Peter:
Wie war das für euch, 2017 als Vorband für Robbie Williams aufzutreten. War das nicht ein komplett anderes Publikum als euer typisches Publikum?
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Andy:
Ja, es war eine sicher eine ganz andere Art an Publikum. Es waren deutlich mehr Mütter … (alle lachen).
Peter:
Und hast du das gemocht?
Andy:
Ja – es war gut – es war aber auch eine Art Egozerstörer für mich als Sänger, denn natürlich hätte ich mir in den Stadion selber so eine große Fangemeinde gewünscht als Headliner. Aber rückblickend war es wirklich eine gute Erfahrung. Für uns war es toll, diese komplett andere Welt zu kennenzulernen.
Peter:
Hat es denn funktioniert mit Erasure – vor dieser Art Publikum?
Andy:
Ja, ich denke schon
Peter:
Oder sagten sich alle nur – oh mein Gott, wann kommt Robbie endlich?
Vince:
Für mich war es richtig gut, denn viele kannten wirklich unsere Sachen. Natürlich ist Robbies Publikum sehr unterschiedlich zu unserem Stammpublikum, aber es war trotzdem erstaunlich, wie viel dadurch unsere Sachen entdeckt haben und es wirklich mochten.
Peter:
Ich kann mir das gut vorstellen. Einige meiner Freunde werden sich heute Abend eure Show hier ansehen – die haben sich schon vor Wochen ihre Karten gekauft, und trotzdem mögen die auch Robbie Williams.
Vince:
Absolut da gibt es große Überschneidungen.
Andy:
Wir trafen TAKE THAT bei TOP OF THE POPS, der TV-Show – ist schon einige Zeit her … damals war Robbie fast noch ein „Baby“ – war wirklich interessant, ihn nun zu sehen als richtigen Mann. (alle lachen).
Peter:
Arbeitet ihr heute immer noch mit Hardware-Synthesizern? Oder entsteht alles am Rechner mit Controller-Keyboards und Plugins?
Vince:
Nein, nein, für unser aktuelles Album haben wir zu 99 % analoge Synthesizer eingesetzt.
Peter:
Ehrlich? Heute immer noch alles analog?
Vince:
Ja, ziemlich viel ist bei uns analog.
Peter:
Toll, beeindruckend. Und du hast doch sicher noch einige Favoriten, die würden uns interessieren?
Vince:
Das kann ich so nicht sagen, denn ich habe wirklich extrem viel analoges Zeug. Und alles davon ist in meinem Studio verkabelt und kann sofort eingesetzt werden. Früher hatte ich die Hälfte meiner Geräte im Keller. Ich mag wirklich alles, was dort steht. Manche der Dinge habe ich früher nur gesammelt, um das Sammeln willen. Aber schließlich habe von denen getrennt, die ich nicht eingesetzt habe und der Rest ist nun im Studio wirklich im Einsatz. Wenn wir jetzt ein Album machen, versuche ich jeden einzelnen meiner Synthesizer im Studio auch zu verwenden.
Andy:(lacht)
Aber auch Gitarren, jede Menge Gitarren.
Peter:
Und da gibt es wirklich keinen, den du besonders hervorheben würdest?
Vince:
Doch, eigentlich schon, es gibt da diesen einen, der mich schon immer begleitet hat und den ich wirklich auf jeder Disc eingesetzt habe – den Pro-One.
Andy:
Wenn ich manchmal im Studio bin – und wir sind nicht wirklich oft gleichzeitig im Studio und Vince arbeitet an einem Sound – also er arbeitet da wirklich heftig an einem Sound, das ist ungefähr das Gleiche wie mit Daniel Miller, dann geht das eine Ewigkeit (er ahmt ein Synth-Sequenz nach und geht mit der Stimme ganz hoch und wieder ganz tief nach unten – Vince lacht) – und ich sage dann nur – um Himmelswillen, du hast doch diesen Sound schon vor 6 Stunden gefunden. Aber er kann dann einfach nicht zurück – muss immer weiter suchen, auch wenn er am Ende kaum anders klingt als zu Beginn.
Peter:
Es ist sicherlich schwierig, all die Analog-Synthies mit auf Tour zu nehmen. Wie löst ihr das Problem?
Vince:
Wir verwenden natürlich Logic und Soft-Synths hier auf der Tour …
Andy:
… aber es klingt live.
Vince:
Es ist live.
Peter:
Mit Martin Gore hat du ein komplett anderes Projekt ins Leben gerufen – das Techno-Projekt VCMG. Ich war echt von den Beats und dem Sound beeindruckt. Wie kam es dazu?
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Vince:
Das ist wirklich ein interessantes Projekt. Ich kannte Martin gar nicht so gut, um ehrlich zu sein. Unsere gemeinsame Depeche Mode Phase dauerte ja nur eine kurze Zeit. Es war interessant, ihn nun richtig kennenzulernen und er ist wirklich in dieser Techno Musik Welt unterwegs, während ich diese erst jetzt so richtig entdeckt habe. Ich hatte die Idee, ein minimalistisches Techno Album zu machen und wollte mit jemandem zusammenarbeiten. Martin war zu der Zeit nicht auf Tour und ich bot ihm an, ein paar Spuren zu machen. Programmierte ein paar Sound und so entstand das.
Peter:
Und wie kam es zu der Kooperation mit Jean Michel Jarre? Wie war das?
Vince:
Das hat richtig Spaß gemacht. Es war für mich der wohl bekannteste Musiker, mit dem ich zusammengearbeitet habe. Das war wirklich am Anfang so, dass ich ihn Monsieur Michel Jarre nannte.
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Peter:
War er früher ein Idol für dich?
Vince:
Ich mochte damals eigentlich weniger seine Musik, sondern ich war fasziniert davon, wie berühmt er war.
Peter:
OK (lacht) … und andere Synthesizer-Musik wie zum Beispiel von Vangelis, mochtest du die?
Vince:
Er ist ein Großer, ich mag seine Filmmusik-Sachen.
Peter:
Hattest du irgendein Idol, bevor du selber bekannt wurdest?
Vince:
Paul Simon
Peter:
Wegen der Musik?
Vince:
Ja, weil er ein toller Songschreiber ist.
Peter:
Vielen Dank für das Interview.
Daumen nach oben!!! Danke Peter für das Interview. Bin immer schon ein großer Fan von Vince gewesen und von all den Projekten die er gemacht hat.
Hmmm, also das klingt mir nicht wirklich plausibel. Als ob da was durcheinander geworfen worden wäre.
“ Ich habe damals zum ersten mal Orchestral Manoeuvres in the Dark gehört. Fletcher war ein Freund von Martin (Anm. der Red: Martin Hannett, damaliger Produzent von OMD), der bei mir um die Ecke wohnte. “
Gemeint ist wohl eher Martin Gore. Die wohnten alle nahe beieinander. Martin Hannetts Lebensmittelpunkt war Manchester, sehr weit weg im Norden. Passt nicht zusammen. Dessen Freundes- und Bekanntenkreis müsste zu diesem Zeitpunkt ein anderer gewesen sein. Martin Hannett (Martin Zero) wird wohl eher als Produzent einer frühen OMD Single genannt worden sein. Ansonsten keine Schnittmenge.
Leider hat er uns tatsächlich den „Martin“ so hingeworfen, als wenn wir Bescheid wissen sollten. Ich denke aber, dass du absolut Recht hast. Leider habenw ir keine Möglichkewit aktuell mit Vince Kontakt aufzunehmen. Ichbessert das jetzt einfach mal aus ;-)
@Tyrell Jo, kannste mir mal so glauben. Ein Indiz dafür findest du im Wikipedia Eintrag zu Basildon (also dem Kaff, aus dem DM kommen). Da findest du dann auch deren Namen in der Liste der Persönlichkeiten der Stadt.
Martin Hannett wurde in Manchester geboren und starb auch dort. Von einem Wohnortwechsel Richtung Basildon ist mir bei ihm nix bekannt. Hatte auch andere Sachen zu der Zeit am Kopp, als sich mit Jungspunden herumzudrücken. ;-)
Zum Martin… jo, da dachte er vermutlich, dass du ein eingefleischter DM Fan bist, der die Bios der Members da alle im Kopp hat.
Du bist wahrlich ein wandelndes Musiklexikon!
Hahaha, ja, danke. Bin einer von den Pfosten, die sich immer reingraben müssen in das, was sie gehört, gesehen oder gelesen haben. Nicht um der Klugscheißerei willen, sondern um für mich selbst Inspiration zu holen. So’n bissken den Spirit einfangen, den (sub)kulturellen Kontext erfassen etc.
Ein Method Actor Musician quasi. ;-)
Absolut: Martin Hannett ist als Joy Division-Produzent hervorgetreten, so tolle Alben wie Unknown Pleasures und Closer tragen seine Handschrift. Und auch bei Magazine hat er mitgemischt: „The correct use of soap“. Ich denke mal, DM wäre ihm damals zu poppig gewesen.
@costello Definitiv, komplett andere Vorstellungen von Sound und Produktion. Mir ist spontan auch nur eine „Überschneidung“ im Werk von Martin Hannett und Vince Clarke bekannt.
Die findet sich im Song „Wrote for Luck“ (geiler Song) von den Happy Mondays. Produziert von Martin Hannett. Vince Clarke machte einen Remix davon.
Vince Clark würde lässig eine Vierfach CD mit Remixen zusammen bekommen. Witzigerweise finde ich z.b. seine Beiträge zu den DM Remix Alben als die Besten. Insbesondere Behind The Wheel.
„Ich glaube, wir waren nicht wirklich im Zentrum dieser Szene. Es gab viele Bands vor uns, die sehr einflussreich waren, zum Beispiel Gary Numan 1978 und einige mehr, aber es gab hier nicht wirklich eine Gemeinschaft. Das ist ein Mythos.“
Da würde mich mal das Wort „HIER“ näher interessieren. Vermute, dass er da vor allem das Umfeld von London meint. Da zog jeder sein eigenes Dingen durch. In der Manchester und Sheffielder Provinz sah es anders aus. An Manchester sehr gut zu sehen am Factory Label, Tony Wilson und dem Umfeld.
Ja, da war sicher London gemeint.
Ich finde Vince Clarke hat einige gute sachen gemacht, mit erasure konnte ich allerdings nur als Kind etwas anfangen. Ist mir heute zu poppig. Dennoch ein interessantes Interview.
@Numitron Geht mir ähnlich. Vince Clarke hat in einigen Bands und Projekten gutes Zeugs rausgehauen. Von Erasure ist mir langfristig eigentlich nur „Ship of Fools“ (vermutlich wegen der melancholischen Note) als persönlicher Hit geblieben.
@Numitron 1986 oder so bekam ich eine rote Vinyl-Single von Erasure geschenkt (zusammen mit einem Mixtape von Depeche Mode). Bin seitdem ein Fan von Vince und Martins Schaffen.
Danke für das Interview!
VCMG und Hans-Michael Jarre, das ist schon ein heftiger Kontrast, wobei ich, auch als nicht Techno affiner eindeutig zu VCMG tendieren würde, aber die beste Antwort war eindeutig Paul Simon. Am Interessantesten bei Clark fand ich immer, dass zwei wirklich gute Sänger ihn begleiteten mit fast der gleichen Stimme, nur eine männlich, eine weiblich
@Tai … und mit Feargal Sharkey (Never Never) im leider viel zu kurzzeitigen Projekt „The Assembly“ noch einen dritten guten Sänger. Schade, dass er das nicht weiter verfolgt hat.
Kurzweiliges Interview. Vince Clark ist für mich der Paul McCartney des Synthpops. Mit mehr als drei Bands in TOTP zu landen, zeugt von Potential. Nachhaltig hat er sich bei mir Anfang der 90er, durch einen Auftritt im BBC Bildungsfernsehen, ins Hirn gebrannt.
https://youtu.be/L2hBuYK9760
Jener im Video gezeigte BBC Arcon, konnte 1986 Audio ein und ausgeben, MIDI Daten sequenzen und kann als Urahn der Apple iOS Prozessoren angesehen werden. Das Arcon MOS war als Betriebssystem schon ein Kracher.
@TobyB Darf ich kurz korrigieren? :-)
Das Video ist von Mitte der 80er. Hat er die Casios noch? ;-)
Der Computer ist ein BBC Micro von Acorn. Wie die meisten 8-Bitter der ersten Generation (Commodore, Atari, Apple) basierend auf einem 6502 der Commodore Tochterfirma MOS.
Also keinerlei Verwandschaft mit Apple. :-)
Acorn hat später für seine Archimedes Reihe RISC Prozessoren entworfen. Darauf basieren die heutigen ARM-Prozessoren. Mehr existirt von Acorn aber nicht mehr, außer dieser Prozessor Sparte.
PS zum Thema Midi. Steinbergs Pro 16 für den C64 kam 1985 raus. Ich habe hier noch eine Original Diskette liegen. Und ein Midi-Interface von C-Lab. Alles aus deutschen Landen.
Hallo,
Acorn hat die ersten ARM Prozessoren , Acorn Risc Machine, entwickelt und verbaut. Die Nachfolger des ARMs arbeiten in iOS Devices. Ich habe die Sendung erst in den 90er gesehen. Deshalb schrieb ich 1986. Wobei die Geschichte des Beb Micro früher anfing.
@TobyB genau und acorn hat arm sogar zusammen mit apple gegründet, weil die nämlich damals einen prozessor für ihre newtons benötigten, die man durchaus als vorläufer des iphone sehen kann, insofern alles korrekt, was toby schon im ersten post schrieb!
@dilux TobyB hat geschrieben, daß der BBC Micro als Urahn der Apple iOS Prozessoren angesehen werden kann. Das ist aber immer noch falsch.
Der Hauptprozessor war nicht von Acorn, und die ARM Architektur hat damit auch nix zu tun.
Kann man einfach mal so stehen lassen. Sollte auch kein Vorwurf sein.
Hallo Wolf,
Acorn hat den BBC Micro gebaut, aus dem BBC Micro wurde der BBC Master, der hatte das Tube Board mit ARM. Daraus entwicklte sich ABC, der Arcorn Business Computer. Teile des Assemblercode aus dem Micro werkelten bis zum A4 in Acorn Rechnern.
@dilux Hallo Dilux,
ich glaube Wolf kriegt die Kurve bei BBC und Arcon nicht. Die BBC hatte damals ein Rechnersystem haben wollen, fürs Bildungsprogramm. Das Konzept von Acorn machte hier auf Grund des Tube Boards das Rennen vor dem Sinclair. So lizensierte BBC das Projekt schliesslich an Acorn. Tube Board, siehe oben.
@TobyB Ja, aber warum versteifst du dich so auf iOS Geräte?
Die sind auch in jedem Android Handy. Oder im Gameboy, Raspberry etc.
Die BBC hat hier übrigens ihr komplettes computer literacy project zur Verfügung gestellt. Inklusive Kraftwerk im Vorspann (the computer programme).
https://computer-literacy-project.pilots.bbcconnectedstudio.co.uk/
Schönes Interview mit zwei sympathischen Musikern. Bei Yazoo bin ich damals aus den Pantinen gekippt, so toll fand ich das. Erasure war dann nicht mehr wirklich mein Ding. Und zeigte, dass die Vince Clarke-Musikformel für Depeche Mode schon sehr bald nicht mehr aufgegangen wäre. Schön und versöhnlich, dass Vince mit Martin Gore nun sogar ein eigenes Projekt aufziehen konnten.
@costello Ich möchte nicht wissen, wieviele Kiddies das Riff von Dont Go versucht haben. :)
Schön zu lesen! Yazoo und Upstars at Erics war mit der Soundtrack aus Jugentagen. Dont go oder Situation, unvergesslich. Erasure war dann eher was für die Männerdisco.
Absolut! Yazoo war ein wunderbarer Kontrast, zugleich auch eine Symbiose – aus großer Stimme und relativ spärlicher Instrumentierung. Denke, da war er noch näher musikalisch an seinen frühen Idolen. Erasure hat da ja schon etwas ausladendere Arrangements und bewegte sich mehr in den Gefilden des damals gängigeren Mainstreampops.
Eine schöne Doku zur auch meiner Meinung nach interessanteren Gruppe yazoo: https://youtube.com/watch?v=AgkuO7EOcPk
Das tolle an den erasure – Konzerten über viele Jahre in den 90ern war, das fast alles live und (fast) voll analog war. Soweit ich mich erinnere (irgendwo gibt’s ein altes Keyboards Interview) immer schön neu programmiert auf Roland MC-4 Sequenzer für’s perfekte timing, reduziert auf 4 monofone Spuren. Die Lieder waren jedes Mal anders, und der Sound… :-)
The tank the swan and the balloon war meine akustische Mondlandung, danach gab’s nur noch Analogsynthies:
https://www.youtube.com/watch?v=10ZukXgC_lk
Wäre interessant, welche Soft-Synths Vince auf Tour einsetzt. Ist ja schon fast so etwas wie ein Adelsschlag für Produkt und Hersteller, von einem derartig legendären Analog-Puristen verwendet zu werden.
Ein Interview mit Erasure. Geil Peter !! Absolute Helden für mich. Dabei sind diese Superstars völlig unprätentiös und extrem sympathisch – jedenfalls, was ich so mitbekommen habe. Sie überzeugen durch und durch mit Ihrer Arbeit und nicht mit ihren Körperteilen. Ich erinnere mich noch an ein Konzert 1992 in Hamburg. Sehr geil.
Vielen Dank dafür!