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Interview: John Bowen, Mister Solaris, Teil 1

(ID: 129986)

Klaus:
Moog Music – dort hat alles angefangen. Kannst Du uns etwas über diese Clinics erzählen und wo die stattgefunden haben?

John:
Mein erster Einsatz war im Sommer 1973 und bestand darin, den Moog Außendienstmann, der für die amerikanische Westküste zuständig war, auf seinen Reisen zu begleiten. In den Läden herausfinden, ob die Händler irgendwelche Probleme beim Verkauf des Minimoogs hatten. Und den Außendienstler bei seiner Arbeit unterstützen. Das war besonders dann der Fall, wenn er sich nicht im selben Raum wie ich aufhielt. War mir etwas unangenehm, ich kam mir ein bisschen wie ein Spion vor. Ich glaube, man wollte herausfinden, wieso keine hohen Stückzahlen verkauft wurden. Doch keiner der Händler war mit dem Außendienstmann etwa unzufrieden oder so, es ging denen eher um dieses neue Produkt, das teuer war, und die meisten von ihnen einfach nicht wussten, wie man das den Kunden vorführen soll. Dafür also hatte man mich angeheuert: Ich sollte helfen, das zu ändern.

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John Bowen Norlin Letter

John:
Nach den ersten ein oder zwei Wochen zusammen mit diesem West Coast Außendienstler kehrte ich nach Williamsville zur Moog Factory zurück. Um festzustellen, dass die Company in der Zwischenzeit an Norlin Music verkauft wurde. Und dass die Bob Moog für die Tokyo Music Fair in jenem September gebucht hatten. Er sollte während eines Special Events eine Vorführung machen und zusätzlich täglich am Moog Stand erscheinen. Auch dachten sie, dass es prima wäre, wenn Bob einige Songs spielen würde. Ich glaube beides hat ihn sowohl begeistert als auch erschreckt! Wir erarbeiteten drei Songs, bei denen Bob so eine Art „One Finger Lead“ spielen musste, während ich ihm im Hintergrund mit Minimoog und Sonic Six den Bass und die „Akkorde“ beisteuerte.

Moog Sonic Six Norlin Music

Obendrein verlangte man von mir, dass ich dabei auch eine Rhythmusmaschine verwendete, ich glaube es war eine Maestro Box, weiß aber nicht mehr genau, welches Modell. Bob spielte auf einem Minimoog und einem großen System 55.

Nachdem wir aus Japan zurückgekehrt waren, informierte mich Norlin, dass man die komplette Verkaufsmannschaft, also auch mich, durch hauseigene Leute ersetzen wolle. Die trauten sich zu, selber die Moog Produkte an den Mann bringen zu können. Ich ging also zurück nach Kalifornien, es war so um die Weihnachtszeit 1973, und machte einen Neustart mit den beiden Songwritern Nielsen & Pearson. Meine Bemühungen galten nun dieser erfolgreichen Band, mit der wir insgesamt drei Alben veröffentlichten.

John Bowen pic Nielsen Pearson

Etwa ein Jahr später meldete sich allerdings Norlin wieder bei mir. Sie boten mir die Rückkehr ins Unternehmen an, ich sollte einer von vier Leuten sein, die als Unterstützung für die Verkaufsmannschaft Moog Produkte demonstrierte. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass deren Team einfach nicht in der Lage war, diese neuartige Elektronik zu verkaufen! Natürlich hatte ich denen zuvor schon in aller Höflichkeit erklärt, dass es ohnehin nicht leicht werden würde. Sie brachten also einen Verkaufsprospekt heraus, und zwar mit dem Titel „Men on the Moog“.

John Bowen: Our Men on the Moog

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John:
Es war wahrscheinlich einer gewissen Unaufmerksamkeit geschuldet, dass sie Moog wie Moon aussprachen, anstatt es korrekt zu tun. Kann man sich auf der Innenseite des Prospekts anschauen. Ich sollte mich also um die USA Westküste kümmern, während Terry Fryer das in der Chicago Region tat. Dort war auch der Norlin Firmensitz. Die beiden anderen des Demo-Teams waren eigentlich Chris Kubie und Jane Nead, aber soweit ich weiß, kam es für die dann doch nicht zum Clinics Job bei Norlin. Was dazu führte, dass Terry und ich den kompletten amerikanischen Markt bedienen mussten. Ich kam dadurch zwar bis in die Gegend von Denver, kümmerte mich aber dennoch hauptsächlich um die Westküste. Das ging so bis etwa zur Winter NAMM 1977, als Norlin entschied, alles zentral in Chicago zu erledigen. Und Terry das von nun an komplett alleine tun sollte. Zu dieser Zeit traf ich Dave Smith und konnte ihm bei der Promotion des Model 800 Sequencers helfen. Außerdem designte ich den Model 700 Programmer und kümmerte mich um dessen Funktionen. Ich brauchte den auch für die Nielsen Pearson Band. Nielsen konnte dadurch Minimoog Bässe spielen, während ich bei den betreffenden Songs die Keyboards bediente.

Klaus:
Und welche UI (= User Interface) Designs hast Du für die gemacht?

John:
In Sachen UI und Produktdesign habe ich kürzlich einige Arbeitsdokumentationen gefunden, die mit dem Micromoog als nächstes Instrument zu tun haben. Schau Dir die Bilder hier an und wenn Du noch Fragen dazu hast: Nur zu!

Der Micromoog

Der Micromoog

Im April 1976 wollte Norlin an einer revidierten Version des Micromoog forschen, und zwar mit folgenden Auflagen:

  1. Es sollte musikalisch von Bedeutung sein.
  2. Es sollte möglich sein, monatlich 100 Stück verkaufen zu können.
  3. Es sollte die Technologie des MicroMoog wie bereits konfiguriert verwendet werden.
  4. Der Aufwand fürs Engineering und Tooling sollte gering sein.
So sieht ein erster UI Entwurf für einen Moog aus

So sieht ein erster UI Entwurf für einen Moog aus

Der Lead Engineer dieses Projektes war Jim Scott, er war mein Zimmergenosse während meiner Zeit in Williamsville. Er war es auch, der eine Menge Designarbeit für den Minimoog erledigte. Ich kommunizierte regelmäßig mit ihm, und auch mit Dr. Tom Rhea. Beide spielten bereits vor der Übernahme durch Norlin eine wichtige Rolle bei Moog. Jim und ich haben über diesen möglichen „Pro Micro“ diskutiert, da sage ich später noch was dazu.

John Bowen new Moog memo 1

John:
Er schickte mir auch eine Kopie von Toms Empfehlungen dafür. Wie du auf Seite 2 des Dokuments sehen kannst, habe ich den Namen MICRO XL vorgeschlagen.

John Bowen new Moog memo 2

Und dann gab es letzten Endes im April 1977 noch die Front Page mit den offiziellen Produktspezifikationen für den Micromoog II.

John Bowen new Moog memo 5

Für eine Prototypenversion verwendeten sie die Bezeichnung Micromoog X-L, aber am Ende kam das Produkt unter dem Namen Multimoog heraus.

Und das ist dann das fertige Produkt: Der Multimoog

Und das ist dann das fertige Produkt: Der Multimoog

Es gibt einige Teilzeichnungen von mir für das revidierte Front Panel. Den Part 2 dazu, also die rechte Seite, kann ich gerade nicht auffinden. Aber die Änderungsvorschläge sind auf dieser einen Seite beschrieben.

Ich war auch beim Polymoog Design Feedback beteiligt, war dann aber ziemlich enttäuscht über die vorgenommenen Änderungen am ersten Apollo Design, der später zum offiziellen Polymoog werden sollte. Die vorgeschlagene Pitch Modulation Range war weitestgehend reduziert worden, anstelle von mehreren Oktaven auf weniger als einen Halbtonschritt. Und das ging so weiter. Eigentlich gab ich einige Empfehlungen zu den Dingen, die sie schon vorgesehen hatten, aber die wurden ignoriert, schätze ich.

Später sage ich dir noch was zu einigen Demo Tapes, von denen ich gehört hatte. Dave Luce hatte die gemacht, noch bevor er von Moog angeheuert wurde. Für damalige Begriffe waren die sagenhaft gemacht, ohne jegliche Samples, alles nur mit analogen Schaltkreisen. Aber sie wurden nie weiterentwickelt. Ist wirklich eine Schande, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie ziemlich teuer geworden wären.

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    John ist einer der sympathischsten in der Branche und es ist immer eine Freude ihn zu treffen und sich mit ihm zu unterhalten. Klasse Interview Klaus! Freue mich schon auf Teil 2.

    Und was die Instrumente betrifft an denen John mitgewirkt hat, da kann ich im Falle derer, die ich kenne, nur sagen, ein Segen, dass er aus Sicht eines Musikers an die Thematik herangeht.

  2. Profilbild
    TobyB RED

    Hallo Klaus,

    sehr sehr geniales Interview. Schade das es jetzt heisst, eine Woche warten.

    • Profilbild
      k.rausch AHU

      @TobyB Der zweite Teil setzt noch einen drauf, John packt in einigen Dingen aus, da war ich ziemlich überrascht über manche Sachen. Und ein kleines extra Special gibts dann noch, das hängt mit John, dem Musiker, zusammen.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Sehr interessantes Interview! Danke.
    Jetzt heißt es warten denn „wie die Samples für den Prophet-VS entstanden sind“ wollte ich schon immer wissen. War da nicht mal was mit der Gruppe The Fixx?

    • Profilbild
      k.rausch AHU

      Ja, auch für mich war das eine gewisse Sternstunde, denn ich konnte ihm genau solche Fragen stellen. Freu dich auf nächsten Samstag :)

  4. Profilbild
    0gravity

    Ich muss schon sagen: alle Achtung! Was da in letzter Zeit an ausführlichen Portraits und Interviews auf AMAZONA erscheint kann sich wirklich sehen lassen.
    Ich freue mich schon auf Teil2.

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Hammer Interview, sehr informativ und John bowen ist super, habe das sonic core Solaris auf der DSP Basis. Wow wasn Ultrading! Freue mich besonders auf den 2. TEIL, wann kommt dieser denn?

  6. Profilbild
    tomeso

    Klasse, tolles Interview mit einem sehr sympathischen Entwickler!
    An das besagte Dinner während der Musikmesse kann ich mich noch gut erinnern … fast zu spät gekommen und dadurch den besten Platz am Tisch erwischt. Schön, dass dadurch letztlich so ein interessanter Artikel entstanden ist. :-)

    • Profilbild
      k.rausch AHU

      @tomeso Stimmt! Was daran lag, dass ich nach einem langen Messetag mein Auto im Parkhaus nicht gefunden hatte und wir deshalb spät dran waren. Und uns dann genau darüber ziemlich kaputtgelacht hatten. Kann man mal sehen, wohin sowas führt :)

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