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Interview: Till Kopper zum PPG Wave & Software-Klon

Wie gut ist der erste VST-Klon des PPG Wave

16. Juli 2003

Till Kopper über seine Erfahrungen als Beta-Tester des VST Plug-In PPG Wave 2.V Nach der Vorstellung des original PPG WAVE 2.2 und 2.3 in der letzten Ausgabe, innerhalb unserer Serie BLUE BOX, möchten wir Ihnen diesmal die virtuelle Version dieses Vintage-Klassikers vorstellen, und mit Till Kopper über Plug-IN und Original sprechen.

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Till Kopper gehörte zum Team der Beta-Tester, die das VST Plug-In bis zur Markteinführung testeten, den Programmierern wertvolle Tips aus Sicht der Anwender gaben, und schließlich Sounds dafür programmierten.
Ein Interview mit Till Kopper über seine Arbeit als Beta-Tester und seine Einschätzung des PPG Plug-Ins erschien uns spannender als ein reiner Test. Vor allem, da wir nach eigenen Hörproben vorwegnehmen möchten, dass dem Waldorf-Team mit diesem Plug-In ein großer Wurf gelungen ist, der dem Original PPG Wave klanglich extrem nahe kommt.

Peter:
Hi Till, nicht alle unsere Leser wissen genau was ein Beta-Tester eigentlich ist. Bitte beschreib uns doch mal aus Deiner Sicht die Aufgaben eines Beta-Testers.

Till:
BETA TESTER haben in erster Linie die Aufgabe, fast fertige Produkte auf Herz und Nieren zu testen, bevor diese endgültig in den Handel gelangen. In dieser heissen Phase werden immer wieder Fehler deutlich, die dann kurz vor der Auslieferung noch behoben werden können. Trotz aufwendigster Beta-Tests kommt es dennoch vor, das bereits ausgelieferte Produkte nachgebessert werden. So entstehen z.B. Software-Versionen höher als 1.0.

Peter:
Deine Einstieg in die Welt der Beta-Tester begann ja erst kürzlich mit dem VST Plug-In des PPG-Wave. Erzähl uns bitte wie es dazu kam.

Till:
Es begann mit ein paar Mails im Waldorf Forum. Es ging gerade um PPG Musiker und auch Wolfram Franke (Programmierer bei WALDORF / Interview ebenfalls in dieser Ausgabe – Anm.d. Red.) nannte einige. Da ich selbst ein großer Freund der PPGs bin und bis vor wenigen Jahren noch zwei PPGs (2.2 und 2.3) und ein 8 Zoll Waveterm B hatte, listete ich einige weniger bekannte Namen auf und schrieb etwas über die Eigenarten der PPG waves. Im Forum antwortete dann Wolfram mit seinen Ideen zum PPG Plug-In. Ich hatte schon vorher von diesem VST Plug-In für Cubase und Logic gehört und freute mich über diese dadurch beginnende kleine Retrodiskussion. Meine PPGs hatte ich vor fünf Jahren verkaufen müssen, da diese immer mehr technische Zuwendung in Form von Ersatzteilen wie RAM-Chips und der Reparatur diverser Wackelkontakte brauchten und so meist nur einer der beiden PPGs auch wirklich zu 100% lief. Ich verkaufte diese dann 1995 und tröstete mich mit dem WAVE, der als einzige Alternative zu den PPGs auch noch genügend Knöpfe zum Schrauben hat. Also, kaum war die zweite Mail von mir geschrieben, kam die nächste von Wolfram. Einen Tag später mailte mich Wolfram dann privat an:

„Tach Till, sag‘ mal, haettest Du Lust, Betatest fuers PPG Plug-In zu machen und Sounds dafuer zu programmieren? …“

Natürlich hatte ich Lust und sagte sofort zu.

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Peter:
Du bist ja eigentlich eher der Hardware-Freak, der bislang weniger mit virtuellen Synthesizern und Plug-Ins am Hut hatte. War die Umstellung schwierig für Dich?

Till:
Wenig? Gar nichts hatte ich mit denen am Hut. Vielleicht sollte man wissen, das ich erst über das Drehen an Knöpfen zum Spielen kam. Außerdem mag ich noch nicht einmal Racksynthies wegen der amputierten Tastertur und den wenigen Knöpfen zum Drehen. Das Hantieren mit einem Computer ist mir als Hobbyprogrammierer nicht fremd, aber beim Musikmachen saß ich bisher immer vor echten Synthies mit Holzseitenteilen und drehte beim Spielen an den Knöpfen. Bei Plug-In Synthesizern ist das einfach wie das Schreiben mit der linken Hand gewesen: man kann sich daran gewöhnen, aber der Anfang ist sehr schwer. Da ich mangels Interesse von mir bisher keine virtuellen Synthesizer benutzt hatte, wurde erst einmal meine „alte“ Cubase Version 3.51 auf die aktuelle Cubase Version upgedated. Aber schon einige Tage zuvor war die erste PPG Plug-In Beta-Version auf einer CDR angekommen. Da ich diese noch nicht in meinem „alten“ Cubase installieren konnte, benutze ich die folgenden Abende (ich bin bei Tageslicht ein Zimmermeister), um wenigstens die benutzten Grafiken in Form der Mac-Ressourcen anzusehen und einzelne weiße Striche auf dem Panel als nicht authentisch zu bemängeln (sind dann geändert worden).

Peter:
Wie hast Du Dich auf den Job vorbereitet, nachdem Dir ja kein original PPG mehr zur Verfügung stand?

Till:
Ich hatte insgesamt acht Jahre lang PPGs bei mir stehen. Und was ich in den Jahren alles gemacht hatte, das vergißt man nicht so schnell. Ich hatte mir die alten PPG Unterlagen aus dem Schrank geholt und mir die damals als Backup gemachten, handschriftlich notierten Einstellungen meiner Lieblingssounds, neben meinen Mac gelegt. Als aktuelle Cubase-Version schließlich kam, installierte ich sofort das Plug-In. Ich fühlte mich wieder vom gleichen PPG-Fieber gepackt wie damals, als ich bei einer PPG-Demo in einem Wiesbadener Hotel zum ersten mal an einem PPG gedreht hatte. Ich empfand schon den ersten Sound des Plug-Ins als deutlich näher am PPG klingend, als alle Waldorf Wavetable Synthesizer. Meine original PPG Klangdaten tippte ich nun Nacht für Nacht in den Computer, oft bis spät nach Mitternacht (mein Wecker klingelt Mo.-Fr. immer um 5.40 Uhr).

Peter:
Du hast also damit begonnen, die Sounds Deiner origional PPG waves in das Plug-In zu übertragen. Waren die Parameter- und Wertebereiche von Plug-In und Original identisch?

Till:
Am Anfang waren die schon ziemlich nahe dran. Wolfram hatte einfach schon gute Vorarbeit geleistet. Jetzt sind die Parameter- und Wertebereiche nach meinen alten Klängen zu urteilen 1:1. Wer jetzt noch Unterschiede hört, der sollte mal verschiedene PPG Softwareversionen nebeneinander testen.

Peter:
Lies sich das Plug-In von Anfang an richtig ployphon spielen und testen?

Till:
Ja, natürlich. Nur mein etwas betagter PowerMac 4400/200 erzeugte in der Beta-Version nur vier Stimmen. So verzichtete ich auf das Spielen per Miditastatur, was auch etwas schlecht vor meinem Mac sitzend zu machen ist. Aber auch so erlebte ich jeden Tag aufs neue mein persönliches PPG Déjà-vu-Erlebnis. Und der Sound des Plug-Ins wurde mit jeder neuen Beta-Version, die per E-Mail ins Haus kam, noch besser und originalgetreuer. Ebenso wurde das Programm stabiler.

Peter:
Gab es bei den Test nicht immer wieder Punkte, die es zu verbessern galt?

Till:
Natürlich gab es immer wieder Sachen zu entdecken, die noch fehlten oder erst noch implementiert werden mußten (z.B. die Upperwavetables), oder extremen Eigenarten des PPGs, die man erst bemerkt, wenn man versucht, den PPG Klang nachzubauen.

Peter:
Zum Beispiel?

Till:
Zum Beispiel die Stärke der maximalen Filterresonanz. Die ging bei den ersten Plug-Ins zu weit. Oder das PPG eigene Hüllkurvenverhalten.

Das Studio von Till Kopper

Peter:
Klangdesign war aber nicht das einzige Prüffeld, oder?

Till:
Nein, auch die Betriebssicherheit. Ich versuchte, wie die anderen Beta-Tester auch, zu Testzwecken das Plug-In z.B. achtmal gleichzeitig zu öffnen. Oder man bemerkte beim Schreiben einer Mail über einen Bug auch mal einen zweiten, so z.B. als sich beim Wechseln der Fenster vom Plug-In zum E-Mailprogramm und zurück die Grafik nicht mehr aufbaute.

Peter:
Wieviele Wochen nahm die komplette Testphase in Anspruch?

Till:
So etwa 5 oder 6 Wochen.

Peter:
Hast Du inzwischen Deine Vorbehalte gegenüber virtuellen Synthesizern revidiert?

Till:
Nein, nicht allgemein. Aber das PPG Plug-In ist für mich DIE Ausnahme, da es mir erlaubt den alten PPG Klang ohne die Haltbarkeitsprobleme der Echten wieder zu erleben. Aber wie soll ich so ein Plug-In mal Live spielen? Ein Laptop oder einen neueren Mac kaufen? Im Studio oder wie bei mir im Wohnzimmer ist das für mich persönlich eine tolle Bereicherung.

Peter:
Läßt sich Deiner Meinung nach die Soft- oder Hardwareversion des PPG-Wave leichter programmieren. Vor allem wenn man in Betracht zieht, daß in der Software-Version ein Graphik-Editor zu Verfügung steht.

Till:
Soll ich dir was sagen: Den Graphik-Editor habe ich persönlich wenig benutzt. Aber das kann bei den anderen Testern ganz anders gewesen sein. Ich empfinde die alten PPGs, da ich die schon gut kannte, als einfacher zu bedienen. Man hat einfach das Userinterface vor sich in 3D und kann mit den Fingern die Knöpfe spüren und auch zwei gleichzeitig drehen. Und die LCD Anzeige war für damalige Verhältnisse riesig. Aber für alle, die noch nie vor einem echten PPG Wave saßen, ist die oft unlogische oder nicht musikalisch nachzuvollziehende Benennung der digitalen Werte wie „SW:3“ (Subwaves aus) nur schwer zu erklären. Wolfram hat auch die einzelnen Eingabewerte der verschiedenen Seiten im Display des PPG Waves bei dem Plug-In logischer auf die Seiten verteilt.
Das Plug-In hat auch Funktionen, die über die des Originals hinausgehen. So zum Beispiel die bessere Auflösung der Parameter oder die zur Musik synchronisierbaren LFOs, oder der Arpeggiator: Den hatte ich an den echten PPGs nie ganz verstanden. Nun ist der ganz logisch zu bedienen.

Peter:
Worin siehst Du die klanglichen Unterschiede zwischen dem PPG und den Microwaves von Waldorf?

Till:
Da ist neben den ganz anders klingenden Filtern die Rauheit der Klänge, das spezielle Alaising, das in diesem Fall für das Plug-In erst mühsam programmiert werden mußte, die anders reagierenden Hüllkurven und der Uperwavetable, welche bis heute bei allen Waldorf Wavetablesynthesizern fehlen. Natürlich kommt der Microwave manchmal sehr nahe an den PPG-Klang, aber er ist fast nie identisch.

Peter:
Wieviele Stimmen hat die Endversion und wieviele Plug-Ins lassen sich gleichzeitig öffnen?

Till:
Das hängt nur von dem verwendeten Rechner ab. Das Maximum sollen 8 Plug-Ins gleichzeitig mit je 64 Stimmen sein. Wolfram verwendete während der Musikmesse einen Macintosh G3 und hatte keine Schwirigkeit 22 Stimmen zu generieren und parallel das Plug-In LM4 laufen zu lassen.

Peter:
Wurde das Plug-In auch im Verbund mit anderen VST kompatiblem Sequenzern getestet? Z.B. LOGIC? Wenn ja, läuft das Plug-In nun auch reibungslos unter LOGIC?

Till:
Ja, das wurde auch getestet. Ebenso wurde natürlich auch unter dem Windows OS getestet. Aber beides nicht von mir, lt. Waldorf läuft das Plug-In unter Logic aber reibungslos.

Peter:
Im Rückblick, hat sich das Beta-Testing für Dich gelohnt?

Till:
Beta-Testing für ein Gerät, das ich nicht haben möchte, würde mir keinen Spaß machen. Man verbringt einfach zu viele Stunden davor und damit. Mir hat es aber viel Spaß gemacht. Und wenn ich dann noch hier und da den falschen weißen Strich auf dem Panel in einem Prospekt sehe, oder im Internet über dieses Plug-In lese, so fühle ich mich ganz ehrlich ein wenig Stolz, bei diesem Beta-Test mitgemacht haben zu dürfen.

Peter:
Wir danken Till Kopper für dieses ausführliche Interview. Wer noch Fragen an Till hat, kann ihn auch gerne persönlich kontakten unter: ich@till-kopper.de

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