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Interview: AMAZONA.de-Leser Christoph Oliver Zenz bei Allen&Heath

(ID: 65066)

AMAZONA.de:
Hallo Oliver, uns hat ja eine recht witzige Geschichte hier zusammen geführt. Kannst du kurz erzählen, wie es dazu kam?

Oliver:
Also gut, ich betreibe seit einigen Jahren eine kleine Firma, die sich auf verschiedenen Gebieten tummelt, unter anderem auch in der Produktion und Aufzeichnung von kleineren Konzerten, Kindermusicals, Choraufnahmen usw. Im Zuge dessen hatte ich ein digitales Mischpult mit analoger Oberfläche verwendet, weil sich das für mich, der ich blind bin, besonders gut geeignet hat.
Leider ist das Pult dabei, seinen Geist aufzugeben – aus diesem Grund habe ich mich einfach mal im Internet umgelesen, was es für Alternativen gibt.
Dabei bin ich über ein Mischpult gestolpert, über das du einen Artikel geschrieben hast, welches mich zunächst recht begeistert hat, was die klanglichen Möglichkeiten und die Routing-Optionen betrifft, aber ich hatte schon vorher auf der Allen&Heath-Seite über ein Alternativprodukt gelesen und war mir nun unschlüssig, wohin soll denn nun die Reise gehen? Da dein Artikel sehr auskunftsreich dargestellt war, dachte ich mir, wende dich doch an den Herrn selber und frage ihn einfach, vielleicht kennt er ja auch das A&H ZED R16.
Gesagt getan, ich habe dir eine E-Mail geschrieben und die Antwort kam prompt, auf die Art und Weise sind wir in Berührung gekommen.

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Gesprächsrunde: Christoph Oliver Zenz, Alexandra Bischof, Jochen Kling, (nicht im Bild), ich

Gesprächsrunde: Christoph Oliver Zenz, Alexandra Bischof, Jochen Kling, (nicht im Bild), ich

AMAZONA.de:
Nun helfen wir, ich denke hier im Namen aller Autoren zu sprechen, bei solch konkreten Fragen gerne. Wir möchten wir aber ganz gerne etwas mehr über dich erfahren. Du machst ja schon länger Musik, wie waren denn deine Anfänge?

Oliver:
Ich bin ja Jahrgang ’59, meine absoluten Anfänge waren, mit 4 Jahren hatte ich Flötenunterricht. Da habe ich schon entdeckt, dass vorgegebene Musik lustig ist, wenn sie einem gefällt und langweilig, wenn man nicht dahinter steht. Den ersten Streit mit meinem Musiklehrer hatte ich, da war ich noch nicht 5, als ich ihn gefragt habe: Wieso soll ich dieses Lied spielen „Bald gras ich am Neckar, bald gras ich am Rhein“?
So ging das mein Leben lang durch, mit Musiklehrern hatte ich so meine Probleme, musikalisch hatte ich aber extrem viele Vorstellungen, ich habe schon in der zweiten Klasse von Chorsätzen geträumt, die ich aber mit meinen Kenntnissen nicht umsetzen konnte, weder konnte ich Klavier, noch Gitarre.
Zur Kommunion habe ich dann eine Tonbandmaschine geschenkt gekriegt, das hat dann bei mir einen Kreativitätsschub ausgelöst, der mich ein Leben lang an der Musik gehalten hat.

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AMAZONA.de:
Du bist ja mit einem Handicap aufgewachsen, willst du darüber kurz etwas erzählen?

Oliver:
Als Kind hat meine Mama schon recht früh bemerkt, dass mit meinen Augen etwas nicht in Ordnung ist und hat mich untersuchen lassen. Dabei wurde festgestellt, dass ich hochgradig nachtblind bin und möglicherweise bald ganz erblinden werde.
Gott sei Dank ist mir das nicht passiert, bis zu meinem frühen Erwachsenenalter hatte ich, bis darauf, dass ich nachts wirklich nichts sehen konnte, keine größeren Einschränkungen.
Irgendwann ist es dann schlimmer geworden, ich konnte die Displays meiner Synthesizer nicht mehr erkennen und seit 10-12 Jahren bin ich nun ganz blind.
Dieses Handicap ist  natürlich hinderlich, weil man nicht immer alles unmittelbar umsetzen kann, andererseits macht es einen auch sensibel. Alle denken immer, als Blinder hört man besser, das stimmt so nicht, man ist aber einfühlender, man verwertet die wenigen Informationen anders als jemand, der mit allen Sinnen wahrnimmt.
Insofern muss ich sagen, im Alltag ist es nicht so leicht mit dem Handicap, in der Musik ist es, abgesehen von nicht mehr Noten lesen können, fast ein Vorteil.

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Sehr spannender Einblick in das Leben eines Blineden und auch ein überaus interessanter Lebenswandel. Ich könnte mir allerdings nur schwer vorstellen, meine Geräte tatsächlich blind zu bedienen – selbst bei Synthies mit einem Knopf pro Funktion.

    • Profilbild
      gaffer AHU

      @Marius Es ist schwer vorzustellen als Sehbehinderter Synthies zu bedienen. Aber wenn du die gespielt hast, bevor du erblindest wärst, würdest du vielleicht auch nicht aufhören und mit den verbleibenden Möglichkeiten das Maximale rausholen.
      @Armin: Interessanter Bericht mit einer sehr guten Einsicht. Was einem Blinden bei der Bedienung hilft, kann allen anderen auch nur nützlich sein. Lässt sich vermutlich auch auf andere Handicaps übertragen.

    • Profilbild
      synton

      Der Bericht ist zwar schon etwas älter, aber es geht ja um die Frage, wie gut können Blinde einen Synth oder sonstige Musikelektronik bedienen.
      Nachdem die „modernere“ Hardware ja auch mit immer größeren Displays ausgestattet ist, und dabei auch Hauptfunktionen nur noch über den Bildschirm erreichbar sind, ist das sicher schwierig. Ich könnte mir vorstellen, dass die aktuelle Retro-Analog-Welle mit 1 Knopf = 1 Funktion Blinden und Sehbehinderten gut zu pass kommt. Wenn es für Sehbehinderte gut ist, können Sehende damit auch intuitiver arbeiten. Und wie man weiß, steht zu große Komplexität der Spielfreude eines Musikers ohnehin entgegen.

      Stevie Wonder ist sicher ein großer Virtuose und hat schon früh auf Synthesizer gesetzt. Dass die alten Moogs, Jupiter 8 und Prophet 5 blind zu bedienen sind, das versteht sich. Dass diese Instrumente aber auch heute große Spielfreude verbreiten, liegt vielleicht genau daran.
      Übrigens mein Lieblingspolysynth, bei dem jeder Knopf quasi eine „Spielhilfe“ ist und selbst während einer Performance immer klanglich sinnvoll verschraubt werden will, und dem ich „blind“ vertraue und „blind“ spiele, ist der ELKA Synthex. Hat nicht übrigens Stevie Wonder sich gerade diesen Synth nochmal fertigen lassen, während er von der DX7-Zunft schon mächtig verlacht und verschmäht wurde?

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