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Interview: Martin Gerke

Martin Gerke

19. Mai 2004

FILMMUSIK IM ALTBAU

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Martin:
Nun, zur Zeit wohne ich in Bonn, wo ich auch einige Jahre studiert habe, und arbeite nun als freischaffender Komponist und Produzent für verschiedene Auftraggeber aus der Film- und Medienbranche.

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Martin:
Die Menschen in meinem Alter (Jahrgang 71) haben glaube ich hauptsächlich einen medialen ersten Zugang zur Musik gehabt, d.h. Kassetten, Schallplatten, Radio und Fernsehen. Das hat seine Vor- und Nachteile: Man bekommt viele verschiedene Arten von Musik mit, da vieles verfügbar ist. Das ist eigentlich gut, aber kann auch ablenken. Es kostet einige Mühe herauszufinden, was wirklich zu einem gehört; wo man musikalisch wirklich zu Hause ist.
Früh geprägt haben mich die Klassiker Mozart und Bach, da das die Musik war, die Sonntags beim familiären Frühstück lief. Das wird wohl der Grund dafür sein, dass mir symphonische, klassisch komponierte Musik sehr vertraut ist. Ich habe lange Zeit emotional auch nichts anderes gelten lassen.
Erst mit zwölf kam ich durch ABBA langsam auf die Idee, dass auch noch andere Musik interessant sein könnte. Dabei fand ich immer schon die letzten ABBA-Platten spannender, als die meisten Frühsiebzigersachen. „The Visitors“ von 1981, und „Super Trouper“ von 1980 habe ich ausgiebigst beim Legobauen gehört. Dabei muss sich die Art, wie dort arrangiert wurde, wie Synthesizer mit akustischen Instrumenten kombiniert wurden, tief in die musikalischen Lappen meines Hirns gegraben haben. ABBA ist in der Popmusik das, was für mich in der Klassik Mozart und Bach waren.

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Das sind jetzt zwei starke Wurzeln, eine dritte Wurzel kam hinzu, als ich als Teenie mit elektronischer Musik in Kontakt kam: Es muß so um 1985/86 gewesen sein, als ich durch Zufall im Radio auf die Sendung „Schwingungen“ stieß. Es lief dort ein Stück, das ewig nicht fertig wurde und merkwürdige Synthesizerklänge mit klassischem Streichorchester mischte: „Ludwig der II.“ hieß das und war von der „X“ von Klaus Schulze. Diese Art von Musik hat mich dann lange Zeit sehr in ihrem Bann gehalten, weil sie wohl einer pubertären Grundmelancholie sehr entgegenkam.
Auch die „Equinoxe“ von Jarre und die frühen Yello-Sachen müssen hier als wesentlicher Einfluss genannt werden.
So mit 18 habe ich dann die Klassik wieder für mich entdeckt und mich sehr intensiv mit kirchlicher Musik, („Requiem“ von Mozart, „H-Moll Messe“ von Bach) auseinandergesetzt. Ab diesem Zeitpunkt war mir dann musikalisch eigentlich nichts mehr fremd und ich versuche seitdem einen stilübergreifenden Durchblick zu bekommen – dieses Projekt ist natürlich nie abgeschlossen – ; in letzter Zeit interessiere ich mich auch für R&B, oder für rockigere Sachen. Auch im Jazz gibt es noch soviel zu entdecken…

Martin:
Mit den „Heroes“ ist das so eine Sache: mancher verliert mit der Zeit an Größe, andere behalten ihren Platz, und für ganz andere muss man erst selbst ein bisschen wachsen, um zu verstehen, was sie geleistet haben.
Meine Leidenschaft für Klaus Schulze, die ich zwischen 16-20 hatte, hat doch sehr nachgelassen. Das hängt mit meinem zunehmenden Wissen über Musik und über Synthesizer- und Studiotechnik, und vielleicht auch mit wachsender Lebenserfahrung zusammen. Was mich vor 15 Jahren noch umgehauen hat, entlockt mir jetzt nur noch Schulterzucken.
Die meisten Sachen, sind mir jetzt musikalisch zu mager: zu wenig Struktur, zu wenig Liebe zum Detail. Vieles was mich damals fasziniert hat, war doch eher eine Leistung der Synthesizerbauer, als eine tatsächlich virtuose Beherrschung des Materials durch Herrn Schulze.
Bevor ich hier alles schlecht mache: die „Mirage“ und die „X“ schätze ich trotzdem immer noch sehr. Es ist traurig mit anzuhören, wie ehemalige „Helden“ in künstlerischen Sackgassen stehen, das trifft auch auf Herrn Jarre zu, oder auf viele Dinge, die Yello in den Neunzigern abgeliefert hat. Warum schaffen die es nicht musikalisch zu reifen??
Vor hundert, oder zweihundert Jahren ging das doch auch. Bachs und Mozarts Werke wurden mit zunehmenden Alter reifer und gewichtiger. Irgend etwas scheint uns heute daran zu hindern, zu reifen.

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Die letzte von Yello „The Eye“, hat mir aber wieder gefallen, was mich sehr gefreut hat!
Was habe ich noch vergessen? Natürlich die üblichen Verdächtigen: TD. Da decke ich jetzt mal lieber den Mantel der Nächstenliebe drüber…

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