Der Boxenrestaurator aus Ludwigsfelde
Vor einigen Wochen rief mich ein befreundeter Musiker und Produzent aufgeregt an, dass ich nach Möglichkeit sofort in seinem Studio vorbeischauen solle. Er hätte da ein paar sehr interessante Lautsprecher, die ich mir unbedingt anhören sollte. Auf die Frage, um welche Lautsprecher und Marke es geht, hieß es dann: „Ich habe da jemand kennengelernt, der baut alte DDR-Lautsprecher um und die klingen einfach fantastisch“.
Na gut, wüsste ich nicht, dass mein Freund in Sachen Lautsprecher wirklich ein gutes Händchen hat, hätte ich spätestens beim Stichwort „DDR-Lautsprecher“ abgeschaltet, denn bis dato hatte ich mich mit diesem Thema nicht beschäftigt, geschweige denn irgendwelche Lautsprecher aus der ehemaligen DDR gehört.
Zwei Tage später saß ich dann beim besagten Kollegen im Studio und war völlig platt, denn die Teile klangen wirklich gut. Selbst ein direkter Vergleich mit einem rund vier mal so teuren Lautsprecher-Pärchen fiel überaus positiv aus. Wer ist also dieser Typ, der alte DDR-Lautsprecher umbaut, repariert und restauriert?
Es handelt sich dabei um Andreas Kaufmann, der im normalen Leben Tonmeister beim Film ist, womit wir auch gleich beim nächsten interessanten Punkt wären. Denn auf seiner Referenzen-Liste als Tonmeister stehen immerhin rund 170 Filme. Aber lest einfach selbst:
AMAZONA:
Hallo Andreas, erzähl uns doch zunächst kurz etwas zu Dir.
Andreas:
Ich bin 1953 in Köthen/Anhalt geboren und aufgewachsen in der DDR. Nach der 10. Klasse, in den Anfängen der elektronischen Datenverarbeitung, habe ich eine Ausbildung zum Bediener und Programmierer von Großrechenanlagen absolviert und auch einige Zeit am Rechenzentrum der Ingenieurhochschule (IHS) in Köthen gearbeitet. Nach einem abgebrochenen Studium der sozialistischen Betriebswirtschaft bin ich dann durch meine Frau 1976 nach Ludwigsfelde gezogen.
AMAZONA:
Du bist schon sehr lange im Filmbereich als Tonmeister tätig. Deine Referenzen in diesem Bereich sind wirklich beeindruckend. Wie kam es denn dazu, wann und wo waren die Anfänge in der Filmbranche?
Andreas:
Während meiner Zeit an der IHS Köthen habe ich meine ersten Erfahrungen im Umgang mit Tönen gemacht. Es gab dort eine Arbeitsgemeinschaft Hochschulfunk, eine Tonregie, von der aus alle Hörsäle und die Mensa beschallt werden konnten.
Im September 1976 bin ich dann über einen Bekannten zur DEFA (Deutsche Film-AG, Anm. d. Red.) gekommen und habe dort bis 1986 als Tonassistent gearbeitet. Im Rahmen eines Externstudiums habe ich an der Filmhochschule Babelsberg einen Abschluss als Dipl. Ing. für Film- und Fernsehtechnik absolviert und darf mich seitdem Filmtonmeister nennen. Bis zum Mauerfall habe ich weiter bei der DEFA als Tonmeister gearbeitet und dort meine Filme von der Vorbereitung bis zum fertigen Produkt betreut.
Ich verstehe die Einleitung nicht? Waren die Namen RFT und vor allem Geithain dem Autor bekannt oder nicht?
Wie kann man dann beim Thema „DDR-Lautsprecher“ abschalten? Wer sich mit der Materie befasst, müsste zumindest den Namen Geithain kennen.
Hallo wolftarkin,
sowohl Geithain als auch RFT waren mir vor dem Interview bekannt, ich hatte sie beide allerdings nicht als potentielle Kandidaten für mein Studio angesehen. Ich wollte das Ganze nur etwas überspitzt formulieren :-)
Hallo Felix,
da hast du wirklich eine interessante Story und einen interessanten Menschen „ausgegraben“. Hat Spaß gemacht zu lesen! Was ich noch nicht so recht verstanden habe, die RFT Lautsprecher sind alle HIFI-Boxen und keine Studiomonitore. Oder habe ich da etwas missverstanden?
@j.rauner Hallo,
danke, freut mich dass das Interview Dir gefallen hat. Die RFT Lautsprecher wurden ursprünglich für den Hifi Markt entwickelt, aber wie Andreas im Interview bereits angemerkt hat, stand bei der Entwicklung vor allem die Qualität im Vordergrund und das macht sie durchaus für den Studio Bereich interessant. Klanglich sind sie wirklich interessant und selbst beim Vergleich mit höherpreisigen Monitore konnten die BR50 von Andreas sehr gut mithalten.
@Felix Thoma Hallo Herr Thoma,
der Bericht ist schön. Ich habe Ihnen einen Bericht zu den letzten Aktionen für die Vorstellung der originalen BR50- Boxen bei Profihändlern in 1990 gesendet. Diese Boxen haben Studioqualität. Einfach mal vergleichshören. Jeder, der diese heute noch hat, ist ein wahrer Glückspilz.
Viele Grüße
BRHeini
Danke, sehr interessanter Beitrag.
Ich fand viele der alten RFT DDR Boxen schon immer recht gut… bzw. sogar sehr gut!
Ebenso die Verstärker aus den Transistor-Radios der Tocatta Serie, bekommt man in der Bucht für unter 50€, finde ich extrem geil und ziehe ich aktuellen Modellen mit Marketing-Schnickschnack vor.
@vssmnn Hallo Conrad,
BR50 eine tolle Box, die ich seit 1986 selber habe und neben den „Standarts“ gerne höhre. Was Rema Tocata und Andante betrifft, soundmäßig sehr angenehm aber das waren auch noch Germaniumendstufentransistoren.
@Marienberg Sind Germanium Transistoren gut oder schlecht?
@vssmnn Mahlzeit,
Germanium Transistoren haben andere Kennlinien als Silizium Transistoren. Die Durchbruchspannung liegt bei Germanium bei ca 0,2V. Das war auch schon mal Thema im Sequencer Forum http://www.sequencer.de/synthesizer/viewtopic.php?p=242370
Allerdings sind die Dinger auch empfindlich gegen Hitze und so weiter.
@Marienberg Hllo Marienberg, BR50 aus 1986? Sind da noch die Sicken ganz? Oder haben Sie diese schon erneuern lassen? In welcher Farbe sind diese vermutlich ersten Muster?
Viele Grüße
BRHeini
@BRHeini Die Sicken wurden nie erneuert, die Farbe ist eine Art Nußbaum Schwarz.
@Marienberg Guten Abend,
Nusbaum schwarz. Das ist interessant. Wer hat diese BR50 1986 gebaut bzw. hergestellt? Ich kenne die naturgebeizten Furniere, die waren leider alle heller wie z.B.Esche natur auch mit naturfarbener Front, oder Ahorn Natur mit schwarzer Front. Es soll wohl auch Nusbaum in braun gemacht worden sein(?) Ich würde mich über ein Bild sehr freuen. Viele Grüße BRHeini
Ich finde den Artikel sehr spannend, da ich von diesen Boxen so noch nichts gehört habe. Als 89er Baujahr ist die DDR auch an mir (fast) spurlos vorbeigezogen.
Wie viel kostet denn ein neues gefertigtes Paar BR50? Da Weihnachten vor der Tür steht und mein Studio noch eine Zweitabhöre benötigt… geht da vielleicht was?! ^^
Des Weiteren gefragt: Diese Boxen sind passiv, oder? Wenn ja, Gibt es eine konkrete Empfehlung für einen Verstärker o.ä. zusätzliche Infos?
@Saedelaere Hallo BlackSun,
ja, die BR50 sind passiv. Alles Weitere am Besten direkt mit Andreas besprechen. Den Link zu seiner Webseite findest Du am Ende des Interviews.
Gudde Felix,
Super Job und klasse Interview mit einem echten Original. Ich erinnere mich noch an meine Lehre bei Zeiss in Jena, da hingen die BR immer von der Decke im Filmclub oder Dienstags und Donnerstags als Mitten und Hochtöner von der Decke. Die Subwoofer waren ein paar umgebaute Vermona Boxen. Angesteuert mit Verstärkern und Frequenzweichen der Marke FDJ forscht. Hat funktioniert. Super Sache!
Das ist doch eine echte Rarität im Audioeinheitsbrei. Ich benutze die BR25 seit etlichen Jahren. Habe sie aber nicht mehr an exponierter Stelle im Studio zu stehen. Warum?
Weil Kunden eine andere Hardware erwarten und sehen !! wollen. Das trifft auch für andere Geräte zu. Handverdrahtet- und verlötet im Retro Design oder Alu gebürstet sieht amtlicher aus und klingt in derern „Augen“ auch besser. Wird ja hier bei Amazona auch mal so gesehen. Vielleicht stellt mal einer kostengünstige Dummys von diesen „amtlichen “ Geräten her.
Grüße von Vati
Benutze die BR50 auch schon seit knapp 10 Jahren als PC/Studiomonitore. Bin sehr zufrieden und das Abhören wird nie anstrengend. Den Umbau finde ich auch sehr interessant, allerdings sehen meine LS wie neu aus, daher kein Bedarf an einem neuen Gehäuse bzw. einer Überholung ;-)
Ein klasse Beitrag und ich finde es super,wenn es Leute gibt ,welche sich um diese Schätzchen sich kümmern.
Leider ist es aber so,man ist 89 hängen geblieben.Was ist aus den Protptypen und Mustern geworden,welche nie den Markt erreicht haben? Bzw.dann unter anderen Namen,von 90-97 irgendwo verrammscht worden sind.
Ein Beispiel: die B9461 Akzent von FWK oder die Newline160 aus Leipzig.
Gern würde ich meine Erkenntnisse zur Verfügung stellen,nur leider stehe ich warscheinlich damit allein da.
Die Akzent habe ich bereits erfolgreich neu erstehen lassen und an der NewLine160 arbeite ich bereits.
Ich betreibe dies als Hobby um zu zeigen was doch möglich war und etwas zu nutzen was wirklich sehr selten bzw. einmalig ist.
mfg paul601