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Interview: Alex Markusch, Gitarrenbauer für Slash, Metallica, Rammstein

Slash, Metallica und Rammstein - er baut die Gitarren der Stars

7. Dezember 2024

Alex Markusch baut die Gitarren bei alexguitars für die ganz großen Namen in der Musikwelt. Egal, ob Slash, James Hetfield und Kirk Hammett von Metallica oder Richard Kruspe von Rammstein.

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Doch auch für den Saitenwechsel einer Anfängergitarre ist sich der Berliner nicht zu schade. Das Team DelayDude hat den sympathischen Gitarrenbauer in seiner Werkstatt in Berlin-Friedrichshain getroffen und mit ihm über seinen Weg vom Studium in Weimar bis zum Gitarrenbauer der Stars gesprochen.

Egal, ob Gitarren von Adrian Smith (Iron Maiden), Mark Tremonti, Slipknot, Chino Moreno (Deftones), Johnny Depp, Marius Müller-Westernhagen, Jennifer Batten oder den Beatsteaks – Alex Markusch hatte überall seine Finger mit im Spiel. Man könnte diese Liste noch beliebig fortsetzen, denn der Gitarrenbauer aus Ostberlin reist mittlerweile durch die ganze Welt, um die Gitarren der Stars zu bauen, einzustellen, zu reparieren und einfach immer das Beste aus einem Instrument herauszuholen.

Doch er ist auch immer für einen Spaß zu haben und so baute er im Jahr 2022 für HARIBO und Wacken die „DeFender of Frohsinn“ – eine Gitarre in Form des beliebten HARIBO Goldbären. Die sechs Exemplare dieses Sondermodells wurden dann für einen guten Zweck versteigert.

Er arbeitet sowohl mit Gibson, als auch ESP und Fender und steht nicht nur mit den besten Gitarren-Technikern der Welt in regem Kontakt, sondern geht auch auf Tuchfühlung mit Rock-Größen und Gitarren-Ikonen. Dabei schätzen die seine Diskretion, sodass wir leider darauf verzichten müssen, die eine oder andere besonders spannende Anekdote hier zu veröffentlichen.

Dennoch habe ich in diesem großartigen Interview unheimlich viele spannende Dinge erfahren, die ich hier gerne mit euch teilen möchte.

Mit Pralinen und Cognac zu den begehrten Gitarren-Parts

Sonja:
Alex, wie bist du Instrumentenbauer geworden?

Alex:
Auf Abwegen. Ich habe eigentlich Schulmusikerziehung in Weimar studiert. Und wie das damals so war in der DDR, gab es hier und da einen Mangel an Ersatzteilen und Möglichkeiten. Also fing man an zu basteln. Mein bester Freund Frank war zu der Zeit bereits Profimusiker, und der hat mich ein bisschen eingeweiht und auf die Spur gebracht. Es war also „Learning by Doing“. Während des Studiums in Weimar war es auch nicht mehr weit nach Markneukirchen und nach Adorf, in die damalige Gitarrenbau-Gegend des Ostens.

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Dort habe ich mich dann hier und da ein bisschen eingeschmeichelt – entweder mit Pralinen oder mit einer Flasche Cognac –, um am Pförtner vorbei und ins Werk hineinzukommen und ein paar Ersatzteile zu bekommen. So ging das Ganze los, und es hat mir Spaß gemacht, und ich habe scheinbar auch ein bisschen Geschick entwickelt. Ich lernte dann einen sehr netten Gitarrenbauer kennen, Horst Lederer. Er hat mich unter seine Fittiche genommen, denn ich durfte ja keine offizielle Ausbildung machen, weil ich noch studierte.

Step by Step durfte ich dann bei ihm lernen, wobei ich nie zugeben durfte, dass ich mich für E-Gitarren interessierte. Da wäre ich sofort hochkant wieder rausgeflogen. Das waren Brettgitarren, die waren verrufen! So etwas macht man nicht! Auf keinen Fall! So ging es los.

Sonja:
Und dann bist du aber irgendwann bei Checkpoint Guitars gelandet. Das war dann dein Einstieg in die Gitarren-Vintage-Szene. Magst du uns ein bisschen darüber erzählen?

Alex:
Das war natürlich auch spannend. Ich wurde vom Chef des Ladens angerufen, von Jürgen. Ich hatte natürlich erst mal wenig bis gar keine Ahnung von diesem Vintage-Kram, aber er flog in den 90ern regelmäßig in die USA zu Vintage-Shows und -Messen, um dort Instrumente zu kaufen. Ich habe diese dann fachlich und grundsätzlich eingeschätzt, bevor sie nach Deutschland transportiert wurden. Hier habe ich sie dann teilweise aufgearbeitet, und anschließend wurden sie weiterverkauft. Für mich war das natürlich etwas ganz Großes, plötzlich dienstlich in die Vereinigten Staaten zu fliegen.

Alexguitars Interview

Sonja von Team DelayDude im Interview mit Alex Markusch. Als Gitarrenbauer reist für die Gitarren der Stars um die ganze Welt.

Das war super, eine tolle Erfahrung. Ich bin in die verschiedensten Ecken gekommen. Wir sind teilweise mit dem Auto durchs Land gefahren, haben typische Pawn-Shops und Pfandhäuser nach Schnäppchen durchsucht. In dieser Zeit habe ich unheimlich viel gelernt: über Musiker, über die Vintage-Szene, aber auch über die Mentalität der US-Amerikaner bei den großen Shows.

Meist hatten die Händler die Hotels komplett gemietet, und abends haben sie dann einfach irgendwelche Sachen in die Lobby geschleppt und just for fun Musik gemacht. Also nicht, um etwas zu zeigen oder anzugeben, sondern wirklich aus Freude an der Musik. Das waren ganz tolle Erlebnisse für mich. Ich habe mit Musikern gesprochen und plötzlich Leute kennengelernt, die in der Szene dort ganz groß waren, Leute, die man in Deutschland gar nicht kannte, gerade aus der Country-Szene.

Man lernt, wie sie ticken, auch bei Verkaufsgesprächen und Verhandlungen. Das war für mich alles sehr beeindruckend, und ich habe Bauklötze gestaunt. Es war eine tolle Zeit, die sehr viel Spaß gemacht hat, und ich habe unglaublich viel gelernt.

Das Who-is-Who der Musikszene gehört zu seinen Kunden

Slash, Metallica und Rammstein

Sonja:
Wenn man mal in deine Kundenkartei reinschaut, wird einem fast schwindelig bei Namen wie Slash, Metallica, Slipknot und Rammstein …

Alex:
Das kam spannenderweise tatsächlich erst viel, viel später. In dieser Vintage-Szene waren diese Leute nicht so sehr verankert. Ich habe sie erst später kennengelernt, teilweise durch Zufall.

Ich habe viele Jahre für Gibson Germany und für Gibson Europe gearbeitet. Zum Teil als Consultant; ich habe also teilweise auch die Beratung für Künstler übernommen, zum Teil aber auch den Showroom betreut, in dem Künstler sich Instrumente ausleihen konnten. Dort habe ich Reparaturen an den Instrumenten übernommen. Wenn du so einen Job ordentlich, schnell und gewissenhaft machst und die Leute verstehst, fällt das natürlich auf.

Und vor allem fällt auch auf, wenn du nicht alles gleich postest, was du siehst. Man erlebt schon lustige Sachen. Wenn man beispielsweise abends im Hotelzimmer eine kaputte Gitarre von einem Sänger oder Gitarristen einer Band abholt und das dann nicht sofort an die große Glocke hängt, wird das sehr wertgeschätzt.

So entstanden im Laufe der Zeit dann die Kontakte. Es ist auch nicht so, dass dich Slash anruft oder Kirk Hammett, sondern meistens ist es ein Manager oder Gitarren-Tech, der dir sagt, wo etwas kaputt ist. Wobei, ich habe auch mal eine E-Mail von Slash bekommen und dachte zuerst, dass mich jemand veräppeln will. Slash ist ja ein großer Comic-Fan und hatte so eine abgedrehte Comic-Helden-Adresse. Erst nachdem ich mich bei mehreren Leuten erkundigt hatte, habe ich wirklich gemerkt, dass diese E-Mail tatsächlich von Slash kam.

Gitarrenbauer Slash

Eine E-Mail von Slash bekommt man nicht alle Tage. Auch Alex Markusch war erst skeptisch, ob der Absender wirklich die Gitarren-Ikone ist.

Wenn man sich mit diesen Leuten gut versteht, saubere Arbeit leistet und in ihren Kategorien denkt – denn Amerikaner haben teilweise eine andere Denkweise als wir, was die Terminplanung oder Reparaturen betrifft –, wird man natürlich weiterempfohlen.

Und dann freust du dich, machst das und bist dabei. Dann hörst du wieder drei Jahre gar nichts, und plötzlich kommt eine Mail mit der Ansage: „Du, wir sind morgen in Berlin, sind dann und dann am Flughafen. Kannst du vielleicht mal vorbeikommen? Hier muss schnell was gefixt werden.“ Und dann ist es schon schwierig, die Sachen nicht zu posten, weil man natürlich stolz darauf ist. Du sitzt dann mit bestimmten Leuten am Tisch, in der Garderobe, im Hotel oder hast die Instrumente in der Werkstatt und würdest am liebsten jedes Detail dieser Gitarre fotografieren, festhalten und posten.

Aber insbesondere, wenn etwas kaputt ist, wollen die Musiker das oft nicht. Warum auch immer, vielleicht wegen der Privatsphäre … ich habe keine Ahnung. Aber ich habe schon viele Situationen erlebt, bei denen man denkt: Das wäre jetzt so cool. Aber man macht es nicht, und so lange wird das sehr wertgeschätzt.

Eine Gitarre für James Hetfield

Sonja:
Gibt es trotzdem ein Projekt, von dem du uns erzählen kannst?

Alex:
Eine Sache war zum Beispiel die, als ich damals den Auftrag von Gibson bekam. Es kam die Anfrage, ob die Möglichkeit bestünde, eine Gitarre für James Hetfield zu bauen.

James Hetfield hatte damals mit Metallica einen Endorsement-Vertrag mit ESP. Die haben so viele tolle Modelle – super Zeug. Gibson hatte damals den Einstieg dort irgendwie verpasst, wollte aber trotzdem schauen, ob sie ihn nicht doch noch einmal gewinnen könnten, und hat ihm dann hier und da ein Modell geschickt. Hetfield sagte dann: „Lieben Dank, ist aber nicht meins,“ und schickte sie zurück.

Zu der Zeit habe ich mit Herman Nadrowski zusammengearbeitet, „Herman the German“. Eigentlich ein Wrestler, der aber auch Security war und bei Gibson ebenfalls als Consultant gearbeitet hat – als Artist-Betreuer. Er hat dieses Projekt dann angeregt, weil er viele Leute aus dem Umfeld von Metallica kannte. Am Ende ging es um die Frage: „Baust du etwas, Alex, oder nicht?“

Ich habe zugesagt, aber unter der Bedingung, dass ich es so mache, wie ich es gerne möchte und mir niemand reinredet. Und dann habe ich das gemacht. Es war eine Flying V. Und wie es dann immer so ist: Alles dauert ewig, und plötzlich hast du nur noch zwei oder drei Monate Zeit. Da hatte ich natürlich Schweißperlen auf der Stirn.

Eine Bedingung war, dass auf der Kopfplatte dann „Gibson“ steht. Das war mir zu dem Zeitpunkt erst einmal egal. Ich dachte nur: „Boah! So ein Auftrag!“ Dann habe ich die Flying V gebaut. Ich habe mir ganz, ganz viele Videos angeschaut, habe gelesen, mir tausend Sachen reingezogen und eigentlich etwas auf Verdacht gebaut.

Dann sind wir zu einem Festival gefahren, Rock am Ring oder so etwas in der Art. Dort hatten wir einen Termin mit einem Techniker, und der Techniker hat sich die Gitarre angesehen. Sie war natürlich auf den letzten Drücker erst fertig geworden und kam dann mit dem Flieger nach Köln. Ich war voller Angst und aufgeregt. Dann waren auch andere Leute auf dem Festival, wie Mark Tremonti von Alter Bridge und Matt Heafy. Sie sahen die Gitarre und sagten: „Wow! Ist die geil! Die ist super!“ Da war ich dann etwas beruhigt, aber immer noch mega aufgeregt.

Flying V Metallica

Alex Markusch im Interview: Eine Flying V für Metallica: „Da hatte ich natürlich Schweißperlen auf der Stirn.“

Dann kam der Gitarren-Tech vorbei, Chet. Das sind alles Leute, die seit 15, 20 Jahren fest bei Metallica angestellt sind und für die Jungs arbeiten und genau wissen, was der Chef mag und was nicht. Sie sahen sich die Gitarre an und sagten: „Ja, ist cool. Pass auf, wir machen einen Termin, das kriegen wir heute irgendwie hin.“ Dann saß ich da, im Gibson-Bus, und war wieder aufgeregt und habe gewartet. Tatsächlich bekamen wir dann einen Timeslot, in den wir reinrutschen durften.

Und dann stand James vor mir, und der Koffer lag da. Wir haben uns vorgestellt, und er hat den Koffer aufgemacht und tausend Fragen gestellt, die ich alle wie ein Schuljunge beantwortet habe. Er ließ sich alles erklären, nahm die Gitarre in die Hand und sagte, dass er sie auf jeden Fall mal ausprobieren würde. Das war schon mal der erste Wow-Moment. Dann verschwanden sie damit, und wir waren wieder draußen. Natürlich haben wir das erst einmal ein bisschen abgefeiert, dass er sie überhaupt probieren wollte.

Metallica macht es meist so, dass sie sich vor dem Gig etwa 45 bis 50 Minuten gemeinsam warm spielen und von dieser Probe direkt auf die Bühne gehen. Da hat er sie dann gespielt. Nach dem Konzert kam der Tech nochmal kurz vorbei, streckte beide Daumen hoch und sagte, die Gitarre wird verladen und direkt ins Studio nach Amerika gebracht – die behält er. Da brachen alle Dämme. Wir haben das an dem Tag und an dem Abend noch mega gefeiert.

Ich weiß nicht, wie viele Kilos ich in der Zeit bis dahin verloren habe, aber an dem Abend sind die alle wieder raufgekommen. Das war tatsächlich eine ganz große Sache. Ich habe James Hetfield dann noch zwei-, dreimal getroffen, aber es ist nie so ein richtiges Gitarrenbauer-Künstler-Verhältnis geworden.

Das hat sich dann lustigerweise eher zu Kirk Hammett entwickelt. James Hetfield ist eigentlich jemand, der zwar sehr hohe Ansprüche hat, dann aber mit seinen Sachen auch zufrieden ist. Er ist gar nicht so ein Nerd, der sagt: „Ich möchte diese Gitarre noch und diese.“ Er ist mehr dafür, schnelle Autos zu fahren und jagen zu gehen. Das ist ihm alles viel wichtiger.

Also, der Nerd in der Band ist Kirk. Der will jeden Pickup kennen, jede Bezeichnung. Er will wissen, warum er so herumgewickelt ist und nicht andersherum, und probiert auch alles aus. Ein ganz verrückter Typ.

Das neue Gitarren-Projekt mit ESP und Rammstein

Sonja:
Gibt es aktuell einen Big Player, mit dem du gerade zusammenarbeitest?

Alex:
Ja, im Moment mit Richard von Rammstein. Da sind einige Dinge in der Entwicklung, die demnächst auf den Markt kommen werden. Darüber freuen wir uns sehr. Es läuft gemeinsam mit der Firma ESP. Es wird ein Signature-Modell von ihm geben und auch ein LTD-Modell, also die etwas preiswertere Variante. Ein schönes Modell. Das ist auch eine tolle Zusammenarbeit, also mit dem deutschen Vertrieb, mit Stefan Kühn von Sound Service. Er hat auch alles mitentwickelt und kommuniziert alles, und ich bin im technischen Bereich mit dabei, bei Details.

Und Richard ist ja jemand, der im technischen Bereich sehr hinterher ist. Er ist detailversessen. Es ist keine einfache Zusammenarbeit, weil die Anforderungen sehr hoch sind und die Technik sehr kompliziert ist. Also, es ist nicht wegen Richard kompliziert, sondern wegen der Anforderungen. Die Schwierigkeit ist, dass du viel komplizierte Technik hast, die aber in einem rauen Bühnenalltag eingesetzt wird. Wenn man sich mal so eine Bühnenshow von Rammstein anschaut oder auch die Open-Air-Festivals, das Zeug muss ja funktionieren. Und das ist für mich in meiner Karriere auch ein wichtiger Begriff: Road-Tauglichkeit.

Alex Markusch Metallica

In seiner Werkstatt in Berlin-Friedrichshain bearbeitet Alex Markusch nicht nur die Gitarren der Stars, sondern ist immer auch für die Berliner Musikszene da.

Darauf lege ich großen Wert. Wir sehen immer wieder, dass es Entwicklungen gibt, über die man in Fachzeitschriften oder online etwas liest, und das ist toll. Aber letztlich ist immer die Frage, was hält nachher wirklich auf Tour? Und das ist zum Beispiel ein Wissen, das ich dann oft gar nicht mit dem Künstler teile, sondern mit den Gitarrentechnikern.

Und was die Zusammenarbeit mit Richard sehr anstrengend macht, sind die Timeslots. Zu schauen, wo man sich treffen kann, reden kann, etwas probieren kann. Dann läuft es zum Teil über Japan, zum Teil über die USA. Es ist nicht einfach, das alles so zu koordinieren. Das ist dann etwas, was Stefan machen muss. Und man muss auch klären, welche Dinge in der Produktion überhaupt möglich sind.

Das ist schon eine Herausforderung. Aber es macht natürlich auch total Spaß. Manchmal zerbrichst du dir den Kopf, suchst eine Lösung, und der Gitarrist sagt: „Das muss doch irgendwie gehen.“ Und du denkst: Ja, aber wie? Das ist doch nicht mein Job. Ich muss dafür sorgen, dass die Dinge dann funktionieren. Und man freut sich natürlich, wenn beispielsweise Richard wiederkommt und sagt: „Ja, das war super!“ Oder der Gitarren-Tech Lutz dann sagt: „Ja, das war nicht so cool, da müssen wir heute nochmal ran.“

Und es ist anstrengend, weil du immer Zeitdruck hast, und gleichzeitig macht es aber natürlich auch höllischen Spaß, weil du gefordert bist. Du musst kreativ sein, musst dir etwas ausdenken, damit es funktioniert.

Sonja:
Das wäre nämlich tatsächlich auch eine Frage gewesen: Wer sind die Leute, mit denen du dann wirklich ganz konkret an der Planung und an der Umsetzung arbeitest?

Alex:
Das ist ja unterschiedlich. Bei Richard zum Beispiel ist es so, dass Richard tatsächlich selbst sehr gern die Dinge in die Hand nimmt und dabei ist. Und sein Gitarren-Tech Lutz, wahrscheinlich schon über Jahrzehnte dabei, kennt natürlich auch alles in- und auswendig. Er ist natürlich mit dabei. Dann sitzt man zusammen im Studio, guckt sich Sachen an, probiert Sachen aus. Und hier war es natürlich auch die Zusammenarbeit mit Stefan, der dann die Kommunikation von Deutschland nach Japan und in die USA übernimmt.

Bei anderen Projekten, wie beispielsweise Nickelback oder Slipknot, ist es dann oft so, dass du mit dem Künstler einen E-Mail-Kontakt hast, aber letztlich der Guitar-Tech eigentlich alles weiß. Er ist schließlich auch derjenige, der die Sachen in die Hand bekommt. Er muss sich um die Pflege kümmern, er muss die Dinge einstellen, er ist technisch verantwortlich.

Bei einigen Musikern ist es so, dass der Techniker oft mehr über die Instrumente weiß als der Musiker selbst. Und dann ist es für mich natürlich immer wichtig, mit diesen Leuten zu sprechen. Das sind Erfahrungswerte. Alle Leute, die dort arbeiten, sind ganz, ganz wichtige Ansprechpartner für mich – diejenigen, die den Alltag der Band, den Alltag des Musikers gut kennen und mir dann Sachen sagen können beziehungsweise bei denen ich nachfragen kann.

Und da ist es dann nochmals wichtig für mich, dass die Dinge funktionieren. Wenn du beispielsweise über Brandenburgs Kopfsteinpflaster holperst, dann muss alles immer noch funktionieren. Das muss die Gitarre aushalten. Oder ob du mit der Aeroflot fliegst oder was auch immer. Also das sind dann für mich ganz wichtige Informationen und auch Tipps, die ich bekomme, oder auch mal einen Trick.

Aber ich gebe auch umgekehrt: Ganz viele Techs fragen mich dann auch mal: „Hey Alex, was kann man da machen, was kann man dort machen?“ On the road haben sie ja keine Werkstatt dabei, aber müssen trotzdem auch mal irgendetwas reparieren. Und da helfe ich natürlich dann auch gerne mal und gebe einen Tipp raus und bekomme ganz viel zurück. Also da freue ich mich sehr. Die Techs sind ganz, ganz wichtige Ansprechpartner, unbedingt.

Alex Markusch, Inhaber von alexguitars im Interview

Materialien im Gitarrenbau und Nachhaltigkeit

Sonja:
Nach welchen Kriterien suchst du die Materialien für deine Gitarren aus und vor allen Dingen, inwiefern hat sich alles vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit verändert?

Alex:
Fangen wir mal von hinten an. Die Auswahl selbst, also meine Kriterien, haben sich dort nicht stark verändert, weil ich in geringer Stückzahl baue. Ich habe ja keine Serienproduktion. Insofern stehe ich nicht vor dem Problem, vor dem große Hersteller stehen, wenn es darum geht, in einer bestimmten Menge tatsächlich liefern zu müssen und das dann eben ökologisch sinnvoll und nachhaltig.

Ich verarbeite Hölzer, die aus den 60er-, 70er- und 80er-Jahren kommen und nach Möglichkeit schon irgendwo ewig rumgelegen haben. Ich merke aber natürlich, dass sich Dinge geändert haben. Ich finde es selbstverständlich richtig, dass man darauf schaut, wo etwas herkommt und wie die Bedingungen sind, unter denen das Holz geschlagen wird.

Das sind wichtige Themen. Man muss nur bedenken, dass die Musikindustrie vom Anteil des weltweiten Holzbedarfs natürlich einen verschwindend geringen Anteil ausmacht. Ich will jetzt nicht lügen, aber ich habe mal irgendwo gelesen, dass es knapp zwei Prozent des gesamten Holzbedarfs sind, auch im Edelholzbereich. So gesehen ist die Musikinstrumenten-Industrie vielleicht nicht federführend. Man schaut aber natürlich trotzdem drauf.

Gitarrenbauer Berlin

Egal, ob Akustik-Gitarre oder E-Gitarre: Alex Markusch kümmert sich bei Alex Guitars um alle Gitarren.

Was die Qualität betrifft, ist das tatsächlich ein schwieriges Thema. Es gibt inzwischen viel Plantagenholz, das sehr schnell wächst und von großen Firmen eingesetzt wird. Da bin ich von der Qualität nicht immer glücklich, was Instrumente und den Ton betrifft. Aber auch, was die Stabilität von Hölzern angeht. Und ich suche meine Hölzer eigentlich ganz old-school aus, da ich ja nicht so viel brauche. Ich habe ein kleines Lager und bekomme auch immer wieder Anrufe von befreundeten Kollegen. Ich kaufe auch ein bisschen in Nordamerika ein, aber immer in ganz kleinen Stückzahlen und bin da sehr wählerisch.

Jeder Gitarrenbauer ist auf seine Art und Weise wählerisch, klar. Aber ich sage nicht, ich brauche jetzt einfach Mahagoni von der und der Sorte und kaufe das in mehreren Kubikmetern. Sondern ich gehe dann halt los und gucke und klopfe es ab und kaufe dann zwei Stück hier und ein Stück da und lege mir das dann auf den Rand. Also wirklich ganz klein und ganz übersichtlich.

Eine überraschende Antwort auf die Frage: Korpus oder Hals?

Was beeinflusst den Klang der Gitarre stärker?

Sonja:
Es gibt ja immer die Diskussion: Korpus oder Hals? Was ist entscheidender für den Klang? Wie stehst du zu dieser ganzen Debatte?

Alex:
Ich könnte natürlich sagen, entscheidend ist der Spieler oder die Spielerin. Ein Mark Knopfler wird auf jeder Gitarre wie Mark Knopfler klingen. Oder einer meiner großen Helden, Jeff Beck, klingt, egal was du ihm in die Hand drückst, wie Jeff Beck. Aber natürlich schaut man als Gitarrenbauer schon, was man da macht. Und für mich war eine ganz wichtige Erfahrung, als ich damit anfing, dass es eigentlich nicht die Gewichtung Hals oder Korpus gibt. Das war für mich damals überraschend.

Du baust einen Hals und klopfst ihn ab und denkst: Boah, der klingt aber super! Und dann hast du einen Korpus, den du vom Holz her toll findest, sägst alles aus, fräst, machst, tust und denkst: Wow, der klingt super. Und dann schraubst du die Dinger zusammen und merkst: Oh, klingt kacke. Verdammt!

Mist, was denn jetzt, wieso, warum? Also, das verstehe ich nicht. Und diesen Prozess für sich zu durchlaufen, rauszufinden, wie Dinge zusammenpassen und dass eben die Hölzer zueinander passen müssen – das kannst du vorher nicht messen. Man kann auch nicht sagen, dass, wenn die Maserung so ist und das Holz ein bestimmtes Alter hat, dann… Dinge wie die Luftfeuchtigkeit und Verharzung und all diese Aspekte spielen da eine Rolle.

Am Ende entwickelst du im Laufe deines Daseins ein Gefühl dafür, ob ein Hals zum Korpus passt. Und das ist, glaube ich, auch der große Vorteil gegenüber einem Serienhersteller. Selbst in kleinen Serien hast du nicht die Möglichkeit zu sagen, ich stimme das alles aufeinander ab. Ja, du achtest darauf, dass die Hölzer gut und abgelagert sind, das ist klar, aber du hast nicht die Möglichkeit zu sagen, das passt zu dem, zu diesem oder zu jenem.

Diese Möglichkeit habe ich in dem Moment. Das kostet natürlich Zeit, die man sich nimmt, um zu sagen: okay, ich habe hier also mehrere Stücke Ahorn, die eigentlich alle infrage kommen für den Hals und, keine Ahnung, Erle, Esche, Mahagoni für den Korpus. Was davon passt jetzt klanglich zusammen?

Gitarrenbauer Gibson

Der Gitarrenbauer der Stars im Interview: Die überraschende Antwort auf die Frage: Korpus oder Hals?

Und das entsteht tatsächlich durch – jetzt wird es esoterisch – durch Anfassen, und du musst auch einen guten Tag dafür haben. Also das kannst du auch nicht jeden Tag machen. 80 % sind natürlich Handwerk und das geht auch mit 40 Fieber. Aber es gibt einige Stellen, da musst du einfach gut beieinander sein, dich reinfühlen und sagen: so, jetzt suche ich was Schönes aus. Und dann kriechst du quasi in das Holz rein, nimmst es in die Hand, klopfst dagegen und versuchst, ein Bild zu bekommen. Da geht es weniger um Maserung, das sind technische Dinge, die vorher feststehen, sonst würde ich es ja auch gar nicht verarbeiten.

Das ist dann ein spannender Prozess. Manchmal fällt man auch auf die Nase, dass man am Ende so ein bisschen wie bei Douglas im Parfümladen denkt: Ich habe gar keinen Plan mehr. Dann muss man das liegen lassen, aufhören und am nächsten Tag, in der nächsten Woche nochmal ran. Einfach sich die Zeit nehmen und sagen: Nee, ich warte auf die Intuition.

Das Schöne ist, dass die Musiker diesen Prozess verstehen. Es ist vergleichbar mit dem Tag im Studio: Du spielst ein Solo und denkst: Ja, technisch alles sauber, alles richtig, keine Fehler, aber es holt mich nicht ab. Und das ist beim Gitarrenbau an einigen Punkten, nicht die ganze Zeit, aber an bestimmten Stellen genauso wichtig.

Eine weitere wichtige Sache ist, den Kunden zu verstehen, zu wissen, wo er hinwill. Im Laufe der Zeit entwickelt man eine Empathie, wenn man mit den Menschen arbeitet. Ich habe mich gerade gefreut, als Sascha Gerstner von Helloween hier war. Eine Gitarre war umgefallen und brauchte eine Reparatur, und dann habe ich gefragt, ob ich die Gitarre ein bisschen anders einstellen darf. Und er sagte: „Ja, mach mal.“

Und da kam gerade die E-Mail zurück, in der stand: „Super, ist ja wie neu, ist ja mega!“ Das sind Dinge, die dich freuen. Es ist wichtig, dass du den Musiker verstehst. Situationen, in denen es nicht um technische Dinge geht wie die Saitenlage hier oder die Intonation da, sondern du dir denkst: Was ist das für ein Typ? Du hörst dir die Musik an und versuchst, dich hineinzuversetzen in das, was so ein Spieler eigentlich braucht.

Und dann stellst du die Gitarre ein, an verschiedenen kleinen Stellpunkten, und erreichst den Musiker damit. Er nimmt die Gitarre in die Hand, die er sich ausgesucht hat, aber er stellt dann fest, dass es für ihn einen Unterschied ausmacht.

Alex Guitars Rammstein ESP

Alex Guitars Berlin: Dieser Arbeitsplatz hat schon viele berühmte Gitarren gesehen.

Im besten Fall fühlt sich eine Gitarre nicht wie ein Fremdkörper oder ein Gerät an, sondern als natürliche Verlängerung von dir, wie ein organischer Teil von dir. Du nimmst sie in die Hand und musst dich nicht zurechtfinden oder dagegen ankämpfen. Es gibt ein paar Sachen im Vintage-Bereich, bei denen ich sage: Das ist ganz cool. Gerade bei alten Telecastern hast du manchmal das Gefühl: Boah, da musst du aber kämpfen, die ist schwer einzustellen und sie „kämpft“ auch zurück. Da musst du dich durchsetzen.

Das kann bei bestimmten Sachen auch gut sein, dass du dich so richtig damit auseinandersetzt. Aber bei neuen Instrumenten, die man baut, geht es eigentlich darum, dir etwas zu ermöglichen, ohne dass du gebremst wirst. Du als Gitarrist oder Spieler sollst keine Behinderung haben, und die Dinge sollen so durchfließen können, dass du das, was du im Kopf und in den Fingern hast, ohne Nachdenken sofort umsetzen kannst, ohne ausgebremst oder limitiert zu werden.

Und es muss auch zur Musik passen, die du machst. Spielst du allein oder in einer großen Band? Dann brauchst du einen anderen Sound, denn es sind ja andere Voraussetzungen. Bis hin zu der Frage: Welche Stimmlage hast du? Und welche Frequenz deckt die Gitarre jetzt ab? Soll sie ein bisschen brillanter klingen oder lieber wärmer? Da kann man schon ganz viel Einfluss nehmen – als Handwerker, Gitarrenbauer und Reparaturmann. Indem du vernünftige Arbeitsbedingungen für die Künstlerin oder den Künstler herstellst.

Der Tipp vom Gitarrenbauer:

Anfänger-Gitarren „von der Stange“ – worauf muss ich achten?

Sonja:
Sehr, sehr cool. Was würdest du Leuten auf die Frage antworten, worauf sie beim Kauf einer Gitarre achten sollten? Und wenn sie jetzt eine Gitarre von der Stange kaufen möchten, gibt es eine Gitarre im Preissegment bis 500 Euro, von der du sagst: Ja, die würde ich euch empfehlen, also die finde ich sehr, sehr geil?

Alex:
Also, es gibt nicht das eine Instrument, das ich empfehlen kann. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Industrie dort eigentlich einen großen Sprung gemacht hat. Also, bei allem Meckern über Qualität und Hölzer und allem drum und dran: Tatsächlich bekommst du für ein paar hundert Euro heutzutage sehr gute Instrumente, die dich nicht daran hindern, gute Musik zu machen. Das ist schon mal eine gute Nachricht, finde ich.

Auch die großen Musikhäuser oder die großen Hersteller bieten inzwischen Instrumente an, bei denen selbst Profis sagen: Komm, ich kaufe mir irgendeine Squier, eine Epiphone, eine LTD, eine Yamaha für ein paar hundert Euro, steck da nochmal 200 Euro rein, und dann habt ihr eine super Gitarre. Also da ist die Qualität bisweilen da. Leider ist die Streubreite aber sehr groß. Deswegen kann ich nicht sagen: Kauf mal das Modell X von der Firma Y. Das kann sich in drei Wochen wieder ändern.

Oder du bestellst fünf Gitarren, und dann sind drei ganz oll, eine super, eine ist so „in between“ – da gibt es nicht DEN Tipp. Also, Anfängern, die keine Ahnung haben, empfehle ich auf jeden Fall, den Lehrer zu fragen. Neben den technischen Dingen sollte man darauf achten, dass die Gitarre vielleicht ein bisschen vielfältig und nicht zu speziell ist, und darauf schauen: Wie fühlt sie sich an?

Anfänger Gitarre

Wer nicht fragt, bleibt dumm: Gerade Anfänger sollten sich immer Hilfe bei der Wahl der richtigen Gitarre suchen.

Der Lehrer kann das Instrument technisch einschätzen, aber dieses Gefühl, um das ich hier ja auch kämpfe – dieses „Oh, haben wollen! Fühlt sich gut an!“ – das finde ich tatsächlich oft wichtiger, als zu sagen, ich muss jetzt den Tonabnehmer X, Y, Z haben. Und dann natürlich vom Lehrer die Einstellung des Instruments einschätzen zu lassen. Denn das ist eine Erfahrung, die wir hier oft machen, dass leider die Instrumente, wenn sie ausgeliefert sind, oft mega schlecht eingestellt sind. Also, du kannst ganz, ganz viel über einen Einstelljob aus 0815-Instrumenten rausholen.

Und das ist für mich eigentlich so eine ganz gute Nachricht: dass man tatsächlich aus preiswerten Instrumenten richtig gute, vollwertige Instrumente machen kann, mit denen man sogar auf die Bühne gehen oder lernen kann. Aber man sollte immer jemanden dafür holen oder auch zum Gitarrenbauer gehen. Ich weiß, einige Gitarrenbauer haben keinen Bock darauf, und natürlich ist das auch anstrengend.

Ich sage immer, wenn Kunden reinkommen und sagen, dass sie eine günstige Gitarre kaufen möchten, dann sage ich: „Geh zu deinem Local Dealer, denn da setze ich immer eine gute Beratung voraus.“

Das ist so der erste Tipp. Wenn das aus welchen Gründen auch immer nicht geht, dann bestell etwas im Internet und lass die Gitarre einschätzen, auch vom Gitarrenbauer. Damit er nochmal drüberschaut und dir sagt, was okay ist und was nicht. Aber eigentlich haben wir in Berlin auch etliche gute Gitarrenläden mit einer guten Beratung, mit einer guten Auswahl. Man muss nicht immer alles online kaufen. Support your Local Dealer.

Diesen Kontakt finde ich sowieso immer schöner. Klar, online hast du eine riesige Auswahl, aber gerade Gitarren haben ein Problem. Ein Keyboard bestellst du hier, da oder dort, du kriegst immer das Gleiche. Eine Gitarre ist individueller. Am selben Tag vom selben Hersteller dasselbe Modell bestellt, und alle fühlen sich unterschiedlich an. Und deswegen finde ich es eigentlich wichtig, eine Gitarre tatsächlich im Laden zu kaufen.

Sonja:
Damit man sie mal selber angespielt hat, und vor allen Dingen das Fiese ist: Wenn du eine Gitarre im Laden anspielst und dann denkst: Ah, jetzt bin ich ein Schnäppchenfuchs und kauf sie mir im Internet, dann bekommst du ohnehin ein ganz anderes Instrument.

Alex:
Und genau das finde ich auch ein bisschen doof, wenn ich ehrlich bin. Ich weiß, es gibt vielleicht Leute, die müssen das machen, weil sie nun gar keine Taler auf Tasche haben, aber eigentlich finde ich das nicht cool. Bei Leuten, die Ahnung haben, all das abzurufen und abzufragen und dann einfach was im Internet zu kaufen, das ist einfach uncool. Außerdem geht es auch darum, diese Verbindung zu haben: Ich habe irgendwo etwas gekauft, dann kann ich dort auch wieder hingehen, wenn ich Fragen habe. Und die wissen, was sie mir verkauft haben, und helfen mir wahrscheinlich sogar.

Das ist ein guter Laden. Machen die das nicht, dann kann man den auch verlassen. Aber die kleineren Läden, die ich ja alle so kenne, haben meistens auch eine kleine Werkstatt. Eigentlich Konkurrenz natürlich. Trotzdem empfehle ich, da hin zu gehen. Du bist einfach gut aufgehoben. Du hast Leute, die Ahnung haben. Ich habe es eigentlich noch nicht erlebt, dass den Leuten hier, gerade in den kleineren Musikläden im Umfeld, etwas aufgeschwatzt wurde, was sie gar nicht haben wollten.

Sonja:
Und letztlich muss man hinsichtlich der Kosten auch sagen, dass es eine Leidenschaft ist. Und da lohnt es sich dann, auch mal einfach dafür zu sparen.

Alex:
Wir kennen das Problem bei jungen Leuten, dass dann die Eltern sagen: „Ja, wir wissen ja gar nicht, ob die Kinder dabei bleiben und so.“ Das versteht man natürlich auch. Da liegt aber der Widerspruch in dem Umstand, dass, wenn ich einem 8-, 9- oder 10-Jährigen ein schlechtes Instrument gebe, das Kind die Lust verliert.

Also, da muss man gucken, dass man eine gute Balance findet. Und deswegen ist dort nochmal die Beratung in einem Laden oder beim Gitarrenbauer oder wo auch immer wichtig. Vielleicht einfach mal etwas Second-Hand zu kaufen und dann zum Gitarrenbauer zu gehen und zu sagen: „Okay, ich hab hier einen Second-Hand-Bass. Ist der okay, ist der nicht okay?“ Sich auch mal beraten zu lassen, das ist schon wichtig.

Gibt es einen ultimativen Tipp für Gitarristen?

Sonja:
Vielleicht war das jetzt schon die Antwort auf meine letzte Frage, aber hast du einen ultimativen Tipp für Gitarristen, sei es Einsteiger oder Profis – wen auch immer? Quasi einen Geheimtipp, mit dem man noch mehr aus seinem Instrument rausholen kann?

Alex:
Wir merken hier, dass tatsächlich viele Instrumente mehr Potenzial haben, als vom Spieler oder von der Spielerin abgerufen wird oder von der Einstellung her. Was mir wichtig ist, beziehungsweise was ich für mich gelernt habe, ist, dass man immer auf seinen Bauch hören sollte. Und dann auch etwas zu verändern, wenn man das Gefühl hat, dass irgendwas am Sound oder am Spielen nicht stimmt. Diesem Gefühl mehr Raum zu geben, ihm mehr nachzuspüren, mehr zu überlegen, was nicht stimmt.

Und dann im Notfall auch zum Fachmann zu gehen und zu sagen: „Du, kannst du mal gucken.“ Ansonsten ist die Pflege schon wichtig. Wir merken leider, dass dann die Leute oft nach drei, vier Jahren denken: Warum ist das jetzt plötzlich kaputt? Ich sage nur: Zahnreinigung. Ein-, zweimal im Jahr. Und bei Gitarren nach Möglichkeit eigentlich auch.

Gitarre einstellen Gitarrenbauer

Gitarren pflegen und einstellen: Einige Dinge sollte man definitiv dem Profi überlassen.

Es gibt manchmal Sachen, wenn die dann über längere Zeit nicht in Ordnung sind – insbesondere Hälse zum Beispiel, wenn die zu lange Zeit in eine bestimmte Richtung verbogen sind, kriegst du die eigentlich trotz Spannstäben und so weiter nie wieder topgerade. Da bleibt halt immer so eine kleine Welle. Also dort immer mal drauf gucken lassen. Man muss nicht immer viel Geld ausgeben. Viele sagen auch: „Komm im Winter mal vorbei, ich guck mal drauf, und ist alles cool. Dann nimmst du sie wieder mit, steckst einen Fünfer in die Kaffeekasse, und alles ist gut.“

Sonja:
Gibt es sonst noch irgendwas, was du den Leuten gerne mit auf den Weg geben würdest?

Alex:
Behaltet den Spaß, auch in schwierigen Zeiten. Und ich freue mich, weil ich das Gefühl habe, dass die Live-Szene, diese Gitarren-Szene, dieses Musikmachen, zumindest hier in Berlin, wieder aktiver ist. Und dass dieses Clubsterben weniger wird und mehr Leute wieder auflegen und mehr Musik in der Kneipe. Ich hab ein bisschen das Gefühl, dass wieder so eine Independent-Szene entsteht.

Also hier kommen oft junge Leute rein mit irgendeinem 100-Euro-Instrument, bei dem die Hälfte fehlt, und du merkst aber, die haben Bock. Und du fragst sie: „Wo spielst du denn?“ „Ja im …!“ In irgendeiner Adresse, von der du noch nie etwas gehört hast, irgendeinem Keller, in den zwölf Leute reinpassen. Aber dieser Spaß, diese Freude daran, und das zu behalten, das zu supporten, dort hinzugehen.

Nicht zu sagen: „Igitt, was ist denn das für ein Instrument hier? Komm, hau ab!“, sondern zu sagen: „Ja, klar, komm, ich zieh dir mal eine Einzelseite drauf, du hast kein Geld.“ Weißt du, was man eigentlich nicht macht. Aber dort einen Support zu leisten und die jungen Leute zu unterstützen und diese Szene zu unterstützen. Damit Musik gemacht wird, damit Kultur lebt, das finde ich wichtig, das finde ich cool, das macht Spaß. Nicht nur die großen Namen, sondern das, was um die Ecke passiert.

Dort dabei zu sein, dort hinzugehen. Zahlt Eintritt, die Musiker brauchen das. Finde ich wichtig.
Wir haben in den Jahren nach Corona ganz deutlich gemerkt, was passiert, wenn Leute wegbrechen. Vom Caterer über den Lichtmann, über Leute, die Podeste aufbauen, über Backliner, über Backline-Technik. Wie in den ersten Jahren das alles eingebrochen ist, weil diese ganze Peripherie zusammengebrochen ist. Künstler konnten zum Teil gar nicht auftreten, weil die Leute fehlten und die Möglichkeiten. Und wie wichtig es ist, das zu supporten.

Das ist natürlich eine Sache, die mich damals so auch gestört hat. Die Leute haben das zum Teil gar nicht so mitbekommen. Die machen Spotify an und Musik läuft ja weiter. Dass die aber erzeugt wird, dass es Menschen gibt, die diese Musik machen, die davon leben – dieser ganze Drumherum-Bereich – das haben die Leute gar nicht auf dem Schirm.

Und das mehr zu verbreiten und den Leuten mehr bewusst zu machen: Dort Geld auszugeben, um diese Peripherie, diesen Boden quasi auch am Leben zu erhalten, auf dem dann Kunst wachsen kann. Und da stört mich nach wie vor ein bisschen, dass an Schulen dieser Punkt leider so ein bisschen hinten runterfällt. Mathe, Deutsch, dann kommt eine ganze Weile gar nichts, und dann kommt irgendwann mal vielleicht Musik- und Kunsterziehung.

Interview alexguitars

Alex Markusch im Interview: Wir hatten wirklich eine tolle Zeit bei alexguitars in Berlin.

Aber dort auch in einem kleinen Bereich Support zu leisten. Und wenn eine Musikschule kein Geld hat, dann repariere ich trotzdem mal etwas. Oder bei ganz jungen Leuten, bei denen du weißt, die haben keinen Taler, dann ziehe ich denen Saiten auf und sage: „Wenn die die erste goldene Schallplatte da ist, dann bringst du das Geld halt.“

Aber im kleinen Rahmen hier und da mal zu unterstützen und für gute Vibes zu sorgen, das kann, glaube ich, jeder.

Sonja:
Lieber Alex, ich danke dir für dieses tolle Interview und bin gespannt, welche Gitarren aus der Werkstatt von alexguitars in Berlin es künftig auf die Bühnen dieser Welt schaffen.

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Forum
  1. Profilbild
    dAS hEIKO AHU

    „…Und dann schraubst du die Dinger zusammen und merkst: Oh, klingt kacke. Verdammt!..“

    Ich könnt mir vorstellen, dass es ähnlich wie beim Kochen ist: Nur weil Du zwei Premium Zutaten zusammenbringst, heißt das nicht, dass das ganze Gericht auch gut werden wird.
    Ich finde Instrumentenbauer außerordentliche Handwerker. Und die Tatsache, dass Du immer noch feuchte Hände bekommst, wenn ein Superstar vor dir steht und deine Gitarre prüft, zeigt, dass es nicht darum geht, dass James oder Jeff dir ne „Klampfe“ abkauft, sondern, dass dein Produkt besteht. Und dennoch die Wertschätzung, für ein weniger wertiges Instrument eines Kunden, das aber auch etwas „Liebe“ verdient hat

    Größten Respekt.

  2. Profilbild
    DJ Melosine

    Tolles & interessantes Interview, toller Typ, den ich vor längerer Zeit kennenlernen durfte. Das sind die Leute, die die positive Seite der MI-Branche ausmachen. Respekt.

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