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Interview: JakoJako, Synthesizer-Künstlerin

Modulare Alien-Sounds mit Elektron Analog Rytm, Endorphin.es Queen & Waldorf Iridium

31. Mai 2025

JakoJako, Synthezier-Künstlerin aus Berlin im AMAZONA-InterviewDiese Frau ist intergalaktische Energie. Was man hören und fühlen kann: Wenn JakoJako auf der Bühne an Potis und Fadern ihres Modularsystems schraubt, versetzt sie die Crowd mit ihren atmosphärischen Live-Sets regelmäßig in hypnotische Ekstase. Die Berliner Synthesizer-Künstlerin und Eurorack-Expertin hat nicht umsonst in den letzten drei Jahren einen kometenhaften Aufstieg ins Techno-Universum geschafft und begeistert mit ihrem klangsynthetischen Können in Clubs auf der ganzen Welt.

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Was einst mit einem Make Noise Math im Garten Eden für Eurorack- und Synth-Enthusiasten und ihrem einstigen Arbeitgeber SchneidersLaden begann, mutierte schnell zu einem üppig verkabelten Synthesizer-Studio in der eigenen Wohnung. Hier schläft JakoJako inmitten von Eurorack-Modulen und Hardwired-Synths. Das ist wahre Nerd-Liebe!

Ich habe JakoJako auf der Superbooth 2025 kurz vor ihrem Live-Set zum Interview getroffen und sie gefragt, welcher Initialimpuls ihre Synthesizer-Leidenschaft getriggert hat. Wir sprachen darüber, wie ihre Tracks entstehen, welches Gear sie am liebsten für welches Einsatzgebiet verwendet und was eine E-Mail von Waldorf mit der Größe des Waldord Iridium Core zu tun hat. Und natürlich ging es auch darum, wie sie ihre Modular-Live-Sets auch ohne DAW und Sampler erfolgreich meistert.

„Ich wollte elektronische Musik verstehen“

Oszillina:
JakoJako, du bist eine international erfolgreiche Modular-Künstlerin. Was war dein Initialimpuls für Synthesizer?

JakoJako:
Ich habe immer elektronische Musik gehört und dann wollte ich irgendwann einfach verstehen, wie sie aus diesen Boxen rauskommt und wie man überhaupt solche komischen Klänge macht. Ich wollte elektronische Musik verstehen, ohne dass ich überhaupt Musik machen wollte. Das war der Initialimpuls.

JakoJako im Interview mit Oszillina auf der Superbooth25

Superbooth25: Interview mit JakoJako auf der FEZ-Dachterrasse | Foto: blueescalator/

Oszillina:
Was macht für dich die Faszination an Synthesizern aus?

JakoJako:
Ich finde Synthesizer so interessant, weil man damit Klänge machen kann, die man so in unserer Welt nicht hört. Solche unnatürlichen, fremden Klänge, die einem helfen, vor dem Weltlichen und auch vor den Problemen zu flüchten. Man muss nur den Strom einschalten, die Geräte anmachen, ein paar Knöpfe drücken und dann ist man ganz schnell in einer anderen Welt. Nur durch den Sound! Und das ist alles so fern von dem, was man sonst so mit Händen machen kann wie Stricken, Malen, Kochen oder andere Kunstdinge. Das ist der eigentliche Grund, warum ich das mache: weil es mich rausbringt aus der natürlichen Welt.

Abschalten und ganz in dieses Alien-Gefühl eintauchen

Oszillina:
Also Weltflucht. Eskapismus. Abschalten vom Alltag.

JakoJako:
Genau. Abschalten und ganz in dieses Alien-Gefühl eintauchen! Viele blinkende Lichter, die einen hypnotisieren. Und vor allem gibt es bei Modular-Synths keinen Bildschirm und nur wenige Kontroll-Parameter, die man mit den Augen verfolgen kann, außer LEDs. Man muss vieles mit dem Ohr machen. Dabei geht es für mich auch darum, aus den Gedankenspiralen rauszukommen. Zumal unsere Synthesizer-Welt auch eine so freundliche Welt ist, so eine freundliche Szene, was für mich zusätzlich ein Ansporn ist.

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Oszillina:
Und warum modular und keine fertig gebauten Synthesizer mit fester Architektur?

JakoJako:
Ich habe natürlich auch Hardwired-Desktop-Synths.

Warum es mit dem Eurorack nie langweilig wird

Oszillina:
Welche zum Beispiel?

JakoJako:
Heute habe ich andere als damals hatte. Aktuell arbeite ich viel mit Waldorf Synths wie dem Iridium Core.

Lina:
Oh yes, ich hab den Waldorf Iridium Keyboard und liebe ihn!

JakoJako:
Same here … ich hab auch viele Elektron Geräte, einen Moog Grandmother, einen Oberheim 6 und ein paar Drummachines. Am Anfang hatte ich nur ein, zwei davon, die ich mir von meinem hart erarbeiteten Geld gekauft habe wie den Elektron Rytm. Der ist bis heute geblieben.

Den Rest habe ich dann schnell wieder verkauft, weil ich einfach schnell an meine Grenzen gekommen bin. Ich hab gemerkt: Ich habe alles verstanden, ich weiß jetzt, wie das alles funktioniert, welche Sounds ich wie rausbekomme. Irgendwann war es dann immer so schnell am Ende mit den Modulationsquellen, mit Effekten und auch der Kreativität. Dementsprechend schnell habe ich verstanden, dass ich ein anderes System brauche. Eins, das offener ist, das mir auch erlaubt, immer weiterzumachen, das mehr Dynamik hat. Wo ich nicht aufhören muss zu denken. Weil ich ein Charakter bin, dem relativ schnell langweilig wird.

JakoJako erklärt in ihrem Studio, welches Setup sie mit nach Vietnam genommen hat

JakoJako erzählt in ihrem Berliner Studio, wie ihr aktuelles Album Têt 41 entstand

Oszillina:
Kenn ich …

JakoJako:
Das merkt man! Und das ist das Ding mit einem Eurorack-System: Es wird nie langweilig, weil es immer wieder neue Firmen gibt. Und jede Firma hat ihre eigenen Potis, ihre eigenen Widerstände, ihre eigenen Fader. Dadurch hat man immer ein anderes Gefühl in der Hand und muss sich immer wieder neu auf eine Firma einlassen. Und sobald man mal gelangweilt ist, kann man sich für relativ kleines Geld wieder neue Funktionen „dazubuchen“ und hat wieder ein neues System. Man muss beispielsweise nur einen Oszillator oder ein Filter austauschen und es klingt alles wieder ganz anders. Oder das Filter aus seinem Lieblingssynthesizer mit den Oszillatoren der anderen vermischen. Unendliche Möglichkeiten!

Oszillina:
Gibt es etwas, worauf du niemals verzichten würdest? Stichwort einsame Insel: Was muss unbedingt mit in dein Eurorack-Gepäck?

JakoJako:
Also wahrscheinlich irgendetwas, das nicht ganz so klassisch ist. Und ich brauche immer eine Komfortzone. Dann noch etwas, das abstrakt-futuristisch klingt, nicht nach Natur. Und ich brauche etwas, womit ich Sachen ein bisschen strecken und verändern kann.

Oszillina:
Das wäre?

JakoJako:
Wahrscheinlich würde ich irgendetwas mit Granularsynthese mitnehmen, damit ich Sounds komplett kaputtmachen kann. Und etwas, das auch bisschen Buffer hat, womit man Sachen aufnehmen kann. Ich bin da gerade so ein bisschen hängengeblieben auf diesem Odessa Xaoc Devices Oszillator, der macht so schöne Alien-Sounds.

Ich würde aber bestimmt auch mein MMF Multimode-Filter von Happy Nerding einpacken, das benutze ich immer sehr gerne – ein Ladder-Filter für diese klassische Komfortzone. Außerdem würd ich einen Funktionsgenerator mitnehmen, wahrscheinlich den Quadrax von Intellijel Designs.

Und natürlich irgendeinen Multieffekt wie dem FX Aid von Happy Nerding. Was noch … ah ja! Vielleicht irgendeinen chaotischen Rhythmusgenerator, so ein Logic-Ding.

Grundsätzlich würde ich alles einpacken, was so klein wie möglich ist. Kleinster Footprint, maximale Funktionen! Ach ja und noch den Multitool Ornament & Crime CV-Generator und -Prozessor.

JakoJako und ihr Studiosetup, mit dem sie sich auf den Gig auf der Superbooth25 vorbereitet hat

Letzter Blick ins Cockpit und dann fliegt JakoJako auch schon wieder zum nächsten Gig

Mit dem Math fing alles an

Oszillina:
Du hast in SchneidersLaden gearbeitet. Welches war das erste Modul, das du dir gekauft hast und warum?

JakoJako:

Ich hab mir zuerst den Make Noise Math gekauft, weil da im Manual auf den letzten Seiten Patch-Beispiele waren, wie man Feedback patchen kann, allein mit dem Math. Der Math ist ein Funktionsgenerator mit einem LFO und einer kleinen Hüllkurve und den konnte man ineinander intern verpatchen, sodass man so eine Art Bouncing-Ball bekommt oder den LFO auditiv machen konnte. So habe ich gelernt, erst einmal mit dem Patchen umzugehen und die Funktionen zu checken. Das war mein erstes Modul.

Oszillina:
Und was kam dann? Wie sah dein allererstes Setup aus?

JakoJako:
Dann kam glaube ich irgendein Oszillator, ein Wavetable-Oszillator. Der Sound eines Wavetables ist relativ reich, man kann viele verschiedene Sachen damit machen. Danach habe ich schnell gemerkt: Okay, ich brauche einen VCA, ich brauche Filter, halt die ganzen Basic-Sachen für subtraktive Synthese. Erst ab dann hat dieser ganze Luxus angefangen, mit Effekten und so weiter. Und der Spaß ging so richtig los! Dann waren dann schnell 2.000,- Euro weg, aber ich hatte etwas, mit dem ich ein Live-Set spielen konnte.

Auch beim Superbooth25 Liveset hat JakoJako alles im Griff

Ohne DAW, aber mit doppeltem Boden: Der OXI ONE MKI ist das „Hirn“ ihres Live-Setups / Foto: blueescalator/

„Der OXI ist mein Hirn beim Live-Set“

Oszillina:
Patchst du eigentlich live auf der Bühne oder hast du vorher bereits ein fertiges Patch-Konzept? Beschreib doch mal deine modulare Herangehensweise.

JakoJako:
Kommt auf die Situation an. Ich mache zum einen Musik als Solokünstlerin. Ich bin aber auch in Gruppen. Wenn ich in Gruppen bin, habe ich viel mehr Freiheit zu denken und viel mehr Zeit, einen Patch live zu machen.

Wenn ich allein spiele, habe ich meistens eine oder zwei Drum-Machines, einen Polysynthesizer und ein Modularsystem. Ich hab als Basic immer ein „Hirn“, in dem Fall ist es der OXI, davor war es der Elektron Octatrack. Ich hatte auch eine Zeit lang den Torso, das ist so ein Teil ohne Screen, ziemlich gut zum Improvisieren. Ich brauche auf jeden Fall immer einen Sequencer, der alles steuert.

Und wenn ich alleine spiele, habe ich meistens mein Eurorack-System vorher schon fertig gepatcht, wobei das Eurorack-System für jedes Live-Set anders aussieht. Verschiedene Stimmen sind dann bereits gepatcht und es gibt ein System, mit dem man die Sachen buffern kann. Ich kann dann quasi blind nach den Geräten greifen und einfach losspielen. Was aber was ganz anders ist, wenn ich zu Hause Musik mache.

Sound-Recording in Vietnam

Oszillina:
Du hast eine breite musikalische Range. Einerseits machst du frickelig-experimentellen Ambient wie auf deinem neuen Album Têt 41, wofür du zurück zu deinen vietnamesischen Roots gereist bist und viel mit Recordings gearbeitet hast.

JakoJako:
Genau, ich wollte in Vietnam eigentlich nur diese besonderen Momente aufnehmen, so wie ein akustisches Reisetagebuch. Diese Sounds habe ich mit binauralen Kopfhörern aufgenommen. Die gab es irgendwann mal zu Corona-Zeiten für nur 20,- Euro, das sind richtig gute von Sennheiser. Weil alle im Homeoffice waren, waren Headsets schnell ausverkauft. Und die Leute haben dann diese Dinger gekauft, die normalerweise 250,- Euro kosten. Die Kopfhörer sind klein, handlich und nehmen brillant auf.

JakoJako live auf der Superbooth2, Strandbühne

Und täglich grüßt das Elektron … | Foto: Oszillina

Oszillina:
Und welches Setup hattest du in Vietnam dabei?

JakoJako:
Ich bekomme öfter mal Sachen zum Testen zugeschickt. Als Beta-Testerin, um Feedback zu geben. Weil ich in den letzten zwei Jahren so viel getourt bin, hatte ich noch viele Sachen zu Hause unausgepackt in Kartons rumstehen. Da hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich die Sachen bekommen, aber noch nicht einmal benutzt habe.

Und für meine Vietnam-Reise habe ich einfach das all das, was ich benutzten sollte, in mein Eurorack reingepackt. Plus die Sachen, die man multifunktionell verwenden kann, wie zum Beispiel einen Dual Wavetable-Oszillator, den Intellijel Metropolis Sequencer, ein Modul für Granularsynthese, den Waldorf Iridium Core und das Ghost Modul von Endorphines.

JakoJako live auf der Superbooth25 am Abend

Hier sitzt jedes Patch-Kabel: Bei JakoJako wird auch live nichts dem Zufall überlassen | Foto: blueescalator/

Was JakoJako mit der Größe des Iridium Core zu tun hat

Das Lustige ist, Waldorf hat den Iridium Core so gebaut, weil ich ursprünglich den alten Iridium hatte und Waldorf mir irgendwann mal geschrieben und nach Feedback gefragt hat. Daraufhin habe ich gesagt, dass ich den Iridium insbesondere zum Live-Performen zwar geil finde – vor allem für Chord-Progressions, weil man Chords einfach auf die Pads legen kann, was es ultraleicht für komplexe Song-Strukturen in längeren Sets macht. Aber meine Kritik war, dass das Ding leider zu groß ist, um damit um die Welt zu fliegen, weil dieser Klotz einfach nicht in meinen Koffer passte.

Und dann hat Waldorf mich gefragt, welches Format denn für mich cool ist. Ich sagte daraufhin: Elektron-Größe! Ein paar Monate später bekam ich eine E-Mail und Waldorf mit ausgeklügeltem Mini-Format und neuen Features. Jetzt nehme ich den Core überall mit hin und liebe es! Ich kann es nur allen empfehlen, die live spielen. Man bekommt mit wenig Gewicht einen sehr schweren und beeindruckenden Sound.

Oszillina:
Nochmal zurück zu deiner musikalischen Range: Hast du unterschiedliche Setups für unterschiedliche Musikstile? Also bei Techno ein anderes als bei Ambient?

JakoJako:
Eigentlich nicht. Ich arbeite immer mit meinen eigenen Sachen und habe daher immer das gleiche Setup, nur je nach Musikstil kommen dabei mal mehr und mal weniger Module und Geräte zum Einsatz. Wenn es eher Techno-lastig ist, ist mein Setup dementsprechend mehr Drum-basiert.

„Für ein Ambient Live-Set nehm ich viel weniger mit“

Oszillina:
Welche Drum-Machine bevorzugst du für Techno?

JakoJako:
Aktuell benutze ich am liebsten die Elektron Analog Rytm MKII Black und die Elektron Model:Cycles. Ich habe für Techno-Beats aber auch Module, manchmal nehme ich beispielsweise aus dem Eurorack eine Stimme heraus und mache dafür eine Drum-Stimme rein. Ich habe beispielsweis einen Noise Engineering Basimilus Iteritas Alter und das Endophines Queens of pentacles.

Wenn ich hingegen ein Ambient-Live-Set spiele oder einen Live-Jam, nehme ich viel weniger mit und arbeite mehr mit Effekten, mit Zeit und Pausen. Da hab auch meist mehr Zeit zum Nachdenken und kann meine Noten live einspielen. Ich komm ja gar nicht von diesem musikalischen Hintergrund wie du. Ich habe mir das alles selbst beigebracht, weil mich mehr die elektronische Musik interessiert hat.

JakoJakos Gear Board nach dem Gig: Elektron, OXI, Waldorf Co.

Nach dem Gig ist vor dem Gig für Elektron, OXI, Waldorf Co. | Foto: blueescalator/

Oszillina:
Weil du elektronische Musik technisch verstehen wolltest.

JakoJako:
Genau, ich kann nur das, was ich brauche, um an mein persönliches klangliches Ziel zu kommen. Ich wollte Skalen verstehen, hab mich auch mit Rhythmus-Lehre befasst. Aber ich zähle zum Beispiel nicht beim Spielen. Wahrscheinlich, weil ich oft Musik alleine mache, da gibt es weniger Regeln. Man kann machen, was man will. Was es relativ schwer macht, wenn man mit anderen Leuten zusammenspielt, die zählen. Zum Beispiel habe ich ein Projekt mit dem Detect Ensemble. Das sind alles High-End klassische Musiker- oder Jazzmusiker und Musikerinnen. Und da komm ich öfters mal an meine Grenzen.

„Techno war meine Eintrittspforte“

Oszillina:
Wie war eigentlich deine musikalische Sozialisierung. Kommst du eher vom Techno?

JakoJako:
Ja. Techno war meine Eintrittspforte. Wenn man in einem Club ist und man hört Synthesizer, Kickdrum und Basslines, das nimmt dich komplett ein. Davor war ich eher in der Punk-Szene unterwegs. Da gibt es auch viele elektronische Geräte wie E-Gitarre, Effektpedale usw.

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Von Punk und Techno bin ich auch in viele Subgenres wie Elektronika reingerutscht, weil es auf manchen CDs so Synthapella-Versionen gab. Da hab mir gedacht: Das ist auch ganz geil zu wissen, was für Synthesizer diese oder jene Person benutzt hat. Das hat mich inspiriert.

Oszillina:
Das heißt, du hast dir angeschaut, was andere Leute machen, welches Gear sie benutzen?

JakoJako:
Ja und das hab ich dann versucht zu verstehen. Ich bin dann in einen Musikladen gegangen und habe die Sachen einfach so ausprobiert. Von wegen „das Teil ist geil, die Bedienung verstehe ich, ist ja gar nicht so schwer“ und so weiter. Man braucht halt nur Geld. Synthesizer sind leider ziemlich teure Instrumente … Gitarren sind oft billiger!

Oszillina:
Aber dafür bekommt man von Synths auch Sounds from Outta Space, die es so nicht gibt auf unserer Welt.

JakoJako:
Genau darum geht‘s!

„Ich bin geleitet von einer internen Idee“

Oszillina:
Aus welchem Impuls heraus entsteht bei dir ein Track? Es gibt beispielsweise Leute, die gehen mit ihrem Modular-Köfferchen in die Natur und lassen sich von Vogelzwitschern oder dem Rauschen der Bäume inspirieren. Welcher Typ bist du?

JakoJako:
Weniger dieser Typ. Meistens habe ich eine ganz bestimmte Sache im Kopf, die ich mit einem ganz bestimmten Gerät ausprobieren möchte. Oder ich hab ein neues Gerät und das probiere ich dann aus und daraus entsteht eine Idee. Oder ich wache morgens auf beziehungsweise will abends einschlafen und dann kommt mir plötzlich ein Gedanke: „Ah, warte mal, diese Melodie und mit diesem Synthesizer … das könnte passen … oder dieser Patch …“. Dann muss ich das sofort ausprobieren und manchmal funktioniert es und dann ist das der Track. Manchmal auch nicht und dann ist es auch gut. Aber ich bin grundsätzlich eher geleitet von einer internen Idee.

JakoJako beim Interview mit Oszillina auf der Dachterrasse des FEZ, Superboth25

Gut drauf trotz frischer Brise: JakoJako kurz vor ihrem Gig auf der Superbooth | Foto: blueescalator/

Oszillina:
Also keine Trigger von außen.

JakoJako:
Ja, man ist eh immer unterbewusst von außen beeinflusst. Ich habe in Vietnam probiert, das Ganze mal andersherum laufen zu lassen, also passiver und mich inspirieren zu lassen. Aber das ist eine ganz andere Herangehensweise, die mir nicht so liegt. Zu Hause im Studio ist es eher so, dass ich Bock auf was ganz Bestimmtes habe und dann versuche ich, es so gut wie möglich aus meiner Fantasie in die echte Welt zu bringen.

Oszillina:
Kannst du deine Idee dann genau so reproduzieren, wie sie in deinem Kopf lebt oder erlebst du bei der Realisierung auch Überraschungsmomente?

JakoJako:
Es gibt schon auch Überraschungsmomente. Ich wüsste jetzt aber auch nicht, dass ich so viel experimentiere … Meistens habe ich eine ganz klare Idee und setze sie um. Je näher ich an diese Idee herankomme, desto zufriedener bin ich. Wenn ich sie bis dahin nicht schon wieder vergessen habe.

„Mit Sampler fehlt mir der Thrill“

Oszillina:
Apropos vergessen: Wie notierst du deine Ideen und vor allem deine Tracks? Wie reproduzierst du beispielsweise deinen releasten Track auf der Bühne?

JakoJako:
Ich mach das meistens nicht. Ich spiele das ganze Jahr live und daraus entstehen dann Tracks, die ich release. Aber ich hab mir sagen lassen, ich sollte mehr mal die Tracks spielen, die ich schon releast habe.

Oszillina:
Das stelle ich mir als Modular-Künstlerin besonders schwierig vor. Oder arbeitest du mit einer DAW?

JakoJako:
Nein. Keine Samples, keine DAW. Ich habe das eine Zeit lang gemacht, da hatte ich so einen kleinen Sampler, den 1010 von Blackbox, in dem ich STEMS drin hatte, weil ich viel gereist bin und damals ohne Tour-Manager nicht so viel Gepäck mitnehmen konnte. Aber dann habe ich gemerkt, dass es mir einfach keinen Spaß macht, mit einem Sampler zu arbeiten. Irgendwie fehlt etwas. Es ist damit mehr so eine Performance. Mir fehlt der Thrill und das Spontane. Also bin ich von diesem Gedanken wieder weg.

Für mein Set heute Abend auf der Superbooth habe ich auch nur Maschinen. Was natürlich auch immer risikoreicher ist, die Übergänge werden zum Beispiel länger dauern. Aber es funktioniert und es fühlt sich viel organischer an! Weil man mehr jammt und auch mehr improvisieren muss.

Aber deine Frage war ja eigentlich, wie ich notiere. Ich habe letztens ein altes Heft von mir gefunden, das ziemlich chaotisch ist, mit vielen Notizen und Kritzeleien. Das brauch ich heute nicht mehr, mittlerweile kann ich mir Sachen einfach merken. Oder mache Fotos und schreibe Notizen in eine digitale Mindmap, die immer größer wird.

JakoJakos Herz gehört dem Eurorack

JakoJakos Herz schlägt für das Eurorack: So steht es aktuell in ihrem Berliner Studio

Oszillina:
Weil du technisch inzwischen so versiert bist und auch Muscle-Memory dazu kommt.

JakoJako:
Ja und auch mein Gehör ist mittlerweile trainierter. Aber es gibt da ein paar meiner Tracks wie „Deine Augen“, den spiele ich manchmal gerne, aber könnte ihn nicht mit Tasten spielen. Mit meinem Elektron Octatrack jedoch kann ich den blind spielen, weil ich den Track damit geschrieben habe.

Wenn ich „Meine Augen“ aber irgendwo ohne Octatrack spielen würde, müsste ich die MIDI-Noten exportieren, aus dem Octatrack aufnehmen und die MIDI-Noten woanders reinballern, z. B. in den RK008, das ist ein ganz kleiner MIDI-Recorder von Retrokits, der auf Nokia-Batterien oder mit USB-C läuft. Und der ist voll mit meinem MIDI-Kram.

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Damit kann woanders ich auch Sachen spielen, die ich zu Hause geschrieben habe, weil ich die MIDI-Noten überallhin mitnehmen und in anderen Studios mit einem bestimmten Synthesizer zum Beispiel von einem Kumpel ausprobieren kann. Und jeder Sequencer hat natürlich auch eine Sequenz von mir gespeichert, die ich jederzeit wieder abspielen kann.

„Mein doppelter Boden ist mein Sequencer“

Oszillina:
Du bist also eine jener Live-Künstlerinnen, die ohne doppelten Boden arbeiten? Die sich auf die Bühne stellen und in Echtzeit live performen?

JakoJako:
Mein doppelter Boden ist mein Main-Sequencer. Da sind die Channels bereits gesetzt. Da weiß ich, Channel 1 geht in den Synth, Channel 2 geht mit mehreren Stimmen da rein, dort sind die CC-Noten und hier die Program-Changes.

Oszillina:
Welchen Sequencer benutzt du heute Abend bei deinem Live-Set auf der Superbooth?

JakoJako:
Den OXI ONE MKI, meinen aktuellen Lieblings-Sequencer. Vorher hatte ich den Torso und wiederum davor jahrelang den besagten Elektron Octatrack. Dafür habe ich lange gespart und Privatunterricht gegeben, um mir unter anderem den Octatrack zu kaufen, immerhin hat das Teil mehr als 750,- Euro gekostet. Was für mich hartverdientes Geld war, damals habe ich ja noch als Krankenschwester gearbeitet und nebenbei in SchneidersLaden.

JakoJakos Setup auf der Superbooth25 in Nahaufnahme: Waldorf Iridium Core, und OXI ONE MK1

Und plötzlich ruft Daniel Miller an …

Oszillina:
Da hast du doch auch Daniel Miller von Mute kennengelernt, oder?

JakoJako:
Ja. Ich wusste damals aber nicht, wer das ist. Der war immer der Synthesizer-Herr, der die coolen Patches macht. Ich bin halt kein 80er-Kind so wie meine Eltern. Und irgendwann hat er bei Schneiders angerufen und nach JakoJako gefragt. Ich nur, warum sagt er nicht Sibel?! Und dann hab ich gerafft, dass es DER Daniel Miller von Mute Records ist … Erasure und Depeche Mode … !

Oszillina:
Wie lange hat es von diesem Telefonat bis zu eurer ersten Zusammenarbeit gedauert?

JakoJako:
Bis zum nächsten Monat! Dann kam schon der erste Remix für Depeche Mode und danach haben die mich gefragt, ob ich nicht Bock habe, einen Remix für Martin Gore zu machen. Danach wurde ich gleich unter Vertrag fürs Publishing gekommen. Das war heftig.

Oszillina:
Wann war das?

JakoJako:
Ich glaube vor drei Jahren, als ich noch bei Schneiders gearbeitet habe. Ungefähr … mein Leben ist ein Fiebertraum, keine Ahnung. Alles geht sehr schnell! (lacht)

Oszillina:
Letzte Frage zum Berghain: Bist du dort DJ oder machst du dort auch Live-Sets?

JakoJako:
Beides. Ich mache auch Live-Sets, ein paarmal im Jahr, Techno- und Ambient-Live-Sets. Ich hab auch mal eine Spontan-Performance mit einem Tänzer gemacht. Immer dann, wenn besondere Tage sind und mehrere Räume geöffnet haben. Und mehr Kapazitäten da sind.

Oszillina:
Gleich spielst du live auf der Superbooth, worauf ich mich riesig freue. Danke JakoJako für deine Zeit und das inspirierende Interview!

JakoJako, Oszillina und Nils nach dem Interview

Auf einer Frequenz: JakoJako, Oszillina und Nils nach dem Interview | Foto: Oszillina

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Forum
  1. Profilbild
    Ulrich

    Ich bin Fan! Wegen JakoJako und Barker habe ich mit Eurorack angefangen. Ich habe mir ein Insta-Video von Jako angeguckt, einen Screenshot von ihrem Eurorack gemacht und habe dann mühsam versucht die Kabel zu verfolgen, um ihren Patch zu verstehen :) Ohne ihre Musik hätte ich das Schöne an Wavetable-Synthesizer nicht gesehen, was man mit Quantizer tolles machen kann oder wie zart eine TB303 klingen kann.

  2. Profilbild
    Kazimoto AHU

    Die Welt dreht sich weiter und bringt weitere tolle Menschen an Maschinen hervor. Ich kann ihre Motivation total verstehen, du hast einen Haufen Mist im Kopf und setzt dich an den Jasper und Frieden. Das verbindet hier bestimmt viele miteinander. Autodidakt, Krankenschwester, mit beiden Füßen auf dem Boden und kein sattes Rich-Kid, ich liebe sie obwohl ich noch nichts von ihr gehört habe, das hole ich jetzt nach. Das Eurorack, meins würde ähnlich aussehen, keine Kompromisse, Piston Honda, Maths, Morgasmatron, alleine mit den drei und ein FX kannst du die Welt zum stehen bringen. Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet, komm mal vorbei!

      • Profilbild
        Dirk

        @Kazimoto Die ganze Stoor Live Geschichte, angefangen mit Stay Home Soundsystem während der Pandemie, rechne ich ihm dermaßen hoch an, ganz viel Respekt.

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