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Interview: Kai Lünnemann, von Michael Schenker bis Gospel

(ID: 2390)

Andreas:
Du konntest ja mittlerweile sogar mit Michael Schenker spielen. Allerdings als Drummer. Warum hast du als zweites Instrument das Schlagzeug und nicht die Gitarre gewählt? Was bist du durch dein Studium geworden?

Kai:
In erster Linie bin ich durch das Studium schlauer und im musikalischen Sinne besser geworden. Auch wenn ich das Examen nicht mehr geschrieben habe, so kann ich dennoch behaupten, 90% der Ausbildung bekommen zu haben und kann darauf heute sehr gut aufbauen und auch pädagogisch ordentlich arbeiten. An der Uni habe ich Jazz-Piano und als Nebenfach Schlagzeug gelernt.

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Ehrlich gesagt wollte ich mir den Spaß an der Gitarre nicht durch Prüfungsstress und Übungsnotwendigkeit nehmen lassen, und da ich eben am Set auch ein bisschen erfahren war, habe ich mich eben dazu entschieden.

-- Heart & Soul --

— Heart & Soul —

Gelernt habe ich wirklich viel an der Uni und wäre ohne das sicherlich heute nicht so weit und auch nicht in der Lage, so vielseitig Musik zu betreiben. Neben der Theorie und Wissenschaft kommt eben auch Spielpraxis, Erfahrung und Austausch mit vielen anderen guten Musikern zu Stande. Das kann man durch nichts ersetzen.

Dass ich bei Michael Schenker ans Set gekommen bin, hat sich dann bei den Proben zur Akustik-Tour so ergeben. Gelernt habe ich es ja schließlich an der Uni. Wahrscheinlich wird es übrigens im Oktober weitere Akustik-Gigs geben, bei denen ich als Drummer dabei bin, und auf der aktuellen CD „Gipsy Lady“ bin ich ebenfalls zu hören.

Andreas:
Wie kam dieser Kontakt zustande?

Kai:
Über etliche Ecken. In der Top40-Band spielten im Laufe der Jahre etliche Bassisten, nachdem der damalige feste ausstieg (grinst). Einer davon war Matthias Rethmann aus Münster. Mit ihm habe ich einige Mal auf der Bühne gestanden, und er hat eben mitbekommen, dass ich singe, Gitarre spiele und auch am Keyboard fit bin. Ein Freund von ihm ist Michael Voss, Sänger und Gitarrist von MADMAX und eben 2. Gitarrist und Produzent der Schenker-Akustik-Nummer … naja und die haben eben „eigentlich“ jemanden gesucht, der so „alles“ kann. Da kam ich eben ins Spiel. Und bei der Probe sagte Michael Schenker dann eben irgendwann mal: „Najaaa … das ist ja alles ganz nett so mit dem Klavier und so, aber irgendwie brauchen wir mehr GROOOVE. .. kannst DU nicht auch Schlagzeug spielen“ … öhhm … joar … klar … mal probieren“… Set aufgebaut … gespielt – fertig war die Kiste. Hat ihm anscheinend gut genug gefallen, wobei es für mich schon schwer ist, in die Fußstapfen von Simon Phillips und Chris Slade zu treten … nach wie vor unglaublich.

Andreas:
Übst du seitdem?

-- Pianist und Chorleiter der Soul-Messe --

— Pianist und Chorleiter der Soul-Messe —

Kai:
Ich übe eigentlich immer.

Andreas:
Du bist ja mittlerweile als Profi etabliert. Kannst du deinen Lebensunterhalt komplett durch die Musik bestreiten oder arbeitest du auch noch etwas anderes nebenbei?

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Kai:
Ich lebe in der Tat ausschließlich von der Musik, das beinhaltet neben dem „Mucken“ als solches aber eben auch Unterrichten, Leiten von Chören und einer BigBand, Notationsarbeiten etc. Aber im Grunde besteht mein Leben in der Tat nur daraus. Das ist auch gut so. Wenn ich noch Zeit habe, widme ich mich noch Computer-Dingen, gestalte und programmiere Webseiten oder spiele World of Warcraft. Das könnte man als Nebenjob bezeichnen, aber ansonsten gibt’s nichts anderes. Also ich kellnere nicht noch irgendwo. Ach so … am Theater bin ich natürlich auch noch in regelmäßigen Abständen. Im November sogar als musikalischer Leiter am Stadttheater Wilhelmshaven.

Andreas:
Womit bist du zurzeit konkret beschäftigt? Wie sieht so eine Arbeitswoche bei dir aus?

Kai:
Meine regelmäßigen wöchentlichen Jobs sind Dozententätigkeiten an zwei Musikschulen an vier Tagen in der Woche. und dabei unterrichte ich 55 Schüler und Schülerinnen in E- und A-Gitarre, Keyboard und Gesang. An drei Tagen leite ich Chöre und einmal noch eine Big Band. Im Juni gehe ich 2 Wochen auf Tour mit MadMax als Keyboarder und mit Crush- Zac, Begg als Bassist. Im November werde ich als musikalischer Leiter ein Musical am Stadttheater Wilhelmshaven auf die Bühne bringen und dort auch selbst Klavier spielen on stage. Im Oktober steht zudem die Akustik-Tour von Michael Schenker an. An Wochenende mache ich dann noch gelegentlich Aushilfen bei lokalen und überregionalen Bands, in der Regel Covermucke. An musikalischen Projekten sind zur Zeit zwei in der Entstehung: einmal ein Akustik-Trio namens Thirty Toes, wo ich Akustik-Gitarre spiele, dann eine ROCK-Show namens „legends of rock“, und gelegentlich spiele ich noch im Jazz-Duo „Heart and Soul“ zusammen mit einer Sängerin auf kleineren Veranstaltungen … ja so in etwa … Hinzukommt dann noch das Projekt „Soul-Messe“ wie schon beschrieben, wo es auch gelegentliche Aufführungen gibt.  Anfang 2010 ist eine Radio-Übertragung im NDR und auf DLF, evtl. sogar eine TV-Übertragung der Soul-Messe im ZDF geplant. Und nachts schreibe ich dann noch an derzeit zwei ineinandergreifenden Lehrbüchern für E-Gitarre. Ich bin immer wieder dankbar, dass ich Noten lesen kann, sonst wäre das alles echt ein Problem

Andreas:
Du sprachst die Soulmesse jetzt schon mehrmals selber an. Ich habe mit Erstaunen feststellen, dass du auch unter die Komponisten liturgischer Musik gegangen bist. Dein Werk „Soul-Messe“ begegnete mir im  Internet. Großes Kompliment übrigens an dieser Stelle. Wie kamst du darauf, so etwas zu machen?

Kai:
Naja, also nachdem ich mich ja jahrelang der Covermusik unterworfen hatte, wurde es nun einfach Zeit, was eigenes auf die Beine zu stellen und einmal eigene Musik zu schreiben. Durch meine Arbeit mit den Chören war das eben das erste, was mir so zugefallen ist. Man überlegt sich das ja nicht direkt, sondern ich hatte einfach diese Ideen, diese Visionen von modernerer Kirchenmusik, und die habe ich eben zu Papier gebracht. Die Resonanzen darauf sind wirklich fantastisch und überschwänglich. Ich hoffe, dass die Soul-Messe es noch weit schafft, denn ich glaube, es gibt ein sehr breites Publikum für diese Richtung. Und es hat einfach auch höllisch Spaß gemacht, diese Songs mit einem 50-köpfigen Chor plus Band einzustudieren.

Andreas:
Ah ja, höllisch. (beide lachen) Seit unseren gemeinsamen Fahrten zu Zeltfesten in der norddeutschen Tiefebene weiß ich, dass du einmal Porsche fahren willst. Als Besitzer natürlich. Wie kannst du das erreichen? Was sind deine Ziele für dein Wirken als Musiker?

Kai:
Ja. Porsche 911 Turbo. Das wäre schon was. Musikalisch betrachtet habe ich eher nicht das „große weite Ziel“ vor Augen, dass in weiter Ferne unerreichbar erscheint, sondern lebe eigentlich immer nach dem Karotte-vor-der-Nase-hängt-Prinzip. Ich möchte weiterkommen, mich weiterbilden, stets offen sein für neue Musik und Stilrichtungen, egal ob Jazz oder Heavy Metal. Und da möchte ich eben immer das Gefühl habe, vorwärts zu kommen und nicht auf der Stelle zu stehen. Gerne in kleinen Schritten und abwartend auf das, was da kommen möge. Ich glaube, wenn man zu sehr versucht, Einfluss auf so etwas zu nehmen, verläuft man sich schnell in einer Sackgasse. Tu das, was du gut kannst, und dann kommt der Berg auch zum Propheten. Ich mache mein Ding und versuche mich darin kontinuierlich zu verbessern, gleichzeitig bin ich eben flexibel und offen für Anfragen, was da kommt. Vor einem Jahr hätte ich mir sicher nicht träumen lassen, mit Michael Schenker Musik zusammen zu machen oder 12 Tage auf Deutschland-Tournee zu gehen, aber das Schicksa l hat schon seine Pläne, und die kommen von ganz allein.

Um die Frage abzuschließen: Wenn’s so weitergeht wie bisher und also immer stetig voran und ich davon leben kann, dann bin ich absolut zufrieden und kann mich nicht beklagen. Natürlich wäre ’ne Welttournee mit eigener Band und selbstkomponierten Songs eine feine Sache, aber wir bleiben besser erstmal auf dem Boden der Tatsachen.

Andreas:
Was sind die Grundlagen für deinen Erfolg? Dass man eine gewisse musikalische Kompetenz mitbringen sollte, ist klar. Aber außerdem?

Kai:
Ich mag keine halben Sachen und bin ein ziemlicher Perfektionist, d.h. ich gebe mich – sofern es irgendwie machbar ist – eben erst mit 100% zufrieden, egal in welcher Hinsicht und arbeite auch solange daran weiter, bis dieses Ziel erreicht ist und ich sagen kann „Jo – SO muss es sein“. Man muss schon bereit sein, VIEL Zeit zu investieren und auf Schlaf, Freizeit und einige andere Dinge verzichten können und hart arbeiten – auch mal bis an den Rand der Erschöpfung, vor allem aber muss man Visionen haben, sich trauen ihnen nachzugehen, auch wenn vieles dagegen spricht und andere das nicht tun würden.

Andreas:
Bei dir läuft es ja ganz gut. Würdest du alles so wiederholen oder vielleicht auch teilweise einen anderen Weg gehen? Was würdest du jungen Musikern mitgeben, oder was gibst du deinen Schülern mit, die Profimusiker werden wollen?

Kai:
Hinterher weiß man immer mehr – klar – und ich hätte mein Studium auch in 9 Semestern fertig haben können. Das hätte sicherlich einige Vorteile gehabt und wäre sinnvoll gewesen. Ich kann allerdings wirklich von mir behaupten, nicht eine Sekunde verschwendet und eigentlich immer in die richtige Richtung gearbeitet zu haben. Ich wollte nicht zu viel, aber auch nie zu wenig und habe mich immer meinen Möglichkeiten entsprechend orientiert und weiterentwickelt. Ich denke, da gibt es nicht viel außer ein paar privaten Kleinigkeiten, was ich anders machen würde. Wichtig für die zukünftige Generation ist sicherlich die Erkenntnis, dass nur etwas Spaß machen und sich auch entwickeln kann, wenn man es auch MACHT, d.h. wer 10 Minuten pro Woche die Gitarre in die Hand nimmt und rumdaddelt, wird es nicht weit bringen. Man muss sich schon reinhängen, Zeit investieren und Bock darauf haben, die Prioritäten auf Musik zu setzen. Wichtig ist immer MACHEN MACHEN MACHEN. Mit anderen Leuten spielen, reden, sich austauschen, Bücher lesen, nachspielen und wenn es nur Guitar Hero ist. Nur wer auch aktiv ist, kommt weiter und kriegt was wieder. Zeit zum Spielen im Wald bleibt in der Regel trotzdem noch genug und darf auch nicht zu kurz kommen.

Andreas:
Vielleicht konntest du damit dem ein oder anderen unserer Leser ein paar gute Tipps und Inspirationen geben. Ich danke dir sehr für dieses Interview und wünsche dir noch viel Erfolg und viele schöne Artikel auf AMAZONA.de. Hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder oder besser noch – spielen wir mal wieder zusammen.

Kai:
Sehr gerne. Würde mich sehr freuen! Ich danke für euer Interesse und auch für die Möglichkeit, für AMAZONA.de zu schreiben. Das macht natürlich auch ’ne Menge Spaß. Vielleicht darf ich ja mal ein Interview über einen von euch machen!

-- Legends Of Rock --

— Legends Of Rock —

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