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Interview: Hans Zimmer 2013

(ID: 52035)

Hans Zimmer:
Nein während der Dreharbeiten zu „Inception“ habe ich schon am Set in LA angefangen zu komponieren. Einmal sagte ich zu Chris: „Hey zeig mir doch mal, was ihr bisher so gedreht habt“, und er sagte: „Nein, das zeige ich dir erst, wenn die Musik fertig ist.“ Also habe ich die Musik parallel zum Filmdreh geschrieben.

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Amazona.de:
Hast du mit Themen angefangen oder gleich ganze Stücke komponiert?

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Hans Zimmer:
Na klar, hab ich erstmal mit Themen angefangen, wobei ziemlich früh feststand, dass ein Song von Edith Piaf musikalisch eine zentrale Rolle spielen sollte, das war eine gute Orientierung. Auf der anderen Seite ließ das aber auch wieder Zweifel aufkommen, ob wir den Film nicht doch in Paris drehen sollten.

Zur selben Zeit waren wir bei der Premiere von Sherlock Holmes in London. Ich war todmüde wegen des Jetlags und Chris überredete mich auch noch zu einer Aftershowparty, wo ich eigentlich gar nicht mehr hin wollte.
Da standen wir also beide einsam und verlassen auf der Party rum, was mir nach einiger Zeit zu doof wurde, weshalb Chris und ich uns verabschiedeten. Auf dem Heimweg redeten wir über die Idee, auch bei der Musik mit „Zeit“ zu arbeiten. Was würde passieren, wenn wir auch Töne „verlangsamen“ würden. Wir waren so gespannt auf das Ergebnis, dass wir noch am nächsten Tag in London ein Orchester buchten und mit der Idee experimentierten.

Trotzdem hat es mich aufgeregt, dass ich den Film nicht sehen durfte, deshalb schrieb ich ihm die Musik passend zu den Szenen im Drehbuch, ohne sie aber zu betiteln. Er sollte die Tracks selbst zuordnen (schmunzelt). Als ich den Film in einer Rohfassung dann zum ersten Mal sah, war ich echt überrascht, dass jedes Stück tatsächlich an die von mir vorgesehene Stelle gekommen war.

Amazona.de:
Du schreibst in Deinen Partituren auch viele Stimmen für Synthesizer. Wenn die Orchesteraufnahmen stattfinden, packst du dann die Synthesizer zusammen und nimmst sie zusammen mit dem Orchester auf?

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Hans Zimmer:
Manchmal schon, aber bei Inception haben wir es ganz anders gemacht, weil es hier ja ein sehr komplizierter Soundtrack war, bei dem ich in den Layouts ziemlich viele Synthesizer verwendet hatte. Meine Idee war: Was würde passieren, wenn ein klassisches Orchester versuchen würde, die Synthesizer-Spuren klanglich nachzuahmen.

Wir haben also dem Orchester in London unseren Soundtrack vorgespielt und ihnen gesagt, dass sie versuchen sollten, das so gut wie möglich nachzuspielen. Synthis wurde vorher immer vorgeworfen, dass sie Orchesterinstrumente ersetzen würden, wir haben bei Inception versucht, es genau andersherum zu machen. Es war wirklich faszinierend, wie kollegial die Musiker sich gegenseitig aushalfen und versuchten, die Aufgabenstellung umzusetzen.

Eines Tages kam uns allerdings der Vulkanausbruch in Island in die Quere, der den Flugverkehr zwischen LA und London praktisch lahmlegte. Ich saß in LA und das Orchester saß in London in den Studios. Wir konnten die Proben für den Score also nur noch über das Internet leiten. Aus diesem Grund haben wir in unserem Hangar in London eine riesige Kameraanlage an der Decke installiert, damit wir alle Musiker beobachten konnten. Zusätzlich haben wir das ganze Gelände verkabelt, sodass immer, wenn uns etwas nicht gefiel, wir Kontakt mit dem betroffenen Musiker aufnehmen konnten.

Es war brutal, weil wir schon um 2 Uhr morgens anfingen, während es bei ihnen schon 6 Uhr abends war. Das war schon unfair, weil die Jungs in London abends noch in den Pub gingen, während wir hier in LA weitermachen mussten.

Dieses ganze Vorhaben hat meine Vorstellung von Orchestern grundlegend geändert, weil wir zum ersten Mal alle beim Namen nannten und individuell kennen lernten. Wenn du zum Beispiel von den Beatles redest, sagst du ja auch nicht, der am Schlagzeug oder der Gitarrist. Du sagst Ringo und George. Seit „Inception“ versuche ich, im Orchester auch immer jeden persönlich kennen zu lernen und seine speziellen Fähigkeiten zur Geltung zu bringen.

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Forum
  1. Profilbild
    t.bechholds AHU 2

    ok, Hans ist ein ganz Großer und ich beneide ihn um seinen Erfolg, ehrlich. Die Musik finde ich oft zu überladen, zu krawallig… ‚zuviele Noten‘ :) , aber das ist wirklich nur mein persönlicher Geschmack. Was ich bedenklich finde , ist aber einen so komplexen Synthesizer wie den Schmidt auszusortieren, weil er schon einmal benutzt wurde und scheinbar nicht für Neues, Überraschendes taugt ? Wie kann ich mir das erklären, dass Topsounddesigner so schnell an ihre Grenzen stoßen ?

    • Profilbild
      Tyrell RED

      @t.bechholds Das war sicher so zu verstehen, dass er ihn nur für diesen einen Streifen nicht benutzt hat. :-)

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      j.rauner AHU

      @t.bechholds Er sucht einfach nur eine andere/neue musikalische Sprache für den nächsten Film. Dabei braucht er wahrscheinlich neue Herausforderungen und will nicht in die musikalische Sprache des alten Films zurückfallen. Der Schmidt steht als Instrument für den alten Film.
      Beim nächsten Film braucht er ihn dann wieder oder auch nicht!

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Zitat „Das Geld ist nicht das wirkliche Problem, das bekommt man immer irgendwo her.“ – Was mache ich falsch, Hans? :-D

    Heisst dieses Monster jetzt eigentlich „Schmitt Synthesizer“ oder doch „Schmidt Synthesizer“??

  3. Profilbild
    j.rauner AHU

    Das Interview mit Hans ist wirklich klasse. Es ist spannend zu lesen, wie er mit immer neuen Ideen und Experimenten sich, die Musiker und die Mitarbeiter überfordert, um neues zu kreieren. Natürlich auf hohen Niveau – er hat eine Idee und bucht für den nächsten Tag ein Orchester – für Normal-Musiker absurd, aber faszinierend.

    „Das Geld ist nicht das wirkliche Problem, das bekommt man immer irgendwo her. Das wirkliche Problem ist die Zeit, denn die steht einem nicht unbegrenzt zur Verfügung.“

    Irgendwie geht es mir anders, vielleicht mache ich ja auch etwas falsch. Ich versuche seit Wochen für ein neues Album Geld einzutreiben, um hochpreisige Instrumente zu kaufen, aber mir gelingt es nicht, andere für das Projekt zu begeistern. Ich habe Visionen, Ideen, aber sie scheitern an der nicht vorhandenen Finanzierung. Man braucht, so glaube ich, nicht nur Zeit, sondern auch irgendeine Art Business-Feeling usw.

    • Profilbild
      Ishido

      @j.rauner „…Ich habe Visionen, Ideen, aber sie scheitern an der nicht vorhandenen Finanzierung…“

      visionen und ideen können nur durch dich selbst scheitern…wenn man es wirklich will, geht es auch. klingt platt? vielleicht…aber wenn man es etwas wirklich will, läßt sich alles realisieren…naja, fast ;)

      • Profilbild
        j.rauner AHU

        @Ishido Ja und Nein! Normalerweise denke ich auch so: Alles lässt sich realisieren, wenn ich mich nur tief genug hineinknie. Wenn ich eine Idee/Vision habe, dann bleibe ich auch dran und versuche es so gut wie möglich umzusetzen.

        Dennoch gibt es dabei aber immer auch die andere Seite und die widerspricht, so glaube ich, die Meinung von Hans und von Dir, Ishido: Wenn ich andere Menschen brauche, um meine Ideen umzusetzen, (geschweige einfach davon wie Hans Ideen vorab auszuprobieren), dann muss ich sie davon überzeugen, sie begeistern – von der Idee und leider oft auch von einem selbst. Das verlangt gewisse Fähigkeiten, Geschick und natürlich auch eine Portion Glück. Hans hat mit viel Kraft, Arbeit und Glück es geschafft, seine Ideen und Visionen als Künstler/Komponist realisieren zu können, weil er am Anfang seiner Laufbahn und höchstwahrscheinlich bis heute Fähigkeiten entwickelt hat, um mit anderen Menschen auf bestimmte Weise umzugehen.

        Nicht nur Wille und Zeit zählt bei der Realisierung, sondern auch der Umgang mit Menschen!? Wenn ich für die Finanzierung meines nächsten Albums aus meiner Sicht viel Geld brauche und gerade nicht habe, muss ich auch andere von der Idee begeistern können, die es finanzieren können.

  4. Profilbild
    Wangan

    Ansich sehr interessant aber nicht speziell genug! :)
    Mich hätte mal interessiert, mit was er nun Arbeit, warum er nicht mehr sein 90s Equipment einsetzt!? Zimmer war nämlich extremer Rolandnutzer zu der Zeit damals, das vermisse ich auch sehr in seinen ganzen Soundtracks, diese Wiedererkennung fehlt nämlich!

    Weiterhin, wenn ich schon bei Inception wart, es ist schön wenn er sich so eine Mühe gab bei der Komposition, obwohl ich die nicht so besonders fand, aber gerade wenn es um die Mischung des Films geht, hätte ich noch mehr nachgehackt. Die 5.1 Musikmischung und der räumliche Aufteilung, ist nämlich wie viele aktuelle Produktionen heutzutage ansich, sehr schwach als im Vergleich noch vor gut 10 Jahren im Kinobereich.
    Es ist interessant, das er bei der Hauptmischung praktisch noch dabei ist und bei den Downmixes nicht!!?

    Jedenfalls, ich persönlich hätte mal einige Fragen zu seinem für mich besten Soundtrack gehabt und das wäre nämlich der „Film THUNDERBIRDS!! Hier hatte er meiner Meinung nach eine seiner besten Arbeiten abgeliefert, so tolles arrangiertes und vorallem perfekt abgemischtes Orchester mit Synthesizer unterstützt (gerade in der 5.1 Version) gibts leider heutzutage nicht mehr, auch nicht von ihm.
    Das nochmal als Hinweis, weil dieser Film nicht so erfolgreich war und fast immer vergessen wird.

  5. Profilbild
    Klaus Joter

    Zimmer ist für mich das kineastische Pendent zu Madonna oder B. Spears, d.h. frei von künstlerischen Ambitionen und voll und ganz der Kommerzialität untergeordnet. Deswegen kann man seine Musik häufig als bombastisch etc. bezeichnen, weil sie auf eine klischeevolle Weise das Gesehene lediglich spiegelt. Sie fügt den Filmen keine neuen Gedanken oder gar antithetische Elemente hinzu und ist damit lediglich ein Soundbackground. Damit reiht er sich perfekt ein in die Reihe von in die Jahre gekommenen Popstars, die beim jugendlichen Publikum nicht mehr ankommen und für sich die Nische der Fimmusik entdeckt haben. Dementsprechend nichtssagend ist der Großteil dieses Genres geworden. Und während z.B. ein Mancini noch auf solche simplen und zugleich grandiosen Ideen kam, eine Art von Boogie mit einem Kirchenorgelpositiv als Rhythmusinstrument spielen zu lassen, läßt sich Zimmer eben Synthie-Boliden als Sonderanfertigung bauen. Vorsprung durch Technik halt …… – obwohl: Vorsprung?

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Klaus Joter Durch meinen täglichen Kontakt mit Jugendlichen (Stichwort Sprachaustausch) weiss ich, dass Hans sehr wohl bei den Jüngeren gut ankommt, insofern ist dieses Argument nicht ganz korrekt. Ich denke nicht dass Hans sich irgendwelchen „kommerziellen Vorstellung“ beugen muss, um weiterhin erfolgreich zu sein. Ich wette, wenn er sich hinsetzen und für den nächsten Film einen reinen Synthscore, der minimal arrangiert und abstrakt im Klang ist, machen würde, wäre er dennoch erfolgreich damit. Er hat wohl schon Recht, wenn er sagt, dass man nicht dass machen soll, was die Leute erwarten ;-)

  6. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Bild auf Seite 4 in der Mitte, der Bildschirm hinter der Tastatur.. wo findet man sowas?

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      AMAZONA Archiv

      Ich könnte mich irren, aber es sieht aus wieder Lemur (die Hardware, nicht die APP).

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        Joghurt AHU

        Das mit dem Lemur würde ich bezweifeln, der ist klobiger und nach vorne abgerundet (meiner zumindest). Des weiteren hat er oben noch Lämpchen. Es steht doch unter dem Bild „Spezialanfertigung“.

  7. Profilbild
    emmes

    Ich finde, dass Hans Zimmer viele gute Filme auf dem Gewissen hat. Ich hasse es, wenn in Filmen ein durchgehendes Dauergedüdel durchläuft. Da lobe ich mir eher „Jackie Brown“ von Tarantino, wo Musik nur dann gespielt wird, wenn einer das Radio einschaltet.

    OK, es gibt natürlich auch geniale Soundtracks, aber doch bitte nicht diese Dauerberieselung. Das macht’s eher langweilig… Und seitdem Hans Zimmer das mal in einem Film angefangen hat, ist das viel zu oft kopiert worden. Und es klingt immer öfter und noch schneller alles ähnlich.

    JM2C ;-)

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