben. Beide voll aufgedreht ergeben sich auch ohne phasenverkehrte Schaltung durch die unterschiedlichen Einbaupositionen Auslöschungen vor allem in den Mitten, die zum klassischen Jazz Bass-Sound schlechthin führen. Das leichte Mittenloch führt zu einem eleganten, Bässe und Höhen betonenden Sound, der sich im Mix zwar nicht nach vorne drängt, aber sich gut einfügt und schnell zum Favoriten von Studiobassisten und Toningenieuren wurde.

Verschaltet waren und sind die beiden Tonabnehmer mit einer meiner Meinung nach historischen Fehlkonstruktion, die sich wie folgt herleitet: Der Precision verfügte über einen Tonabnehmer und dafür einen Lautstärkenregler und eine passive Höhenblende. Logischerweise brauchte der Jazz Bass von allem zwei und so waren die ersten Modelle zwischen 1960 und 1962 auch aufgebaut. Diese hatten zwei Doppelstock-Potis und gehören heute als „Stack Knob Jazz Bass“ zu den teuersten und meistgesuchten Vintage-Instrumenten. Schnell stellte sich raus, dass die Option mit zwei Höhenblenden unnötig war und so kamen bereits 1961 die ersten Modelle mit zwei Volume-Reglern und einem Tone-Regler auf den Markt. So weit, so gut, die zwei Höhenregler erlauben zwar stufenloses Mischen der beiden Pickups, aber ein schnelles Umschalten zwischen den einzelnen Betriebsarten während des Spielens ist unmöglich! Ein einfacher zusätzlicher Dreiwegeschalter hätte Abhilfe geschaffen, aber so was gibt es bei Fender konsequent bis heute nicht. Ich liebe Fender-Bässe, nur die Konstruktion nervt einfach – dafür ist aber ein Schalter oder gar ein Blend-Poti auch nicht schwer nachzurüsten.

— 70s Jazz Bass, aktuelle Auflage, mit Block-Inlays und Bindings —

Ab 1970 wurde der Jazz Bass schrittweise modernisiert. Zuerst tauchten Modelle mit – back to the (Preci) roots – Ahorngriffbrett auf, dann brachte man auch noch Esche als Korpusholz wieder ins Spiel. Der Stegtonabnehmer wanderte einen guten Zentimeter weiter Richtung Bridge, das Griffbrett erhielt ein cremefarbenes Binding und Block-Inlays statt der bisherigen Dots. Zu guter Letzt ersetzte man die bewährte Vierpunkt-Verschraubung an der Halstasche durch eine „Micro Tilt“ genannte Dreipunkt-Konstruktion, die es erlaubte, den Halswinkel mittels Madenschraube einzustellen. Das Resultat waren im Prinzip bleischwere Instrumente fragwürdiger Qualität (inzwischen war Fender von CBS gekauft worden und von Sparmaßnahmen getroffen), deren Halsverschraubung dazu neigte instabil zu werden – und die durch den mit dem versetzten Tonabnehmer und der neuen Holzkombination deutlich aggressiveren Sound eine ganze Generation von Slap-Bassisten prägten!

— Inzwischen wieder Standard bei allen Modellen: Vierpunkt-Halsverschraubung —

Inzwischen sind – qualitativ bessere, weniger schwere und mit Vierpunktverschraubung ausgerüstete – 70s Jazz Bass-Reissues wieder schwer beliebt und auch die Originale ziehen im Preis an. Ende der 1970er drehte man trotzdem vorerst das Ganze wieder zurück und baute wieder den klassischen 60er Jazz Bass. Aktive und fünfsaitige Modelle folgten in den 1980er und konnten sich, anders als beim Preci, auch in der breiten Masse durchsetzen – wobei das Gros der verkauften Jazz Bässe bis heute klassische, passive 60er-Modelle sind.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    t.goldschmitz RED

    Vielen Dank für diesen sehr lehrreichen und unterhaltsamen Beitrag – habe ihn sehr genossen. Und Nerven hat es mich überhaupt keine gekostet. 
     
    Eine Frage in eigener Sache: gibt es eine gute Quelle für aktive Elektroniken für die Beiden? Hab mich wund gesucht. Die Elektronik in meinem Precision Deluxe ist nämlich so heiß eingestellt, dass der bei härterem Anschlag sofort anfängt massiv zu zerren (das passive Signal ist dagegen clean)?

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