ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Interview: Hainbach, Musiker & Synth-Tuber

Der Meister der Klangexperimente über Hate-Loops und Musik

8. Februar 2025

Hainbach Interview

„Hi, I am Hainbach.“ Diesen Satz dürften Synth-Fans nur allzu gut kennen. Der Komponist, Elektromusiker und Plug-in-Designer aus dem Schwarzwald ist vor allem durch seine YouTube-Videos bekannt geworden.

ANZEIGE

Heute lebt er in Berlin, wo wir vom Team DelayDude ihn für AMAZONA vor einer Weile auf der Superbooth getroffen und dieses Interview geführt haben. Der Synth-Tuber gehört bei der Synthesizer-Messe quasi schon zur Stammbelegschaft, denn er ist seit der ersten Superbooth immer mit am Start.

Wir sprachen darüber, wie Kunst als lebendiges Handeln gegen die künstliche Intelligenz verstanden werden kann und wie die von Hainbach und Simon The Magpie kreierten Hate-Loops einen positiven Umgang mit negativen Kommentaren im Internet ermöglichten.

Und ein Gespräch mit Hainbach wäre sinnlos, wenn es nicht auch um die abgefahrenen Geräte gehen würde, die der Künstler mit einem ganz besonderen Ansatz für seine musikalischen Kreationen verwendet.

Hainbach und die Superbooth

Sonja:
Hallo Hainbach, wie geht es dir?

Hainbach:
Mir geht es sehr gut. Das ist das typische Superbooth-Feeling: Man ist ein bisschen zu müde und hatte schon ein bisschen zu viel Kaffee. Das ist dann immer so, dass man vollkommen überdreht ist, aber eigentlich total müde. Aber es ist das typische Superbooth-Feeling.

Sonja:
Das bedeutet, du bist ein begeisterter Superbooth-Besucher und wir haben gehört, dass du seit der ersten dabei bist.

Hainbach:
Genau, ich bin seit der ersten dabei. Da habe ich noch gespielt. Und zwar war das in Saal 2 im Funkhaus. Das war immer zu krass. Ich bin da reingekommen und dachte, das ist so laut. Da ist so viel. Und ich glaube, ich war damals ein bisschen introvertierter als jetzt. Also, ich bin ein introvertierter Mensch, der gelernt hat, extrovertiert zu sein. Damals habe ich mich dann tatsächlich Backstage verkrochen und habe nur an dem Käsebrötchen genibbelt, dann gespielt und danach gedacht: „Ja, jetzt ist alles gut.“

ANZEIGE
Hainbach Superbooth

Wir vom Team DelayDude haben Hainbach auf der Superbooth getroffen.

Und während der ersten Male, als ich hier war, war alles immer so viel. Und jetzt ist es so, als würde ich nach Hause kommen. Es sind so viele Leute hier, die ich kenne. Das macht so freudig. Es ist Wahnsinn, mit wem man sich hier unterhalten kann.

Hainbachs Projekte

Sonja:
Du hast ja immer viele Projekte am Start. Magst du uns ein bisschen was erzählen?

Hainbach:
Ich habe kürzlich tatsächlich wieder ein Soloalbum rausgebracht. Es heißt Breve. Und auch das Collab-Album Nagroni mit Jamie Lidell und Ayjay Nils ist kürzlich erschienen. Wir machen das immer so mit Seil Records: Zuallererst ist das Album zwei Wochen nur auf Bandcamp, weil es eine tolle Plattform ist. Dort kann man ja tatsächlich dann noch ein bisschen was mit Musikverkäufen verdienen. Und deswegen ist es da immer nur „Pay What You Want“. Und jetzt ist es auf den Streaming-Plattformen und man kann es einfach anhören. Überall, wo man mag. Die Alben finden mittlerweile immer mehr Resonanz. Das ist schön, so ein Wachstum zu sehen. Etwas, das sich so kontinuierlich aufbaut.

Etwas anderes, das bereits 2023 rauskam, ist Noises, ein Plug-in. Es ist im Prinzip ein Synthesizer oder ein Sample-Player mit Synthesefunktion, den ich mit AudioThing gemacht habe. Und den haben wir auch auf Linux und iOS herausgebracht. Er war damals auf Platz 1 bei den iPad-Charts in der Kategorie „Musik“ im deutschen Store und auf Platz 5 oder vielleicht sogar 4 in der Kategorie „All-Paid-Apps“. Mein jüngstes Projekt ist jetzt das Hardware-Instrument Collide 4 mit Joranalogue. Es ist eine vollständig analoge Neuinterpretation des Lock-In-Amplifier-Konzepts im Eurorack-Format.

Sonja:
Wow, sehr, sehr cool!

Hainbach:
Das ist auch so eine Sache, weil iOS eigentlich ein ganz kleiner Markt ist. Es gibt nicht viel, aber er ist so community-driven. Dort gibt es Leute, die sind so begeistert und „nerden“ sich da rein. Da merkt man in den Foren, wie viel Begeisterung dahintersteckt.

Auch bei Linux. Es ist so schön zu sehen, dass es bei dieser unglaublichen Menge an Software, Plug-ins und Ähnlichem Leute gibt, die auch an diesen seltsameren Dingen Interesse haben – an den Instrumenten, an denen ich immer beteiligt bin. Dass man dadurch mehr Leute erreicht, freut mich immer sehr. Das ist eine totale Nerd-Geschichte, und gerade das finde ich so spannend.

Sonja:
Du hast ja doch immer sehr spezielle Geräte. Gibt es da bestimmte Kriterien, nach denen du sie aussuchst?

Hainbach:
Also, es ist tatsächlich so, dass ich zum Beispiel ein bisschen durch eBay browse, so wie andere Leute durch Instagram browsen. Und dann schaue ich, was es dort Neues gibt. Ich gehe mal in die Kategorie „Business und Industrie“ und sehe mich dort ein wenig um. Manchmal bleibe ich hängen und zoome etwas heran. Enhance, enhance, enhance. Gelegentlich finde ich dann etwas, bei dem ich denke: „Oh, das könnte ja… das hat ja einen Audioausgang. Das könnte vielleicht etwas sein.“ Und dann versuche ich, zu recherchieren, um was es sich handelt.

Hainbach Interview

Ein Teil, das ich gefunden habe, war ein Telephone-Line-Simulator. Dazu fand ich einen Post von Off The Matrix Synth, in dem jemand einfach nur diese Auktion angeteasert hatte. Und ich dachte: „Oh, das könnte irgendwas sein“, aber was es konkret war, wusste niemand. Okay, es ist golden, es hat einen Audioausgang, es hat einen Bananenstecker – das könnte was Schönes sein. Dann habe ich es einfach gekauft und ausprobiert. Es klingt unglaublich! Es klingt einfach unglaublich! Das Gerät hat ganz tolle Klänge und unglaublich viele Sounds kreiert, die man sonst bei Synthesizern einfach nicht bekommt.

Und das ist das Schöne bei den Kommentaren: Wenn ich das so sehe, dann sagen die Leute: „Wenn ich das auf Kopfhörern höre, dann stehen mir die Haare im Nacken hoch, oder es schallt hinten im Kopf.“ Und das ist ein Gerät, bei dem es sich sehr gelohnt hat, es zu finden.

Hainbach:
Meine Musik entsteht aus Experimenten.

DelayDude:
Das ist auch generell dein musikalischer Ansatz, oder? Sei es Black MIDI oder Test-Equipment-Musik. Du lotest immer die Grenzen von Musik und Instrumenten aus. Ist es dein Grundgedanke, zu schauen, wie weit man kommen kann, wo die Ecken und Kanten sind und wie man über die Grenzen hinausgeht?

Hainbach:
Das Experiment ist für mich eine der wichtigsten Sachen. Ich versuche immer, eine Experimentalsituation zu kreieren: Was passiert, wenn ich das eine mit dem anderen kombiniere oder das mit dem, und dann stecke ich noch etwas anderes hinein. Ups! Dann ist es kaputt… Entweder es funktioniert oder es funktioniert nicht. Manchmal ist es doof, manchmal ist es toll. Es ist halt wie bei jedem Experiment.

Und deswegen ist bei der Musik, die ich mache, auch wenn sie recht angenehm klingen kann, der Grundansatz immer ein Experiment. Das finde ich interessant. Das Langweiligste ist für mich, meinem eigenen Gehirn zuzuhören, wie es Musik macht. Ich weiß ja, wie man was macht. Aber wenn ich es schaffe, von Anfang an ein interessantes Arrangement aus seltsamen Dingen zu finden, dann wird es spannend für mich.

Und das Tollste ist tatsächlich, diese Ecken, von denen du gesprochen hast, diese Bruchstellen rauszusuchen. Wo bricht ein Medium? Sei es digital, sei es analog, sei es ein Schallwandler, sei es akustisch. Wo ist der Bruchpunkt? Wo ist der Punkt, an dem sich das Wesen einer Sache eröffnet? Wenn eine Sache perfekt funktioniert, wie zum Beispiel bei so einem Musikautomaten, bei einer Drehorgel, wenn sie bestimmte Klänge macht, dann ist es okay. Dann funktioniert sie perfekt. Oder so ein Polyphon mit einem Glockenspiel – wenn sie einfach laufen, dann ist es Magie. Aber wenn sie dann mal mit einem „Squeak“ und „Crack“ reagieren und der Mechanismus sich zeigt, dann reagiere ich und denke: „Ja, ah, okay, das ist spannend.“

DelayDude:
Und daher kommt auch deine Liebe zu Tape-Loops und analogen Tapes im Allgemeinen, oder?

Hainbach:
Ja, genau. Tape ist eine wunderbare Sache, weil es Zeit und Musik so anschaulich macht. Man hat ja wirklich den Zeitablauf. Man sieht die Musik, man hat die Geschwindigkeit. Man kann es anfassen. Es ist sehr direkt. Und ich habe zum Beispiel auch im Theater viel mit Tape-Loops gearbeitet. Da dachte ich: „Oh mein Gott, was passiert, wenn die Schauspieler mit den Dingern arbeiten? Werden sie überhaupt etwas damit machen? Werden sie sie zerreißen? Was passiert damit?“ Aber nein. Tape ist viel resistenter, als man denkt. Wenn man nicht gerade Kassetten hat, die man im Auto lässt und die dann backen.

Hainbach

Egal, ob im Theater oder im Studio: Hainbach bleibt seiner Linie immer treu.

Aber wenn man Tonband hat und du das erste Mal siehst, was passiert, wenn ein Schauspieler seine eigene Stimme auf dem Band hört und dann damit spielen kann… Jedes Mal, wenn wir das gemacht haben, herrschte totale Begeisterung. Und das ist so eine Haptik: Wenn etwas, das Klang ist, durch das Tonband so körperlich wird, das ist etwas sehr, sehr Schönes.

Hainbach über seine Arbeit am Theater

Sonja:
Magst du uns über die Arbeit am Theater ein bisschen mehr erzählen? Wie kamst du dazu?

Hainbach:
Ich bin 2000 vom Schwarzwald nach Hamburg gezogen und habe dann erst mal ein Praktikum in einem Tonstudio gemacht. Ich habe ein halbes Jahr lang Synchronsachen geschnitten und alle möglichen Multimedia-Sachen gemacht. Dann habe ich gedacht: „Gut, jetzt ist das Praktikum zu Ende, ich brauche etwas für mein Gehirn“, und habe angefangen, Musikwissenschaft und Anglistik zu studieren. Dort habe ich gesehen, dass es eine Theatergruppe gab. Und so bin ich in das Theatergruppenzimmer hineingegangen und habe gesagt: „Hallo, ich bin Musiker, ich will jetzt bei euch die Musik machen.“ Und sie sagten: „Okay, kannst du machen. Sehr schön.“

Und das hieß aber dann auch, dass ich die Anlage aufgebaut habe. Es hieß auch, dass ich die Show gefahren habe. Ich habe dort wirklich alles gemacht. Ich habe praktisch während des Studiums all diese Fähigkeiten erlernt und war auch live auf der Bühne. Ich habe alles Mögliche gemacht. Und dadurch sind während des Studiums lauter Kontakte zu anderen Regisseuren und Regisseurinnen entstanden.

Eine von denjenigen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, hat es dann wirklich geschafft. Es ist ein harter Beruf. Dort werden beispielsweise acht Leute ausgebildet, und davon schaffen es letztlich zwei in einen Betrieb hineinzukommen. Und mit ihr bin ich dann durch die Republik getourt und wir haben an allen möglichen Orten gespielt. Es war für mich, der das Experiment liebt, ein wunderbarer Spielraum. Ab dem Punkt, an dem das Vertrauen da war, war alles möglich.

Dann habe ich mit anderen Regisseuren zusammengearbeitet. Und es waren meistens sehr intensive Sachen. Also, ich habe selten einfach nur Sounds gemacht. Es war immer so, dass ich mit den Schauspielern gearbeitet habe, mit den Bühnenbildnern, mit allen zusammen. Und ich habe versucht, etwas zu kreieren. Etwas Besonderes. Es ist sehr aufwendig gewesen, aber eben ein Experiment. Und das ist etwas, was ich sehr geschätzt habe.

Hainbach Interview

Beim Theater ist eine der tollen Sachen die Konzentration. Da wird nicht gegähnt. Da musst du wach sein. Das ist eine gute Schule gewesen: Einfach die Lebendigkeit und Drastik. Drastik ist sehr wichtig in der Kunst. Insbesondere jetzt, wo die ganzen AI-Sachen passieren. Wo alles ein Mittelding ist und alles, was sich berechnen lässt, ersetzt wird. In einer Zeit, in der alle Libraries für Reproduktionsmusik, B2B-Musik, machen. Das ist alles, was irgendwann die AI übernimmt. Aber wenn du es dann schaffst, Kanten und Brüche zu setzen, dann hast du eine Überlebenschance als Künstler, glaube ich. Aktuell arbeite ich übrigens gerade an der Filmmusik zu „Amrum“ von Fatih Akin, der vermutlich im Oktober 2025 in die Kinos kommt. Es ist ein Drama mit Diane Kruger und Matthias Schweighöfer, das auf den Kindheitserinnerungen von Hark Bohm zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf Amrum basiert.

Mit „Hate-Loops“ gegen den Hass im Internet

DelayDude:
Um nochmal auf Tapes zurückzukommen: Die Hate-Loops fand ich unglaublich spannend. Sehr ergreifend und auch erschreckend. Erzählst du denen, die das Projekt noch nicht kennen, etwas darüber?

Hainbach:
Hate-Loops war ein Projekt, das ich 2018 gemacht habe. Zuallererst kam einfach eine Challenge von Simon The Magpie. Er ist ein YouTuber aus Schweden und er sagte: „Hainbach, I challenge you to put a knife to a tape and destroy the magnetic tape.“ Und ich dachte: „Okay, das probiere ich mal.“ Das hat Spaß gemacht. Ich habe einfach nur Musik auf die Bänder gespielt und habe mich dann mit Sandpapier und Messer an den Bändern zu schaffen gemacht. Ich habe es langsam abgeschabt, und es klang wunderschön. Ein ganz natürlicher Verfall. Die Höhen gingen weg, die Tiefen gingen weg, und es blieb am Schluss nur noch ein Rauschen und ein Knacksen übrig. Das war wunderschön poetisch.

Hainbach Hate Loops

Dem Hass mit dem Messer zu Leibe rücken: Hainbachs Hate Loops.

Dann habe ich mir gesagt: Gut, das war ein schönes Projekt, und habe zunächst nicht weiter darüber nachgedacht. Aber dann ist mein Kanal in der Zeit bekannter geworden. Immer mehr Leute haben den Kanal gefunden. Auch Leute, die damit überhaupt nichts anfangen konnten, und sie waren sauer auf das, was ich da gemacht habe. Diese Leute finden experimentelle Musik an sich doof. Sie denken: Was ist das für ein Mist? Was soll das überhaupt? Ist ja bescheuert.

Ich habe so viele Hasskommentare bekommen. Und ich dachte nur: Was ist denn jetzt los? Damals habe ich noch den Fehler gemacht, diese YouTube-App auf meinem Telefon installiert zu haben. Dann sitzt du einfach so beim Frühstück und guckst mal kurz drauf. Und schon liest du irgendwas total Blödes. Meistens auch Far-Right-mäßiges wie: „This is what you do while your countries burn around you?!“

Und ich habe gedacht: Was ist das? Warum? Ich muss irgendwie einen Weg finden, das zu handeln. Als Künstler musst du eine dicke Haut kriegen. Aber du kannst es dir als Künstler nicht leisten, eine dicke Haut zu kriegen. Du musst ja durchlässig sein. Du musst offen sein, darfst nicht abstumpfen. Sonst tötet es die Kunst. Und dann habe ich gedacht: Hey, ich sammle die Kommentare jetzt. Und habe gesagt: „Simon, ich sammle jetzt die Hasskommentare. Sammelst du sie auch?“ Und er sagte: „Ah, ja, cool.“ Und dann habe ich andere Leute auf YouTube gefragt, ob sie ihre negativen Kommentare ebenfalls sammeln. Red Means Recording und Noir et Blanc fragte ich auch. Und dann haben wir sie alle gesammelt. Für mich war es dann cool, wenn ich mal einen richtig schlimmen Kommentar bekommen habe. Dann habe ich gesagt: „YES!“ Das war so ein Shitty-Pokémon-Game.

Hainbach Hate Loops Interview

Gemeinsam mit Simon The Magpie, Red Means Recording und Noir et Blanc sammelte Hainbach Hass-Kommentare, um einen künstlerischen Umgang mit den negativen Kommentaren zu finden.

Also, es hat richtig Spaß gemacht, und jedes Mal war es so, dass man sich gefreut hat: Das ist wieder ein tolles Ding. Wir haben dann verglichen. Besonders mit Simon. Plötzlich wurde aus etwas Negativem etwas Positives. Und das hat mir einen Umgang mit diesen Kommentaren gezeigt. Es hat mich danach total entspannt. Ich kann seitdem damit viel entspannter umgehen, denn ich habe diese Kommentare eben auf die Bänder gespielt und habe die Collage auch nach und nach zerstört, bis nichts mehr davon übrig war.

Und dann blieb nur die Musik übrig, denn an der Musikspur habe ich nichts gemacht. Das war ein kleiner poetischer Moment. Das hat mir sehr geholfen. Ich meine, ihr kennt das ja auch. Kommentare sind hart. So was da manchmal kommt. Und wenn neun gute kommen, dann kommt einer, der ist richtig so, dass du denkst: Oh mein Gott!

Sonja:
Ja, exakt das!

Hainbach:
Und das trifft. Da einen guten Umgang zu finden, das ist eine der Aufgaben. Das hat mir geholfen, dieses Kunstding. Ich habe es dann auch weiter gemacht. Leute haben mir die Sachen, die sie bedauern, geschickt. Und dann habe ich sie zusammen mit Darren Wiener bearbeitet. Er hatte acht Tape-Maschinen. Dann hatten wir zusammen elf Tape-Maschinen, auf denen die ganzen Texte waren. Das haben wir dann zerstört. Am Schluss war es so, dass es ewig gedauert hat. Was wir nicht bedacht hatten, war das Technische dabei. Es hat ewig gedauert.

Hainbach Workshop Talinn

Hainbach gibt auch Workshops. Hier in Talinn.

Ich habe das mit professionellen Maschinen, mit Nagras gemacht, die auf einer hohen Geschwindigkeit laufen, und Darren hatte semiprofessionelle Geräte, die auf der Hälfte der Geschwindigkeit laufen. Zerstörung ist ja praktisch Meter durch Zeit. Und am Schluss dachten wir: „Okay, wir müssen jetzt irgendwann die Galerie auch zumachen“, und dann haben wir die Bänder in Flammen gesetzt. Das war ein krasser Effekt. Das war akustisch so toll! Das tollste Vibrato. Wie diese Hüllkurve sich auf dieses Audio gelegt hat. Feuer auf dem Band. Man konnte es hören. Man konnte diese Bewegung hören. Es war natürlich nur ganz kurz. Dann war das Band weg. Aber das war … killed with fire. Und dann habe ich es noch einmal ästhetisch gemacht. Ich fragte mich, wie diese Zerstörung eigentlich digital klingen würde. Ist auch interessant. Man hört am Schluss nur einzelne Bits.

Von Cool Edit 96 zu Ableton – Arbeiten in der DAW

Sonja:
Wie stehst du zum Arbeiten in der DAW?

Hainbach:
Mache ich schon so lange. Ich habe immer die Kombination gesucht. Von Anfang an fand ich es toll, Sachen aufzunehmen und sie zu bearbeiten. Ich meine, ich habe angefangen mit Cool Edit 96. Dann habe ich mit der Sound Blaster kleine Sachen in den Rechner aufgenommen, zerhackt und bearbeitet. Ich mag die Kombination, etwas aufzunehmen und es zu zerhacken. Dabei versuche ich immer, die Außenwelt hereinzulassen.

Auch wenn ich mit dem iPad arbeite, was auch eine schöne Oberfläche ist und jetzt mit Logic wahrscheinlich auch noch eine viel größere wird. Ich mag es, das iPad-Mikrofon hereinzulassen, während ich zum Beispiel einen Synthesizer spiele, sodass dann das Umfeld auf dieser Synthesizer-Spur ist. Damit sich alles vermischt. Das finde ich total schön. Aber letztendlich landet bei mir am Schluss immer alles in Ableton. Da ist das Ende, denn da schneide ich dann noch einmal. Auch wenn ich Overdubs mache, mache ich die in Ableton.

Besonders durch die Arbeit mit AudioThing bin ich dabei, das alles nachzubilden. Als Carlo von AudioThing bei mir war und wir aus dem Wire Recorder das Wires als Plug-in gemacht haben, wollte ich ihm demonstrieren, was passiert, wenn es „klack“ macht und der Draht reißt – also dieser Haarriss. Und dann ist es gut. Jetzt kann ich das Plug-in benutzen, um diese Sachen zu haben.

Insbesondere für Reisen habe ich mir tatsächlich ein Ableton-Set gemacht, bei dem ich meinen Mixer eins zu eins kopiert habe – mit all den Settings und mit all den Filtern, die ich benutze, denn der Mixer ist mein Hauptinstrument. Und da habe ich ganz viel Test-Equipment: Bandpassfilter, Hoch- und Tiefpassfilter. Es passiert ganz viel über das Feedback, von der einen Sache in die andere, vom Reverb ins andere, und das funktioniert in dem Ding. Also theoretisch bin ich gerade dabei, mir einen Plan B zu bauen, in dem ich all das, was ich in echt mit großen Knöpfen mache, auch im Rechner machen kann.

Der ultimative musikalische Tipp von Hainbach

Sonja:
Gibt es auf der Superbooth irgendein Gerät, von dem du sagst, das hätte ich tatsächlich unheimlich gerne, oder das findest du super interessant?

Hainbach:
Ich habe noch nicht so viel gesehen, aber bei Teenage Engineering haben sie viele kleine Field-Recording-Sachen, die immer sehr interessant sind, weil ich Field-Recording liebe. Dann wollte ich mir unbedingt das neue Projekt von Finegear angucken, die den Dust Collector gemacht haben. Sie haben einen Multi-Effekt mit einer Kassette drin entworfen. Es ist ein bisschen Dub-mäßig. Ich mag deren Approach. ARC Effects kommen auch vom Dub her, das finde ich ganz schön. Sie haben einen Terror-Mixer mit Feedback gemacht, der ist auch sehr schön, und den wollte ich mir angucken. Und auch diese riesige analoge Workstation von Black Corporation.

Sonja:
Gibt es noch irgendetwas, das du den Leuten gerne mit auf den Weg geben möchtest?

Hainbach:
Kauft mein neues Album oder hört es euch auf Spotify an und packt es auf eure Playlist.

Hainbach Interview Recording Breve

Hainbach beim Recording von „Breve“.

Sonja:
Und dann noch eine allerletzte Frage: Was war der beste musikalische Tipp, den du jemals bekommen hast?

Hainbach:
Ich glaube, einer der besten Tipps, der mir sofort einfällt, ist einer, den Tobias Levin zu mir gesagt hat, als wir damals mit meiner alten Band ein Album aufgenommen haben. Er meinte, es ist immer gut, ein bisschen Distortion zu haben. Und das stimmt. Auch, als ich nur in der DAW gearbeitet habe: Immer mit Distortion auf dem Aux. Immer ein bisschen dazu, das hilft.

Und was ich tatsächlich im Analogen merke, ist, wie viele Möglichkeiten der Distortion ich habe. Das heißt, ich kann beim Mischen im Gerät übersteuern, ich kann im Mischpult übersteuern, ich kann den Effekt übersteuern, ich kann den Masterboost übersteuern. Und die Kombination aus all diesen Gain-Settings, diesem Gain-Staging, macht den Sound aus.

Hainbach Setup

Egal, wie dein Setup aussieht, lautet das Credo von Hainbach „Ein bisschen Distortion ist immer gut“.

Das ist etwas, was wir zum Beispiel genutzt haben, als es darum ging, Dials zu machen. Dials ist auch eine Nachbildung eines Test-Equipment-Channels. Da ging es genau darum, dass du eigentlich eins, zwei, drei Verzerrungen hintereinander packst, und es klingt jedes Mal ein bisschen besser. Das ist etwas, das auch in diesem Template drin ist. Du hast mehrere Möglichkeiten, in einem positiven Sinne zu übersteuern, den Sweet Spot zu finden, und das macht den Sound plötzlich irgendwann so groß. Wenn du nur plan arbeitest, ist das schwierig. Ein bisschen Distortion ist gut.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Team DelayDude:
Vielen Dank an Hainbach für dieses großartige Interview.

ANZEIGE
ANZEIGE
Affiliate Links
Ableton Live 12 Suite Download
Ableton Live 12 Suite Download
Kundenbewertung:
(11)
Black Corporation ISE-NIN
Black Corporation ISE-NIN Bisher keine Kundenbewertung verfügbar
Teenage Engineering TP-7
Teenage Engineering TP-7
Kundenbewertung:
(1)
Forum
  1. Profilbild
    CDRowell AHU

    Hallo! Das Interview hat mor sehr gefallen. Tolle Zeilen, angenehme Stimmung und toller Interviewparter! Danke!

    Tipp: im Text zeigt der Link auf AudioThing ins Leere. Bitte ändern. (Dies ist kein Hass-Kommentar!)

    • Profilbild
      Sonja (Team DelayDude) RED

      @CDRowell Es freut mich sehr, dass wir die Stimmung einfangen konnten! Es war auch wirklich ein super schönes Interview!

      Den Link habe ich aktualisiert😉Vielen Dank für den aufmerksamen Hinweis👍

  2. Profilbild
    Flowwater AHU

    Toller YouTuber (einer meiner Lieblinge), tolle Stimme, toller Mensch … und auch noch jemand, der noch mal was wagt. Vielen lieben Dank für das Interview. 🧡🙂👍

    PS (an alle Hater): »Lebendige Fische schwimmen gegen den Strom!« (Zitat: Kumpel von Flowwater)

    • Profilbild
      mort76 AHU

      @Flowwater Fische machen das aber AUCH nur, wenn sie wirklich müssen, und dann auch nur die Hälfte der Zeit.
      Man kann ja auch nicht IMMER bergauf rennen.
      So.

      • Profilbild
        Flowwater AHU

        @mort76 Ich könnte jetzt spitzfindig sein und sagen, dass Fische wenn sie im Wasser »still stehen«, ja immer gegen den Strom schwimmen müssen. Aber ich weiß, was Du meinst (hehe). 🙂

        • Profilbild
          mort76 AHU

          @Flowwater Klugscheißeriche Zitat-Liebhaber würden jetzt antworten: „Stillstand ist der Tod.“ (Jean Tinguely)
          Und da beißt der Fisch sich dann in den Schwanz, denn wir sind damit wieder bei Zitat Nummer Eins über lebendige Fische.

          • Profilbild
            Flowwater AHU

            @mort76 Frei nach »ribtide« (»Männer, die auf’s Wasser starren«):

            Oh, Mann, Alter, ich weiß nicht … ich weiß nicht … aber … hehehehehe (kicher)!!!! 😄

      • Profilbild
        Aljen AHU

        @mort76 Dann sagen wir es so: lebendige Vögel (aber auch: lebendige menschliche Piloten ganz gleich ob Kapitäne von Beluga bzw selig Antonow Myrja oder Gleitschirmflieger) starten (und landen) gegen den Wind.

        Immer.

        Nur so bleibt man lange gesund und lebendig. :-)

        (Und ja, Kalauer im Stil „Rückenwind — lauf geschwind!“ kenne ich. Sie sind nun mal Kalauer und nichts mehr.)

  3. Profilbild
    SynthUndMetal

    Ein tolles Interview! Vielen Dank dafür🙂 Seine YT Videos sind immer sehr inspirierend und ich mag diese unglaubliche Feinfühligkeit in seinen Klangwelten und seiner Musik.

    PS: Lustigerweise gibt es auf der A3 südöstlich von Frankfurt einen Parkplatz namens Hainbach. Jedes mal, wenn ich dort vorbeifahre kommt er mir ins Gedächnis mit seiner tollen Musik🙂

  4. Profilbild
    mofateam

    Danke. Tolles Interview. Ich verfolge Hainbach seit Längerem, und ich benutze auch gern seine wirklich aussergewöhnlichen Plugins/Instrumente. Ein total sympathischer und inspirierender Mensch.

  5. Profilbild
    Numitron AHU

    dankei für das gute Interview!
    schaue zwar selten Haibach aber er zaubert immer wieder interessante geräte hervor!
    Magpie auch toll.
    YouTube ist genial. seit den Kamera Handys kann jeder Videos hochladen. ich hab einige nur mit dem Handy und den billigen Monitoren gemacht
    aber eine Kamera mit Line in steht auf der Wunschliste!
    bitte Mal ein Interview mit meinem Kollegen in Wien Florian Mr. Bad Gear Pilz! in Berlin sind viele elektronische Musiker. kommt doch nach Wien! i h kaufe euch Mozartkugeln! 😉 kruder und Dorfmeister sind auch hier. 😎😜

    • Profilbild
      Aljen AHU

      @Numitron Das ist der unangenehme Nebeneffekt von YouTube, dass jeder Hinz und Kunz ohne Ahnung, aber mit Sendungsbewusstsein und gehöriger Portion Narzissmus, der Welt es aber so richtig zeigen kann.

      Zum Glück muss sich niemand diese ganzen Labervideos antun.

      • Profilbild
        Numitron AHU

        @Aljen Herr Bad Gear ist auch in den USA beliebt.
        aber anscheinend bist du der große Macker. 😂
        schon traurig solche Typen wie du.

        • Profilbild
          Gereon Gwosdek RED

          @Numitron Verschiedene Meinungen zu hören ist immer toll, aber ein freundlicher Umgangston sorgt dafür, dass die Unterhaltung dann auch für alle angenehm bleibt :)

  6. Profilbild
    schwarzMatt

    Wassn cooler und herzlicher Typ!
    Schöne Lektüre am Sonntag morgen.

    Lieben Dank Euch für das tolle Interview 😘

  7. Profilbild
    Everpure AHU

    Wirklich cooler Typ und sehr schönes Interview. 😊 Und danke, Hainbach, für den Tipp mit der Distortion! Ich habe ein kleines, aber (für mich) sehr feines und vor allem ausreichendes Sortiment and Instrumenten. Und bei allen gibt es irgendeine Form der analogen Verzerrung: Prophet 6 und Pro 2, Peak (das Filter Gain!!), Analog Rytm, und nicht zu vergessen, Precision Bass und Stratocaster mit einer Auswahl an MXR Pedalen… Ich hatte es irgendwie immer im Hinterkopf, aber nie richtig bewusst eingesetzt. Das wird ab sofort anders! 😃

      • Profilbild
        Everpure AHU

        @Flowwater Ja – und auch wenn die Tastatur schon ordentlich vergilbt (scheint ein generelles Problem beim Pro 2 zu sein?), werde ich den nicht mehr hergeben. 😍

  8. Profilbild
    Anjin Sun

    Zitat Hainbach: Und deswegen ist es da immer nur „Pay What You Want“.

    Dubios, die Preise sind aber übergreifend bei BC auf Mindestsummen eingestellt! Bei „Nenne deinen Preis“ sollte der Ansage folgend auch 0 möglich sein.

    Ein Akteur im Theater sollte sich nicht vom Publikum abhängig machen, sondern von der Verschmelzung mit der selbst gewählten Rolle. Der Schlüssel zu solch Kunst liegt im Abstand zur öffentlichen Wahrnehmung. Eine Inszenierung möglicher Ablehnung dient dem individuellen Ego, aber nicht der Rolle, der frei gewollt gebotenen Darstellung!

    • Profilbild
      mort76 AHU

      @Anjin Sun Ich will ja nicht spitzfindig werden, aber „0“ wäre von vornherein keine Bezahlung.

  9. Mehr anzeigen
Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung. Wir behalten uns die Löschung von Inhalten vor. Dies gilt insbesondere für Inhalte, die nach unserer Einschätzung gesetzliche Vorschriften oder Rechte Dritter verletzen oder Diffamierungen, Diskriminierungen, Beleidigungen, Hass, Bedrohungen, politische Inhalte oder Werbung enthalten.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X