AMAZONA.de:
Der deutsche Moog-Vertrieb EMC vertreibt auch von Dir restaurierte Minimoogs und diverse andere Moogs. Liefern dabei die Kunden ihre alten Moogs an, oder gehst Du auch mal her und besorgst auf eigene Faust einen alten Moog, den Du dann aufmöbelst?
Rudi Linhard:
Stefan Hund von EMC lässt seine Minimoogs und Memorymoogs bei mir auf Vordermann bringen und natürlich Kunden auf der ganzen Welt schicken ihre geliebten Synthies zu mir. Da ich kein Dealer bin, überlasse ich den An- und Verkauf lieber Stefan Hund – er kann das wesentlich besser als ich.
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Wie kam es zum Kontakt zu Bob Moog?
Rudi Linhard:
Das war Ende 1991. Ich fand eine kleine Anzeige von Bob über neue Theremins im amerikanischen Keyboard-Magazin. Ich dachte damals nicht gleich daran, dass Bob den Memorymoog-Umbau in USA machen könnte. Der erste Anruf bezog sich mehr auf Ersatzteilbeschaffung, Schaltpläne und Vertrieb der Theremins in Deutschland.
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Wie wir gehört haben, hast Du schließlich auch stark an der Entwicklung des „Voyagers“ mitgewirkt. Wieso hat es mehr als 20 Jahre gebraucht, bis es zu einem Minimoog-Nachfolger kam, und was genau war Deine Aufgabe dabei?
Rudi Linhard:
1992 besuchten meine Frau und ich Bob und seine erste Frau Shirleigh in Leicester, NC. Seit dieser Zeit hatte ich immer wieder versucht, Bob zu einem Bau eines neuen Minis (mit MIDI) zu überreden. Ich habe 8 Jahre dazu gebraucht…
Bei dem Voyager habe ich den digitalen Teil, die Software, Tastatur und auch Teile vom Design entwickelt. Die Software wird immer noch ab und zu mit neuen Funktionen erweitert.
AMAZONA.de:
Warst Du bei der Entwicklung des Little Phatty involviert?
Rudi Linhard:
Nein, leider ist erst einmal der Kontakt zu Moogmusic nach Bob’s Tod abgebrochen. Ich hoffe aber, dass die Zusammenarbeit in Zukunft wieder etwas mehr wird.
AMAZONA.de:
Hand aufs Herz: Wie nah kommen sich klanglich der Voyager und der Minimoog wirklich?
Rudi Linhard:
Ich kenne keinen anderen Synthie, der dem Mini am nächsten kommt. Bob erzählte mir einmal, dass er irgenwann 1969 oder 1970 eine Kopie seines Minis auf der NAMM Show gesehen hat. Ich glaube es war eine japanische Firma, welche den Mini kopierte. Der Sound muss furchtbar gewesen sein, obwohl es eine eins zu eins Kopie gewesen sein soll. Bob hatte mir auch öfters versichert, dass durchaus neue moderne Bauteile und Schaltungen für den klassischen Moog-Sound verwendet werden können und der Sound-Charakter weniger mit den Bauteilen als mit dem Entwickler der Schaltungen zusammenhängt. Da die Schaltungen im Voyager sehr stark vom Original abweichen, der Voyager aber trotzdem – meiner Meinung nach – am besten nach Moog klingt, muss Bob’s Philosophie wahr sein.
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Und jetzt Deine ehrliche Meinung zu den ganzen virtuellen Moog-Nachahmungen?
(Wäre toll, wenn Du an dieser Stelle die Moognachahmungen aufzählen und mit einer Schulnote bewerten würdest, evtl. jeweils mit einem kleinen Kommentar)
Rudi Linhard:
Sorry, aber da habe ich nun gar keine Erfahrungen und kann auch über solche Produkte nichts dazu sagen. Als ich noch in einem Musikladen arbeitete, machte ich Tests mit digitalen Aufnahmegeräten. Ich kann mich noch erinnern, dass bei den Tests Ausgangssignale mit einer fürchterlich schlechten Slew Rate (Flankensteilheit) zu messen waren. Und solange die Ausgänge der digitalen Kopien mit Filtern arbeiten, welche teilweise schon bei 12kHz begrenzen, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie jemals wie ein Minimoog oder Memorymoog, welche noch 30kHz Signale erzeugen können, klingen werden. Meiner Meinung nach wird der Flankensteilheit bei digitalen Geräten immer noch zu wenig bzw. gar keine Beachtung geschenkt – schade eigentlich…
AMAZONA.de:
Wie gehts nun weiter mit Rudi Linhard und Moog? Sind schon neue Projekte geplant? Dürfen die Moog-Fans doch noch auf einen neuen, polyphonen Moog hoffen?
Rudi Linhard:
Es ist sehr schwer, einen polyphonen analogen Synthesizer ohne die exzellenten CURTIS Chips zu entwickeln. Leider hatten sich mit Beginn des digitalen Zeitalters alle großen Firmen auf die Produktion digitaler Sounderzeugung gestürzt, obwohl die Möglichkeiten der analogen Schaltkreise noch lange nicht auf dem Höhepunkt angekommen waren. Dies bedeutete wohl auch für die Firma CURTIS das Ende – ebenfalls sehr schade. Mein Freund und Kollege Stefan Schmidt (Entwickler der MAM Produkte und auch der Softwareentwickler des MURFs), der das Format eines Bob Moog hat, hat sich zum Ziel gesetzt, einen polyphonen Synthesizer zu bauen. Das was ich bislang gehört habe, lässt mich hoffen, dass es wieder einmal ein richtig großes analoges Schlachtschiff geben wird. Da die Entwicklung eines solchen Synthesizers sehr teuer ist, kann man allerdings noch nichts über einen eventuellen Produktionstermin sagen (Investors are welcome :o).
Ihr tut ja glatt so, als wenn er ein Held wäre(Protector)
Tatsache ist, das Herr Lindhard ganz schön viel Geld für die Protection nimmt,…
Schon richtig, nicht ganz billig. Aber es lohnt sich dennoch.
Mein LAMM hat noch 3500 DM gekostet (Umbauzeit 6 Wochen). Ich habe ihn persönlich abgeliefert (neben meinem Arp Ody und Minimoog) und auch wieder abgeholt.
Der Umbau ist JEDEM Memorymoog zu empfehlen, auch wenn es Zeit und viel Geld kostet.
Das Ergebnis LAMM ist wirklich gelungen, ich würde es jederzeit wieder tun.
Es wäre wünschenswert, wenn es mehr solcher Upgrades für unsere Dinos (Elka Synthex, SCI, Yamaha CS) gäbe. Einige gibt es schon (PPG, Chroma, Oberheim).
Das Lintronics-Upgrade ist im Laufe der Jahre stark erweitert worden und umfasst mittlerweile 1300 Teile und dauert 8 Wochen.
Klar kostet das Geld!
Ich möchte dem Herrn Jaxson heftig widersprechen. Richtig ist, dass gerade im Pop/Rock-Bereich permanent Heldenverehrung betrieben wird, was vor allem die Gitarristen und Sänger betrifft, die in unterentwickelten Urzeiten einen gewissen Ruhm für sich verbuchen konnten, heute aber jeden Anschluss an den erreichten Standard verloren haben. Aber Rudi Linhard ist auf seinem Gebiet de facto und nach wie vor eine Kapazität. Seine Restaurierungen und Umbauten des Memorymoogs bescheren den Besitzern fast ein neues und betriebssicheres Gerät. Man darf dabei nicht vergessen, dass dieser Synthesizer in viel zu kurzer Zeit entworfen und gebaut wurde, so dass Moog damals mit einer immensen Zahl an Reklamationen konfrontiert wurde. Außerdem nagt die Zeit naturgemäß an Potis und Kontakten und wenn man dazu noch eine vernünftige Midi-Implementierung und ein zeitgemäßeres Betriebssystem erwartet, kommen viele Stunden an Arbeit zusammen. Dass Rudi Linhard nicht billig ist, dürfte klar sein. Aber man kann doch nicht nur die geleistete Arbeit als Maßstab ansetzen. Vilemehr sollte man bedenken, dass Jahrzehnte an Erfahrungen dahinter stecken, die seine Kompetenz letztlich ausmachen. Mit einem akademisch erworbenen Examen fließen ja auch Studienzeit und „Know How“ in das Gehalt mit ein.