Synthsounds für Blockbuster
Nachdem wir Euch kürzlich das Plug-in THE LEGEND HZ von Synapse Audio vorgestellt haben, hier nun ein Interview mit Kevin Schroeder, der den Stein sozusagen ins Rollen gebracht und die Sounds dafür programmiert hat:
Peter:
Hi Kevin. Vor 11 Jahren hast du für den AMAZONA.de Freeware-Synthesizer TYRELL (von u-he) ein tolles Soundset programmiert. Danach haben wir uns aus den Augen verloren. Seitdem ist aber einiges bei dir passiert – erzähl doch mal.
Kevin:
In der Zwischenzeit habe ich den Software-Entwickler von Synapse Audio kennengelernt: Richard Hoffmann. Im Jahr 2013 fragte er mich, ob ich für seinen neuen Dune 2 Synthesizer ein paar Factory-Sounds machen könnte. Er fand meine Arbeit sehr gut und mittlerweile habe ich knapp 2000 Patches für Synapse Audio programmiert. Unter anderem habe ich auch einige Soundsets programmiert. Das neueste heißt World of Sequences mit 130 Sequenzen. Das Soundset ist ein guter Ideengeber, wenn man einen neuen Song beginnt.
Peter:
Du hast mir erzählt, dass du seit 2019 für Hans Synthesizer-Sound-Design machst. Wie kam es dazu?
Kevin:
Hans und ich haben uns über Facebook kennengelernt. Ich habe damals einige Sachen für u-he gemacht, unter anderem mit Howard Scarr. Irgendwann im Jahr 2019 wurde Hans darauf aufmerksam und er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, ein paar Sounds für den Film Wonder Woman 1984 zu machen. Er lud mich in sein Studio in London ein und dann ging es weiter nach Los Angeles. Der erste „Probe Sound“, den ich für Hans programmiert habe, war die Sequenz im Titel „The Stone“ für Wonder Woman 1984, die man ganz am Anfang hört. Hans sagte zu mir: „Das muss ich sofort einbauen. Das war wohl der Startschuss für mich. Im gleichen Jahr folgten die Filme Top Gun Maverick, James Bond und Dune 1.
Peter:
Wie genau muss man sich die Arbeit als Synthesizer-Designer für Hans vorstellen?
Kevin:
Am Anfang reden wir über den Film. Dann wird schnell klar, in welche Richtung es gehen soll. Meistens beginne ich damit, verschiedene Klänge zu programmieren, die zum Film passen. Das können zum Beispiel dunkle Klänge für Atmosphären sein oder helle, schnelle Rhythmen. Das hängt immer vom Thema ab. Meistens ist es die Ideenphase, in der der Kopf schnell glüht. Aber dann ist man in einem gewissen Workflow drin und es geht vieles leichter von der Hand. Hans und ich schicken uns manchmal gegenseitig die Themen zu, um weitere Ideen zu sammeln. Auf diese Weise kann ich sehr gut mit meinen Sounds arbeiten, die ich dann genau in Hans‘ Musik gestalten und anpassen kann.
Peter:
Gibt es irgendwelche konkreten Beispiele, die du von den großen Blockbustern benennen kannst, damit ich mir die mal anhören kann? Ich habe wirklich alle Soundtracks von Hans und ich würde da wahnsinnig gerne mal deine Arbeit raushören.
Kevin:
Da ist zum Beispiel die große, markante Trommel von Dune. Sie besteht zum größten Teil aus dem Zebra HZ. Die Leute von Remote Control haben ihr dann den letzten Schliff gegeben. Ebenso habe ich den Sandklopfer aus dem Dune Film programmiert. Und unzählige Pads, Arpeggiatoren und Sequenzen. Bei James Bond hört man oft synthetische Percussion-Loops oder fette Bass-Sequenzen, die ich mit unserem The Legend HZ erstellt habe. Für den Film The Creator habe ich unter anderem Balinese Bells und ein Fog Horn programmiert. Für den Netflix-Film Army of Thieves mit Matthias Schweighöfer haben wir viel mit dem Dune 3 von Synapse Audio gearbeitet. Viele dieser Sounds finden sich in meinem Dune 3 – World of Cinematic Vol.2 Soundset wieder. Mittlerweile haben sich aber auch durch die Projekte mit Hans ca. 500 Patches für den ZebraHZ angesammelt, die ich vielleicht irgendwann der Öffentlichkeit zugänglich machen darf.
Peter:
Kannst du uns irgendein Erlebnis von eurer Zusammenarbeit schildern, die dir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist?
Kevin:
Ein besonderes Erlebnis war es, bei den Aufnahmen für James Bond in den Air Studios dabei zu sein. Dieser Klang der Hörner, der einen förmlich wegbläst, dieser brachiale Sound hat mich schon sehr beeindruckt. Ich durfte auch Daniel Craig persönlich kennenlernen. Als wir an Top Gun Maverick gearbeitet haben, traf ich auch Tom Cruise in Hans‘ Studio an.
Peter:
Du bist aber auch sonst ein bunter Hund in der Synthesizer-Szene und entwickelst Werksounds für alle möglichen Synthesizer. Erzähl mal.
Kevin:
In meiner Anfangszeit 2006 habe ich viele Expansions für den reFX Nexus programmiert, gefolgt von Expansions für den Avenger von Vengeance Sound. Ebenso habe ich Sounds für den Synthmaster KV331 gemacht und gleichzeitig Werksounds für Native Instruments, Rounds und Kontour erstellt. Natürlich durften auch Roland, UJAM und Propellerhead nicht fehlen. Synapse Audio habe ich dann förmlich mit Sounds überschwemmt (lacht). Aber auch Hardware macht Spaß, so habe ich Factory Sounds für den C15 von Nonlinear Labs, Access Virus und auch für den Waldorf Iridium/Quantum programmiert.
Peter:
Was denkst du, gibt es heute noch so einzigartige Signature-Sounds wie zu Zeiten der 80er, wo die Klänge von DX7, D-50 und Korg M1 die Popmusik, aber auch das Einkaufsverhalten der Synthesier-Szene geprägt haben. Jeder wollte unbedingt genau diese Synthesizer, weil man dann klang wie eben XY und Co. Wie ist das heute?
Kevin:
Ich glaube nicht, dass sich viel geändert hat. Nur die Synthesizer haben sich geändert, aber ich glaube, es ist ein Fehler, genauso klingen zu wollen wie der Künstler XY. Für mich ist der Weg zum Erfolg, seinen eigenen Stil zu finden. Man muss den Mut haben, neue Sachen zu erfinden. Und wenn dann noch die Qualität stimmt, werden die Leute sagen: Wow, sowas habe ich noch nie gehört. Eigentlich ganz einfach (lacht). Aber es ist wichtig, ein Gespür für Qualität zu haben.
Peter:
Verrat uns doch noch, wie es kam, dass du so ein Synthesizer-Enthusiast geworden bist..
Kevin:
Das ist die Schuld von Jean Michel Jarre (lacht). Er hat mich in meiner Kindheit mit Oxygene und Equinoxe stark beeinflusst. Für viele waren es Kraftwerk und Vangelis, für mich war es Jean Michel, der übrigens meine Dune 3 Sounds auf seinem Album verwendet hat. Er wird wahrscheinlich nicht wissen, wer sich hinter dem Kürzel KS verbirgt. Ich habe weder Musik noch Soundprogrammierung studiert, aber ich habe Jean Michel Jarre studiert.
Peter:
Und wie stets mit eigenen Produktionen? Welche Musik machst du für dich?
Kevin:
Im Moment arbeite ich an neuen Tracks für ein Album, die in Richtung Cinematic/Synthwave gehen. Viele Jahre habe ich nur Sounds programmiert und das Musikmachen ist in den Hintergrund gerückt. Natürlich habe ich einige Sound-Demos für meine Sets komponiert, die ich vielleicht auch auf mein Album packen werde.
Peter:
Für die Live-Tour von Hans hast du dann zum ersten mal auch für ihn Stücke komponiert, habe ich das richtig verstanden? Das ist dann doch eine ganz andere Hausnummer, als Sounds zu programmieren, oder?
Kevin:
Hans rief mich an und fragte, ob ich die Batman Suite und Top Gun Maverick für die HZ Tour komplett neu arrangieren könnte. Nur mit Synthesizern. Das habe ich dann gemacht und die Band hat die ganze Tour darauf gespielt. Das Endergebnis habe ich mir dann im Publikum angehört. Ein toller Sound! Besonders viel Spaß hat es auch gemacht, die typischen Batflaps neu zu gestalten.
Peter:
Kommen wir zu der Minimoog Emulation von Synapse Audio. Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen dir und Synapse Audio Gründer Richard Hoffmann vorstellen?
Kevin:
Richard hat 2016 „The Legend“ herausgebracht. Dieser kam dem Originalgerät wirklich extrem nahe. Ich habe damals The Legend mit dem originalen Minimoog verglichen. Wir konnten zu 99 Prozent keine Unterschiede feststellen. Dieser Sound hat vor allem Hans gefallen. Er hatte dann die Idee, statt 3 Oszillatoren einfach 6 Oszillatoren einzubauen und dazu noch eine Filterbank. Ich fügte noch ein paar Ideen hinzu, wie z. B. einen Sequencer mit ARP-Parametern und MSEGs. Und so entstand nach 3 Jahren The Legend HZ. Wir haben ihn natürlich schon für einige Filme benutzt und getestet. Gelegentlich gab es Vorschläge zur Verbesserung, was die Veröffentlichung etwas verzögerte.
Peter:
Du hast dein Studio in Leipzig – wie klappt die Zusammenarbeit mit Hans in LA oder London? Ich erinnere mich, dass die Sounddesigner, die früher für Hans gearbeitet haben, schon in der Nähe der RemoteControl-Studios in LA sitzen sollten. Das scheint sich aber geändert zu haben, oder?
Kevin:
Des Öfteren bin ich schon bei Hans im Studio. Aber nach der Corona Zeit haben wir alle von zu Hause aus gearbeitet. Und das funktioniert auch heute noch ganz gut, in Zeiten von Facetime. Aber es ist immer interessant, sich mit anderen Musikern zu treffen und sich auszutauschen.
Peter:
Was sind deine Soft- und Hardware Lieblinge, wenn’s um Sounddesign geht? Sagen wir, du müsstest dir je drei Soft- und drei Hardware-Synthesizer aussuchen und dazu noch eine handvoll Effekte, welche würdest du nehmen?
Kevin:
Meine Lieblings-Software-Synthesizer sind ZebraHZ und Hive2 von u-he, The Legend HZ und Dune 3 von Synapse Audio, ok, das sind vier. An Hardware-Synthesizern mag ich den Waldorf Iridium und auch gerne meinen alten ARP Odyssey und neuerdings den SYNTRX II. Effekte mag ich sehr gerne von Eventide, Soundtoys und u-he.
Peter:
Wunderbar, danke Kevin – und weiterhin viel Erfolg!
Kevin:
Vielen Dank, Peter. Und dir viel Erfolg mit deiner TV-Serie Turmschatten!
Schön mal das Gesicht hinter den Dune-Presets namens KS zu sehen und ja: Die Presets sind auch meine Favoriten! Ist aber auch mein Musikgeschmack. Mal abgesehen davon finde ich den Dune vom Handling her mit am kompliziertesten. Bis heute habe ich den noch nicht richtig verstanden. Das Kevin sich hier reinfuxen kann, alle Achtung! Von daher bleibt mir nicht anderes übrig als weiterhin die Presets von Kevin, als natürlich auch die anderen, zu verwenden.
@Filterpad War auch überrascht. Könnte der Bruder von Hendrik Wüst sein.😂
Wie dem auch sei. KS ist wirklich ein Meister.
Wow! Das hat großen Spaß gemacht zu lesen! Vielen Dank für das gelungene Interview. Gerade diese behind the scenes Infos finde ich immer super spannend. 👍
@Peter: Das Plugin heisst doch „The Legend HZ“ (sozusagen analog zu „ZebraHZ“) und nicht „The Legend OF hz“ – ungeachtet dessen, dass Hans für sich genommen natürlich eine lebende Legende ist ;-)
Die Sounds von Kevin sind großartig, auf das Album darf man gespannt sein.
Als nächstes würde ich mir „für diese Reihe“ ein Interview mit Sebastian Bachlinski von D16 Group Audio Software wünschen.
@Holk Korrekt, danke :)
Und vielleicht entdecken wir irgendwann „Obsession J-MJ“ auf der Synapse Audio Homepage :-)
Hallo Kevin – also deine Sounds für Synthmaster sind immer noch meine Favoriten – hoffentlich kommst du dazu, für Synthmaster 3 neue Klänge zu gestalten, ich würde gerne hören, was du damit zauberst.
Alles gute und danke für die tollen Sounds!
Tom
Mit keinem Wort wird auf die neuen Superstars der Plugin-Szene eingegangen. Es liest sich wie Promotion, nicht wie deep talk über Sounddesign. Ein sehr oberflächlicher Artikel ohne Secrets, Tips, nichts was kundige Leser erwarten würden. Seine Meinung zu Pigments, Serum und Vital hätte ich sehr gerne gehört, gelten diese doch als Evolution zu Virus TI und den Waldorfern aber auch zu Dune und Zebra. Sehr schade, denn weder Legend noch Dune werde ich mir kaufen. Vielleicht aber nur vielleicht, sollte man sich etwas aus der Vergangenheit herausarbeiten, denn Synapse hat das gleiche Problem wie Tone2, Avenger, NI, Omnisphere oder Nexus, sie sind nicht mehr so gefragt wie früher. Das liegt wohl auch an den DAWs, die mittlerweile alles bieten und den Drittherstellern das Wasser abgraben. Am Ende kommt dann wieder die böse Piraterie und es werden wie bei Tone2 Krokodilstränen darüber vergossen. Ich für meinen Teil hatte noch nie so viele Donations und gekaufte Plugins wie jetzt, Tendenz zunehmend, sofern ich was lohnenswertes sehe. Sinevibes ist mein nächster Kandidat, das muss ich noch testen.
Tolles Interview! Hätte gerne noch länger sein können :) Freu mich immer extrem mal was von den Leuten zu hören/sehen/lesen die sich sonst so gerne im Hintergrund aufhalten 👍
Danke für die Hintergrundinfos. Besonders der letzte Satz war für mich überaus informativ. „Es ist vollbracht!“, endlich und zu meiner großen Freude für Peter G. Die ersten Folgen von „Turmschatten“ sind gedreht und es gibt tolle Infos in YouTube. Mich ärgert nur, dass ich damals kein signiertes Buch ergattern konnte!
@hejasa Kannst du gerne immer noch haben :)
@tyrell: Danke Peter, ich werde das Buch in Ehren halten und für dich freut es mich von Herzen, dass die lange Zeit von Hoffen und Bangen ein Ende hat!
Hab Hans Zimmer vor einigen Jahren in Paris erlebt, grandios.
Interessantes Interview.
Weiterhin viel Erfolg !
Ui, Kevin kenne ich noch aus meinen Vengeance-Forum-Zeiten. Wir hatten uns damals viel über ICQ ausgetauscht. Glückwunsch, dass aus dir was geworden ist! VG