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Interview: Kawehi – Vocal Loop Künstlerin

Kawehi "I am Eve" Welttournee

9. Dezember 2017

Kawehi im Interview

Kawehi ist eine Ausnahmekünstlerin. Sie sticht aus der Vielzahl der unabhängigen Musikerinnen heraus aus zwei Gründen: ihre Musik und ihre gekonnte Selbstvermarktung. Die in Hawaii geborene amerikanische Vocal-Loop-Künstlerin baut ihre Songs überwiegend mir ihrer Stimme als Instrument auf, Schicht für Schicht. Und das macht sie auch live. Aber was sie sicherlich abhebt von der Vielzahl anderer „Independent Artists“ ist ihre Fähigkeit, sich über Social Media mit ihren Fans zu verbinden. Inzwischen besitzt sie auch eine internationale Fangemeinde, denn sie gehört zu einer neuen Generation von Musikern, die ihre eigene Karriere in die Hand nehmen und sich gekonnt über YouTube und anderen Plattformen selber vermarkten. Ein wesentlicher Bestandteil sind hierbei ihre Musikvideos, die wirklich sehr professionell und originell sind. Wer sich jetzt eine karrieregetriebene Sängerin vorstellt, liegt völlig falsch. Kawehi wirkt in ihre Videos völlig bodenständig, natürlich und unkompliziert. Man kann gar nicht anders, als diese Vollblutmusikerin zu mögen und ihr Erfolg zu wünschen. Deswegen haben wir sie anlässlich ihrer ersten Welttournee bei ihrem Auftritt in München zu ihrer Arbeitsweise und ihrer erfolgreichen Selbstvermarktung befragt.

Michael:
Hallo Kawehi, ich bin auf fich durch deinen Song „Anthem“ aufmerksam geworden. Kaum ein anderer Song illustriert wohl besser deinen Stil und Arbeitsweise. Und ich bin überzeugt, dieser sehr eingängige Song hat sicherlich wesentlich zu deiner viralen Popularität als Künstlerin beigetragen. Erzähl uns doch, wie es zu diesem Song und dem Video gekommen ist.

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Kawehi:
Anthem war der letzte Song auf dem Album Robot Heart. Hierbei geht es darum, dass ein Roboter Mensch werden will und dazu jemanden das Herz aus dem Körper reißt. Das ist natürlich eine düstere Thematik und daher schrieb ich noch einen Song, der etwas mehr erhebend sein sollte. Paul, mein Mann, der alle meine Musikvideos dreht, hatte die Idee zu der Umsetzung. Er wollte demonstrieren, wie jeder Teil des Songs aufgenommen wird und sich zu einem Ganzen fügt. In diesem Video sitze ich an einem Tisch und stülpe mir selber Kartonboxen über den Kopf. In den Boxen sind Öffnungen geschnitten und jede davon repräsentiert einen Stimm-Loop. Beim Absetzen der Boxen laufen diese Loops aber weiter und so entsteht eine visuelle Repräsentation des Songs.

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Michael:
Aus meiner Sicht wirklich ein originelles Video, was nicht langweilig wird, obwohl es absolut minimalistisch ist. Du bezeichnest dich selber als Vocal Loop Künstlerin. In der Tat bestehen viele deiner Songs aus Loops, die du mit deiner Stimme erzeugst. Was mich fasziniert ist, dass du dies auch live so machst. Welches Equipment nutzt du hierfür?

Kawehi:
Ich besitze ja keine Band, daher nehme ich einen Song und zerlege ihn, um ihn dann wieder Stück für Stück zusammenzusetzen. Also bin ich der Schlagzeuger, Bass-Spieler, Gitarre und Chorgesang in einer Person. Ich nehme diese Teile alle live hintereinander auf und singe dann die Hauptstimme darüber. Hierfür verwende ich den TC Helicon VoiceTouch, indem ich einen Beatbox Rhythmus einsinge, dann die Bass-Stimme sowie die ganzen Background Vocals. Zusätzliche nutze ich einen Novation Mininova Synthesizer als MIDI-Keyboard und nehme dabei die Klänge in der Ableton Live Software auf. Über ein Novation Launch Pad Pro kontrolliere ich die Zusammenstellung der Loops. Gelegentlich spiele ich aber auch noch Gitarre oder eine Ukulele.


Das Setup von Kawehi bei ihrer „I am Eve“ Tour
Das Equipment und Setup für Kawehi's Auftritt

Michael:
Es ist sicherlich nicht leicht, alleine auf der Bühne zu stehen und alle Teile eines Songs abzurufen, zusammenzustellen und gleichzeitig eine beeindruckende Live-Performance abzuliefern. Früher hattest du ja auch ein Bandprojekt. Warum hast du dich für diesen Weg als Solokünstlerin entschieden?

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Kawehi:
Mein Großvater hat mich „lekiō“ genannt, was Radio auf hawaiisch heißt, weil ich schon als kleines Kind immer gesungen und Musik gemacht habe. Meine Art Musik zu machen hat sich also schon sehr früh entwickelt. Früher habe ich auch in Bands gespielt und war auch acht Jahre lang bei einer Plattenfirma unter Vertrag, aber ich war dadurch in einem Projekt gefangen, bei dem ich nicht wirklich glücklich war und mich nicht so verwirklichen konnte, wie ich wollte. Daher bin ich als Solokünstlerin wesentlich flexibler und unabhängiger. Ich habe gar kein Interesse daran, so berühmt zu sein wie Kate Perry. Mir geht es darum, dass ich meine Rechnungen bezahlen und ich von der Musik leben kann. Mein Mann Paul und ich sind ein Zweipersonen-Team. Wir haben kein Management oder Plattenfirma hinter uns.


Kawehi live im Münchener Veranstaltungsort Strom
Kawehi live in München

Michael:
Du bist sehr erfolgreich darin, dich selber über YouTube und andere soziale Netzwerke zu vermarkten. Du verwendest auch Bandcamp und ähnliche Websites, um deine Karriere selber zu managen und Projekte zu finanzieren. Kannst du uns hierzu etwas sagen bzw. Empfehlungen geben?

Kawehi:
Meine EPs sind immer auch Konzeptalben, die ein zentrales Thema behandeln. Eines meiner Alben ging um einen Roboter, der Mensch werden wollte, während das Nachfolge-Album wiederum diese Menschwerdung infrage stellte. Die Produktion meiner EPs finanziere ich über Kickstarter [eine Crowdfunding Website], wobei meine erste Kickstarter-Kampagne ein totales Fiasko war. Ich hatte hier ganz naiv gedacht, dass mir Leute aus aller Welt einfach Geld für mein Projekt geben, ohne mich groß vorher zu kennen. Das war natürlich dumm, aber ich bin trotzdem froh um die Erfahrung. Danach war uns klar, dass uns keiner kennt und wir daher unsere Musik erst einmal online veröffentlichen müssen, um eine Fangemeinde überhaupt aufzubauen. Bereits die zweite Kickstarter-Kampagne war dann schon erfolgreich und wir haben bis jetzt insgesamt acht Kampagnen realisiert.

Kawehi im Konzert auf Bühne

Michael:
Dass auf dem Internet nicht nur gute Menschen sind, hat sich inzwischen rumgesprochen. Du hast vor einiger Zeit einen Song  mit dem Titel „Troll“ [eine Bezeichnung für menschlichem Abschaum, die durch die Online Anonymität komplett alle gute Verhaltensregeln missachten und oftmals negative Hasskommentare abgeben] veröffentlicht. Was war der Anlass für dich, diesen Song zu schreiben?

Kawehi:
Normalerweise liest mein Mann Paul immer die Kommentare und filtert diese für mich. Aber eines Tages habe ich den Fehler gemacht, dies selber zu tun und war über die Negativität der Posts doch sehr geschockt. Das Internet ist klasse und verschafft einem eine Öffentlichkeitsbasis, aber man ist auf der anderen Seite auch von Menschen angreifbar, die schlimme Dinge sagen. Nachdem ich mich hiervon erholt hatte, wollte ich dies in einem Song verarbeiten und habe sprichwörtlich aus einzelnen Zitaten den Text zusammengestellt. Für mich war dies eine Möglichkeit, mich auf humorvolle Art und Weise die Sache zu verarbeiten und den Spieß umzudrehen.

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Michael:
Ein anderes bekanntest Stück von dir ist „(Not another lame) fight song“. Ist dies auch aus einer ähnlichen Situation bzw. Motivation entstanden wie „Troll“ und kannst du mir mehr über das dazugehörende Video sagen?

Kawehi:
Egal wie stark man ist, es kommt immer mal ein Zeitpunkt, wo man sich fragt, warum mache ich dies eigentlich? Es gibt hier immer auch Selbstzweifel, wenn man sich als unabhängiger Solokünstler durchschlägt.  Als ich diesen Song schrieb, hatte ich wirklich genug davon, dass mich Leute behandelten als wäre ich eine verrückte Frau. Ich brauchte zu dem Zeitpunkt einen Kampfsong für mich. Und nicht etwas Langweiliges nach dem Motto: Du bist ein guter Mensch und bleibe positiv. Ich wollte wirklich etwas schreiben, das in die Ich-bin-eine-Frau-und-hör-mich-brüllen-Kategorie passt. Etwas, mit dem ich mich selber aufpeppen kann und das mich daran erinnert, dass ich stark bin und nicht aufgebe.  Das Musikvideo hierzu haben wir auf dem Fußgängerweg einer Straße in meiner Heimatstadt gedreht. Auch hier war mein Mann Paul wieder hinter der Kamera.

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Ich hatte all mein Equipment an mir befestigt und einen Rucksack mit einer Batterie, die alles versorgte. Ehrlich gesagt hatte ich gedacht, dies würde eine einfache Aufnahme werden. Ich hatte eine Stunde lang geprobt, wie ich dies machen würde. Als ich zu der Straße kam, war es aber deutlich härter als vermutet. Mir war vorher nicht klar, wie schwer es ist, eine Straße runter zu gehen, nicht zu vergessen, was ich machen muss und gleichzeitig anderen Fußgängern auszuweichen. Wir haben sieben Durchgänge gebraucht, wobei der dritte Durchgang perfekt war. Er klang klasse, mit viel Energie und auch mit der Interaktion mit den Fußgängern. Mein Mann Paul musste mir dann gestehen, dass er vergessen hatte, das Audio aufzuzeichnen. Deswegen kann man im Video am Ende auch hören, wie ich singe, ‚ich glaube wir haben es. Jetzt werde ich mir einen Jameson [Wiskey] holen‘.

Michael:
Vielen Dank, Kawehi, für das Interview. Ich bin überzeugt, dass du mit deiner Art und mit deiner Musik noch mehr Freunde gewinnen wirst. Viel Erfolg für deine Welttournee.

Kawehis Equipment-Liste

  • Apollo Twin (Audiointerface)
  • TC Helicon VoiceLive (Vocoding, Vocals)
  • Novation Mininova Synthesizer
  • Korg NanoPad 2
  • Novation Launchpad Pro (MIDI-Trigger)
  • Line 6 FBV Express MKII USB Foot Controllers
  • Apple MacBook Pro
  • Les Paul Guitar
  • diverse Mikrofone

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Forum
  1. Profilbild
    Coin AHU

    Coole Künstlerin, mir gefällt das Ganze.
    Schön das auch auf die Technik eingegangen wird.

    Und was lernen wir daraus ?
    Allein schafft man es nicht.

    Ich finde man sollte auch generell bei allen Künstlern,
    die Leute beachten, die die Videos machen.
    Werden doch viel zu selten erwähnt imho.

    Danke Amazona für das interessante Interview,
    sonst hätt ich nie davon erfahren :)

    • Profilbild
      SonicMonic

      @Coin Vielen Dank Coin,

      ich freue mich sehr über Dein positives Feedback. Es ist toll, dass auf Amazon auch Künstler eine Plattform finden, die noch nicht auf der großen Bühne stehen, aber trotzdem tolle Sachen machen. Und Kawehi ist aus meiner Sicht wirklich eine bemerkenswerte Künstlerin. Deswegen bin ich auch dankbar, dass man mich diese Geschichte hat schreiben lassen.

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ja, kann mich nur anschließen… sympathische und bodenständige Künstlerin, toller Song (Anthem), gute Vox, sauber produziert und kongeniales Video dazu. Talent und Kreativität für den Durchbruch sind definitiv gegeben.

    • Profilbild
      SonicMonic

      Hallo Wellenstrom,

      danke für Deinen Kommentar. Kawehi ist in der Tat super bodenständig, was sie in meinen Augen sehr sympathisch macht. Und auch wenn sie mir im Interview gesagt hat, dass sie super nervös ist auf der Bühne … davon hat man nichts gemerkt, denn sie hat eine tolle Show abgeliefert und wirklich das Publikum einbezogen. Sollte sie noch einmal in Deutschland auftreten, kann ich nur empfehlen hinzugehen.

      • Profilbild
        AMAZONA Archiv

        @SonicMonic Jo, ein Dank geht aber auch zurück. Sehr gutes Interview zum Einstand hier.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Danke für dieses Interview! Ich folge Kawehi’s YouTube Kanal schon eine ganze Weile und finde das Video zu „(not another lame) Fight Song“ am besten! Ihre Montour erinnert mich dort ein bisschen an den „Predator“, aber anstatt mit Waffen kämpft sie mit Musik. Wenn ich noch 2 Interview-Wünsche äußern dürfte, dann würde ich den unglaublichen Beardyman und Nastya Maslova nennen:
    https://www.youtube.com/user/MsFunction

    • Profilbild
      SonicMonic

      Hallo Marius,

      vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe mir Deine zwei Vorschläge angehört: beide super talentierte Sänger & Performer. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann werde ich in jedem Fall dies der Redaktion vorschlagen.

      • Profilbild
        AMAZONA Archiv

        @SonicMonic Super :) Danke! Ja, die beiden sind wirklich sehr talentiert! Ich bin ja ständig auf der Suche nach neuer Musik und Künstlern abseits des konventionellen Radio-Mainstream. Dabei finde ich immer wieder einige echte Perlen. Rachel K. Collier hat bspw. auch richtig was drauf – Auch wenn ihre Herangehensweise etwas anders ist, als die der beiden zuvor genannten. Sie macht zwar vieles on-the-fly, hat aber auch ein paar vorbereitete Pattern und Soundschnipsel. Außerdem benutzt sie ihre Stimme nur ganz klassisch für den Gesang. Lohnt sich dennoch mal reinzuhören ;) Anspieltipp von mir „Paper Tiger“:
        https://www.youtube.com/user/rachelkcollieroff/videos

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