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Interview: John Bowen, Mister Solaris, Teil 1

(ID: 129986)

Klaus:
Du hast als UI Designer für verschiedene Produkte für Sequential und Korg gearbeitet. Wie läuft denn so eine UI Entwicklung ab und für welche Produkte insgesamt hast du das Design gemacht?

John:
Der Entwicklungsprozess meiner UIs, na ja, das ist ziemlich beeinflusst von meiner Erfahrung mit musikalischer Performance. Also meiner eigenen Sicht auf diese Dinge und wie ich meine, wie Musiker es in einer Live-Situation gerne hätten, vor allem easy-to-use. Allerdings ist es ein spezieller Weg, wenn es komplexe Strukturen gibt. Und wie man sich den logischen Flow am besten vorstellen kann. Bis zum SCI Prophet-3000 hatten wir auf den Front Panels ein ziemlich festgelegtes Layout für jede Reglerposition und die Beschriftungen auf dem Panel. So mussten eigentlich nur die Positionen bestimmt werden, was man genau wo platziert haben wollte.

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SCI Prophet 3000 SCI Newsletter

Beim Prophet-3000 versuchte ich es erstmals mit sogenannten Soft Keys, wo die Bezeichnung für jede Funktion im Display angezeigt wird. Daher war ich komplett frei beim Design der Funktionspfade, so wie es mir aus meiner Perspektive sinnvoll erschien. Es führte schließlich zu einer Lösung, die wir „invertierte Baumstruktur“ nannten, oder das, was du heute wahrscheinlich als „Menü-gesteuert“ kennst. Und vielleicht kann jemand auf diese Weise ähnliche Gedanken wie der Designer haben, wenn man so ein solches System erforscht.

Die Remote Control des Prophet 3000

Das P3000 UI führte mich zum Wavestation UI Design, da gibt’s eine recht eindeutige Ahnenverwandtschaft. Aber die Korg Wavestation hat viel mehr Ebenen in der Baumstruktur abwärts. Ich hätte übrigens eine bessere Struktur für all deren Komponenten vorgezogen, aber wir mussten uns dabei bestimmten Begrenzungen unterwerfen, weil Korg Memory Cards einsetzen wollte.

Ich habe mit Leuten gesprochen, die von der Wavestation UI begeistert sind, sie auch komplett verstanden haben. Andere jedoch waren offensichtlich ziemlich verwirrt davon. Es gibt einen ganz bestimmten Anspruchstyp, der dann klar einfacher ist, wenn du genauso wie der UI Designer denkst. Aber es gibt keine Garantie, dass das auch bei der Mehrheit der Leute so klappt. Außerdem kommt es auf die Terminologie an, die jemand verwendet. Denn so was kann entweder den Arbeitsfluss bremsen oder gar unterbrechen, oder man kommt damit auf Anhieb zurecht. Ein Beispiel: Yamaha benutzt gerne den Begriff „Job“, was ich jedoch nie mit einem Synthesizer in Verbindung gebracht habe.

Du fragst mich nach tatsächlich sämtlichen UIs, die ich gemacht habe? Ok, erstmal gabs immer irgendeine Form der Interaktion zwischen einem und mehreren Engineers eines Projektes. Und einige haben mehr und andere haben weniger zum Design beigetragen. Wenn es um Sequential Circuits geht, dann würde ich sagen, wir sprechen über folgende Instrumente und Geräte:

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John:

  1. Model 700 – Ich habe mir das Oberheim Partial Programming Module für die Oberheim 4-, 6- und 8-Voice Synthesizer angesehen, die Tom gemacht hat. Und ich fragte Dave, ob er so etwas ähnliches auch für den Einsatz mit dem Minimoog bauen könnte, was ja für die Nielsen Pearson Band vorgesehen war. Reed Nielsen spielte Bass auf dem Minimoog, um den Bass Part abzudecken, wenn ich das nicht erledigen konnte. Aber er hatte keine Ahnung vom Sounds programmieren. Jedenfalls half uns das Gerät wirklich. Für diese Sache wollte Dave von mir einfach ein Sketch für das Front Panel Design, also was ich gerne drauf haben wollte und so weiter. Er nahm das, was ich entworfen hatte und ergänzte es um seine eigenen Ideen. Ein Layout, das für ein Circuit Board Design sinnvoll war, und genau so produzierte er dann das Model 700. Das war unsere erste Zusammenarbeit.

SCI Model 700 800 2 Product Catalog

  1. Prophet-5 – Als ich bei Moog war, half ich Daves Model 800 während meiner Clinics vorzuführen. Nachdem ich von Moog weg war, ging ich mit Dave zur ersten NAMM Show auf der Sequential erschien. Das war 1977 in Atlanta, es ging darum, das Model 700 und 800 zusammen mit einem Minimoog und einem Emu Modular System zu demonstrieren. Auf dieser Show bekamen wir viele Anfragen und Empfehlungen, den Model 700 Programmer mit dem Minimoog zu kombinieren. Aber Dave beharrte darauf, nur Accessories bauen zu wollen und keine Synthesizer. Auf unserem Rückflug zurück nach Hause nach San Jose saßen wir zusammen und machten eine Nachbesprechung über die Show. Und die Möglichkeiten, so was zu bauen. Das war im Juni, und dann Ende Juli rief mich Dave an und fragte in etwa „Was würdest du davon halten, wenn ich dir sage, es ist möglich einen programmierbaren Synthesizer zu bauen?“. Er war zuvor von Dave Rossum kontaktiert worden wegen eines neuen Chip Designs. Rossum arbeitete nämlich mit SSM (Solid State Music). Dave empfahl mir, meine Ideen für ein Front Panel Design aufzuzeichnen und wie die Funktionalität sein sollte. Genau wie ich das für das Model 700 gemacht hatte. Und das dann runter nach San Jose zu bringen und mit ihm die Sachen durchzugehen. Ich weiß, dass ich diese Basiszeichnungen noch irgendwo hier haben muss, kann sie aber im Moment leider nicht finden. Daves und mein Design ähnelten sich ziemlich, wir waren ja beide Minimoog Besitzer, und das nahmen wir dann als den bekannten Ausgangspunkt. Mein Entwurf sah drei Oszillatoren vor, er wollte zwei. Nach vielen Besprechungen und Diskussionen fand ich die Funktionen heraus, von denen ich wusste, ich würde sie für gutes Sound Programming in der Section haben wollen, die ich „Poly Mod“ nannte. Es steht für polyphone Modulation, eine Funktion pro Voice. Ich fühlte, dass das der Schlüssel war für mehr Flexibilität im Vergleich zu den Oberheim Poly Synths, die es gab. Und ganz sicher viel nutzbarer und interessanter für mich als Sound Designer! Der Rest der Geschichte? Na ja, ich schätze du kennst die …
  1. Der Prophet-10 war der nächste Design Job und der bestand hauptsächlich im Abkopieren vom P5. Ich brachte Dave dazu, die vier Keyboard Modes reinzubauen – drei davon waren für jedermann offensichtlich, aber ich wollte unbedingt noch den Alternate Mode. Damit kann man so eine Art „not-to-not“ Variante haben, die man zu jener Zeit auch bei den Oberheim Polys hatte. Dave fügte noch den 3-Band EQ und den Sequenzer dazu.
SCI Prophet P10 P01 P5 Rmt Tape Product Catalog

Werbung von damals: Links oben ist der zweimanualige Prophet-10

  1. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich kein Angestellter bei Sequential, sondern fokussierte mich auf die Nielsen Pearson Band. Dave gab mir 4% der Company Anteile als Gegenleistung für meine Beiträge zum P5. Aber 1982 verließ ich die Record Business Welt, um in Vollzeit für Sequential tätig zu werden. Das nächste Produkt, an dem ich mitarbeitete, war der Prophet-600. Für den erledigte Dave das meiste an der UI, ich machte nur alle Factory Sounds, was ich ebenso für alle anderen Sequential Produkte tat.
  1. Dann gab es das Prophet-T8 Layout und das für den Prophet-VS – ich arbeitete an beiden und gestaltete das Basis UI Layout.

SCI Prophet T8 Product Catalog Japan

  1. Nun zum Prophet 2000 – Das Engineering lieferte mir eine leere Grid, also eine Art Gitterrahmen, das das Front-Panel aus Kunststoff darstellte. Das wollten wir für die UI nutzen. Ich füllte die Quadrate von links nach rechts und in mehreren Reihen in einer Abfolge, die mir sinnvoll erschien.

SCI Prophet 2000 Product Catalog

  1. Drumtraks und Studio 440 – Wir hatten eine Linn LM-1 Drum Machine als Orientierungshilfe für Drumtraks, aber ich kann mich nicht erinnern, besonders viel Beitrag für das Front-Panel dazu geleistet zu haben. Beim Studio 440 habe ich mehr gemacht, und zwar gemeinsam mit Matt Isaacson, der die Software dafür geschrieben hat.
  1. Six-Trak, Multi-Trak, Max – Von dieser Serie Synthesizer war ich nicht sonderlich begeistert, aber ich habe die Basis UI beigesteuert.
  1. Prophet-3000 – Wie vorhin gesagt, war es das erste wirklich flexible System, das mir ein völlig freies Design erlaubt hat, man konnte die Dinge hin- und herzuschieben und solche Sachen. Nicht festgelegt zu sein auf das bedruckte Front Panel, das hat eine Menge Spaß gemacht!
  1. Bei Korg, die Korg Wavestation, da gab es viele Komplikationen.

Korg Wavestation

  1. Die Front-Panel Screens für den ersten Korg OASYS, den ich 1996 vorgeführt habe. Wurde nie veröffentlicht.
  2. Während ich an der UI Software für die OASYS PCI Card arbeitete, bekam ich eine Einführung zum Creamware Scope System. Und beschloss die Companies zu wechseln, um mit den meiner Ansicht nach besseren Grafikmöglichkeiten zu arbeiten. Mein erstes Design war das Modular System für Pulsar, innerhalb 3 Wochen hatte ich das erledigt!

Creamware Scope Fusion Platform Series Pulsar II

Aber ich glaube, du beziehst dich ausschließlich auf Hardware, ja?

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    John ist einer der sympathischsten in der Branche und es ist immer eine Freude ihn zu treffen und sich mit ihm zu unterhalten. Klasse Interview Klaus! Freue mich schon auf Teil 2.

    Und was die Instrumente betrifft an denen John mitgewirkt hat, da kann ich im Falle derer, die ich kenne, nur sagen, ein Segen, dass er aus Sicht eines Musikers an die Thematik herangeht.

  2. Profilbild
    TobyB RED

    Hallo Klaus,

    sehr sehr geniales Interview. Schade das es jetzt heisst, eine Woche warten.

    • Profilbild
      k.rausch AHU

      @TobyB Der zweite Teil setzt noch einen drauf, John packt in einigen Dingen aus, da war ich ziemlich überrascht über manche Sachen. Und ein kleines extra Special gibts dann noch, das hängt mit John, dem Musiker, zusammen.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Sehr interessantes Interview! Danke.
    Jetzt heißt es warten denn „wie die Samples für den Prophet-VS entstanden sind“ wollte ich schon immer wissen. War da nicht mal was mit der Gruppe The Fixx?

    • Profilbild
      k.rausch AHU

      Ja, auch für mich war das eine gewisse Sternstunde, denn ich konnte ihm genau solche Fragen stellen. Freu dich auf nächsten Samstag :)

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    0gravity

    Ich muss schon sagen: alle Achtung! Was da in letzter Zeit an ausführlichen Portraits und Interviews auf AMAZONA erscheint kann sich wirklich sehen lassen.
    Ich freue mich schon auf Teil2.

  5. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Hammer Interview, sehr informativ und John bowen ist super, habe das sonic core Solaris auf der DSP Basis. Wow wasn Ultrading! Freue mich besonders auf den 2. TEIL, wann kommt dieser denn?

  6. Profilbild
    tomeso

    Klasse, tolles Interview mit einem sehr sympathischen Entwickler!
    An das besagte Dinner während der Musikmesse kann ich mich noch gut erinnern … fast zu spät gekommen und dadurch den besten Platz am Tisch erwischt. Schön, dass dadurch letztlich so ein interessanter Artikel entstanden ist. :-)

    • Profilbild
      k.rausch AHU

      @tomeso Stimmt! Was daran lag, dass ich nach einem langen Messetag mein Auto im Parkhaus nicht gefunden hatte und wir deshalb spät dran waren. Und uns dann genau darüber ziemlich kaputtgelacht hatten. Kann man mal sehen, wohin sowas führt :)

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