Der heilige Gral unter den Loopern?
Looper Pedale sind ein leidliches Thema zum Testen, wie ich finde. Der Grund hierfür ist unter anderem, dass manche Hersteller gerne vergessen, was für die meisten Gitarristen bei einem Looper Pedal entscheidend ist: Simplizität und Flexibilität. Loopen erfordert Konzentration. Im Bandgefüge ist es sogar eine verdammt schwierige Angelegenheit, wenn man keinen instrumentenübergreifenden MIDI-Sync durchgeführt hat – eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, oftmals. Und niemandem hilft es, auf ein Panel mit tausend Optionen zu blicken, wenn das einzige, was zählt, eigentlich Record, Overdub und Play sind.
Doch der Markt hat in den letzten Jahren interessante Looper Pedale hervorgebracht. Das Tensor von Red Panda ist da mein persönlicher Liebling – ein eigenwilliges, aber ungemein lohnenswertes Unterfangen. Und das ist der entscheidende Punkt: Wer Zeit mitbringt, akzentuiert und genau spielen kann, der kann mit manchen Looper Stationen bahnbrechende Erfolge erzielen.
In Sachen Features, Einfallsreichtum, Flexibilität und Umfang dürfte das Looperboard von Headrush so etwas wie eine absolute Referenz auf dem Markt darstellen. Als es herauskam, hatte ich den Eindruck, dass nicht wenige Gitarristen eher ehrfürchtig von dem Ding zurückwichen. Klar – der Preis hat es in sich. Doch Headrush machen immer neugierig. Das Headrush Looperboard verdient im saturierten Markt der Multieffektpedale mehr Beachtung – gleiches gilt für das kompakte Headrush Gigboard. War also klar, dass auch das Headrush Looperboard definitiv eine nähere Betrachtung verdient.
Headrush Looperboard, Looper Pedal – Facts and Features
Also: Ein Looperboard in der ungefähren Größe eines Pedalboards – das dürfte schon die meisten abschrecken. 512 mm breit, 311 mm lang und 76 mm hoch, bei einem Gewicht von über 5 kg. Dafür sollte einiges geboten werden und das ist hier auch der Fall. Was auf jeden Fall gegeben ist: Eine enorm hohe Aufnahmequalität, mit der sich Headrush rühmen – ausgehend von den Audioanschlüssen bis hin zum QuadCore-Prozessor und einer Verarbeitungstiefe von 32 Bit und bis zu 96 kHz. Was dadurch also auch gegeben ist: qualitativ hochwertige Reamp-Optionen. Aber der Reihe nach – was genau bietet das Headrush Looperboard dem Gitarristen?
Nun, Kern des Ganzen sind zweifelsohne die vier separaten Stereo-Looping-Spuren, die es ermöglichen, Loops in unterschiedlicher Länge aufzunehmen. Zum Panel kommen wir später, denn das ist auf fast einschüchternde Weise umfangreich – für ein Looperboard zumindest. Prinzipiell für den Nutzer ist es wichtig zu wissen, dass das Headrush Looperboard
- über 8 Stunden Aufnahmezeit intern speichern kann und per USB oder SD-Karten in Sachen Speicherplatz erweiterbar ist,
- Click-Tracks zu Einsatz bringen kann und es erlaubt, die aufgenommenen Spuren zu quantisieren,
- über 300 integrierte Drumloops besitzt,
- und mit einem 7 Zoll Touchscreen aufwartet.
Die Anschlüsse auf der Rückseite des Headrush Looperboards sind zahlreich: Da befinden sich vier individuell zuweisbare Ausgangsbuchsen (2 XLR- und 2 TRS-Buchsen), vier Kombi-Eingangsbuchsen, ein Aux-In, ein Anschluss für ein Expression-Pedal, ein Anschluss für Kopfhörer sowie ein MIDI In und MIDI Out, was es ermöglicht, das Headrush Looperboard in einen MIDI-Clock-Empfänger zu verwandeln, ihn mit einer Drum-Machine zu synchronisieren oder seine Steuerung über MIDI handzuhaben. Ob das überhaupt nötig ist bei so vielen Fußschaltern, werden wir später nachvollziehen. Zwei USB-Ports sowie ein Port für die SD-Karte und externe Loops befinden sich rechts außen. Bemerkenswerter Umfang also. Das Board selbst ist ein stabiles, massives, aber nicht zu schweres Stahlgehäuse.
Die Routing-Funktionen machen ebenfalls was her: Hier kann jedes Eingangssignal beliebig auf die Ausgänge verteilt werden, wenn man mit mehreren Instrumenten arbeitet. Auch denkbar: unterschiedlich belegte Tracks an verschiedene Outputs zu schicken. So können beispielsweise Monitor und P.A. von unterschiedlichen Tracks angesteuert und so vermieden werden, dass das Publikum euren Click-Track hört, den ihr euch einfach auf die Kopfhörer schickt. Gute Routing-Optionen also, darüber hinaus machten mich im Vorfeld aber auf das Headrush Looperboard zwei Dinge besonders aufmerksam:
Zum einem die Tatsache, dass das Looperboard in seinen Ausgängen mit Preamps und Gain ausgestattet ist, was eher selten bei einem Looper Pedal vorkommt und durchaus für die Output-Qualität sprechen könnte. Zum anderen – und das ist viel spannender – geht es doch an den Kern dessen, womit viele Gitarristen, die loopen, kämpfen:
Eine intelligente Time-Stretching-Funktion.
Ein Alleinstellungsmerkmal des Headrush Looperboards? Keineswegs. Was jedoch besonders ist: Durch die Tapping-Funktion kann das Tempo des aufgenommenen Loops verändert werden – und zwar ohne Änderung des Tonhöhe, hässlicher Verzerrung oder Einbußen der Klangqualität. Dadurch lässt sich im Flug der Loop automatisch der Band anpassen – ein Traum vieler Gitarristen, die mal beim Live-Auftritt den Loop versemmelt haben, nur um über die Schulter zu gucken und einen kopfschüttelnden Drummer zu erblicken. Potentiell also ein dickes Plus für das Headrush Looperboard.
Darüber hinaus wartet das Headrush Looperboard mit Effekt-Racks auf. Will heißen, dass entweder die Ausgänge oder die Loops selbst mit unterschiedlichsten Effekten versehen werden können. Diese Effekt-Racks setzen sich aus mehreren Typen zusammen, was eine umfassende Verfremdung und Live-Bearbeitung der Loops ermöglicht. Deren Schaltung kann ebenfalls unterschiedlich ausfallen: Will man das gesamte Loop-Konstrukt an der Länge des ersten Loops orientieren, schaltet man in den parallelen Fixed-Modus. Im Serial-Modus werden die Loops nacheinander abgespielt – so lassen sich quasi ganze Songparts nacheinander aus dem Headrush Looperboard speisen. Der Sync-Modus ermöglicht es, mehrere Loops in unterschiedlicher Länge aufzunehmen und übereinander zu legen. Im Serial Sync-Modus werden die Loops nacheinander abgespielt, während jedoch vereinzelte Spuren ggf. dauerhaft unterlegt werden können und durchlaufen wie beispielsweise eine Bass-Spur.
Zu den Spuren noch mal: Jede der vier Looping-Spuren kann entweder in Stereo oder Mono ausgesendet und mit unendlich vielen Overdubs versehen werden, die durch die Undo-Funktion auch wieder gelöscht werden können. Eine Menge ist mit den Spuren möglich: Sie können transponiert oder auch rückwärts abgespielt werden, können mit einem Fading-Effekt versehen werden sowie verlangsamt oder auch schneller abgespielt werden. Die Möglichkeit, die Fußschalter entweder durch den Momentary- oder Latching-Modus zu verwenden, ist über die Global Settings machbar.
Headrush Looperboard, Looper Board – das Board
Die große Stärke ist zweifelsohne der für Headrush typische Touchscreen. Der erlaubt es einem unter anderem, zwischen drei grundlegenden Loop-Ansichten zu wählen und die FX-Sparte des Headrush Loopers anzusteuern.
Die Zeitachsenansicht erlaubt es, Länge, Tempo und Wiedergabeposition des Loop-Konstrukts im Blick zu haben. Super praktisch: Rechts unten wird permanent die Länge eures längsten Loops angezeigt.
In der unteren Leiste sind die bereits erwähnten Track-Modi per Touch-Screen anwählbar – Serial, Sync, Fixed und Serial-Sync. Der Free-Modus erlaubt es, sämtliche Looper-Tracks mit unterschiedlichen Längen zu versehen – für Ambient-Künstler also der denkbar beste Modus.
Die Pegelanzeige erlaubt es, genau nachzuvollziehen, ob sich die Loops in Sachen Lautstärken gegenseitig im Weg stehen. Der Pegel eines jeden Loops wird angezeigt und die Lautstärken können auch direkt am Touchscreen angepasst werden – ziemlich fein. Der Status der einzelnen Spuren wird durch die Farbe der Pegel angegeben: Grün bedeutet aktuelle Wiedergabe, Rot bedeutet Aufnahme bzw. Overdubbing und Blau bedeutet gestoppt.
Die Mixer-Ansicht lässt euch vor allem das Stereo-Panning jedes einzelnen Loops ganz genau einstellen. Ähnlich wie in der Pegel-Ansicht können auch hier die Lautstärken eingestellt werden, jedoch ohne dass man den Aktivitätsstatus der Loops farblich angezeigt bekommt.
Rechts oben wird die FX-Leiste angezeigt, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen. Die vielen Fußschalter des Headrush Looperboards erfüllen in erster Linie den Zweck der Beschriftung, können aber darüber hinaus in einen weiteren Modus versetzt werden. Die unteren vier Fußschalter sind für die Aufnahme, Abspielen und das Overdubbing zuständig. In den globalen Einstellungen lässt sich es einstellen, dass nach Beenden der Aufnahme sofort in den Overdub-Modus geschaltet wird – oder eben nicht. Die oberen vier Fußschalter erledigen das Stoppen und Löschen eines Loops bzw. seiner einzelnen Schichten. Wer also dachte, dass sich innerhalb der Loop-Tracks kein „Peeling“ möglich ist, hat sich geirrt: Die Spuren und Dubs innerhalb eines Loops werden getrackt und können voneinander gelöst werden – dafür muss der Stop/Undo-Schalter lediglich 1,5 Sekunden lang gedrückt gehalten werden.
Tätigt man den Function-Fußschalter, wird die sekundäre Funktionsebene geöffnet, die es einem ermöglicht, mit den einzelnen Fußschaltern unterschiedliche Funktionen auszuführen. Nun leuchtet das Headrush Looperboard orange. Auf dem Touchscreen werden die einzelnen Funktionszuweisungen für den jeweiligen Fußschalter angezeigt. Tätigt man nun einen Schalter, öffnet sich die jeweilige Ebene und mit den Schaltern 3 bis 6 lassen sich die Loops nun manipulieren. Speed beispielsweise liegt auf dem zweiten, oberen Fußschalter. Über die Knöpfe 3 bis 6 kann nun das Tempo halbiert, verdoppelt, vervierfacht oder verachtfacht werden. Genauso können auf dieser Ebene Reverse- und Fade-Effekte den jeweiligen Loops zugewiesen werden und das alles ohne Touchscreen. Auch Peel- und Transpose-Maßnahmen können auf dieser Funktionsebene im Stehen durchgeführt werden.
Man merkt also: Den Headrush Looper zu erforschen und zu verstehen, kann dauern. Das liegt mitunter daran, dass Headrush hier ein ambitioniertes Unterfangen gewagt haben – nämlich das vollendete, lückenlose Gerät zu erschaffen. Alles darüber hinaus, was Spiel-Komfort angeht, ist eine Frage der Routine. Hat man die Funktionen des Headrush Looperboard erst einmal verinnerlicht und sich an dem Gerät über einen längeren Zeitraum probiert, dürfte sich die Frage der intuitiven Handhabe erübrigen. Für einen Sofort-Start ist das Gerät zu komplex.
Headrush Looperboard – in der Praxis
Die für mich spannendste Frage ist zweifelsohne die nach der Qualität des FX-Racks. Damit haben Headrush nämlich nicht gespart – die Optionen sind zahlreich und man kann die einzelnen FX-Typen auch umfassend anpassen.
Jedem einzelnen Loop können mehrere FX-Racks zugewiesen werden sowie gegebenenfalls separat den ausgesuchten Inputs. Unterschiedliche Rack-Typen sind hierbei zugänglich, aber insgesamt ergibt das ganze eine lückenlose Armada an Overdrives, Verzerrungen Reverbs, Delays, Modulationen und Cab-Simulationen, die der jeweiligen Spur zugewiesen werden können. Damit zu arbeiten und die klangliche Tiefe dieser Möglichkeiten zu demonstrieren, ist der Zweck dieses Praxisteils.
Wir stellen einen simplen Loop aus drei Tracks zusammen – eine Crunch-Gitarre, Synthesizer-Gitarre sowie eine Rhythmusgitarre. Zunächst wurde der Loop trocken aufgenommen, um im Nachhinein auf mehreren Spuren mit FX-Racks belegt zu werden.
Deutlich werden die Möglichkeiten nachträglicher FX-Racks, beispielsweise bei den Modulationen. Track 1 – die Crunch-Gitarre, wird mit einem Chorus belegt, was sich recht organisch und wirksam anlässt.
Auch die nachträgliche Betonung der Rhythmusgitarre mit dem Overdrive-Rack und einem leichten Plate-Reverb funktioniert gut, wie das folgende Beispiel zeigt.
Nachdem ich mit einem Dunlop Expression-Pedal die Zuweisung bestimmter Parameter in den FX-Racks erledigt habe, wage ich mich an die experimentellere Schiene: Bit-Crushing und Filter-Eskapaden auf dem ersten Track.
Des Weiteren belege ich die Synthesizer-Gitarre mit einem Pitch-Effekt, der sich ebenfalls überraschend organisch anfühlt.
Die Qualität der FX-Racks stimmt in meinen Ohren ausnahmslos und ist für bestimmte Zwecke völlig ausreichend. Insgesamt ist die Beschäftigung mit dem Headrush-Looper eine zeitaufwendige Angelegenheit. Es ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, die man sich stellen sollte, wenn man sich an eine derartige Anschaffung heranwagt. Es ist ohne Frage das modernste und umfassendste Looperboard, das mir persönlich bekannt ist und für Multi-Instrumentalisten hervorragend geeignet. Ich frage mich jedoch ähnlich wie beim EHX 9500, aus welchem Genre die Käufer für ein derartig teures Gerät kommen sollen. Es ist zweifelsohne einzig und alleine eine logische Anschaffung, wenn man grundsätzlich mit Loops an der Gitarre arbeitet oder keine Lust auf die MIDI-Synchronisation seiner Synthesizer und Drum-Maschinen hat. Ich kann mir durchaus Spieler aus dem Djent oder Progressive-Metal vorstellen, die das Gefühl haben dürften, hier auf den Heiligen Gral gestoßen zu sein. Alle anderen werden sich berechtigterweise fragen, ob 800,- Euro für ein Looperboard wirklich sinnig ist.
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