Üben auf Reisen - 5 einfache Setups
Wie übe ich am besten E-Gitarre? Welche Setups gibt es? Wer on the road, im Urlaub oder unterwegs die E-Gitarre zum Üben und Spielen mitnehmen will, braucht ein portables, verlässliches Setup, idealerweise mit Kopfhörer. Hier stellen wir euch fünf solche Setups vor.
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Standest du auch schon vor folgendem Problem? Du fährst in den Urlaub oder über Weihnachten nach Hause zu den Eltern und weißt genau, du kannst in den folgenden zwei Wochen nur schlecht die Finger von der Gitarre lassen. Die ganze Zeit über auf guten Sound zu verzichten und unplugged in die Saiten zu hauen, ist jedoch keine Option für dich. Da gibt es aber ein Problem: Amp und Pedalboard mitzunehmen, sprengt jeglichen Rahmen und die Blicke der anderen Fahrgäste, wenn du mit Sackkarre und Schweißperlen auf der Stirn in die Bahn einsteigst, würdest du auch gerne vermeiden. Es muss also eine Lösung geben, mit geringstem Aufwand trotzdem eine Wall of Sound kreieren zu können. Außerdem möchtest du auf deiner Reise nicht, dass der Haussegen schief hängt, daher muss das Ganze mit Kopfhörern realisierbar sein. Nun denn, vielleicht haben wir da etwas Inspiration für dich. Hier sind fünf coole Setups, um unterwegs üben zu können, ohne zu vergessen, wie deine E-Gitarre eigentlich klingen sollte.
Gitarre üben für unterwegs – worauf kommt es an?
Als Musiker, der sehr viel auf Tour ist, bin ich oft folgender Fragestellung ausgesetzt: Wie kann ich unterwegs so üben, dass es einerseits Spaß macht und gut klingt, jedoch weder zu groß, noch zu aufwendig oder komplex ist, um in jeder erdenklichen Situation, in der man eine Gitarre und Kopfhörer zur Hand schnell und unkompliziert zum Spielen kommt? Mal schnell im Hotelzimmer noch Songs lernen, sich vor einer Show warm spielen oder die unendliche Zeit in Backstage-Bereichen gewinnbringend zu verbringen ist nicht immer so ohne Weiteres mit dem nötigen Spaßfaktor möglich. Klar – man könnte auch einfach eine Akustikgitarre vor den Bauch schnallen, um seine Steve Vai Chops nach vorne zu bringen oder einfach mit der E-Gitarre unplugged spielen – beides ist jedoch nicht so ganz das Gelbe vom Ei. Amp oder Kemper sind im Bandbus natürlich als erstes eingeladen worden, und man hat eh schon so viel Zeug dabei, dass jedes weitere Equipment-Tool einfach nur noch nervt und beim Tragen Rücken und Arme umso mehr strapaziert. Es muss also eine einfache Lösung her. Diese Idee lässt sich auch super auf alle anderen Personenkreise und Lebenssituationen übertragen, die nichts mit exzessivem Touring zu tun haben. Der eingangs erwähnte Urlaub, die Feiertage bei der Familie, die Geschäftsreise, oder einfach nur, weil der Proberaum 20 Autominuten weg ist und man zu Hause, wenn die Kinder im Wohnzimmer schlafen, noch ein wenig daddeln möchte – es gibt viele Szenarien, die ein kleines intuitives Setup interessant machen. Deshalb haben wir uns hingesetzt und versucht, fünf verschiedene Setups zu beleuchten, von denen sicher eines auch für deine Anforderungen geeignet ist.
Die 5 verschiedenen Übung Setups für Gitarristen
Wichtig bei dem Gedanken der einfachen Übe-Setups für unterwegs ist zu schauen, was von dem benötigten Equipment einen vielleicht eh schon die ganze Zeit begleitet. Ich persönlich gehe z. B. nur äußerst selten ohne Smartphone, Laptop und ein anständiges Paar Kopfhörer zum Musikhören für mehrere Tage aus dem Haus. Noch eine Gitarre dazu und wir sind dem perfekten kleinen Setup schon ziemlich nahe. Einen Rucksack oder eine Reisetasche setze ich jetzt einfach mal voraus. Hiervon weitergedacht, ergeben sich nun die fünf verschiedenen Varianten, zu denen wir wenig bis nahezu gar kein zusätzliches Equipment brauchen, um anständig spielen zu können. Schauen wir uns das doch mal genauer an.
1. DAW (Ableton Live oder ähnliches)
Als Musiker ist die Wahrscheinlichkeit, über ein Programm zur Musikproduktion zu verfügen, ziemlich hoch. Ich persönlich nutze Ableton Live, es gibt aber auch Logic Pro, Cubase, Studio One usw. Wenn man ein solches Programm hat, besitzt man wahrscheinlich auch ein Audiointerface. Damit steht dem anständigen Üben nichts mehr im Weg! Gitarre ins Interface, Amp-Simulator-Plug-in, das die meisten DAWs integriert haben, auf eine Spur ziehen und los geht’s. Der Vorteil hier liegt ganz klar darin, dass die DAW einem jegliche Möglichkeiten bietet, die man brauchen könnte: Metronom, Tuner, Aufnahme, Effekte, Looping, man kann natürlich auch direkt ins Produzieren einsteigen und sich seine eigenen Backingtracks bauen! Der Nachteil ist einerseits, dass die Amp-Simulationen nicht unbedingt die Kernkompetenz einer DAW sind und andererseits teilweise der Preis von mehreren Hundert Euro, wenn man an Vollversionen denkt. Apple User sind hier aber mit GarageBand schon von Haus aus gut bedient und es gibt auch abgespeckte Versionen für den schmalen Geldbeutel. Des Weiteren braucht man außer einem Interface kein weiteres Equipment – den Laptop hat man ja schon dabei. Klingen kann das dann z. B. so:
2. Standalone Amp-Plug-in (NeuralDSP oder ähnliches)
Machen wir weiter mit einem weiteren rechnerbasierten Konzept – und zwar sich ein standalone Amp-Plug-in zu holen. Ich persönlich nutze von NeuralDSP das ToneKing Imperial Plug-in, da wären aber z. B. auch noch Guitar Rig, Positive Grid oder ToneX. Dieses Prinzip ist quasi ähnlich wie der DAW Ansatz, jedoch braucht man aufgrund der Standalone-Fähigkeit des Plug-ins kein weiteres Host-Programm (auch wenn man solche Plug-ins natürlich auch innerhalb einer DAW verwenden kann). Sie alle bieten Tuner, Metronom und meistens auch eine unterschiedlich große Auswahl an Effekten – also alles, was man zum Üben braucht. Der Vorteil hier ist definitiv der Sound und die Ansprache. Sie alle wurden konzipiert, um als Ersatz für einen richtigen Amp her zu halten und das merkt man auch. Macht man auf dem Laptop noch Spotify an, kann man so wirklich erstaunlich gut zu seinen ganzen Lieblingssongs jammen! Natürlich braucht man auch hier ein Audiointerface, um das Gitarrensignal in den Rechner zu bekommen, mehr jedoch nicht. Nachteile wären der Preis von manchen Apps (NeuralDSP z. B. ca 120,- Euro) wie auch die Systemstabilität mancher Standalone-Varianten. Klingen könnte das z. B. so:
3. Amp-Modeler (Kemper Player oder ähnliches)
Die dritte Variante geht schon eher in die Richtung, die man vielleicht von früher mit dem Line6 Pod kennen könnte. Mittlerweile gibt es nämliche eine ganze Reihe von kleinen Amp-Modelern, von Profiler Player, über ToneX Pedal hin zu Helix Stomp, die man auch super im Rucksack oder Gitarren-Gigbag transportieren kann. In Sachen klanglicher Qualität und Vielfalt sind hier natürlich meistens keine Fragen offen. Auch sind die meisten dieser Geräte mittlerweile mit einem Kopfhörerausgang versehen, so dass dem Üben im Schlafzimmer nichts mehr im Wege steht. Sie sind alle so ausgereift, dass sie dem analogen Amp-Setup für Gigs sogar schon Konkurrenz machen – und könnten somit theoretisch die Frage nach unterschiedlichen Setups für unterschiedliche Anforderungen komplett beantworten. Diese Lösung funktioniert ohne andere Gerätschaften wie Audiointerface oder Laptop. Einige Schwierigkeiten gibt es in unserem Szenario aber im Vergleich zu den anderen Lösungen trotzdem: Sie brauchen z. B. zwingend Strom über ein Netzteil. Ein Audiointerface und einen Laptop braucht man jedoch auch, wenn man z. B. ein Metronom haben möchte oder zur Musik spielen will und die sie sind oft teuer. Klingen kann das dann so:
4. Preamp-Pedal + Cab-Sim
Eine weitere Möglichkeit, wenn man sich dem digitalen Zeitalter zugewandt fühlt, mit den ganzen Modelern jedoch nicht so ganz warm wird, wäre, sich ein mini mini Pedalboard zu bauen, das zumintest aus einem Preamp- und einem Cab-Sim-Pedal besteht. Getestet habe ich dieses Szenario mit einem Universal Audio Lion und dem OX Stomp. Preamp-Pedals von anderen Marken gibt es wie Sand am Meer, Cab-Sims gibt es auch von Strymon, Two Notes oder sogar fast geschenkt von Harley Benton! Etwas puristischer angelegt als Ansatz Nr. 3, gibt es hier allerdings die Möglichkeit, sich vielleicht beim eigenen Pedalboard zu bedienen und somit Geld zu sparen. Ansonsten verhalten sich die Schwierigkeiten genau so wie bei der Variante mit Modeler. Fun-Fact: Das UA Ox Stomp besitzt keinen Kopfhörerausgang. Mit den entsprechenden Adaptern kann man sich das jedoch quasi nachrüsten und über die Main-Ausgänge gehen. Somit ist auch hier ein Spielen ohne Interface und Laptop möglich! Klingt so:
5. Smartphone mit entsprechender App
Zu guter Letzt noch eine Variante, mit der ich persönlich erst gar nicht gerechnet hatte. Das Üben über Smartphone oder Tablet. Mit einem kleinen Audiointerface lässt sich die Gitarre nämlich auch ans iPhone anstöpseln und mit der passenden App kann man im Nu dudeln, bis der Arzt kommt. In meinem Fall habe ich von Positive Grid Bias FX 2 ausprobiert. Die Basis-Version dieser App ist kostenlos und somit stellt diese Version die günstigste Variante dar. Obwohl man sowohl vom Spielgefühl als auch von der klanglichen Qualität im Vergleich zu den anderen Methoden nicht wirklich viel erwarten kann, war ich doch sehr (!) überrascht, was hier alles geht. Metronom, Tuner, Looper – alles da. Man kann sich in Sekunden eine Effektkette basteln und sogar mit einem Dual-Amp-Setup spielen. Sogar Spotify nebenher laufen lassen, funktioniert (auch wenn etwas fummelig mit den Lautstärkeverhältnissen). Ab ca 9, – Euro kann man sich weitere Features erwerben und hat somit das wahrscheinlich kleinste und spontanste Übe-Setup der Welt. Klingen kann das dann so:
Also bevor ich meine DAW mitnehme (und vielleicht noch gute Monitor-Boxen?), dann schon eher den Line6 Pocket Pod und ein Kopfhörer – oder ein Amp-in-the-Box mit erträglicher Lautsprecher-Simulation plus Bluetooth-Lautsprecher mit Aux In:
– American / British TrueTone (je nach Geschmack) plus Peaq PPA 205 / 305
– TC Electronics Preamp nach Wahl plus Marshall Stockwell II
@chardt Nochmal leichter als Line6 Pocket Pod ist der Summina PockRock. Er läuft mit nur 2 Batterien und kostet maximal 50 Euro. Minimal, funktioniert und mir gefällts!
Fender Mustang Micro Headphone Amp klingt gut, liefert Sounds von glasklar bis hochverzerrt inklusive Effektpalette, ist geringfügig editierbar, hat einen Volumeregler und passt für unter 100 Euro in die Hosentasche, (Werde demnächst Nachfolgemodell Plus ausprobieren: für 30 Euro mehr mit Display und App-Anbindung für individuelle Konfigs und Einstellungen bei mehr Sounds und Effekten.) Brauchste dann nur Kopfhörer oder Stöpsel (mit Kabel, über Bluetooth sind mit den Steckverstärkerchen Klangquellen einspielbar, z.B. Jamtracks oder sonstige Begleitungen/Backings zum Üben. Ich probe gern eigene Songs mit selbst erstellten Parts).
Um anderen was vorspielen zu können, habe ich unterwegs – ich bin viel unterwegs – meist auch ein Böxchen bzw. Amp bei, Blackstar Fly 3 mit USB-Akku und Bluetooth (und ggf. Zusatzbox), oft auch Beatmaschine und Synth dazu (Roland Aira Compact T8 und S1, laufen mit USB-Akku) und Minimixer Bastl Instruments Bestie (teures, aber geniales Teil, ideal für Miniklinken in stereo und mono und klein wie eine Zigarettenschachtel, aber wertig, läuft per USB-Kabel oder mit Akku-Bakterien): alles unabhängig von aufgeklappten Laptops, DAWs und sogar ohne Stromnetz, z.B. draußen unter freiem Himmel, und alles rucksacktauglich (ich selbst bin Fußgänger und Bahnfahrer ohne Führerschein).
@Eibensang Das klingt super interessant, und ist eine weitere Möglichkeit! Danke für den Kommentar :)
Ich bin beim Boss Katana Go hängen geblieben. Sehr klein, sehr Leistungsstark. Die Sounds sind sehr sehr brauchbar aber auch individuell anpassbar. Die APP ist super übersichtlich. Komme mit einer Akku Ladung locker 5 Std. hin. Auf die App Playback Sounds laden und dazu grooven.
App über Bluetooth verbunden. Ansonsten Kopfhörer Anschluss oder kleine digitale Box über klinke dran. Umschaltung auch über ein separat erhältlichen Fußschalter bedienbar.
Verwendung eines Fender Mustang Micro PLUS (der absolut großartige Nachfolger des Micro mit Stimmgerät, 25 Amps, 25 FX, 70 Speicherplätze, Interface und einer grandiosen App … vom Klang ganz zu schweigen) mit Kopfhörer und USB C Kabel sowie IPad bzw. IPhone oder Notebook:
Entweder
– Nur Mikro Plus mit Kopfhörer
oder
– Mikro Plus mit Kopfhörer und Bluetooth Streaming mit obigen Devices
oder
– Mikro Plus mit Kopfhörer und USB C Kabel als bidirektionale Schnittstelle zum Aufnehmen mit obigen Devices in z.B GarageBand oder was halt angesagt ist.
Für mich die ultimative Lösung. Super klein, super leicht und extrem vielseitig. Passt ggf. alles in die Hosentasche!